Arnold Führer Klaus Heidemann Wolfgang Nerreter


Grundgebiete der

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Elektrotechnik 2

Zeitabhängige Vorgänge


10., neu bearbeitete Auflage

Führer / Heidemann / Nerreter Grundgebiete der Elektrotechnik Band 2: Zeitabhängige Vorgänge


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Bleiben Sie auf dem Laufenden!

Hanser Newsletter informieren Sie regelmäßig über neue Bücher und Termine aus den ver­ schiedenen Bereichen der Technik. Profitieren Sie auch von Gewinnspielen und exklusiven Leseproben. Gleich anmelden unter

www.hanser-fachbuch.de/newsletter

Grundgebiete der Elektrotechnik

Band 1: Stationäre Vorgänge Band 2: Zeitabhängige Vorgänge Band 3: Aufgaben

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Arnold Führer (1940 - 2010)

Klaus Heidemann Wolfgang Nerreter


Grundgebiete

der Elektrotechnik

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Band 2: Zeitabhängige Vorgänge


10., neu bearbeitete Auflage


mit 465 Bildern, 122 durchgerechneten Beispielen, 49 Praxisbezügen und 152 Aufgaben mit Lösungen

Bearbeitung der 10. Auflage:

Prof. Dr.-Ing. Holger Borcherding, Hessisch-Oldendorf Prof. Dipl.-Ing. Klaus Heidemann, Lemgo

Prof. Dr.-Ing. Uwe Meier, Lemgo

Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Nerreter, Lemgo


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt geprüft und getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autor(en, Herausgeber) und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Weise aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.

Ebenso wenig übernehmen Autor(en, Herausgeber) und Verlag die Gewähr dafür, dass die beschriebenen Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.de abrufbar.


Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.


© 2019 Carl Hanser Verlag München Internet: www.hanser-fachbuch.de


Lektorat: Dipl.-Ing. Natalia Silakova-Herzberg Herstellung: Anne Kurth Einbandrealisierung: Max Kostopoulos

Coverkonzept: Marc Müller-Bremer, www.rebranding.de, München

Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG BuchPartner, Göttingen Printed in Germany


Print-ISBN 978-3-446-45954-0

E-Book-ISBN 978-3-446-46093-5

Das Wenige verschwindet leicht dem Blick, der vorwärts sieht, wie viel noch übrig bleibt.

J. W. v. Goethe: „Iphigenie auf Tauris“


Vorwort zur 10. Auflage

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Die Mahnung der klugen Iphigenie zu beher- zigen, hatten wir Grund: Auch im Band 2 sehen wir immer wieder vorwärts und bearbeiteten den Stoff vorbereitend auch für Gebiete, die nach dem Grundstudium des Wenigen noch übrig bleiben. Deswegen heißt unser Buch auch Grundgebiete und nicht Grundlagen der Elektrotechnik. Hierzu einige Beispiele:

Bei der Behandlung der Filternetze (Abschnitt 5.3) könnte man die grundlegenden Begriffe am Hochpass und am Tiefpass 1. Ordnung erläutern und es damit genug sein lassen. Wir blicken aber vorwärts und zeigen, wie man die heute wichti- gen Filter 2. Ordnung als passive und als aktive Filter realisiert.

Im 6. Kapitel über Drehstrom beschreiben wir die symmetrischen Komponenten nichtsymmetrischer Systeme. Ingenieure, die mit Versorgungsnetzen oder mit Einphasenmaschinen zu tun haben, brau- chen diese Methode.

Auch im 7. Kapitel, in dem wir uns mit nichtsinus- förmigen Größen befassen, sehen wir weiter und zeigen, wie mithilfe der Fourier-Transformation das kontinuierliche Spektrum nicht periodischer Größen berechnet wird. Darüber hinaus wenden wir die diskrete Fourier-Transformation auf zeitbeschränkte und -unbeschränkte Funktio- nen an; dies führt uns ins Gebiet der digitalen Signalverarbeitung (s. Praxisbezug 7.6).

Völlig neu ist das Kap. 9, in dem wir uns mit der Stabilität linearer Übertragungssysteme befassen und Tief- und Hochpässe 2. Ordnung beschreiben.

Bei all diesen Ausflügen in die technische Wirklichkeit lässt der begrenzte Umfang des Buches die Erklärung aller Einzelheiten nicht zu. Fragen des Lesers könnte man nur mit den be- rühmten drei Worten beantworten: „Das ist so!“ Würde ein Ingenieur, den man fragt, warum sich Elektronen um den Atomkern bewegen, nicht ge-

nauso antworten? Wenn die Neugier damit nicht zu stillen ist, dann hilft sicher ein Hinweis auf das Verzeichnis der Literatur im Anhang.

Bei unseren Vorwärtsblicken ins weite Feld der Elektrotechnik, auch bei den aktualisierten Praxisbezügen, haben wir stets an Iphigenies Warnung gedacht, das Wenige dabei nicht aus dem Blick zu verlieren: Die grundlegenden Abschnitte besitzen deshalb nicht etwa „wenig“ an Umfang, sondern sie wurden ausführlich und sorgfältig be- handelt und mit vielen Beispielen und Aufgaben abgesichert.

In den Text sind Beispiele und Praxisbezüge einge- fügt. Zu den Problemstellungen in den Beispielen wird ein ausführlicher Lösungsweg gezeigt.

Die Lösungen der Aufgaben, deren Schwierig- keitsgrad mit 1 … 3 gekennzeichnet ist, findet man im Anhang. Dieser enthält außerdem:

Das Lehrbuch wendet sich in erster Linie an Studierende der Elektrotechnik an Technischen Hochschulen aller Art als Begleitlektüre zur Vorlesung oder zum Selbststudium. Außerdem hoffen wir, Berufstätigen in der Elektrotechnik beim Auffrischen oder Erweitern ihrer Kenntnisse zu helfen. Wir würden uns auch freuen, wenn wir Lehrenden Anregungen für die Gestaltung ihrer Lehrveranstaltungen geben könnten.

Wir hoffen weiterhin, dass unser Buch gut aufge- nommen wird, und wären dankbar für Nachrichten an den Verlag mit Verbesserungsvorschlägen, Kritik oder Fehlermeldungen.

Dem Carl Hanser Verlag danken wir für die ver- trauensvolle Zusammenarbeit.


Lemgo, März 2019 Die Verfasser

Inhaltsverzeichnis

  1. Zeitabhängige elektrische und magnetische Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

    1. Quasistationäre Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

      1. Konzentrierte Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

      2. Grundeintore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

    2. Erweiterung des Strombegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

      1. Ideales kapazitives Eintor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

      2. Verschiebungsstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

      3. Knotensatz bei zeitabhängigen Strömen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

      4. Durchflutungsgesetz bei zeitabhängigen Strömen . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

    3. Bewegungsinduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

      1. Bewegter Leiter im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

      2. Zeitliche Änderung des magnetischen Flusses in der Schleifenfläche . . . . . . . 23

      3. Rotation einer Leiterschleife im homogenen Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . 26

    4. Ruheinduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

      1. Induktive Spannung bei zeitabhängigem Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . 28

      2. Spannungsstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

    5. Elektromagnetisches Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

      1. Induktionsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

      2. Das Lenzsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

      3. Elektrisches Wirbelfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

      4. Die 2. Maxwellsche Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

    6. Selbstinduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

      1. Selbstinduktive Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

      2. Selbstinduktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

      3. Induktivität von Leiteranordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

      4. Ideales induktives Eintor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

    7. Gegenseitige Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

      1. Induktive Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

      2. Gegenseitige Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

      3. Gleichsinnige und gegensinnige Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

      4. Kopplungsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

      5. Reihenschaltung gekoppelter Spulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

      6. Wirbelströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

  2. Kraft und Energie in elektromagnetischen Feldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

    1. Energie im elektrostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

      1. Energie eines Kondensators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

      2. Elektrische Energiedichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

    2. Kräfte im elektrostatischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

      1. Kräfte auf Punktladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

      2. Kräfte auf einen Dipol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

      3. Kräfte auf die Platten eines Plattenkondensators . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

    3. Energie im magnetischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

      1. Energie einer Leiteranordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

      2. Energiedichte im Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

      3. Innere Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

      1. Hysteresearbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

      2. Magnetischer Kreis mit Dauermagnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

    1. Kräfte auf Magnetpole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

    2. Energietransport im elektromagnetischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70


  1. Periodisch zeitabhängige Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

    1. Periodische Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

    2. Mittelwerte periodischer Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

      1. Gleichwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

      2. Wirkleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

      3. Effektivwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

      4. Gleichrichtwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      5. Verhältniszahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

    3. Sinusförmige Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

      1. Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82

      2. Mittelwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

      3. Überlagerung von Sinusgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

      4. Zeigerdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

      5. Komplexe Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92


  2. Netze mit Sinusquellen konstanter Frequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

    1. Komplexer Widerstand und Leitwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

    2. Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

      1. Leistungsschwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96

      2. Komplexe Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

    3. Grundeintore an Sinusspannung 100

      1. Grundeintor R 100

      2. Grundeintor L 102

      3. Grundeintor C 104

    4. Verbindung von Grundeintoren 107

      1. Reihenschaltung von Grundeintoren 107

      2. Parallelschaltung von Grundeintoren 109

    5. Ersatzeintore 110

      1. Netze ohne unabhängige Quellen 110

      2. Netze mit unabhängigen Quellen 116

    6. Resonanz 118

      1. Reihenresonanz 118

      2. Parallelresonanz 121

      3. Resonanz linearer Netze 122

      4. Widerstandstransformation 123

    7. Leistungsanpassung und Blindleistungskompensation 125

      1. Leistungsanpassung 125

      2. Blindleistungskompensation 127

    8. Übertrager 129

      1. Verlustloser Übertrager 130

      2. Idealer Übertrager 130

      3. Netzwerktransformation 131

    9. Transformator 133

      1. Idealisierter Transformator 133

      2. Realer Transformator 133

      3. Leerlauf und Kurzschluss 135

      4. Spannungsänderung 137

      5. Kleintransformator 138

  3. Netze mit Sinusquellen veränderlicher Frequenz 139

    1. Frequenzabhängigkeit der Netzeigenschaften 139

      1. Wirkung von L und C 139

      2. Komponentendarstellung 141

      3. Ortskurvendarstellung 143

      4. Ortskurven zueinander inverser Funktionen 144

      5. Sinusanalyse 146

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

    2. Frequenzgang 148

      1. Betragsgang und Phasengang 148

      2. Übertragungsfaktor und Dämpfungsfaktor 149

      3. Symmetrieeigenschaften von Zweitoren 152

      4. Logarithmierte Größenverhältnisse 152

      5. Bode-Diagramm 155

      6. Äquivalente Netze 157

      7. Duale Netze 157

    3. Passive Filter 160

      1. Grenzfrequenz 160

      2. Filterarten 161

      3. Hochpass 1. Ordnung 161

      4. Tiefpass 1. Ordnung 163

      5. Bandpass 164

      6. Bandsperre 167

    4. Operationsverstärker an Sinusspannung 169

    5. Aktive Filter 170

      1. Filter 1. Ordnung 170

      2. Bandpass 2. Ordnung 172

      3. Bandsperre 2. Ordnung 173

  4. Drehstrom 174

    1. Symmetrische Spannungen 174

      1. Das symmetrische Dreiphasensystem 174

      2. Prinzip des Synchrongenerators 175

      3. Sternschaltung 177

      4. Dreieckschaltung 178

    2. Symmetrische Belastung 179

      1. Sternschaltung 179

      2. Dreieckschaltung 181

      3. Drehfeld 184

    3. Unsymmetrische Belastung 186

      1. Sternschaltung am Vierleiternetz 187

      2. Sternschaltung am Dreileiternetz 188

      3. Dreieckschaltung 190

    4. Symmetrische Komponenten 192

      1. Geschlossenes Zeigerdreieck 192

      2. Beliebige Lage der Zeiger 193

  5. Nichtsinusförmige Größen 195

    1. Harmonische Synthese 195

      1. Teilschwingungen 195

      2. Reelle Fourier-Reihen 197

      3. Sonderfälle der Synthese 198

      4. Komplexe Fourier-Reihen 200

      5. Spektrum periodischer Größen 202

    2. Eigenschaften periodischer Größen 204

      1. Leistung und Effektivwert 204

      2. Leistung bei Sinusspannung und nichtsinusförmigem Strom 205

      3. Kennwerte für die Verzerrung von Wechselgrößen gegenüber der Sinusform 207

    3. Harmonische Analyse 209

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      1. Berechnung der Fourier-Koeffizienten 209

      2. Verschiebungsssatz 210

    4. Nichtperiodische Größen 213

      1. Fourier-Transformation 213

      2. Diskrete Fourier-Transformation eines zeitbeschränkten Signals 215

      3. Diskrete Fourier-Transformation eines zeitlich unbeschränkten Signals 217

    5. Nichtsinusförmige Schwingungen in linearen Netzen 219

      1. Überlagerungsprinzip 219

      2. Verzerrungsfreie Übertragung 221

      3. Lineare Verzerrungen 222

    6. Nichtlineare Verzerrungen 224

      1. Spulenstrom bei verlustfreiem Eisenkern 224

      2. Spulenstrom beim Kern mit Eisenverlusten 225

  6. Schaltvorgänge 226

    1. Netz an Gleichspannung 226

      1. Netz mit einem Grundeintor C 226

      2. Netz mit einem Grundeintor L 231

      3. Laplace-Transformation 234

      4. Schwingkreis 238

      5. Netz mit zwei gleichartigen Energiespeichern 242

    2. Netz an Sinusspannung 244

      1. Netz mit einem Grundeintor C 244

      2. Netz mit einem Grundeintor L 247

      3. Schwingkreis 248

    3. Transientanalyse 250

      1. BDF-Verfahren 250

      2. Netz an Gleichspannung 251

      3. Netz an Sinusspannung 253

  7. Lineare Übertragungssysteme 254

    1. Stabilität 254

      1. Grundlegendes Stabilitätskriterium 254

      2. System mit konjugiert komplexen Polen 255

    2. Hoch- und Tiefpass 2. Ordnung 256

      1. Tiefpass 2. Ordnung 256

      2. Hochpass 2. Ordnung 259

      3. Realisierung von Hoch- und Tiefpass 260

  8. Reale Bauelemente 264

    1. Bauformen 264

    2. Widerstand 264

      1. Nenndaten 264

      2. Temperatureinfluss 265

      3. Widerstandsformen 266

      4. Wechselstrom-Ersatzschaltung 267

    3. Kondensator 270

      1. Bauformen 270

      2. Verluste bei Gleichspannungsbetrieb 273

      3. Verluste bei Wechselspannungsbetrieb 275

      4. Wechselstrom-Ersatzschaltungen 276

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      5. Temperatureinfluss 277

      6. Eigenschaften von Elektrolytkondensatoren 278

    4. Spule 280

      1. Berechnung der Induktivität 281

      2. Verlustwinkel und Gütefaktor 282

      3. Kupferverluste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284

      4. Kernverluste 285

Anhang 290

A1 Beziehungen zwischen Winkelfunktionen 290

A2 Komplexe Rechnung 291

A3 Wichtige Konstanten 293

A4 Verwendete Formelzeichen 293

A5 Fourier-Koeffizienten 295

A6 Laplace-Transformation 296

A7 Magnetisierungskurven 300

Lösungen der Aufgaben 301

Literatur 314

Sachwortverzeichnis 316

Namenverzeichnis 320


.

  1. Zeitabhängige elektrische und magnetische Felder


    1. Quasistationäre Vorgänge

      ordnet. Hat diese zu einem bestimmten Zeitwert ein positives Vorzeichen (z. B. t1; i1), so stimmt der Richtungssinn mit dem gewählten Bezugssinn überein. Hat sie zu einem anderen Zeitwert ein ne- gatives Vorzeichen (z. B. t ; i ), so sind Richtungs-

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      2 2

      Ziele: Sie können

      • erklären, was man unter einem quasistationären Vor- gang versteht.

      • die Einschränkungen nennen, welche für solche Vor-

        gänge gelten.

      • den Begriff konzentriertes Bauelement erklären.

      • die drei Grundeintore nennen.

      • die Definition für das ideale Ohmsche Eintor an- geben.


      1. Konzentrierte Bauelemente


        Im Band 1 haben wir im Wesentlichen stationäre Vorgänge behandelt. Bei ihnen bleiben die den Vorgang beschreibenden Parameter zeitlich kon- stant. Nun wollen wir die Gesetzmäßigkeiten un- tersuchen, die für zeitabhängige Größen gelten.


        Zur Unterscheidung von den stationären Größen werden zeitabhängige Ströme und Spannungen mit Kleinbuchstaben i bzw. u bezeichnet. Bei anderen Größen wird die Zeitabhängigkeit durch den Zusatz „(t)“ zum Ausdruck gebracht; man schreibt also z. B. P(t), (t) oder Q(t).


        Zur Veranschaulichung stellt man zeitabhängige Größen in einem Liniendiagramm grafisch dar (Bild 1.1). Dabei wird die Zeit auf der Abszisse und die zeitabhängige Größe auf der Ordinate abgetragen.

        Jedem Zeitwert ist ein Augenblickswert (instan- taneous value) der zeitabhängigen Größe zuge-

        sinn und Bezugssinn einander entgegengesetzt.


        Um die Wirkung von zeitabhängigen Größen zu verdeutlichen, betrachten wir in der Schaltung

    2. die Leitung zwischen den Klemmen 1 und 2, durch die ein Verbraucher mit einer Quelle ver- bunden ist.


Bild 1.2 Zum Begriff Eintor bei zeitabhängigen Größen


Bei einer idealen Gleichspannungsquelle mit Uq = const. ist auch U12 = const. Wir können die Leitung mit dem Ohmschen Widerstand R12 als Eintor betrachten, denn der Gleichstrom I1, der in die Klemme 1 hineinfließt, fließt zum gleichen Zeitpunkt aus der Klemme 2 heraus; es gilt also I1 = I2 = I.

Nun nehmen wir an, dass die Spannung der idealen Quelle zeitabhängig ist. An ihren Klemmen liegt dabei eine Spannung mit der Zeitfunktion uq(t).

In diesem Fall können wir das Leitungsstück

zwischen den Klemmen 1 und 2 nicht mehr ohne


Bild 1.1 Darstellung eines zeitabhängigen Stromes im Liniendiagramm

Einschränkung als Eintor ansehen. Dies liegt daran, dass sich alle Änderungen in elektrischen und magnetischen Feldern nur mit der endlichen Geschwindigkeit c0 im Raum ausbreiten, wo- bei c0 die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum ist.

Das Gleiche gilt für alle Änderungen von elektri- schen Strömen und Spannungen in Schaltungen. So folgt der Strom i2 in der Schaltung 1.2 einer Änderung des Stromes i1 um die Zeitspanne t verzögert, deren Dauer von den geometrischen

Abmessungen und den Werkstoffen der Leitung abhängt.

Die Leitung zwischen den Klemmen 1 und 2 ist deswegen für zeitabhängige Größen kein Eintor, weil i. Allg. für jeden Augenblick i1 i2 gilt.

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

In der Praxis kann dieser Effekt bei einer Eintor- schaltung vernachlässigt werden, wenn ihre Abmessungen und der Abstand zwischen den Klemmen hinreichend klein sind. In diesem Fall kann die Schaltung auch für zeitabhängige Größen als Eintor und ihr Klemmenpaar als Tor angesehen werden.

Bauelemente, bei denen die Verzögerungszeit t vernachlässigbar klein ist, bezeichnet man als konzentrierte Bauelemente (lumped element).


Ändern sich die physikalischen Größen eines Systems so langsam, dass demgegenüber alle Ausbreitungserscheinungen im Beobachtungs- raum vernachlässigt werden können, so sagt man, dass sich das System in einem quasistationären Zustand (virtual steady state) befindet.


Im Folgenden setzen wir voraus, dass ein quasista- tionärer Zustand besteht und dass die Schaltungen nur konzentrierte Bauelemente enthalten.


Praxisbezug 1.1

Bei sehr großen Abmessungen des Feldmediums, etwa bei der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen (z. B. Rundfunk, Fernsehen), und bei der Signalübertragung über Leitungen werden die Voraussetzungen für konzentrierte Bauelemente und quasistationäre Zustände von Schaltungen in der Regel nicht erfüllt.


Dies gilt auch für kleine bedrahtete Bauelemente bei den sehr schnellen Änderungen im Bereich der Höchstfrequenztechnik mit Frequenzen im GHz- Bereich.


Bei Computern wird die Rechengeschwindigkeit

u. a. durch die Länge der Signalleitungen zwischen den Schaltkreisen begrenzt. Um die Laufzeit der Signale möglichst kurz zu halten, integriert man immer mehr Schaltkreise auf einem Chip und konzentriert möglichst viele Chips auf engem Raum.

1.1.2 Grundeintore


Verwenden wir in der Schaltung 1.2 eine Gleich- spannungsquelle, so ist das Leitungsstück zwi- schen den Klemmen 1 und 2 ein Eintor mit dem Ohmschen Widerstand R12 und der Spannung U12

= R12 I zwischen den Klemmen.

Nun nehmen wir eine zeitabhängige Quellen- spannung uq an, deren zeitliche Änderung so langsam ist, dass wir das Drahtstück als konzen- triertes Bauelement ansehen und in der Schaltung quasistationäre Verhältnisse voraussetzen können.


Obwohl das Leitungsstück zwischen den Klem- men 1 und 2 nun als Eintor angesehen wer- den kann und i1 = i2 = i gilt, ist die Beziehung U12 = R12 I nicht ohne weitere Einschränkungen auf zeitabhängige Größen zu übertragen. Dies liegt daran, dass im umgebenden Raum jeder Strom ein Magnetfeld und jede Klemmenspan- nung ein elektrisches Feld erzeugt.

Beide Felder sind Energiespeicher, die ihren In- halt grundsätzlich nicht sprunghaft ändern kön- nen; hierzu wäre eine unendlich große Leistung erforderlich.


Aus diesem Grund kann der Strom i einer schnel- len Änderung der Spannung u12 nicht gleich schnell folgen, denn hierbei muss sich auch das umgebende Magnetfeld ändern.

Umgekehrt kann die Spannung u12 einer schnellen Änderung des Stromes i nicht gleich schnell fol- gen, denn hierbei muss sich auch das umgebende elektrische Feld ändern.


Der Strom i und die Spannung u an den Klemmen eines Eintors können also nur dann gleiche Zeitabhängigkeit haben, wenn das Eintor keine elektrischen und magnetischen Energiespeicher besitzt. Da dies eine Idealisierung ist, nennt man ein solches Eintor ein ideales Ohmsches Eintor R; an ihm gilt:


(1.1)


Das ideale Ohmsche Eintor wird durch seinen Widerstand R = const. oder durch seinen Leitwert

    1. Quasistationäre Vorgänge 13


      G = 1/ R beschrieben. Die Gl. (1.1) gilt für R > 0 bei Anwendung des Verbraucher-Pfeilsystems.


      Die Leistung P(t) = u i am idealen Ohmschen Eintor ist stets positiv. Dies bedeutet, dass es elek- trische Energie lediglich aufnehmen und in eine andere Energieform, z.B. in Wärme, umwandeln kann; die Speicherung von Energie ist nicht mög- lich.


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Das ideale Ohmsche Eintor erhält in Schaltungen das gleiche Schaltzeichen wie der Ohmsche Widerstand.

      Mit technischen Bauelementen ist das ideale Ohmsche Eintor nur näherungsweise zu realisie- ren (s. Abschn. 10.2).


      Außer dem Ohmschen Eintor gibt es noch zwei weitere ideale Eintore: Das ideale ka- pazitive Eintor C ist ein Speicher elek- trischer Feldenergie und das ideale induktive Eintor L ist ein Speicher magnetischer Feld- energie.

      Eine Umwandlung der Energie, die diesen Eintoren zufließt, in eine andere Energieform,

      z. B. in Wärme, ist nicht möglich. Auch die idealen Eintore C und L lassen sich mit realen Bauelementen nur näherungsweise realisieren, stellen also Idealisierungen dar.


      Wir werden die Eigenschaften der beiden Spei- chereintore C und L später beschreiben; das Bild

      1.3 zeigt zunächst nur ihre Schaltzeichen.

      Als Oberbegriff für die drei idealen Eintore R, C und L verwenden wir die Bezeichnung Grundeintor.


      Bild 1.3 Schaltzeichen der Grundeintore: a) ide- ales Ohmsches Eintor, b) ideales kapazitives Eintor,

      c) ideales induktives Eintor


      Für reale passive Eintore lassen sich aus den Grundeintoren Ersatzschaltungen aufbauen. Mit ihrer Hilfe kann man den Zusammenhang zwi- schen einem zeitabhängigen Strom i und einer zeitabhängigen Spannung u an den Klemmen des realen Eintors auf übersichtliche Weise beschrei- ben.


      In der Ersatzschaltung 1.4b berücksichtigt jedes Grundeintor nur einen physikalischen Effekt:

      • Das Grundeintor R stellt die bleibende Um- wandlung elektrischer Energie in eine andere Energieform dar.

      • Das Grundeintor C stellt den Einfluss des ver- änderlichen elektrischen Feldes auf den Strom i des realen Eintors dar.

      • Das Grundeintor L stellt den Einfluss des veränderlichen magnetischen Feldes auf die Spannung u des realen Eintors dar.


        Bild 1.4 Reales passives Eintor (a) und seine Ersatz- schaltung mit Grundeintoren (b)


        Fragen

      • Welches Formelzeichen erhält ein zeitabhängi- ger Strom?

      • Was ist ein quasistationärer Vorgang?

      • Unter welchen Bedingungen kann man ein Bauele- ment zwischen zwei Klemmen als Eintor ansehen?

      • Was ist ein konzentriertes Bauelement?

      • Wie ist das Grundeintor R definiert?

      • Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Grö- ßen i und u an einem Grundeintor R?

      • Welche Grundeintore sind Ihnen bekannt? Welche

      physikalischen Effekte stellen sie dar?


      Aufgabe 1.1(1)

      Durch ein Grundeintor R = 10 fließt der Strom i = 2,5 A · et / 0,2 s. Berechnen Sie die Spannung am Eintor für den Zeitpunkt t1 = 0,5 s.

    2. Erweiterung des Strombegriffs


      Ziele: Sie können

      • für einen zeitabhängigen Strom die Beziehung zwi- schen Stromstärke und bewegter Ladung angeben.

      • die Definition für das ideale kapazitive Eintor nen-

        nen.

      • die Begriffe Verschiebungsstrom und Verschiebungs- stromdichte definieren.

      • den Zusammenhang zwischen den Feldvektoren der

        Stromdichte und der Verschiebungsstromdichte an der Grenzfläche Leiter – Dielektrikum beschreiben.

      • den Knotensatz in allgemeiner Form für zeitabhängi-

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        ge Ströme formulieren.

      • den Zusammenhang zwischen der Verschiebungs- stromdichte und der durch sie verursachten magneti- schen Feldstärke nennen.


      1. Ideales kapazitives Eintor


        Liegt ein idealer Plattenkondensator mit der Kapazität C an der konstanten Spannung U, so bestehen im Raum zwischen seinen Platten homo- gene Felder der elektrischen Feldstärke E = U / l und der elektrischen Flussdichte D = E.


        Ist das Dielektrikum ideal, so bewegen sich zwi- schen den Kondensatorplatten keine Ladungen und in den Leitungen zum Kondensator fließt kein Strom. Auf der einen Platte befinden sich positive Ladungen Q = C U und auf der anderen negative Ladungen vom gleichen Betrag.

        Auch die Ladungen auf den Kondensatorplatten sind nun zeitabhängige Größen Q(t) bzw. – Q(t). Die Platte 1, von welcher der Bezugspfeil für u ausgeht, trägt dabei in jedem Augenblick eine Ladung mit gleichem Vorzeichen wie die Spannung u und es gilt:


        Q(t) = C u (1.2)


        Wächst die Spannung u an (du/ dt > 0), so zieht die Quelle Elektronen von der Platte 1 ab und ver- schiebt sie auf die Platte 2; dabei fließt ein Strom im Bezugssinn (i > 0). Die negative Ladung auf der Platte 2 nimmt dadurch zu; die Platte 1 wird entsprechend positiv geladen.


        Bei sinkender Spannung (du/ dt < 0) werden die Ladungen in umgekehrter Richtung verschoben; dabei ist i < 0.


        Zu einer kleinen Spannungsänderung du gehört die Ladungsänderung dQ:


        dQ = C du (1.3)


        Während dieser Ladungsänderung im Zeitintervall dt fließt in der Leitung der Strom i. Wir haben im Band 1 mit der Gl. (1.7) den Zusammenhang zwi- schen der Stromstärke I und der Ladungsmenge

        Q angegeben, die im Zeitintervall t gleich- mäßig durch einen Querschnitt strömt; die dort genannte Beziehung I = Q / t gilt jedoch nur für Gleichstrom.


        Ändert sich die Ladung zeitlich beliebig, so ver- wendet man den Differenzialquotienten:


        (1.4)



        Bild 1.5 Kondensator an zeitabhängiger Spannung


        Nun nehmen wir an, dass an den Kondensator eine Quelle mit zeitabhängiger Spannung uq an- geschlossen ist. Die Bezugspfeile für den Strom i und die Spannung u zwischen den Platten wählen wir wie üblich nach dem Verbraucher-Pfeilsystem.

        Wir setzen die Gl. (1.3) ein und erhalten die Glei- chung des idealen kapazitiven Eintors:


        (1.5)


        Dieses Grundeintor C besitzt eine konstante Kapazität und wird mit dem Schaltzeichen des

        Kondensators dargestellt, wie dies bereits im Bild

    3. gezeigt ist.


Der Strom durch das Grundeintor C ist ausschließ- lich von der zeitlichen Änderung der Spannung und damit von der Änderung des elektrischen Feldes abhängig; das magnetische Feld hat keinen Einfluss.


Das Grundeintor C ist ein Energiespeicher; eine bleibende Umwandlung von elektrischer Energie in eine andere Energieform, z. B. in Wärme, ist nicht möglich.


Ist in der Schaltung 1.5 die Leistung P(t) = u i zu ei- nem Zeitpunkt positiv, so nimmt das Grundeintor C Energie auf; bei P(t) < 0 gibt es dagegen Energie an die Quelle zurück.

Das Grundeintor C wirkt also zeitweise aktiv und zeitweise passiv.


Technische Kondensatoren können die Eigen- schaften des Grundeintors C nur annähernd erreichen (s. Kap. 10); es stellt wie die beiden anderen Grundeintore eine Idealisierung dar.


Ist die Kapazität spannungsabhängig (s. Band 1, Abschn. 6.6.2), so lässt sich der Strom mithilfe der differenziellen Kapazität Cd berechnen:

0 t 30 ms berechnen und feststellen, in welchen Intervallen das Eintor aktiv und in welchen es passiv wirkt.


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Da die Funktion u(t) nicht stetig differenzier- bar ist, berechnen wir den zeitabhängigen Strom i(t) mit der Gl. (1.5) intervallweise:


(1.6)


Dabei ist zu beachten, dass auch die differenzielle Kapazität spannungsabhängig ist.


Aus der Gl. (1.5) folgt, dass die Spannung u an ei- nem Grundeintor C sich nicht sprunghaft ändern kann, weil dabei der Differenzialquotient du/ dt und damit der Strom i unendlich groß werden müssten. Dies gilt auch für die Spannungen an realen Kondensatoren und für beliebige Leiter- anordnungen, in denen stets Kapazitäten wirksam sind.


Beispiel 1.1

An einem Grundeintor C = 0,2 F liegt die zeitabhängige Spannung u. Wir wollen die Zeitfunktion des Stromes i für das Intervall


Im ersten Intervall nimmt das Eintor wegen P(t) = u i > 0 elektrische Energie auf; im dritten Intervall gibt es wegen P(t) = u i < 0 die gleiche Energie wieder ab. In den übrigen Intervallen bleibt die im Eintor gespeicherte Energie jeweils konstant.


      1. Verschiebungsstrom


        Ändert sich zwischen den Platten des Kondensators im Bild 1.5 die Spannung u, so fließt ein Strom i, obwohl der Stromkreis zwischen den Platten un- terbrochen ist; die Ladungsträgerbewegung endet an den Platten.


        Darin liegt ein Widerspruch zu der Aussage im Band 1, dass ein elektrischer Strom nur in

        einem über Leiter geschlossenen Stromkreis fließen kann. Dies gilt jedoch nur für stationäre Verhältnisse; für zeitabhängige Ströme müssen wir den Strombegriff erweitern.


        Jeder Strom in den Zuleitungen des Kondensators ist von einer Ladungsänderung dQ / dt auf den Platten begleitet (s. Gl. 1.4). Mit ihr ändern sich auch der elektrische Fluss e und die elektrische Flussdichte des Kondensatorfeldes (s. Band 1, Abschn. 6.4.3).

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wegen Q = D A gilt für ein homogenes Feld:


        (1.7)


        Der Ausdruck dD / dt hat die Einheit der Strom- dichte:



        (1.8)


        Man bezeichnet deshalb die Größe d / dt als Verschiebungsstromdichte (displacement current density) v:


        Bild 1.6 Stromdichte und Verschiebungsstromdichte

        (1.9)


        Die Verschiebungsstromdichte ist ein Vektor, des- sen Betrag gleich der augenblicklichen Änderung der elektrischen Flussdichte D ist.


        Die Richtung des Vektors v der Verschiebungs- stromdichte stimmt für dD / dt > 0 mit der Rich- tung des Vektors überein; für dD / dt < 0 sind die Richtungen der beiden Vektoren einander ent- gegengesetzt.


        Das Feld der Stromdichte in den Zuleitungen und in den Kondensatorplatten setzt sich als Feld der Verschiebungsstromdichte v im Dielektri- kum des Kondensators fort; die Feldlinien gehen an der Oberfläche der Kondensatorplatten inei- nander über (Bild 1.6).


        Bei der Verschiebungsstromdichte muss man sich von der Vorstellung befreien, dass sich längs der Feldlinien Ladungen bewegen.


        Der Fluss (d. h. das Flächenintegral) der Verschie- bungsstromdichte v ist der Verschiebungsstrom (displacement current) iv:


        (1.10)


        Bei der Berechnung des Verschiebungsstromes für das Feldbild 1.6 ist das Integral über die Teilfläche A2 der Hüllfläche um eine der Kondensatorplatten zu bilden; diese Teilfläche wird ausschließlich vom Feld der Verschiebungsstromdichte v durchsetzt.

        Durch die Teilfläche A1 der Hüllfläche fließt der Strom i in der Zuleitung des Kondensators. Er setzt sich im Dielektrikum als ein Verschiebungsstrom iv mit gleicher Stromstärke fort.

        Wird ein Teil der Hüllfläche von einem homogenen Feld der Verschiebungsstromdichte durchsetzt, so lässt sich hierfür die Gl. (1.10) vereinfachen:


        (1.11)


        Die Vorstellung von einem Verschiebungsstrom, der ohne Ladungsträgerbewegung z. B. auch im Vakuumauftretenkann,wurdevonMaxwell1) be- gründet. Nach dieser Erweiterung des Strombe- griffes gilt auch für zeitabhängige Ströme in Netz- werken mit kapazitiven Eintoren der Satz, dass jeder elektrische Strom in sich geschlossen ist.


      2. Knotensatz bei zeitabhängigen Strömen


        Der Knotensatz sagt aus, dass die Summe aller Ströme, die eine Hüllfläche durchsetzen, stets den Wert null hat (Band 1, Abschn. 3.2). Entsprechend ist auch der Fluss des Stromdichtevektors durch eine Hüllfläche gleich null.

        Beide Aussagen gelten nur für den stationären Zustand. Bei zeitabhängigen Vorgängen müssen auch die Verschiebungsströme berücksichtigt wer- den; wir wollen dies in der Anordnung betrachten, die im Bild 1.6 gezeigt ist.


        Um die linke Kondensatorplatte ist im Bild 1.6 eine Hüllfläche gelegt, deren Flächenvektoren d wie üblich nach außen weisen. Sie besteht aus zwei Teilflächen.


        Die Fläche A1 ist die Querschnittsfläche der Zuleitung, hier ist die Verschiebungsstromdichte

        v = 0. Wir integrieren über die Stromdichte und erhalten:


        (1.12)


        Die Fläche A2 liegt im Dielektrikum, dort ist J = 0. Wir integrieren über die Verschiebungsstrom- dichte v und erhalten:


        (1.13)


        Die Feldlinien der beiden Felder gehen ineinander über: Jede in die Hüllfläche eintretende -Feldli- nie tritt an anderer Stelle als v-Feldlinie aus der

        1) James Clerk Maxwell, 1831 – 1879

        Hüllfläche wieder aus. Hieraus folgt, dass der Wert des Integrals über die Hüllfläche gleich Null sein muss:


        (1.14)


        Dies ist die allgemeine Formulierung des Knoten- satzes für zeitabhängige Ströme.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Verschiebungsströme müssen bei der Auf- stellung einer Gleichung nach dem Knotensatz be- rücksichtigt werden; er lautet für jeden Knoten:

        (i + iv) = 0 (1.15)

        Verschiebungsströme treten nicht nur im Inneren von Kondensatoren auf. Liegen in einem Netz mehrere Knoten auf unterschiedlichen, zeitab- hängigen Potenzialen, so verursacht die Ände- rung des elektrischen Feldes zwischen ihnen Verschiebungsströme. Diese werden in der Ersatz- schaltung eines solchen Netzes durch ideale kapa- zitive Eintore beschrieben; man nennt sie Streu- kapazitäten.


        Liegt zwischen zwei Knoten (1; 2) eines Netzes die Streukapazität Cs , so gilt für den Verschie- bungsstrom von 1 nach 2:


        (1.16)


        Die Streukapazitäten sind von der Geometrie der Schaltung und von den verwendeten Mate- rialien abhängig; sie sind i. Allg. sehr klein. Ihre Berechnung, die sich auch mit Computer- Programmen durchführen lässt, ist recht aufwen- dig; daher begnügt man sich oft mit Schätzungen.


        Durch die Streukapazitäten können z. B. schnell veränderliche Spannungen in andere Netzteile übertragen werden und dort Störungen hervorru- fen; man spricht dabei von einer störenden kapa- zitiven Kopplung.


        Bei langsam veränderlichen Spannungen können die Streukapazitäten i. Allg. vernachlässigt wer- den.

      3. Durchflutungsgesetz bei zeitabhängigen Strömen


Das Durchflutungsgesetz, wie wir es bisher ken- nen, beschreibt den Zusammenhang zwischen dem elektrischen Strömungsfeld und dem von ihm erzeugten magnetischen Wirbelfeld :


(s. Gl. 7.29, Band 1)


(1.17)


Falls der Integrationsweg, auf dem das Randin- tegral im Feld der magnetischen Feldstärke ge- bildet wird, sowohl Ströme in Leitern als auch Verschiebungsströme umfasst (Bild 1.8), so sind sämtliche Ströme in die 1. Maxwellsche Glei- chung einzusetzen.


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Dieses Gesetz wurde von Maxwell im Jahr 1873 erweitert: In einem Gedankenexperiment betrach- tete er einen geladenen Kondensator, der durch einen Leitungsdraht entladen wird. Während das Feld der elektrischen Flussdichte dabei bis zum Wert D = 0 abnimmt, fließt ein Leitungsstrom i, der von den ringförmigen Feldlinien der magneti- schen Feldstärke umgeben ist.


Bild 1.8 Leitungsstrom i und Verschiebungsstrom iv

innerhalb eines geschlossenen Integrationsweges



Bild 1.7 Magnetfeld des Entladestromes eines Kon- densators


Die -Feldlinien umschlingen sämtliche Ab- schnitte des Leitungsdrahtes und es stellt sich die Frage, ob das magnetische Wirbelfeld im Bereich des Kondensators „unterbrochen“ wird.


Maxwell behauptete: Das magnetische Feld hat keine „Enden“, es bildet einen geschlossenen Hohlring. Deswegen muss der Verschiebungs- strom im Dielektrikum des Kondensators in gleicher Weise ein Magnetfeld erzeugen wie der Leitungsstrom.


Einen Beweis für diese Vorstellung konnte Max- well nicht angeben. Dennoch erweiterte er das Durchflutungsgesetz um das Feld v = d / dt der Verschiebungsstromdichte; die 1. Maxwellsche Gleichung (1873) lautet damit:

Praxisbezug 1.2

Die Berliner Akademie der Wissenschaften stellte im Jahr 1879 die Preisaufgabe, das Magnetfeld des Verschiebungsstromes experimentell nachzuwei- sen, was zunächst niemandem gelang.


Diese Aufgabe wurde erst im Jahr 1886 von Hertz1) an der Technischen Hochschule Karls- ruhe gelöst: Er erzeugte als Erster elektro- magnetische Wellen, die bereits von Maxwell als Folgerung aus seinem Modell der Verschie- bungsstromdichte vorausgesagt worden waren. Die dabei auftretenden schnell veränderli- chen, einander wechselseitig bedingenden magne- tischen und elektrischen Felder bewiesen ein- drucksvoll die physikalische Realität des Ver- schiebungsstromes und seines Magnetfeldes.


Als Sender verwendete Hertz einen Induktions- apparat mit Kugelfunkenstrecke. Mit den Kugeln waren in entgegengesetzte Richtungen verlau- fende gerade Metallstäbe verbunden. Sie trugen


1) Heinrich Hertz, 1857 – 1894

verschiebbare Metallkörper und bildeten so als abstimmbarer, offener Schwingkreis die Sende- antenne. Eine solche Anordnung wird heute als Hertzscher Oszillator bezeichnet.

Eine Wand des großen Hörsaals verkleidete Hertz mit Zinkblech. Sie wirkte so als Reflektor und er- zeugte ein Stehwellenfeld. Darin konnte aus der Entfernung der Knoten und Bäuche mithilfe ein- facher Resonatoren aus offenen Drahtvierecken mit Messfunkenstrecken die Wellenlänge 10 m ermittelt werden. Dies entspricht einer Frequenz im Kurzwellenbereich von etwa 30 MHz.

Fragen

sator nicht sprunghaft ändern?

1.3(1) An den Klemmen eines Grundeintors C =

47 nF soll der Ladestrom nach der Funktion

i = 2 (mA / s) ∙ t linear ansteigen.

Wie lautet die Zeitfunktion der Klemmen- spannung, die zum Zeitpunkt t1 = 30 ms den Wert u1 = 3 V haben soll?

1.4(2) An einem idealen Plattenkondensator (r = 2,7; A = 0,6 m2; l = 0,5 mm) steigt in der Zeit 1 ms die Spannung zeitlinear um 100 V an.

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Berechnen Sie den Verschiebungsstrom und die Verschiebungsstromdichte im Dielektrikum sowie den Strom in der Zuleitung zum Kondensator.


1.5(3) Ein idealer Plattenkondensator mit kreis- runden Metallplatten (Durchmesser d = 0,8 m; Plattenabstand l = 0,6 mm; r = 8) wird aufge- laden. Dabei steigt die Klemmenspannung nach einer e-Funktion an:

Aufgaben

1.2(1) Das Bild zeigt das Liniendiagramm der Klemmenspannung u an einem idealen kapazi- tiven Eintor. Berechnen Sie die Zeitfunktion des Stromes i für das Intervall 0 t 8 ms.

Berechnen Sie die magnetische Flussdichte B(t) im Dielektrikum ( r = 1) beim Radius 0,3 m.

1.6(3) Beim Umschalten eines Grundeintors C = 10 nF von einer idealen Spannungsquelle Uq1 = 15 V auf eine lineare Spannungsquelle mit der unbekannten Quellenspannung Uq2 ändert sich der Strom nach der e-Funktion:


Berechnen Sie den Zeitverlauf der Spannung u und die Quellenspannung Uq2. Zeichnen Sie die Liniendiagramme für u und i.

    1. Bewegungsinduktion


      Ziele: Sie können

      • den Begriff Bewegungsinduktion erläutern.

      • die zwischen den Enden eines im homogenen Mag- netfeld bewegten geraden Leiters erzeugte Spannung aus der Lorentz-Kraft herleiten.

      • einen Ausdruck für die induktive Spannung zwi- schen den Enden eines beliebig geformten, bewegten Leiters im inhomogenen Magnetfeld formulieren.

      • eine zur Messung der induktiven Spannung geeigne- te Anordnung skizzieren.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      • die Flussänderung beschreiben, welche bei der Be- wegungsinduktion auftritt.

      • die induktive Spannung an einer im homogenen Magnetfeld rotierenden Leiterschleife berechnen.


      Die Induktion einer elektrischen Spannung in ei- ner Leiteranordnung wurde im Band 1 (s. Abschn. 7.1.5) als wichtige Wirkung des Magnetfeldes be- schrieben. Wir zeigten zwei Experimente:

      • Leiteranordnung und Magnetfeld bewegen sich gegeneinander; den dabei beobachteten Induktionsvorgang bezeichnet man als Bewe- gungsinduktion.

      • Leiteranordnung und Magnetfeld befinden sich zueinander in Ruhe und das Magnetfeld ändert sich zeitlich; den dabei beobachteten Induktionsvorgang bezeichnet man als Ruhe- induktion.


      Laufen beide Vorgänge gleichzeitig ab, so überla- gern sich die Induktionswirkungen. Wir behan- deln sie zunächst getrennt und werden dann zei- gen, dass sich die gefundenen Gesetzmäßigkeiten ineinander überführen lassen.


      1. Bewegter Leiter im Magnetfeld


        Bewegt sich eine Ladung Q mit der Geschwindig- keit im Feld der magnetischen Flussdichte , so wirkt auf sie die Lorentz-Kraft:


        (s. Gl. 7.13, Band 1)


        Die Lorentz-Kraft bewirkt Ladungsverschie- bungen, die im magnetischen Feld elektrische Spannungen erzeugen; damit wollen wir uns im Folgenden befassen.

        Wir betrachten einen geraden, leitenden Stab, der sich mit der Geschwindigkeit in einem homo- genen Magnetfeld bewegt. Die Lage des Stabes im Raum wird durch den Längenvektor zwi- schen seinen Grenzflächen 1 und 2 beschrieben.


        Wir nehmen zunächst an, dass die Vektoren , und senkrecht aufeinander stehen.


        Bild 1.9 Im homogenen Magnetfeld bewegter gerader Leiter


        Auf die negativen bzw. positiven beweglichen La- dungsträger im Stab wirkt die Lorentz-Kraft n bzw. p . Unter ihrem Einfluss werden die Ladungsträger zu den Enden des Stabes hin ver-

        schoben.


        Der Quotient aus Kraftvektor und Ladung ist eine elektrische Feldstärke (s. Gl. 1.22, Band 1). Wird sie durch die Bewegung von Ladungen im Magnetfeld hervorgerufen, so bezeichnet man sie als induzierte elektrische Feldstärke Ei:


        (1.18)


        Die auf die Grenzflächen des Stabes verschobe- nen Ladungen erzeugen im Stab und im Außen- raum ein elektrisches Quellenfeld Q , das sich im Inneren des Stabes dem induzierten elektrischen Feld i überlagert.

        Die Verschiebung der Ladungen ist beendet, sobald die Lorentz-Kräfte und die Coulomb-Kräfte auf die Ladungen gleichen Betrag haben. Dabei heben sich die Felder Q und i im Leiterinneren auf. Dort ist in diesem Fall Q = i und die resultie- rende elektrische Feldstärke ist E = 0.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Ein experimenteller Nachweis der Ladungen an den Stabenden gelingt z. B. dadurch, dass man den zunächst leitenden Stab während der Bewegung durch das Magnetfeld zum Nichtleiter werden lässt, etwa durch Abkühlung eines heißleitenden Materials. Nach der Abkühlung ist der Stab ein Elektret (s. Band 1) geworden; er bleibt dies auch außerhalb des Magnetfeldes.


        Keineswegs kann man die Potenzialdifferenz zwischen den Stabenden mit einem mitbewegten Spannungsmesser nachweisen. In seinen Zulei- tungen werden ebenfalls Ladungen verschoben, so dass im Messkreis zwei gleich große Spannungen in Gegenreihenschaltung liegen; die Anzeige bleibt 0 V.


        Die Spannung u12 zwischen den Grenzflächen des Stabes lässt sich durch Integration im Quellenfeld bestimmen:


        (1.21)


        Die Geschwindigkeit des Stabes kann sich zeitlich ändern; entsprechend ist auch die Spannung u12 eine zeitabhängige Größe.


        Wir haben zunächst den einfachsten, aber tech- nisch wichtigen Fall betrachtet, dass die Vektoren aufeinander senkrecht stehen (Bild 1.9). Aus der Gl. (1.21) erhält man hierfür:


        (1.22)


        Der Richtungssinn der Spannung lässt sich mit- hilfe der Gl. (1.21) ermitteln, die auch für beliebi- ge Winkel zwischen den Vektoren gilt.


        Die Erzeugung von Spannungen durch die Be- wegung von Leitern im Magnetfeld nennt man Bewegungsinduktion.

        Die aus dem Quellenfeld wie oben berechnete Spannung u12 bezeichnet man als induktive Span- nung (inductive voltage).


        Bildet man das Linienintegral von 2 nach 1 über das induzierte elektrische Feld i , so erhält man


        (s. Gl. 6.18, Band 1)


        Dabei kann der Integrationsweg von der Fläche 1 zur Fläche 2 wegen der Wegunabhängigkeit des Linienintegrals im Quellenfeld entweder über das äußere oder über das innere Feld erstreckt werden.

        Wir wählen den Integrationsweg im homogenen Feld innerhalb des Stabes (s. Bild 1.9) und erhal- ten:

        (1.19)


        Da im Leiterinnern Q = i ist, gilt:


        (1.20)


        Wir setzen die Gl. (1.18) ein und erhalten:

        die induzierte Spannung (induced voltage) ui:

        ui = u12 (1.23)

        Beide Spannungen werden in der Technik für Berechnungen verwendet. Wir wollen im Folgen- den ausschließlich die induktive Spannung ver- wenden.


        Beispiel 1.2

        Ein gerader Metallstab der Länge l12 = 0,12 m wird von einem homogenen Magnetfeld mit der Flussdichte B = 1,5 T senkrecht durch- setzt. Er bewegt sich relativ zum Magnetfeld mit der Geschwindigkeit = 2 m/ s, wobei die Vektoren und den Winkel = 30° ein- schließen.


        Wir wollen die Spannung u12 berechnen, die zwischen den Stabenden durch die Bewe- gungsinduktion entsteht.

        Zwischen zwei an der Innenwand des Rohres liegenden Elektroden entsteht eine induktive Spannung u = B l. Voraussetzung hierfür ist, dass die Flüssigkeit elektrisch leitet, also Ionen enthält. Eine Leitfähigkeit > 0,1 S/ cm reicht bereits aus; der Wert beeinflusst die Höhe der in- duktiven Spannung nicht.



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Längenvektor


        weist von der Fläche 1

        Der Abstand l der Elektroden ist gleich dem Durchmesser D . Da der Volumendurchfluss nach der Beziehung dV/ dt = D2 / 4 mit der Strö- mungsgeschwindigkeit zusammenhängt, gilt:

        zur Fläche 2, liegt also in Richtung des Be- zugspfeiles für u12.

        Das Vektorprodukt liegt in Gegen- richtung zu ; wir setzen entsprechend in die Gl. (1.21) ein:


        Praxisbezug 1.3

        Mit einem Induktions-Durchflussmesser kann der Volumendurchfluss einer Flüssigkeitsströmung gemessen werden.

        Die Flüssigkeit strömt dabei mit der Geschwindig- keit durch ein Rohr aus nicht leitendem Mate- rial mit dem Durchmesser D. Es wird von einem homogenen Magnetfeld B senkrecht zur Bewe- gungsrichtung durchsetzt.


        Der Innenwiderstand des Sensors hängt von der Elektrodenfläche und der Leitfähigkeit der Flüs- sigkeit ab; im Allgemeinen ist er sehr groß. Man benötigt in diesem Fall einen Messverstärker mit hohem Eingangswiderstand.


        Bleibt die Polarität des Magnetfeldes über längere Zeit gleich, so kann sich eine Polarisationsspan- nung (s. Kap. 11, Band 1) bilden, die das Mess- ergebnis verfälscht. Man vermeidet dies durch Umpolen des Feldes in einem festen Zeittakt. Die Taktdauer wird so groß gewählt, dass gerade noch keine Polarisationsspannung auftritt. Gemessen wird jeweils nur in einem Zeitabschnitt, der klei- ner ist als die Zeit mit konstanter Polarität des Magnetfeldes.


        Der Induktions-Durchflussmesser hat den Vorteil, dass der Strömungsquerschnitt zur Messung nicht eingeengt werden muss. Die Messung ist auch bei stark verschmutzten und chemisch aggressiven Medien möglich. Für 10 . . . 100% des Messbereichs kann eine maximale relative Messabweichung von etwa 1 % eingehalten werden.


        Wir wollen nun noch den allgemeinen Fall be- trachten, bei dem sich ein beliebig gestalteter Leiter mit längs des Leiters nicht konstanter Geschwindigkeit in einem inhomogenen Magnet- feld bewegt (Bild 1.10).

        Der Leiter wird zwischen den Grenzflächen 1 und 2 in infinitesimal kleine Elemente d unterteilt und die Spannung als Linienintegral gebildet:


        Wir setzen die Gl. (1.18) ein und erhalten:


        (1.24)


        (1.25)

        Wir denken uns die Scheibe zerlegt in viele radial von der Welle zum Scheibenrand ver- laufende Leiter. An sämtlichen Leitern wird die gleiche Spannung u12 erzeugt; in der Scheibe fließt daher kein Strom.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        An dem Längenvektor von der Welle zum Scheibenrand liegt nach Gl. (1.25) die Span- nung:


        Auf den Elementen des Vektors stehen die Vektoren und zueinander senkrecht. Das Vektorprodukt weist in die Richtung des Vektors ; daher gilt:


        Bild 1.10 Bewegung eines beliebig gestalteten Leiters im inhomogenen Magnetfeld


        Beispiel 1.3

        Eine Aluminiumscheibe rotiert mit der Dreh- zahl n = 3600 min–1 in einem homogenen Magnetfeld mit der Flussdichte B = 0,6 T, das die Scheibenfläche senkrecht durchsetzt.

        Wir wollen die Spannung zwischen einem Punkt 1 am Umfang der Scheibenwelle (Ra- dius r1 = 0,5 cm) und einem Punkt 2 am Rand der Scheibe (r2 = 20 cm) berechnen.


        Der Betrag der Geschwindigkeit wächst nach außen an und erreicht beim Radius r den Betrag = r. Wir setzen dies und die kon- stante Winkelgeschwindigkeit = n in die Gleichung ein und erhalten:


        Diese Spannung kann nicht mit einer auf der Scheibe mitbewegten Messeinrichtung nach- gewiesen werden. Zu ihrer Messung sind z. B. Verbindungen über Schleifkontakte zu einem ruhenden Spannungsmesser herzustellen.


        Eine Maschine nach dem gezeigten Prinzip bezeichnet man als Unipolarinduktor.


      2. Zeitliche Änderung des magnetischen Flusses in der Schleifenfläche


        Die induktive Spannung zwischen den Enden ei- nes im Magnetfeld bewegten Stabes (s. Bild 1.9) kann nur mit einer Messanordnung bestimmt wer- den, die an der Bewegung nicht teilnimmt.

        Eine für die Messung der induktiven Spannung geeignete Messanordnung kann z. B. nach Bild

        1.11 aufgebaut sein. Dabei ist das Messgerät mit zwei parallelen leitenden Schienen Sch verbun- den, auf denen sich der Stab unter ständigem Kontakt bewegt.

        Zwischen den Kontaktstellen 1 und 2 hat der Stab die Länge . Wir nehmen ein homoge- nes Magnetfeld an, das den ganzen Beobach- tungsraum erfüllt. Die Vektoren , und schließen beliebige Winkel ein.

        Mit der Fläche der Schleife verändert sich auch der magnetische Fluss , der sie durchsetzt.


        Der Richtungssinn des Flusses (s. Band 1, Abschn. 7.2.1) weist in Richtung der Komponente von , welche die Schleifenfläche senkrecht durchsetzt (s. Bild 1.11).


        Die Flussänderung bei der Bewegung des Leiters ist:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (1.28)


        Nach dem Vertauschungsgesetz für Vektoren im gemischten Skalar-Vektorprodukt gilt folgende Umformung:


        (1.29)



        Bild 1.11 Messung der induktiven Spannung u12 an einem bewegten Stab


        Das an die Schienen Sch angeschlossene Voltmeter zeigt eine Spannung u12 nach der Gl. (1.21) an, so- lange sich der Stab gegenüber der im Magnetfeld ruhenden Messanordnung bewegt.

        Dabei verändert sich die Fläche, welche von der aus Stab, Schienen und Messgerät gebildeten Schleife berandet wird.

        Verschiebt sich der Stab im Zeitintervall dt um das Wegelement d , so wächst die Fläche um den Wert:

        (1.26)


        Aus dem Kreuzprodukt ergibt sich der Flächen- vektor d senkrecht zu der Ebene, die von den Vektoren d und aufgespannt wird. Kehrt sich die Bewegungsrichtung um, so gilt dies auch für die Richtung von d .

        Die zeitliche Änderung der Fläche können wir mit der Geschwindigkeit = d / dt angeben:


        (1.27)

        Die rechte Seite dieser Gleichung ist der Zusam- menhang, den wir bereits im Abschn. 1.3.1 für die induktive Spannung gefunden haben (s. Gl. 1.21); damit gilt:


        (1.30)


        Bei der Bewegungsinduktion lässt sich die induk- tive Spannung also sowohl mit der Lorentz-Kraft als auch mit der Änderung des Schleifenflusses berechnen; dabei ist die Flussdichte B zeitunab- hängig. Die Flussänderung wird nur durch die zeitliche Änderung der Schleifenfläche aufgrund der Bewegung von Leitern bewirkt.


        Schließt man in der Schaltung 1.12 statt des Voltmeters mit dem Widerstand RM einen Verbraucher mit endlichem Widerstand an, so fließt in der Schleife ein Strom i > 0; der bewegte Stab wirkt dabei im Stromkreis als Spannungs- quelle.


        Auf den stromdurchflossenen Stab wirkt im Magnetfeld eine Kraft (s. Band 1, Abschn. 7.2.2), welche seine Bewegung hemmt: Bei der Bewegungsinduktion wird also mechanische in elektrische Energie umgewandelt.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Nun wollen wir noch den allgemeinen Fall betrachten, bei dem sich ein Leiter beliebiger Form in einem zeitunabhängigen, inhomogenen Magnetfeld befindet. Seine Wegelemente d bewegen sich mit unterschiedlichen Geschwindig- keiten .

        nach 2, welcher den bewegten Leiterteil enthält, den Richtungssinn des Flusses im Rechts- schraubensinn umfasst (s. Bild 1.12).

        Vergrößert sich in Bild 1.12 die vom Magnetfeld durchsetzte Schleifenfläche, so ist d / dt > 0 und u12 > 0. Verkleinert sich diese Fläche hingegen, so haben beide Größen ein negatives Vorzeichen.

        Die Messanordnung zwischen den Klemmen ruht

        und trägt zur Flussänderung nichts bei.


        Beispiel 1.4

        Ein homogenes Magnetfeld mit der Flussdichte B = 0,4 T ist unter dem Winkel = 20° gegen die Ebene zweier Schienen, die voneinander den Abstand a = 300 mm haben, geneigt. Darauf bewegen sich in ständigem Kontakt mit diesen zwei gerade Stäbe mit den Geschwin- digkeiten 1 = 0,2 m/ s und 2 = 0,5 m/ s.

        Wir wollen die Spannung u am Messgerät so- wohl mithilfe der Lorentz-Kraft als auch mit der Flussänderung berechnen.



        Bild 1.12 Induktive Spannung an einer bewegten Lei- terschleife


        Die Vektoren d sind die Verschiebungen dt der Leiterelemente. Die Produkte d erge- ben die Flächenelemente d , um welche sich die Schleifenfläche im Zeitintervall dt jeweils verän- dert.

        Bei der Bewegung der drei Leiterelemente im Bild

        1.12 verkleinern d 1 und d 3 die Schleifenfläche, d 2 dagegen vergrößert sie.


        Die induktive Spannung u12 berechnen wir aus der Flussänderung in der Schleife mithilfe der Gln. (1.30 und 1.28). Wir integrieren über den be- wegten Schleifenteil, der die Flussänderung in der Schleife hervorruft, und erhalten:


        Mithilfe der Lorentz-Kraft erhält man die Gl. (1.21), die für die Spannung zwischen den Kontaktstellen 1 und 2 lautet:


        Der Vektor 1 weist in Richtung des Vektors , also ist u12 > 0. Wir berechnen:



        (1.31)



        Diese Gleichung liefert dann das richtige Vor- zeichen für u12, wenn der Integrationsweg von 1

        Der Vektor 2 weist in Gegenrichtung zum Vektor 34 , also ist u34 < 0. Wir berech- nen: u34 = 20,5 mV

        Aus dem Maschensatz folgt:

        u = u12 + u34 = 12,3 mV

        Aus der Flussänderung berechnen wir die Spannung u mit der Gl. (1.30):


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Den Richtungssinn des Flusses legen wir senkrecht zur Schleifenfläche nach unten fest, damit ihn der Integrationsweg 1 - 2 - 3 - 4 im Rechtsschraubensinn umfasst.

        Die Richtung des Flächenvektors legen wir wie üblich in Richtung der Komponente von fest, welche die Schleifenfläche senkrecht

        nach unten durchsetzt.

        Der mit der Geschwindigkeit 1 bewegte Stab 1 - 2 vergrößert den Schleifenfluss und der mit der Geschwindigkeit 2 bewegte Stab 3 - 4 verkleinert ihn. Wegen 2 > 1 verringert sich insgesamt der Schleifenfluss.

        Mit der Gl. (1.30) berechnen wir:


        Mit dA / dt = a (1 2) erhalten wir den glei- chen Wert u = –12,3 mV wie oben.


      3. Rotation einer Leiterschleife im homogenen Magnetfeld


        In einem zeitlich konstanten homogenen Mag- netfeld rotiert mit der konstanten Winkelge- schwindigkeit eine beliebig gestaltete, ebene Leiterschleife mit der Windungsfläche . Die Enden der Leiterschleife sind an Schleifringe SR gelegt, welche die Verbindung zur ruhenden Messanordnung herstellen.

        Über die Schleifkontakte S kann die induktive Spannung u12 abgegriffen und als Funktion der Zeit aufgezeichnet werden (Bild 1.13).


        Wir berechnen die induktive Spannung u12 mit der Gl. (1.30) aus der Flussänderung d / dt. Diese wird ausschließlich durch den rotierenden Teil der Anordnung bewirkt.


        Bild 1.13 Rotation einer Leiterschleife im Magnetfeld


        Den Umlaufsinn um die Schleife von der Klemme 1 zur Klemme 2 legen wir so, dass er den Richtungssinn des Flusses im Rechts- schraubensinn umfasst.

        Im Augenblick t = 0 soll der Flächenvektor der Schleife in Richtung des Flussdichtevektors liegen; damit gehört zu t = 0 der Maximalwert des Flusses max = B A. Die Zeitfunktion des Flusses, der die Leiterschleife durchsetzt, lautet damit:


        (1.32)


        Dabei ist der Winkel zwischen und , der sich zeitlich nach der Funktion = t ändert.


        Bild 1.14 Zur Zeitabhängigkeit des Winkels

        Mit dem zeitabhängigen Fluss

        (t) = max cos t (1.33)

        ergibt sich die induktive Spannung:


        (1.34)


        Der magnetische Fluss, der sich in der Leiter- schleife zeitlich nach einer cos-Funktion ändert, erzeugt also eine sich ebenfalls nach einer cos- Funktion ändernde Spannung, welche gegen die Zeitfunktion des Flusses um verschoben ist.


        Bild 1.15 Liniendiagramme des Flusses (t) und der induktiven Spannung u12

        Der Maximalwert der induktiven Spannung hängt von der Winkelgeschwindigkeit ab:


        u12max = max (1.35)

        Schließt der Flächenvektor der Leiterschleife zur Zeit t = 0 einen Winkel 0 mit dem Fluss- dichtevektor ein, so ist die induktive Spannung um den gleichen Winkel verschoben:


        (1.37)


        Schließt man an die Klemmen 1 und 2 im Bild

        1.14 einen Verbraucher an, so fließt in ihm und in der Leiterschleife ein zeitlich sinusförmiger Strom. Auf die Leiterelemente der rotierenden Schleife werden Lorentz-Kräfte ausgeübt, die ein Drehmoment gegen den Drehsinn erzeugen.


        Die Anordnung ist damit ein einfacher Sinusstrom- Generator, der mechanische in elektrische Energie umwandelt.


        Fragen

        • Erläutern Sie den Begriff Bewegungsinduktion.

        • Was versteht man unter der induzierten elektrischen Feldstärke?

        • Leiten Sie den Wert der Spannung zwischen den

          Enden eines geraden Leiters, der sich durch ein ho- mogenes Magnetfeld bewegt, aus der Lorentz-Kraft ab.

        • Skizzieren Sie eine Messanordnung zur Messung dieser Spannung.

        • Begründen Sie, warum bei der Bewegungsinduktion

          stets eine Änderung des magnetischen Flusses in der Messschleife entsteht (Skizze).

        • Leiten Sie das Zeitgesetz der Spannung ab, die in ei-

          ner im homogenen Magnetfeld rotierenden, ebenen Leiterschleife induziert wird.


          Aufgaben

          1.7(2) Die Polschuhe eines Eisenkerns haben als Querschnittsfläche ein gleichseitiges Dreieck mit der Seitenlänge a = 5 cm.


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          (1.36)


          Lässt man statt einer einzigen Leiterschleife eine Spule mit N gleichen Windungen im homogenen Magnetfeld rotieren, so liegen die induktiven Spannungen sämtlicher Windungen in Reihe und die Spannung u12 wird N-mal so groß:

          Durch den Luftspalt zwischen den Polschuhen be- wegt sich – wie abgebildet – ein Leiterstab mit der konstanten Geschwindigkeit = 0,3 m / s.

          Berechnen Sie die Zeitfunktion der am Leiterstab erzeugten induktiven Spannung u12 sowie ihren Maximalwert für die Luftspaltflussdichte 0,8 T.


          1.8(2) Eine flache Rahmenspule mit der Win- dungszahl N = 300 wird mit der konstanten Ge- schwindigkeit = 1,6 m / s durch das homogene Luftspaltfeld B = 1,2 T eines Magneten bewegt. Berechnen Sie die Zeitfunktion der induktiven Spannung u.


          1.9(2) Zwei zueinander im Winkel = 30° fixierte flache Rahmenspulen ( N1 = 100; N2 = 250) mit Windungsflächen von je 10 cm2 rotieren in einem homogenen Magnetfeld B = 0,15 T; die Drehzahl ist n = 600 min–1. Berechnen Sie die Zeitfunktionen der Spulenflüsse und der Spulenspannungen. Wel- che Werte haben die Spulenspannungen zum Zeit- punkt t1 = 10 ms?

    2. Ruheinduktion


      Ziele: Sie können

      • den Begriff Ruheinduktion erläutern.

      • eine Anordnung zur Messung der induktiven Span- nung bei Ruheinduktion skizzieren.

      • die Flussänderung beschreiben, durch welche die

        Ruheinduktion erzeugt wird.

      • den Zusammenhang zwischen dem Richtungssinn der induktiven Spannung und dem des Flusses angeben.

      • den Begriff Spannungsstoß erklären und beschrei-

      ben, wie man ihn bestimmen kann.


      1. Induktive Spannung bei zeitabhängigem Magnetfeld


        Für die induktive Spannung an einer im Magnetfeld bewegten Leiterschleife haben wir für eine zeitlich konstante Flussdichte die Gleichung u12 = d / dt formuliert (s. Gl. 1.30).

        Wie das im Folgenden beschriebene Experiment zeigt, gilt diese Gleichung auch für den Fall, dass die Flussänderung nicht durch die Bewegung ei- nes Teiles der Messschleife, sondern durch eine zeitliche Änderung der Flussdichte erzeugt wird.


        Nun das Experiment:

        Wir erzeugen in einer Kreisringspule ein Feld der magnetischen Flussdichte mit dem Fluss (s. Abschn. 7.4.4 und 7.7.1, Band 1). Um die Kreis- ringspule legen wir eine Messschleife S, die von diesem Fluss durchsetzt wird.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 1.16 Induktion durch zeitliche Änderung der Flussdichte

        Erzeugen wir nun eine zeitliche Änderung der Flussdichte durch Verstellen des Stromes in der Kreisringspule, so messen wir dabei an den Klemmen der Messschleife eine Spannung u12, die in jedem Augenblick gleich der zeitlichen Änderung des Flusses ist. Die Gl. (1.30) gilt also auch hier.

        Man spricht in diesem Fall, bei dem die gesamte Anordnung ruht, von Ruheinduktion. Bei ihr bleibt die vom Fluss durchsetzte Fläche A inner- halb der Messschleife zeitlich konstant.


        Wie bei der Bewegungsinduktion erhält man das richtige Vorzeichen für die induktive Spannung u12, wenn der Umlaufsinn der Messschleife von 1 nach 2 den Richtungssinn des Flusses im Rechtsschraubensinn umfasst; im Bild 1.16 ist dies der Fall.


        Bei dem Experiment nach Bild 1.16 ist es gleichgültig, in welcher räumlichen Stellung die Messschleife die Kreisringspule umschlingt; auch ihre Größe und Form hat keinerlei Einfluss. Für die induktive Spannung ist lediglich der von der Messschleife umfasste Fluss von Bedeutung.


        Bemerkenswert ist auch, dass eine induktive Spannung entsteht, obwohl der gesamte Leiter- kreis der Messschleife außerhalb des Magnetfeldes liegt, das ausschließlich im Innern der Kreisring- spule verläuft. Dies werden wir im Abschn. 1.5.3 an einem Modell erläutern.

        Beispiel 1.5

        Eine Kreisringspule wird von einem zeitab- hängigen Strom i = imax sin t durchflossen (imax = 3 A; = 3000 s–1).


        Spule: N1 = 500; D = 0,2 m; d = 15 mm; r = 1 Statt von der Messschleife im Bild 1.17 wird die Kreisringspule von einer Messspule mit der Windungszahl N2 = 800 umfasst. Wir wollen die induktive Spannung berechnen.

        Mit den Gln. (7.42 und 7.60, Band 1) berech- nen wir den Zeitverlauf des Flusses:

         (t) = B (t) ·A

        Wenn im Experiment nach Bild 1.16 statt einer Schleife eine Messspule mit N Windungen verwen- det wird, die alle vom gleichen Fluss durchsetzt


         (t) =

        r 0 N1 i

         D

         d 2

        · 4

        = max · sin t

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        werden, so wird die Klemmenspannung N-mal so groß. Der Grund ist, dass in jeder Windung eine induktive Spannung erzeugt wird und sämtliche Windungen eine Reihenschaltung bilden. Für eine solche Messspule mit N Windungen gilt:

        Mit der Gl. (1.38) erhalten wir:


        (1.38)


        Auch diese Gleichung liefert nur dann das rich- tige Vorzeichen für die Spannung, wenn die Spulenwindungen den Fluss im Rechtsschrau- bensinn umschlingen.


        Praxisbezug 1.4

        Auf der Ruheinduktion beruht die Wirkungsweise des Transformators (transformer): Zwei Spulen mit den Windungszahlen N1 und N2 umfassen einen gemeinsamen magnetischen Fluss, der in einem Eisenkern ohne Luftspalt geführt wird.

        Die Wicklung an der Spannung U1, die elekt- rische Energie aus dem Netz aufnimmt, wird Primärwicklung (primary winding) genannt. Die Wicklung mit der Windungszahl N2 speist Energie in ein Netz ein, sie wird Sekundärwicklung (se- condary winding) genannt (s. auch Abschn. 4.9).

      2. Spannungsstoß


        Mithilfe der Gl.(1.30) lässt sich aus der induktiven Spannung nach der Umformung d = u dt die Zeitfunktion des Flusses berechnen:


        (1.39)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bei der Lösung dieses unbestimmten Integrals er- gibt sich eine additive Konstante. Sie kann meist aus den Anfangs- oder aus den Randbedingungen der Problemstellung bestimmt werden.


        Bild 1.17 Transformator: Schaltzeichen (a) und Schalt- kurzzeichen (b)

        Transformatorkerne werden stets aus Blechen geschichtet, die durch eine dünne, nicht metal- lische Schicht gegeneinander isoliert sind. Nach der Ausführung des Kerns unterscheidet man die Bauarten Kerntyp und Manteltyp.


        Bild 1.18 Ausführung des Transformators als Kern- typ (a) und als Manteltyp (b)


        Während für Transformatoren kleiner Leistung Luftkühlung ausreicht, wird bei den meisten Ge- räten größerer Leistung Ölkühlung vorgesehen. Die Papierisolation der Wicklungen muss vor dem Einfüllen des Öls im Vakuum getrocknet wer- den, denn Wasser würde die guten isolierenden Eigenschaften des Öls verschlechtern und Polari- sationsverluste hervorrufen. Deshalb werden Öl- transformatoren komplett mit Spezialfahrzeugen zum Aufstellungsort transportiert.

        Geht man von der Gl. (1.39) auf das bestimmte In- tegral über, so erhält man:


        (1.40)


        Hierin sind 1 und 2 die Flüsse, welche die Lei- terschleife zu den Zeitpunkten t1 und t2 durchset- zen. Die rechte Seite der Gl. (1.40) ist eine Span- nungszeitfläche, die als Spannungsstoß (surge voltage) bezeichnet wird. Offenbar hängt der Span- nungsstoß nicht von der Funktion (t) ab, die zwi- schen den Zeitpunkten t1 und t2 bestanden hat.

        Die Gl. (1.40) enthält die Aussage:


        Eine Änderung des Flusses, der eine Lei- terschleife durchsetzt, erzeugt in ihr einen die- ser Änderung gleichen Spannungsstoß.


        Wird statt einer Leiterschleife eine Spule vom Fluss durchsetzt, so ist die linke Seite der Gl. (1.40) mit der Windungszahl zu multiplizieren:


        (1.41)


        Einen Spannungsstoß kann man bestimmen, indem man die Spannung oszillografiert und die Kurve u(t) mit einem geeigneten Mathematikprogramm planimetriert.

        Der Spannungsstoß kann mit integrierenden Mess- geräten auch unmittelbar gemessen und angezeigt werden.

        Beispiel 1.6

        In einer Zylinderspule 1 (Länge l1 = 0,5 m; Windungsdurchmesser d1 = 5 cm; N1 = 1000) fließt der Gleichstrom I1. In ihrer Mitte be- findet sich koaxial eine kleine Zylinderspule 2 mit 500 Windungen; ihre Windungsfläche ist A2 = 2 cm2. Beim Ausschalten des Stromes I1 wird an den Klemmen der Spule 2 der Spannungsstoß 0,32 mVs gemessen. Wir wol- len hiermit den Strom I1 berechnen.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Mit der Gl. (7.43, Band 1) berechnen wir die Flussdichte in der Mitte der Spule 1:

        B = 0 N1 I1

        ll


        Beim Ausschalten ändert sich der Fluss in der Spule 2 um den Wert 2 = A2 B. Damit ergibt die Gl. (1.41):


        Wir setzen ein und berechnen:


        ll u dt


        Bild 1.19 Epstein-Rahmen


        Dergenormte 25-cm-Epstein-Rahmen hatdie mitt- lere Eisenweglänge lFe = 1 m.

        In den in Reihe geschalteten Erregerspulen wird ein Strom I1 eingestellt und dazu die magnetische

        I1 =

        0 N1 N2 A2

        = 1,27 A

        Feldstärke H1 = 4 N1 I1 / lFe berechnet. Hierbei herrscht im Eisen die Flussdichte B1 mit dem Fluss 1.

        Praxisbezug 1.5

        Die magnetischen Eigenschaften eines weichmag- netischen Werkstoffes werden durch seine Magne- tisierungskurve B = f (H) beschrieben, die auch Kommutierungskurve genannt wird (Abschn. 7.6.3, Band 1).


        Am häufigsten werden Epstein-Rahmen1) (Ep- stein square) nach DIN IEC 60404-2 verwendet. Zu ihrer Herstellung schneidet man aus den zu untersuchenden Blechen Streifen aus und sta- pelt sie zu vier gleichen Bündeln. Über diese schiebt man dann die Spulenkörper, die jeweils eine Erregerspule (Windungszahl N1) und eine Induktionsspule (Windungszahl N2) tragen.

        Die Blechbündel werden überlappend zusammen- gefügt, damit der Luftspalt vernachlässigbar ist.


        1) Josef Epstein, 1862 – 1930

        Der Strom wird nun kommutiert, d. h. sein Rich- tungssinn wird umgekehrt. Danach herrscht im Eisen die Flussdichte B1 mit dem Fluss 1.

        Während der Kommutierung wird an den vier ebenfalls in Reihe liegenden Induktionsspulen ein Spannungsstoß mit dem Betrag


        gemessen, aus dem sich die Flussdichte ergibt:


        Nun wird der Erregerstrom auf einen neuen Wert

        I2 > I1 eingestellt, wieder kommutiert usw. Man

        erhält so einzelne Punkte der Kommutierungs- kurve (s. Bild 7.48, Band 1).


        Das zur Messung der Spannungsstöße verwendete integrierende Messgerät wird auch als Flussmes- ser bezeichnet.


        Fragen

        • Was versteht man unter Ruheinduktion?

        • Skizzieren Sie eine Anordnung, mit der eine durch Ruheinduktion erzeugte induktive Spannung gemes- sen wird.

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        • Wie lautet der Zusammenhang zwischen dem mag-

          netischen Fluss und der induktiven Spannung bei Ruheinduktion?

        • Welche Zeitfunktion hat die Spannung, die in einer

          Leiterschleife induziert wird, wenn diese von einem sinusförmig zeitabhängigen Fluss durchsetzt ist?

        • Was versteht man unter einem Spannungsstoß?

        Erläutern Sie, wie man ihn messtechnisch bestim- men kann.


        Aufgaben

        1.10(1) Eine einlagige Zylinderspule (N = 450; Durchmesser d = 0,06 m) wird in axialer Richtung von einem homogenen Magnetfeld durchsetzt. Die Flussdichte steigt innerhalb von 3 s von 0,2 T zeit- linear auf 0,7 T an. Welche induktive Spannung entsteht dabei an den Spulenklemmen?


        1.11(2) Auf einen Ringkern mit der Permeabilitäts- zahl r = 1 sind jeweils über den ganzen Kern zwei Spulen übereinander gewickelt.

        In der unteren Spule 1 mit der Windungszahl N1 = 500 hat der Strom beim Einschalten die Zeitfunktion:


        i1 = 3 A (1 – e t / 0,1 s)

        Berechnen Sie die Zeitfunktion der induktiven Spannung an den Klemmen der Spule 2 mit der Windungszahl N2 = 800.

        Spulenflächen: A1 = A2 = 6 cm2 Mittlere Kernlänge: l = 25 cm


        1.12(2) In einer Leiterschleife ändert sich der mag- netische Fluss nach der angegebenen Zeitfunk- tion. Berechnen Sie die induktive Spannung für die Zeitspanne 0 t 9 ms.


        1.13(3) Ein Ringkern aus Stahlguss (Anhang A7) trägt zwei Spulen (N1 = 1000; N2 = 400). Welcher Spannungsstoß wird beim Einschalten des Stro- mes I1 = 0,2 A in der Spule 2 induziert? Die Streu- ung soll unberücksichtigt bleiben.


    3. Elektromagnetisches Feld

      Ziele: Sie können

      • das Induktionsgesetz für eine Leiterschleife bzw. für eine Spule formulieren.

      • den Begriff Verkettungsfluss erklären und auf das

        Induktionsgesetz anwenden.

      • das Lenzsche Gesetz formulieren und begründen.

      • die 2. Maxwellsche Gleichung angeben und erläu- tern.

      • den Begriff Wirbelfeld erklären.


      1. Induktionsgesetz

        Sowohl für die Ruhe- als auch für die Bewegungs- induktion gilt – wie wir gezeigt haben – ein ge- meinsames Gesetz. Es wird als Induktionsgesetz (induction law) bezeichnet. Bei seiner allgemeinen Formulierung lässt man die von uns als Klemmen- bezeichnung eingeführten Indizes 1 und 2 weg:


        (1.42)


        Die induktive Spannung, die zwischen den

        Man bezeichnet die Flusssumme, die eine Leiter- anordnung mit N Windungen durchsetzt, als Ver- kettungsfluss m (griech. Buchstabe Psi):

        (1.44)

        Enden einer Leiterschleife erzeugt wird, ist gleich dem Differenzialquotienten des mag- netischen Flusses, der sie durchsetzt.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Es ist möglich, dass die Leiteranordnung den magnetischen Fluss mehrfach umschließt. Im ein- fachsten Fall geschieht dies bei einer Spule, deren N Windungen vom gleichen Fluss durchsetzt wer- den. Das Induktionsgesetz lautet für diesen Fall:


        (1.43)


        Es ist aber auch möglich, dass die N Windungen einer Spule nicht vom gleichen Fluss durch- setzt werden, z. B. durch die Inhomogenität des Magnetfeldes oder bei mehrlagigen Wicklungen. In diesem Fall rechnet man mit der Summe der Flüsse, welche die Windungen jeweils durchset- zen.


        Das Bild 1.20 zeigt als Beispiel eine Spule mit der Windungszahl N = 4. Die Windungen werden we- gen des inhomogenen Feldes von unterschiedli- chen Flüssen 1 ... 4 durchsetzt.

        Für die induktive Spannung ist hierbei die Summe der Flüsse anzusetzen:


        Bild 1.20 Zur Definition des Verkettungsflusses


        Sind sämtliche N Windungen mit dem gleichen Fluss verkettet, so ergibt sich:

        (1.45)


        Dies ist z. B. der Fall, wenn der Spulenfluss in ei- nem Eisenkern geführt wird.


        Mit dem Verkettungsfluss lautet das Induktions- gesetz:


        (1.46)


        Es gibt Leiteranordnungen, die mit einem Fluss mehrfach verkettet sind, ohne dass sich an ihnen

        „Windungen“ erkennen ließen, z. B. mit kompli- zierter Geometrie ausgeführte mehrlagige ge- druckte Schaltungen. Dabei kann die Verkettung sogar mehrfach mit unterschiedlichem Umlauf- sinn bestehen.

        In solchen Fällen kann man die Gl. (1.44) nicht an- wenden; der Verkettungsfluss kann nur durch eine Messung z. B. der induktiven Spannung bestimmt werden. Allgemein gilt:


        Der Verkettungsfluss einer Leiteranordnung ist derjenige Fluss, der in nur einer Leiterschleife vorhanden sein müsste, wenn an ihr die glei- che induktive Spannung entstehen sollte.


      2. Das Lenzsche Gesetz


        Der Richtungssinn eines durch Induktion erzeug- ten Stromes lässt sich durch eine einfache Überle- gung bestimmen. Hierzu betrachten wir eine Lei- terschleife, die mit dem an die Klemmen 1 und 2 angeschlossenen Verbraucher R einen Stromkreis bildet (Bild 1.21).

        Die Anordnung wird von einem magnetischen Fluss durchsetzt. Wir wählen den Bezugspfeil

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        für die induktive Spannung u12 wie bisher so, dass er den Richtungssinn des Flusses im Rechts- schraubensinn umfasst; die Bezugspfeile für den Schleifenstrom iS und den Verbraucherstrom iR wählen wir nach dem Verbraucher-Pfeilsystem.

        Der Richtungssinn eines durch Induktion er- zeugten Stromes ist stets so, dass sein Magnet- feld der induzierenden Flussänderung entge- genwirkt.


        Der Strom iR fließt im Bezugssinn (iR > 0) und das an die Schleife angeschlossene Eintor wirkt als Verbraucher elektrischer Energie. Diese Energie muss dem System bei der Erhöhung des Flusses von außen zugeführt werden.


        Beispiel 1.7

        In der Erregerwicklung eines Eisenkerns wird der Strom I abgeschaltet. Wir wollen den Richtungssinn für die Größen iS, iR und u mit- hilfe des Lenzschen Gesetzes bestimmen.


        Bild 1.21 Zum Lenzschen Gesetz


        Bei einer Flussänderung fließen aufgrund der in- duktiven Spannung u12 sowohl im Verbraucher als auch in der Schleife Ströme. Dabei ist es gleichgültig, ob dies durch eine Zeitabhängigkeit der Flussdichte B (Ruheinduktion) oder durch eine Veränderung der Schleifenfläche (Bewe- gungsinduktion) hervorgerufen wird.


        Nehmen wir zunächst an, dass bei d / dt > 0 der Richtungssinn des Stromes iS mit seinem Bezugssinn übereinstimmt. In diesem Fall würde

        das Magnetfeld des Stromes iS die Flussänderung weiter verstärken (Rechtsschraubenregel, s. Band 1). Hierdurch würden die induktive Spannung und damit der Strom iS weiter anwachsen.

        Die Einrichtung würde nach einer einmal vorge- nommenen Erhöhung des magnetischen Flusses ohne weitere Energiezufuhr fortlaufend eine bis ins Grenzenlose anwachsende Energie erzeugen.


        Da dies nicht möglich ist, muss der Strom iS gegen seinen Bezugssinn fließen (iS < 0). Das durch die Schleife gebildete Eintor wirkt da- bei als Erzeuger elektrischer Energie.


        Aus dem Gedankenexperiment folgt das Lenzsche Gesetz1):


        1) Heinrich F. E. Lenz, 1804 – 1865


        Beim Ausschalten ist d/ dt < 0; der Strom iS muss dieser induzierenden Flussänderung entgegenwirken, den Fluss also „zu erhalten versuchen“.

        Dies geschieht bei einem Strom iS > 0 ; damit ist iR < 0 und auch u < 0.


      3. Elektrisches Wirbelfeld


        Die Bewegungsinduktion konnten wir mithilfe der Lorentz-Kraft beschreiben. Diese Erklärung versagt bei der Ruheinduktion, denn die ruhenden Elemente der Messschleife nach Bild 1.16 liegen nicht in einem Magnetfeld. Wir wollen deshalb im Folgenden ein Modell vorstellen, mit dem man die Ruheinduktion veranschaulichen kann.


        In einem Gedankenexperiment stellen wir uns einen kreisförmigen Ring mit der Leitfähigkeit vor. Er wird von einem magnetischen Fluss wie die Messschleife im Bild 1.16 durchsetzt.

        Nun nehmen wir an, dass sich der vom Ring umschlossene Fluss zeitlinear ändert, wobei d / dt = const. ist.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 1.22 Leitender Ring mit zeitlinearer Flussände- rung d / dt > 0


        Nach unseren bisherigen Erfahrungen entsteht im Ring eine Quellenspannung u =d / dt = const., die den Richtungssinn des Flusses im Sinn einer Rechtsschraube umfasst. Die Quellenspannung treibt einen Strom i = const. durch den Ring, dessen Richtungssinn entgegengesetzt zu dem der Spannung ist (Bild 1.22).


        Der konstante Strom i bedingt eine zeitlich kon- stante Stromdichte im Ring, deren Richtung mit dem Richtungssinn des Stromes überein- stimmt.


        Da der Ring eine endliche Leitfähigkeit besitzt, setzt die Stromdichte wegen der Beziehung

        = eine elektrische Feldstärke im Ring

        voraus. Sie ist die Ursache für die Ladungsträ- gerbewegung und wird als induzierte elektrische Feldstärke Ei bezeichnet; wir haben sie bereits bei der Bewegungsinduktion kennen gelernt. Bei unserem Gedankenexperiment bildet sie wie der Stromdichtevektor in sich geschlossene Feld- linien.


        Lassen wir nun in Gedanken die Leitfähigkeit des Ringes immer geringer werden, so nimmt die

        Stromdichte dabei immer mehr ab und für 0 wird schließlich J = 0 sowie i = 0.


        Das induzierte elektrische Feld bleibt davon un- beeinflusst. Bei = 0 unterscheidet der Ring sich nicht mehr vom übrigen nicht leitenden Raum und wir müssen annehmen, dass das i-Feld auch die- sen erfüllt (Bild 1.23).


        Damit kommen wir zu folgender Vorstellung:


        Jeder sich zeitlich ändernde magnetische Fluss umgibt sich mit einem elektrischen Feld, des- sen Feldlinien in sich geschlossen sind.


        Im elektrostatischen Feld haben die -Feldlinien stets einen Anfang und ein Ende auf Ladungen; ein solches Feld wird als Quellenfeld bezeichnet. Im Gegensatz dazu sind die Feldlinien des indu- zierten elektrischen Feldes in sich geschlossen; ein solches Feld bezeichnet man als Wirbelfeld. Es ist die Ursache für die bei der Induktion beobachte- ten Spannungen und Ladungsbewegungen.


        Bild 1.23 Zeitlich sich ändernder magnetischer Fluss und induziertes elektrisches Wirbelfeld (d / dt > 0)


        Praxisbezug 1.6

        Ein mit Sinusstrom betriebener Zugmagnet zeigt im Betrieb ein störendes Brummen; die Ursache ist folgende:

        Im Luftspalt zwischen Anker und Joch ändert sich die magnetische Flussdichte zeitlich nach einer sin-Funktion. Dies führt zu einem zeitlichen

        Verlauf der Zugkraft nach einer sin2-Funktion. An ihren Nullstellen wird der Anker kurzzeitig losge- lassen und sofort wieder angezogen.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Das so erzeugte Brummen lässt sich dadurch ver- meiden, dass man in die Polflächen Kurzschluss- ringe K einlegt.



        Bild 1.24 Wechselstrommagnet mit Kurzschlussring (a) und Blick auf die Polfläche (b)


        Die vom Ring begrenzte Fläche wird von einem sich zeitlich sinusförmig ändernden Fluss durch- setzt. Er erzeugt im Ring einen Sinusstrom, der einen Gegenfluss hervorruft. Der resultierende Gesamtfluss durch die Ringfläche ist gegenüber dem Fluss in der freien Fläche zeitlich verschoben. Hierdurch ist die Zugkraft zu keinem Zeitpunkt mehr null und das lästige Brummen tritt nicht auf.

        Das Prinzip, durch einen Kurzschlussring einen zeitversetzten Fluss zu erzeugen, wird z. B. auch bei Wechselstromrelais und -schützen sowie bei Spaltpolmotoren angewendet.


      4. Die 2. Maxwellsche Gleichung


        In Abschnitt 1.5.3 haben wir das induzierte elek- trische Wirbelfeld mit einem Gedankenexperi- ment begründet: Ein sich zeitlich ändernder mag- netischer Fluss wurde dabei von einem leitenden Ring umfasst und verursachte in diesem Ring einen in sich geschlossenen elektrischen Strom.

        Wir fügen nun in diesen leitenden Ring, der im Bild 1.22 dargestellt ist, einen Luftspalt ein.

        Bild 1.25 Induziertes Wirbelfeld i und überlagertes Quellenfeld Q für d / dt > 0


        Das induzierte elektrische Wirbelfeld i ver- schiebt nun Ladungen bis auf die Schnittflächen 1 und 2, die den Klemmen der Leiterschleife im Bild 1.16 entsprechen. Diese Ladungen erzeugen ein elektrisches Quellenfeld Q , das außerhalb des Ringes die gleiche Richtung wie i, in seinem Innern aber die entgegengesetzte Richtung zum induzierten Feld i hat.


        Vom induzierten Feld i werden so lange Ladun- gen auf die Schnittflächen verschoben, bis das Innere des Ringes wegen Q + i = 0 feldfrei ist. Sobald dieser Gleichgewichtszustand erreicht wird, ist der Ring stromlos.


        Das Linienintegral über die elektrische Feldstärke

        = Q + i von der Fläche 1 zur Fläche 2 außer- halb des Ringes ergibt die induktive Spannung:


        (1.47)


        Bei einer Integration innerhalb des Ringes von der Fläche 1 zur Fläche 2 ist wegen E = 0:


        (1.48)

        Im Gegensatz zum elektrischen Quellenfeld ist das Linienintegral im elektrischen Wirbelfeld also nicht wegunabhängig.


        Wir bestimmen nun das Integral über den ge- schlossenen Integrationsweg von der Fläche 1 über den Ring zur Fläche 2 und über den Luftspalt zu- rück zur Fläche 1. Der stromlose Ring trägt wegen E = 0 zum Integral nichts bei und wir erhalten:

        Rechtsschraubensinn verknüpft ist. Der Fluss

        durch diese Fläche ist:

        (s. Gl. 7.2, Band 1)


        Wir setzen dies in die Gl. (1.52) ein und erhalten:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (1.53)


        (1.49)


        Ersetzt man die Feldstärke durch die Summe

        Q + i, so erhält man:


        (1.50)


        Da das Randintegral im elektrischen Quellenfeld stets den Wert null ergibt, gilt:


        Diese Beziehung ist als 2. Maxwellsche Glei- chung (1873) bekannt. Sie verknüpft die Vektor- größen des elektrischen und des magnetischen Feldes miteinander. Weil ein zeitlich sich än- derndes magnetisches Feld stets ein elektrisches Feld hervorruft und umgekehrt (s. Abschn. 1.3.3), spricht man dabei von einem elektromagneti- schen Feld (electromagnetic field).


        (1.51)


        Damit erhalten wir:


        (1.52)


        Diese Gleichung hängt nicht von der Länge des Luftspalts im Ring ab; sie gilt also auch, wenn der Ring, der lediglich den Nachweis der induktiven Spannung ermöglicht, gar nicht vorhanden ist.


        Wir haben angenommen, dass die Änderung des Flusses durch eine zeitliche Änderung der Flussdichte im Bereich einer konstanten Flä- che, also durch Ruheinduktion entsteht. Die Gl. (1.52) schließt aber auch den Fall der Bewegungs- induktion ein; dabei entsteht die Flussänderung bei = const. durch eine zeitliche Änderung der vom Integrationsweg umschlossenen und vom Magnetfeld durchsetzten Fläche .

        Wir verlassen deswegen die Vorstellung von dem einen magnetischen Fluss umfassenden geschlitz- ten Ring und legen den geschlossenen Integrations- weg unmittelbar in das Magnetfeld (Bild 1.26). Er berandet die u. U. zeitabhängige Fläche A, deren Flächenvektor mit dem Integrationsweg im


        Bild 1.26 Randintegral der elektrischen Feldstärke um einen magnetischen Fluss (d /dt > 0)


        Fragen

        • Formulieren Sie das Induktionsgesetz für eine Lei- terschleife bzw. für eine Spule.

        • Erläutern Sie den Begriff Verkettungsfluss.

        • Unter welchen Umständen ist im Induktionsgesetz der Verkettungsfluss anzusetzen?

        • Erklären Sie das Lenzsche Gesetz und begründen

          Sie, was es aussagt.

        • Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Ver- kettungsfluss einer Leiteranordnung und dem Span- nungsstoß?

        • Wie lautet die 2. Maxwellsche Gleichung? Erläutern

        Sie ihre Bedeutung mithilfe einer Skizze.

        Aufgaben

        1.14(2) Unmittelbar vor dem Pol eines Stabmag- neten befindet sich eine kleine Prüfspule (N = 200; A = 0,5 cm2), die zur Messung des Magnetfelds um 90° gedreht wird. Welche Flussdichte herrscht an der Messstelle, wenn der Spannungsstoß –12 mV s beträgt? Vor welchem Pol wurde gemessen?


        1.15(2) In einem sehr langen Leiter L steigt der Strom i zeitlinear in 1,5 s von 0 auf 20 kA an. Berechnen Sie die Spannung u an den Klemmen einer quadratischen Leiterschleife, die mit dem Leiter L in einer Ebene liegt.

    4. Selbstinduktion


      Ziele: Sie können

      • die Entstehung der selbstinduktiven Spannung erläu- tern.

      • den Richtungssinn der selbstinduktiven Spannung

        aus dem Lenzschen Gesetz herleiten.

      • den Begriff Selbstinduktivität erläutern und eine Definition in Worten sowie als Formel angeben.

      • eine Größengleichung für die selbstinduktive Span-

        nung nennen.

      • die Selbstinduktivität einfacher Leiteranordnungen berechnen.

      • die Maschengleichung für eine Schaltung mit Selbst-

        induktivität ansetzen.

      • den Begriff ideales induktives Eintor erläutern.


      1. Selbstinduktive Spannung


        Wir wollen zunächst ein Experiment betrach- ten: Zwei gleiche Glühlampen L1 und L2 mit der Bemessungsspannung UN werden an einer Spannungsquelle mit Uq > UN betrieben. Deswegen ist der Glühlampe L1 ein Ohmscher Widerstand R in Reihe geschaltet, der Glühlampe L2 dagegen eine Spule mit dem gleichen Widerstand R als Wicklungswiderstand.


        S i2

        i1

        R

        Uq R L


        L1 L2


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        1.16(3) In einem Leiter von kreisförmigem Quer- schnitt steigt die Stromstärke nach der Funktion i = K t2 mit K = 2 A / s2. Welchen Wert hat das geschlossene Linienintegral der elektrischen Feldstärke längs des eingezeichneten Weges zum Zeitpunkt t1 = 3 s? (Die Stromdichte soll über dem Querschnitt als konstant angenommen werden.)


        Bild 1.27 Experiment zur Selbstinduktion


        Schließen wir den Schalter S, so beobachten wir, dass die Glühlampe L1 praktisch sofort aufleuch- tet, die Glühlampe 2 dagegen deutlich verzögert. Offensichtlich wird der Anstieg des Stromes i2 durch die Spule „behindert“. Wie können wir die- se Beobachtung erklären?


        Zur Beantwortung dieser Frage wollen wir für einen Stromkreis mit Spule eine Ersatzschaltung entwickeln.

        Wir schließen die Spule mit dem Wicklungswi- derstand R an eine ideale Stromquelle an (Bild 1.28). Der Strom in der Spule erzeugt einen mag- netischen Fluss , der im Allgemeinen nicht in sämtlichen Windungen gleich ist; für die Spule ist deswegen der Verkettungsfluss m wirksam.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bei Gleichstrom ist der Verkettungsfluss konstant und die Spannung U12 = R I an den Klemmen der Spule wird nur durch den Wicklungswiderstand R bestimmt.


        Bild 1.28 Stromkreis mit Spule (a) und seine Ersatz- schaltung (b)


        Ist der Quellenstrom dagegen zeitabhängig, so gilt dies auch für den Verkettungsfluss. Wächst z. B. die Stromstärke an (di / dt > 0), so wächst auch der Verkettungsfluss und in der Spule wird eine induktive Spannung uL = dm / dt > 0 erzeugt.

        In der Ersatzschaltung der Spule (Bild 1.28 b) wird die induktive Spannung uL durch eine ide- ale gesteuerte Spannungsquelle dargestellt. Ihr Richtungssinn folgt aus dem Lenzschen Gesetz: Sie wirkt jeder zeitlichen Änderung des Verket- tungsflusses und damit des Stromes entgegen.

        Die Summe aus dieser Spannung und der Span- nung am Wicklungswiderstand R ergibt in jedem Augenblick die Klemmenspannung:


        (1.54)

        Weil die Spannung uL im Stromkreis desjenigen Stromes entsteht, der die Flussänderung selbst her- vorruft, nennt man sie selbstinduktive Spannung (self-inductive voltage); den Vorgang bezeichnet man als Selbstinduktion (self induction).


        Wegen der Selbstinduktion ist es unmöglich, dass der Quellenstrom iq sich sprunghaft ändert. Dies würde eine sprunghafte Änderung des Verket- tungsflusses und damit uL bewirken. Da unabhängig von der Schaltung jeder Strom einen mit dem Stromkreis verketteten Fluss hervorruft, gilt allgemein:


        Ein elektrischer Strom kann sich wegen der im Netzwerk stets auftretenden selbstinduktiven Spannung nicht sprunghaft ändern.


        Wächst die Stromstärke bei i > 0 an (di / dt > 0), so ist die Leistung uL i positiv und die gesteuerte Quelle wirkt als Verbraucher. Dabei wird elektri- sche Energie in magnetische Feldenergie umge- wandelt.

        Fällt die Stromstärke bei i > 0 ab (di / dt < 0), so ist die Leistung uL i negativ und die gesteuerte Quelle wirkt als Erzeuger. Dabei wird magneti- sche Feldenergie in elektrische Energie umgewan- delt und dem Stromkreis zugeführt.


        Nun wollen wir auf unser Experiment mit den Glühlampen zurückkommen. Die Ströme i1 und i2 in den beiden Zweigen der Schaltung steigen nach dem Schließen des Schalters auf den gleichen stationären Wert an; er ist durch den in beiden Zweigen gleichen Ohmschen Widerstand R be- stimmt.

        Für den Anstieg der Ströme sind die mit den bei- den Stromkreisen verketteten Flüsse maßgeblich. Es gilt nach Gl. (1.54):


        Im Zweig 2 führt wegen der Spule bereits eine ge- ringe Stromzunahme zu einer starken Änderung des Verkettungsflusses. Deswegen kann der Strom i2 nur deutlich langsamer ansteigen als der Strom i1 im Zweig 1, der mit einem viel kleineren Fluss verkettet ist.

      2. Selbstinduktivität


        Fließt in einem Stromkreis ein zeitabhängiger Strom, so muss grundsätzlich eine selbstinduktive Spannung uL berücksichtigt werden:

        Ist die Induktivität einer Leiteranordnung be- kannt, so kann die selbstinduktive Spannung aus der Stromänderung ermittelt werden, was Berech- nungen stark vereinfacht. Mit den Gln. (1.55 und 1.56) gilt für L = const.:


        (1.55) (1.59)



        In der Praxis sind Berechnungen mit dem Verket- tungsfluss meist zu umständlich. Man definiert deswegen eine zusätzliche Stromkreisgröße L, die ein Maß für die Stärke des mit einem Gleichstrom I in der Leiteranordnung verketteten Flusses ist:


        (1.56)


        Die Größe L nennt man Selbstinduktivität (self- inductance) oder kurz Induktivität (inductance). Ihre Einheit ist:


        Eine Leiteranordnung hat die Induktivität 1 H, wenn ein in ihr fließender Gleichstrom der Stärke 1 A den Verkettungsfluss 1 V s erzeugt.


        Die Induktivität einer Leiteranordnung hängt von ihrer geometrischen Form und von den magneti- schen Eigenschaften des Feldraumes ab.


        Werden bei einer Spule sämtliche N Windungen vom gleichen Fluss durchsetzt, so erhält man mit m = N :


        Je größer die Induktivität einer Leiteranordnung ist, desto höher ist die selbstinduktive Spannung, die durch eine Stromänderung entsteht.


        Praxisbezug 1.7

        In der Straßendecke vor Verkehrsampeln erkennt man oft eine eingefräste geometrische Figur. Sie zeigt, dass die Ampel von einer in die Fahrbahn eingebetteten Induktionsschleife gesteuert wird.

        Mit solchen Schleifen lassen sich auch andere Aufgaben lösen, wie z. B. das automatische Be- tätigen von Toren, die Überwachung von Park- häusern oder die Steuerung des Betriebes von Schienenfahrzeugen.


        Die Schleifengeometrie wird dem jeweiligen An- wendungsfall angepasst. Hauptsächlich werden rechteckige Schleifen quer zur Fahrbahn verlegt; sie eignen sich gut zur Erfassung von Kraftfahr- zeugen. Für Fahrräder sind dagegen Schleifen im Winkel von 45° zur Fahrbahn geeignet.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (1.57)


        Wir erweitern diese Gleichung mit der Windungs- zahl N und setzen außerdem den magnetischen Leitwert = / ein:



        Besteht das

        (1.58)


        Feld im Vakuum oder besteht der


        Die Windungszahl der Induktionsschleife hängt von ihrer Größe ab. Eine Schleife mit dem Umfang

        Feldraum aus dia- oder paramagnetischem Material, so sind und L konstant.

        8 m hat z. B. nur 4 Windungen; je kleiner sie ist, desto mehr Windungen benötigt sie.

        Die Induktionsschleife bildet zusammen mit ei- nem im Auswertegerät eingebauten Kondensator einen Schwingkreis, dessen Resonanzfrequenz von der Induktivität der Schleife abhängt; sie liegt im Bereich 80 . . . 300 . Je größer sie ist, desto kleiner ist die Resonanzfrequenz.

        Wir wollen die selbstinduktive Spannung be- rechnen und ihr Liniendiagramm zeichnen.

        Mit Luft als Feldmedium sind und L kon- stante Größen und wir erhalten mit der Gl. (7.63, Band 1):


        Der Wechselstrom in der Schleife erzeugt ein magnetisches Feld. Fährt ein Fahrzeug auf die

        = 0 A

        D


        = 1,2 nH

        Schleife, so ändern sich der magnetische Leitwert des Feldraumes und damit die Induktivität und die Resonanzfrequenz.

        Die Auswerteschaltung erkennt diese Frequenz- änderung, und beim Überschreiten einer einstell- baren Schaltschwelle wird das Ausgangsrelais be- tätigt.

        Wegen m = N ist nach Gl.(1.59) die Induk- tivität:


        L = N2 = 768 H


        Für die Intervalle mit di /dt > 0 ist:


        Für di /dt < 0 ist uL = –3,84 mV; die Spannung verläuft rechteckförmig.


        Bei zwei hintereinander verlegten Schleifen kann eine Auswerteschaltung die Fahrtrichtung darü- ber fahrender Fahrzeuge erkennen.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Beispiel 1.8

        Eine einlagig gewickelte Kreisringspule (N = 800; Ringdurchmesser D = 30 cm; Windungsquerschnitt A = 9 cm2; Feldmedium Luft) wird von einem Strom i durchflossen.


        Im Abschn. 1.2.1 wurde gezeigt, dass eine Spannung sich nicht sprunghaft ändern kann. Die hier erörterten Strom- und Spannungsver- läufe stellen also lediglich Näherungen dar.


        In vielen Fällen ist die Induktivität L keine Kon- stante, sondern eine Funktion der Stromstärke. Dies ist dann der Fall, wenn der Fluss, der mit dem Strom in der Leiteranordnung verkettet ist, in einem geschlossenen Eisenkern geführt wird.


        Bei einer stromabhängigen Induktivität gilt für die selbstinduktive Spannung:


        (1.60)


        Der vor dem Differenzialquotienten di / dt stehen- de Ausdruck


        kann durch die Steigung der Kurve m(I) veran- schaulicht werden:


        (1.61)


        Die Größe Ld wird als differenzielle Induktivität

        (incremental inductance) bezeichnet:


        (1.62)


        Wenn sich bei einer Stromänderung der Arbeits- punkt A auf der Kennlinie verschiebt, ändern sich sowohl L als auch Ld.


        Bild 1.29 Veranschaulichung der Induktivität L und der differenziellen Induktivität Ld

        Wegen der nur empirisch gegebenen Funktion L = f (I) ist eine Berechnung der selbstinduktiven Spannung mit der Gl. (1.60) aufwendig.

        Ist i = f (t) gegeben und L const., so muss zu- nächst punktweise die Kurve m = f (I) ermittelt und aus ihrer Steigung der Verlauf Ld = dm / dI berechnet werden. Erst danach lässt sich der Zeit- verlauf der induktiven Spannung berechnen:

        (1.63)


        Man vereinfacht dieses Vorgehen häufig dadurch, dass man die Kurve m = f (I) linearisiert, was nur bei einem Luftspalt im magnetischen Kreis und bei ungesättigtem Eisen zu brauchbaren Nä- herungslösungen führt.


        Beispiel 1.9

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Ringspule aus dem Beispiel 1.8 erhält einen Eisenkern (Magnetisierungskurve A4). Wir wollen die Induktivität sowie die dif- ferenzielle Induktivität berechnen und als Funktion der Stromstärke grafisch darstellen (Flussdichte 0 B  

        Eine entsprechende Berechnung wollen wir für den Fall durchführen, dass der Eisenkern einen Luftspalt lL = 1 mm enthält.

        1. Geschlossener Eisenkern

          Aus der Magnetisierungskurve bestimmen wir die Funktion m = f (I). Dabei gilt:

          m = N B A und I = H · l / N

          Die Induktivität L = m / I berechnen wir mit Wertepaaren für m und I aus der Ta- belle. Näherungswerte für die differenzielle Induktivität erhalten wir durch Bestimmung der Steigung des Linienzuges m = f (I), hier

          z. B. mithilfe eines geeigneten Rechenpro- gramms.


          Bei gegebener Stromänderung di / dt kann die jeweilige selbstinduktive Spannung mithilfe der Kurve Ld = f (I) berechnet werden. Die Kurvenverläufe L (I) und Ld (I) zeigen, dass die Bildung eines Mittelwertes für L zu gro- ßen Fehlern in Berechnungen führen würde.

          mit einem Mittelwert L 0,6 H const. ge- rechnet werden. Dabei darf der Kern jedoch nur bis zu einer maximalen Flussdichte 1 T betrieben werden. Bei stärkerer Sättigung tre- ten in Berechnungen zunehmend Fehler auf.


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      3. Induktivität von Leiteranordnungen



        1. Eisenkern mit Luftspalt lL = 1 mm

        Für die Berechnung der Tabelle gilt HL = B/0 und I = (HFe l + HL lL)/ N . Die Werte für m und HFe stimmen mit der Tabelle unter a) überein, ebenso der Rechenweg zur

        Bestimmung von L und Ld.


        Wegen der linearisierenden Wirkung des Luftspaltes auf die Kurve m(I) kann hierbei

        Die exakte Berechnung der Induktivität ist nur für sehr einfache Leiteranordnungen möglich: Man berechnet ihren Verkettungsfluss und divi- diert ihn durch die Stromstärke, die ihn erzeugt. Einfacher ist die Berechnung, wenn der magneti- sche Leitwert des Feldraumes bekannt ist.

        Bei beliebigen Leiteranordnungen kann die Induk- tivität gemessen werden.


        Die Induktivität lässt sich in zwei Anteile auftei- len:

        Die äußere Induktivität La ist die Induktivität aufgrund des Flusses im Feldraum außerhalb des Leiters. Dieser Flussanteil überwiegt insbesonde-

        re bei Spulen so stark, dass die Verwendung der äußeren Induktivität allein oft ausreicht.

        Die innere Induktivität Li ist die Induktivität aufgrund des Flusses innerhalb des Leiters. Er ist schwerer zu berechnen, weil er nicht mit dem gesamten Strom verkettet ist.

        Bei schnellen Stromänderungen ist der Strom nicht mehr gleichmäßig über den Querschnitt verteilt (s. Stromverdrängung), wodurch die innere Induktivität beeinflusst wird. Wir beschränken uns im Folgenden auf langsame Stromänderungen.

        Die Induktivität einer Leiteranordnung ist die Summe aus der inneren und der äußeren Induk- tivität:

        L = Li + La (1.64)

        Wenn der Flussanteil im Leiterinnern gegenüber dem Fluss im Außenraum gering ist, kann die in- nere Induktivität vernachlässigt werden.

        Im Folgenden wollen wir die Induktivität für eini- ge Leiteranordnungen bestimmen.


        Kreisringspule ( = const.)

        Bei einer einlagig gewickelten Spule sind sämt- liche N Windungen mit dem gleichen Fluss

        verkettet. Außerdem setzen wir voraus, dass der Spulendurchmesser D viel größer als der Win- dungsdurchmesser d ist (s. Bild 7.35, Band 1).

        Im Beispiel 1.8 haben wir gezeigt, wie man für diesen Fall die Induktivität aus dem magnetischen Leitwert berechnet:


        (1.65)


        Die innere Induktivität ist vernachlässigbar.


        Zylinderspule ( = const.)

        Wir betrachten eine einlagig gewickelte Spule, deren Länge l viel größer ist als ihr Windungs-

        Doppelleitung

        Wir betrachten eine symmetrische Doppelleitung der Länge l mit dem Achsenabstand a der Leiter (l >> a) und dem Leiterradius rL (s. Bild 6.42, Band 1).

        Die äußere Induktivität ergibt sich aus dem Fluss im Feldraum zwischen den Leitern. Jeder einzelne Leiter erzeugt in seinem Außenraum eine magne- tische Feldstärke nach Gl. (7.32, Band 1).

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die in entgegengesetzten Richtungen fließenden Ströme in den Leitern erzeugen Felder, die in der Ebene zwischen den Leitern gleiche Richtung haben. Wir addieren die Beträge der Feldstärke- vektoren:

        durchmesser d (s. Bild 7.36, Band 1). Außerdem   nehmen wir ein annähernd homogenes Mag-

        netfeld im Innern der Spule an, wobei sämtliche

        (1.68)

        N Windungen mit dem gleichen Fluss in der Windungsfläche A verkettet sind.


        Eine Näherungslösung für die äußere Induktivität erhält man, indem man für diesen Fluss den mag- netischen Leitwert = A / l des Raumes inner- halb der Spule ansetzt:


        (1.66)

        Bei einem Leiterstrom I durchsetzt der Fluss die Ebene zwischen den Leitern:


        (1.69)


        Wir setzen die Gl. (1.68) sowie B = H ein, inte- grieren und erhalten:

        (1.70)


        Die innere Induktivität ist vernachlässigbar.


        Ist der Fall l >>d nicht gegeben, so wird der Fluss in der Spule im gleichen Maße geringer wie die magnetische Feldstärke H. Den Einfluss des Ver-


        Für l >> a ist die äußere Induktivität:


        (1.71)

        hältnisses d / l haben wir in der Gl. (7.44, Band 1) angegeben. Für die Induktivität gilt entsprechend:


        (1.67)


        Diese Näherungslösung ist anwendbar für Spulen mit einem Verhältnis d / l > 0,2. Für noch kür- zere bzw. nicht dünnlagig gewickelte Spulen bestimmt man die Induktivität mithilfe eines Korrekturfaktors (s. Lit. Philippow).


        Bei gegebener Spulenform und Wickelhöhe ist stets L N 2.

        Für rL << a ist die innere Induktivität vernachläs- sigbar. Ist dies nicht der Fall, lässt sie sich aus der magnetischen Energie des Feldes im Leiterinnern berechnen (s. Abschn. 2.3.3). Wir erhalten für je- den der beiden Leiter:


        (1.72)


        Die Gesamtinduktivität ist:

        L = La + Li1 + Li2 (1.73)

        Wir setzen die Gln. (1.71 und 1.72) ein und erhal- ten die Induktivität der Doppelleitung:


        Koaxialleitung ( = const.)


        (1.74)

        Diese Gleichung ist nur für lL > 0,01 lFe annähernd gültig.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        In der Praxis wird häufig mit empirischen Nähe- rungsformeln gerechnet. Hersteller von Eisenker- nen geben die Induktivitätswerte bezogen auf das

        Die Koaxialleitung hat einen Innenleiter mit dem

        Radius r1 sowie einen Außenleiter mit dem inne- ren bzw. äußeren Radius r2 und r3 (s. Bild 7.32, Band 1). Für die Länge l der Leitung gilt:

        l >>r1; r2; r3

        Wir berechnen zunächst den Fluss im Raum zwi- schen den Leitern. Mit der magnetischen Feld- stärke nach Gl. (7.32, Band 1) erhalten wir:

        Quadrat der Windungszahl an. Dieser Wert wird als Induktivitätsfaktor („AL-Wert“) des Kerns bezeichnet; er ist nur für kleine Flussdichtewerte gültig.


        Beispiel 1.10

        Für die Ringspule aus dem Beispiel 1.9 wollen wir die Induktivität näherungsweise mit der Gl. (1.77) berechnen.


        (1.75)

        L 8002 ·

        0· 9 ·10–4 m2

        0,001 m


        = 0,724 H



        Damit ist die äußere Induktivität:


        (1.76)

        Dieser Wert liegt deutlich über dem in Beispiel 1.9 geschätzten Mittelwert, weil mit lFe = 0,942 m und lL = 0,001 m die Bedingung lL > 0,01 lFe noch nicht erfüllt ist.


        Praxisbezug 1.8

        Für die innere Induktivität Li1 des Innenleiters gilt auch hier die Gl. (1.72). Die innere Induktivität Li2 des Außenleiters ist als Lösung der Aufgabe 2.10 angegeben. Für die gesamte Induktivität gilt wie- der die Gl. (1.73).


        Spule mit Eisenkern und Luftspalt

        Wir haben gezeigt, dass der Luftspalt im Eisenkern eines magnetischen Kreises eine linearisierende Wirkung auf die Kennlinie m = f (I) hat. Bei klei- nen Werten der Flussdichte – also weit unterhalb der Sättigung – kann man daher die Kennlinie als Gerade betrachten. Aus ihr wird ein Wertepaar für I und m abgelesen und damit die Induktivität L = m / I berechnet.

        Ist der Luftspalt ausreichend lang, so kann man in einer noch weiter gehenden Näherung die ma- gnetische Spannung am Eisenweg gegenüber derjenigen am Luftspalt vernachlässigen. Für die Induktivität ist in diesem Fall nur der magnetische Leitwert L = 0 AL/lL des Luftspalts bestimmend:

        In der Automatisierungstechnik wird häufig ge- fordert, dass die Annäherung eines Werkstückes, Maschinenteils o. Ä. von einem Sensor erkannt und durch ein elektrisches Signal gemeldet wird. Diese Aufgabe kann mit einem berührungslosen induktiven Grenztaster gelöst werden.


        Der röhrenförmige Sensor trägt stirnseitig einen offenen Schalenkern K mit einer Spule Sp, aus der ein magnetisches Wechselfeld austritt.


        Die Spule ist der induktive Teil eines Schwing- kreises, der von einem Oszillator G mit einer Frequenz von mehreren kHz angeregt wird.

        Bei Annäherung eines ferromagnetischen Gegen- standes wachsen der magnetische Leitwert des


        L N

        2L = N 2

        0 AL

        l L


        (1.77)

        Feldraumes und damit die Induktivität der Spule an. Hierdurch verringert sich die Amplitude der Oszillatorschwingung, die einem Demodulator D

        zugeführt und mit einem Schmitt-Trigger T als Grenzwertglied auf Signalunterschreitung über- wacht wird. Am Ausgang einer Logikschaltung stehen zwei Signale mit H- bzw. L-Pegel zur Verfügung. Die gesamte Auswerteschaltung ist auf einem IC integriert.

        Auch auf nicht ferromagnetische Materialien spricht der Sensor an; Voraussetzung ist allerdings, dass sie elektrisch leiten. Der Oszillator wird in diesem Fall durch Wirbelströme bedämpft.


        Bei Annäherung ferromagnetischer Medien ist der erreichbare Schaltabstand am größten und kann bis etwa 150 mm eingestellt werden.


        Der Schaltabstand wird z. B. bei Metallen um fol- gende Faktoren kürzer: Chromnickelstahl (18/8) 0,7; Aluminium 0,54; Messing 0,5; Kupfer 0,46.

        Außer induktiven Grenztastern gibt es auch in- duktive Wegsensoren, die statt des Binärsignals ein vom Abstand des leitenden Gegenstandes ab- hängiges Signal abgeben.

        Für nicht leitende Medien sind induktive Sensoren

        „blind“; hierfür sind kapazitive Sensoren einsetz- bar, bei denen die Annäherung des Dielektrikums den Oszillator verstimmt.


      4. Ideales induktives Eintor


        In der Ersatzschaltung eines Stromkreises haben wir die selbstinduktive Spannung im Bild 1.28 durch eine ideale, gesteuerte Spannungsquelle berücksichtigt.

        Eine einfachere Ersatzschaltung erhält man, wenn man sich vorstellt, dass die selbstinduktive Spannung an den Klemmen eines Eintors liegt, das ausschließlich die Wirkung des magnetischen Verkettungsflusses darstellt. Hierbei handelt es- sich um das ideale induktive Eintor L, das wir als eines der drei Grundeintore im Abschn. 1.1.2 bereits genannt haben.

        Ein ideales induktives Eintor hat eine kon- stante Induktivität L; an ihm treten keine

        Mithilfe des Grundeintors L erhalten wir die Ersatzschaltung 1.30c für eine Leiteranordnung mit Selbstinduktivität, z. B. für eine Spule.


        Die Normung macht zwischen den Schaltzeichen für das Grundeintor L und für die reale Spule kei- nen Unterschied (Bild 1.30).


        Um Verwechslungen auszuschließen, schreiben wir an das Schaltzeichen des Grundeintors nur

        L“, an das der Spule dagegen „R“ und „L“. Dies macht deutlich, dass die reale Spule stets einen Wicklungswiderstand R hat, das Grundeintor L dagegen eine Idealisierung darstellt.


        Das Schaltzeichen der Spule 1.30b gilt für den Fall, dass die Verschiebungsströme vernachlässig- bar sind, also für langsame Spannungsänderungen (s. Abschn. 10.4).


        Bild 1.30 Schaltzeichen des Grundeintors L (a), der Spule (b) und der Spulen-Ersatzschaltung (c)


        Die Eintorgleichung des Grundeintors L stimmt mit der Gl. (1.59) überein, welche die selbstinduk- tive Spannung beschreibt:


        (1.78)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wärmeverluste und keine Verschiebungsströ- me auf.

        Im Folgenden wollen wir dieses Eintor kurz als

        Grundeintor L bezeichnen.

        Das Grundeintor L speichert die elektrische Energie, die ihm an den Klemmen zufließt, in seinem Magnetfeld; eine Umwandlung in eine andere Energieform ist nicht möglich.

        Ist seine Klemmenleistung P(t) = u i zu einem Zeitpunkt positiv, so nimmt es Energie auf; bei P(t) < 0 gibt es dagegen Energie an den Stromkreis zurück. Das Grundeintor L wirkt also zeitweise aktiv und zeitweise passiv.


        Die Maschengleichung für die Spulen-Ersatz- schaltung im Bild 1.30c bzw. für eine beliebige Leiteranordnung mit Induktivität lautet:


        (1.79)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Auch hierbei wird angenommen, dass die Ver- schiebungsströme vernachlässigbar sind.


        Beispiel 1.11

        Eine Spule wird zum Zeitpunkt t = 0 an die Gleichspannung U = 50 V geschaltet. Am Vorwiderstand Rvor = 10 entsteht die Spannung:

        uvor = 20 V · (1 – et / 0,16 s)

        Die Spannung uvor ist eine e-Funktion, die von 0 V für t = 0 auf den maximalen Wert 20 V für t ansteigt. Entsprechend verläuft der Strom i = uvor /Rvor:

        i = 2 A · (1 – et / 0,16 s)


        Der maximale Wert des Stromes beträgt imax = 2 A für t ; er wird bereits nach etwa 0,8 s annähernd erreicht. Danach ändert er sich praktisch nicht mehr und es ist uL 0. Aus dem Maschensatz folgt hierfür:


        U = imax Rvor + imax R

        Hiermit berechnen wir R = 15 . Während der zeitlichen Änderung des Stromes gilt nach dem Maschensatz:

        U = uvor + uR + uL

        Hiermit berechnen wir:

        uL = 50 V · et / 0,16 s

        Dies ist eine e-Funktion, die von 50 V für t = 0 auf 0 V für t abfällt. Für t = 0 ist also uL = U und deswegen i = 0.

        Um L zu berechnen, setzen wir die Gl. (1.78) an und differenzieren die Stromfunktion:


        Wir wollen die Zeitfunktionen für sämtli- che Größen der Ersatzschaltung sowie den Widerstand R und die Induktivität L der Spule berechnen.


        Zunächst zeichnen wir die Ersatzschaltung und tragen die Bezugspfeile für die Größen i, uR und uL ein.


        Wir setzen die beiden Ausdrücke für uL gleich und berechnen daraus:


        Liegen mehrere Schaltungsteile mit Selbstinduk- tion in Reihe, so lassen sich ihre Grundeintore R und L jeweils zusammenfassen. Das Ersatzeintor Re ist dabei die Summe sämtlicher Teilwider- stände.

        Entsprechendes gilt für das Ersatzeintor Le der Reihenschaltung unter der Voraussetzung, dass sich die Schaltungsteile nicht wechselseitig mit ihren magnetischen Flüssen durchsetzen.

        Die selbstinduktive Gesamtspannung uL ist die Summe der Teilspannungen:


        (1.80)


        Die Teilinduktivitäten L1 . . . Ln lassen sich zum Ersatzeintor mit der Induktivität Le zusammen- fassen:


        (1.81)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Das Bild 1.31 zeigt die Zusammenfassung am Beispiel dreier Spulen, die sich mit ihren Flüssen nicht wechselseitig durchsetzen und bei denen die Verschiebungsströme wegen hinreichend langsa- mer Spannungsänderung vernachlässigt werden können.


        Bild 1.31 Ersatzeintor von drei in Reihe geschalteten Spulen


        Bei der Parallelschaltung mehrerer realer Spulen ist eine Zusammenfassung der Grundeintore R bzw. L nicht möglich. Nur wenn die Widerstände vernachlässigbar klein sind, können die idealen induktiven Eintore zu einem Ersatzeintor Le zu- sammengefasst werden. Für diesen Fall lässt sich herleiten:


        (1.82)


        Dies gilt unter der Voraussetzung, dass die Teil- spulen sich nicht wechselseitig mit ihren Flüssen durchsetzen.

        Fragen

        • Was versteht man unter dem Begriff Selbstinduk- tion?

        • Nennen Sie die Definitionsgleichung und die Einheit

          für die Selbstinduktivität.

        • Leiten Sie die Gleichung für die selbstinduktive Spannung aus dem Induktionsgesetz her.

        • Warum kann sich die elektrische Stromstärke nicht

          sprunghaft ändern?

        • Was versteht man unter der differenziellen Indukti- vität? In welchen Fällen ist sie wichtig?

        • Unter welchen Umständen lässt sich die Induktivität

          einer Leiteranordnung exakt berechnen?

        • Leiten Sie die Gleichung für die Induktivität einer Kreisringspule her.

        • Was versteht man unter der inneren und der äußeren

          Induktivität einer Leiteranordnung?

        • Skizzieren Sie die Ersatzschaltung einer Spule mit Wicklungswiderstand und Induktivität und zeichnen Sie Bezugspfeile für sämtliche elektrischen Größen ein.

        • Erläutern Sie den Begriff ideales induktives Eintor. Wie lautet seine Gleichung?


        Aufgaben

        1.17(1) Berechnen Sie näherungsweise die Selbst- induktivität einer Luft-Zylinderspule mit der Win- dungszahl 800.

        Länge 40 cm; Wicklungsdurchmesser 6 cm.


        1.18(2) Eine Spule mit vernachlässigbar kleinem Wicklungswiderstand wird an eine Konstant- spannungsquelle mit Uq = 12 V geschaltet, deren Strombegrenzung bei IGrenz = 5 A anspricht. Nach welcher Zeitfunktion steigt die Stromstärke an, wenn die Spuleninduktivität L = 0,3 H = const. ist?


        1.19(2) Die Stromstärke in einer Spule mit der Induktivität L = 0,5 H = const. und dem Wick- lungswiderstand R = 100 ändert sich nach der Zeitfunktion:


        Berechnen Sie die Spannungen an den Klemmen der Spule sowie an den Grundeintoren der Ersatzschaltung. Durch welche Schaltungsmaß- nahme kann der Strom- und Spannungsverlauf realisiert werden?

        1.20(3) Eine Spule soll beim Strom 0,5 A die Induktivität 10 H aufweisen. Der magnetische Kreis mit vernachlässigbar kleiner Streuung be- steht aus einem Eisenkern (Magnetisierungskurve a im Anhang A7) mit Luftspalt und hat überall den magnetisch wirksamen Querschnitt 9,38 cm2. Die mittlere Länge des Eisenweges ist 32 cm. Die Flussdichte im Eisen soll 1,3 T betragen. Wie müssen die Windungszahl und die Luftspaltlänge gewählt werden? Welche Induktivität L1 besitzt die Spule bei der Stromstärke I1 = 0,25 A?


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

    5. Gegenseitige Induktion


      Ziele: Sie können

      • den Begriff induktive Kopplung erläutern.

      • den Vorgang der gegenseitigen Induktion erklären.

      • die Definitionsgleichungen für die gegenseitigen In- duktivitäten angeben.

      • die Begriffe gleich- bzw. gegensinnige induktive

        Kopplung erklären.

      • die Maschengleichungen für Netzwerke mit gegen- seitigen Induktivitäten aufstellen.

      • die Voraussetzungen für das Auftreten von Wirbel-

      strömen erläutern.


      1. Induktive Kopplung


        Befinden sich zwei Leiteranordnungen nahe bei- einander, so können sie sich über ihre Magnetfelder beeinflussen: Fließt ein zeitabhängiger Strom in der einen Anordnung, so erzeugt sein Magnetfeld in der anderen eine induktive Spannung und umgekehrt. Voraussetzung hierfür ist, dass beide Anordnungen sich wechselseitig mit ihren magne- tischen Flüssen durchsetzen. Man sagt in diesem Fall, dass sie induktiv gekoppelt sind.

        Die gegenseitige Erzeugung von Spannungen durch induktive Kopplung nennt man gegensei- tige Induktion (mutual induction).

        Die induktive Kopplung von Leiteranordnungen kann unerwünscht sein und zu Störungen führen. So können z. B. unterschiedliche Signale in zwei getrennten Stromkreisen induktiv in den jeweils anderen „eingestreut“ werden. Zur Abhilfe kann man z. B. die Geometrie der Anordnung günstiger gestalten, die Stromkreise weiter voneinander ent- fernen oder die Magnetfelder abschirmen.

        Ist die induktive Kopplung erwünscht, so lässt sich die gegenseitige Induktion verstärken, indem man Spulen möglichst eng auf einen gemeinsamen Eisenkern wickelt. Diese Anordnung finden wir

        z. B. beim Transformator und beim Übertrager.


        Um den Vorgang der gegenseitigen Induktion ma- thematisch beschreiben zu können, betrachten wir zwei gekoppelte Spulen in Luft. Wir tragen wie üblich die Bezugspfeile für u1, i1 und 1 sowie für u2, i2 und 2 in die Schaltung ein.


        Bild 1.32 Gekoppelte Spulen: Spule 2 stromlos


        Zunächst lassen wir die Klemmen der Spule 2 of- fen (i2 = 0) und nehmen einen sich zeitlich ändern- den Strom i1 in der Spule 1 an. Dieser erzeugt ein Magnetfeld, das mit unterschiedlichen Flüssen die Spule 1 sowie die Spule 2 durchsetzt.


        Wegen der Inhomogenität des Feldes werden die Windungen der Spulen von unterschiedlichen Flüssen durchsetzt; wir müssen deswegen für die Spannungsinduktion mit den Verkettungsflüssen rechnen. Dabei verwenden wir zweckmäßig eine Doppelindizierung: Der 1. Index bezeichnet den Wirkungsort, der 2. Index den Erzeugungsort des Flusses.

        So ist z. B. 21 ein Verkettungsfluss in der Spule 2, der vom Strom in der Spule 1 erzeugt wird.


        In der Schaltung 1.32 entsteht am Wicklungswi- derstand R1 eine Spannung uR1 sowie eine selbst- induktive Spannung uL1:


        (1.83)


        In der Spule 2 entsteht infolge der Kopplung die induktive Spannung:


        (1.87)



        (1.84)


        Nun betrachten wir den umgekehrten Fall, dass ein Strom i2 in der Spule 2 fließt, dessen Magnetfeld auch die Spule 1 durchsetzt (Bild 1.33). Dabei sind die Klemmen der Spule 1 offen und es ergibt sich analog zu den Gln. (1.83 und 1.84):

      2. Gegenseitige Induktivität


        Für praktische Rechnungen ist die Verwendung der Verkettungsflüsse zu umständlich. Man defi- niert deswegen analog zu den Selbstinduktivitäten L1 = m11 / I1 bzw. L2 = m22 / I2 die gegenseitige Induktivität (co-efficient of mutual inductance):


        (1.85)


        (1.86)

        (1.88)


        Die gegenseitige Induktivität zweier Leiter- anordnungen ist ein Maß für die Stärke des ver- ketteten Flusses aufgrund eines Gleichstromes in der jeweils anderen Anordnung.


        Die gegenseitigen Induktivitäten L12 und L21 sind nur für linear wirkende Feldmedien ( r = const.) definiert und haben stets gleiche Werte:


        (1.89)


        Dieses Gesetz von der Umkehrbarkeit der gegen- seitigen Induktivitäten ist nicht leicht herzulei- ten; es soll hier unbewiesen bleiben. Wir wollen seine Gültigkeit jedoch durch ein Experiment veranschaulichen, welches wir im Beispiel 1.12 beschreiben werden.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 1.33 Gekoppelte Spulen: Spule 1 stromlos


        Besteht der Feldraum aus einem Medium, in dem ein linearer Zusammenhang B = f (H) vorliegt und daher = const. ist, so können wir den Überlage- rungssatz anwenden und die beiden Fälle nach den Bildern 1.32 und 1.33 linear überlagern. Der Verkettungsfluss jeder Spule ist in diesem Fall die Summe der Verkettungsflüsse aufgrund des eigenen und des „fremden“ Stromes. So ent- steht das Gleichungssystem für die gegenseitige Induktion zweier Leiteranordnungen:

        Mithilfe der Induktivitäten und der gegenseitigen Induktivitäten können die Verkettungsflüsse in der Gl. (1.87) durch die Ströme ausgedrückt werden:


        (1.90)


        Die Spannungen aufgrund der gegenseitigen Induktivität bezeichnet man als gegeninduktive Spannungen.

        Für zwei gekoppelte Leiteranordnungen können wir mithilfe des Gleichungssystems (1.90) eine Ersatzschaltung angeben. Hierin sind die gegen-


        B21

        = 0 N1 I1

        l1

        induktiven Spannungen als jeweils vom Strom in der anderen Spule gesteuerte Spannungsquellen dargestellt.

        Sämtliche N2 Windungen sind mit dem glei- chen Fluss 21 verkettet und es gilt:

        

        = N 

        = N 0 N1 I1 A

        m21

        2 21 2 l1 2

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Mit der Windungsfläche A2 = (d2)2 / 4 = 0,71 · 10–3 m2 berechnen wir:

        L21

        m21

        = I1 =

        0 N1N2 A

        l1 2

        = 71,1 H


        Bild 1.34 Ersatzschaltung zweier induktiv gekoppelter Leiteranordnungen


        Die Berechnung der gegenseitigen Induktivität ist nur für einfache Leiteranordnungen auf elementa- re Weise möglich.


        Für die in der Technik wichtigsten Anordnungen findet man empirische Formeln in Handbüchern. Auch eine Messung der gegenseitigen Induktivität ist möglich (s. Praxisbezug 1.10).


        Beispiel 1.12

        In der Mitte einer langen Zylinderspule 1 (l1 = 1 m; d1 = 8 cm; N1 = 800) befindet sich ko- axial eine kleine Zylinderspule 2 (l2 = 15 cm; d2 = 3 cm; N2 = 100) mit gleichem Wickelsinn. Wir wollen die gegenseitige Induktivität die- ser Anordnung berechnen und ein Experiment angeben, mit dem sich die Gleichung L12 = L21 überprüfen lässt.


        Wir nehmen zunächst an, dass in der Zylinderspule 1 der Strom I1 fließt, während die kleine Spule 2 stromlos ist. Im Bereich dieser Spule 2 ist das Magnetfeld annähernd


        Um die Aussage L12 = L21 der Gl. (1.89) zu überprüfen, speisen wir in die Spule 1 ei- nen zeitabhängigen Strom i1 ein, z. B. einen Sinusstrom. Hierfür messen wir die gegen- induktive Spannung u21 in der Spule 2 mit einem Oszilloskop.

        Nun speisen wir in die Spule 2 den gleichen zeitabhängigen Strom i2 = i1 ein wie vorher in die Spule 1.

        Wir messen dabei an der Spule 1 die gleiche gegeninduktive Spannung wie im vorigen Versuch und folgern aus u12 = u21, dass die gegenseitigen Induktivitäten L12 und L21 tat- sächlich gleich sind.


      3. Gleichsinnige und gegensinnige Kopplung

        Im Gegensatz zur stets positiven Selbstinduktivi- tät kann die gegenseitige Induktivität auch einen negativen Wert haben. Ihr Vorzeichen wird durch die Wahl des Bezugssinnes für die Spulengrößen bestimmt.


        Wählt man den Bezugssinn wie in den Bildern 1.32, 1.33 und 1.35a, so ergibt ein positiver Wert des Stromes in der einen Spule (z. B. I1 > 0) einen positiven Verkettungsfluss in dieser (m11 > 0) und in der jeweils anderen Spule (m21 > 0). Wir nennen diesen Fall gleichsinnige Kopplung; die gegenseitigen Induktivitäten sind dabei positiv:

        homogen und es herrscht in deren Zentrum die   Flussdichte:

        (1.91)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 1.36 Bezugssinn der Ströme für gleichsinnige (a; b) und für gegensinnige (c) Kopplung



        Bild 1.35 Gleichsinnige (a) und gegensinnige (b) Kopplung zweier Spulen


        Wählt man dagegen den Bezugssinn wie in Bild 1.35b, so ergibt ein positiver Wert des Stromes in der einen Spule in dieser einen positiven, in der anderen Spule jedoch einen negativen Verkettungsfluss.


        Wir nennen diesen Fall gegensinnige Kopplung; die gegenseitigen Induktivitäten sind dabei nega- tiv:

        Praxisbezug 1.9

        Der LVDT-Sensor (Linear Variable Differential Transformer) ist ein Differenzialtransformator. Er besitzt eine Primärwicklung 1, die durch einen beweglichen ferromagnetischen Kern K mit zwei Sekundärwicklungen 2 und 3 gekoppelt ist.

        (1.92)


        Es ist zweckmäßig, den Bezugssinn so festzu- legen, dass sich gleichsinnige Kopplung ergibt; dies gilt auch für Spulen mit unterschiedlichem Wickelsinn.


        Im Schaltzeichen für zwei gekoppelte Spulen wird auf die zweckmäßige Wahl des Bezugssinns durch Wicklungspunkte hingewiesen: Eine Seite jeder Spule wird mit einem Punkt markiert (Bild 1.36).


        Wählt man die Zuordnung der Strombezugspfeile zu den Wicklungspunkten gleich, so ergibt sich hierfür die gleichsinnige Kopplung (L12 = L21 > 0) und im anderen Fall die gegensinnige Kopplung (L12 = L21 < 0).


        Im Schaltzeichen kann die Kopplung zusätzlich durch einen Doppelpfeil verdeutlicht werden (Bild 1.36).

        Die drei Spulen befinden sich auf einer Hülse H, in der sich der Kern bewegt; so kann seine Stellung s aus einem z. B. unter Druck stehenden Raum be- rührungslos nach außen übertragen werden.


        Bei s = 0 befindet sich der Kern in der Mittelstel- lung. Die mit Wechselstrom gespeiste Spule 1 er- zeugt hierbei in den Spulen 2 und 3 wegen L12 = L13 gleich große gegeninduktive Spannungen u2 und u3. Diese werden in einer Doppel-Gleichrichter- brücke gleichgerichtet, die so abgeglichen wird, dass für s = 0 die Ausgangsspannung den Wert UA = 0 hat.


        Für s > 0 wächst die gegenseitige Induktivität L12 an, während L13 abnimmt. Hierdurch wird u2 > u3 und UA > 0; entsprechend ist bei s < 0 die Ausgangsspannung UA < 0.

        Es lässt sich in einem großen Bereich eine Proportionalität UA s erreichen. An die Aus- gangsklemmen kann ein Anzeigegerät ange- schlossen werden.

        m11 = N1 ; m21 = N2 (1.94)

        Wir setzen diese Gleichungen in die Gl. (1.93) ein und erhalten für ideal feste Kopplung:


        (1.95)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Entsprechend erhalten wir für L2 und L12 bei zwei gleichsinnig ideal fest gekoppelten Spulen:


        Das Bild zeigt zum besseren Verständnis eine sehr einfache Schaltung. LVDT-Sensoren werden heute meist mit integrierter Elektronik gefertigt, welche eine Wechselspannung von etwa 20 kHz erzeugt und das Signal auf der Ausgangsseite des Transformators phasenrichtig demoduliert, filtert und verstärkt.

        Solche LVDT-Sensoren werden an eine Gleich- spannung angeschlossen. Ihre Messbereiche liegen zwischen 10–6 m und 10–2 m; das Ausgangssignal hängt streng linear von der Verschiebung s des Kerns ab.


      4. Kopplungsfaktor


        Der Betrag der gegenseitigen Induktivität ist bei gegebenen Spulen ein Maß dafür, in welchem Grad die Spulen miteinander gekoppelt sind. Entfernt man die Spulen voneinander oder ver- dreht man ihre Wicklungsachsen gegeneinander, so nimmt L12 ab.

        Sind beide Spulen mit genau demselben Fluss verkettet, so hat L12 ein Maximum; dabei spricht man von ideal fester Kopplung. Diese lässt sich annähernd erreichen, indem man z. B. die Windungen beider Spulen in dünnen Lagen glei- cher Länge unmittelbar übereinander wickelt.


        Für zwei gekoppelte Spulen gilt allgemein:


        (1.93)


        Sind beide Spulen ideal fest gekoppelt, so werden beide vom gleichen Fluss durchsetzt und es gilt bei gleichsinniger Kopplung:

        (1.96)


        Multiplizieren wir die rechten und die linken Seiten der Gln. (1.95 und 1.96) miteinander, so er- gibt sich mit L12 = L21 für ideal feste Kopplung:

        (1.97)


        Dieser Idealfall ist nur näherungsweise erreichbar; praktisch ist stets:

        (1.98)


        Man definiert daher zweckmäßig als Maß für die Festigkeit der Kopplung den Kopplungsfaktor (coupling co-efficient) k12 = k21:


        (1.99)


        Der Kopplungsfaktor kann ebenso wie L12 ein po- sitives (gleichsinnige Kopplung) oder ein negati- ves (gegensinnige Kopplung) Vorzeichen besitzen.


        Für ideal feste Kopplung ist k12 = 1; praktisch er- reichbar sind nur Werte k12 < 1. Bei k 1 spricht man von fester Kopplung, bei k < 0,8 von loser Kopplung.


        Beispiel 1.13

        Wir wollen den Kopplungsfaktor der beiden Spulen aus dem Beispiel 1.12 für gleichsinni- ge Kopplung bestimmen.


        Zunächst berechnen wir mit der Gl. (1.66) die Induktivität der Zylinderspule 1 und erhalten

        mit den gegebenen Werten L1 = 4,04 mH. Für die kleine Zylinderspule 2 hat das Verhältnis Länge zu Durchmesser etwa den Wert 5. Wir bestimmen ihre Induktivität deswegen nähe- rungsweise mit der Gl. (1.67) und erhalten das Ergebnis L2 58 H.

        Mit der im Beispiel 1.12 bestimmten gegen- seitigen Induktivität L12 71,1 H berechnen wir mit der Gl. (1.99) den Kopplungsfaktor k 0,147.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      5. Reihenschaltung gekoppelter Spulen


        Wir betrachten zwei induktiv gekoppelte Spulen, die in Reihe geschaltet sind. Sie haben die Selbstinduktivitäten L1 und L2 sowie die gegen- seitige Induktivität L12. Das Bild 1.37 zeigt die Schaltung und ihre Ersatzschaltung für gleichsin- nige Kopplung.


        Bild 1.37 Ersatzschaltung für zwei in Reihe geschalte- te Spulen bei gleichsinniger Kopplung


        Wir wenden den Maschensatz auf die Ersatz- schaltung an und erhalten mit i1 = i2 = i:

        Das Bild 1.38 zeigt die Reihenschaltung zweier Spulen und ihre Ersatzschaltung für gegensinnige Kopplung.


        Bild 1.38 Ersatzschaltung für zwei in Reihe geschalte- te Spulen bei gegensinniger Kopplung


        Nach dem Maschensatz erhalten wir für diese Schaltung mit i1 = i2 = i den gleichen Ausdruck wie oben und es gilt auch hier die Gl. (1.100). Der Unterschied besteht nur darin, dass bei gegensin- niger Kopplung ein Wert L12 < 0 eingesetzt wer- den muss.


        Die Ersatzinduktivität zweier in Reihe geschalte- ter gekoppelter Spulen ist nach Gl. (1.100):


        Le = L1 + L2 + 2 L12 (1.101)

        Dabei gilt:


        Le > L1 + L2 für gleichsinnige Kopplung

        Le < L1 + L2 für gegensinnige Kopplung

        Für beide Kopplungsarten lässt sich die verein- fachte Ersatzschaltung 1.39 angeben.


        Wegen L12 = L21 folgt daraus:


        (1.100)


        Für diese Gleichung gilt wegen der gleichsinnigen Kopplung L12 > 0.


        Bild 1.39 Vereinfachte Ersatzschaltung für zwei in Reihe geschaltete gekoppelte Spulen

        Da die gekoppelten Spulen bei Reihenschaltung vom gleichen Strom i durchflossen werden, wählt man den Bezugssinn von i1 und i2 zweckmäßig gleich dem von i.


        Praxisbezug 1.10

        Die gegenseitige Induktivität L12 zweier Spulen kann gemessen werden, indem man die Spulen in Reihe schaltet und ihre Ersatzinduktivität sowohl für gleichsinnige Kopplung (LeA) als auch für gegensinnige Kopplung (LeB) misst. Die beiden Kopplungsarten erreicht man durch Vertauschen der Anschlüsse an einer der Spulen.

        Nach der Gl. (1.101) erhält man:

        LeA = L1 + L2 + 2 L12 LeB = L1 + L2 – 2 L12

        Damit berechnen wir die gesuchte Größe:

        L12 = 0,25 (LeA LeB)

      6. Wirbelströme

Durchsetzt ein zeitlich sich ändernder magneti- scher Fluss (t) einen Leiter, so erzeugt er inner- halb des Leitermaterials elektrische Wirbelfelder. Hierdurch fließen im Leiter Wirbelströme (eddy current), die der Flussänderung entgegenwirken. Die Wirbelströme erwärmen das Leitermaterial; man spricht dabei von Wirbelstromverlusten.

Wirbelströme treten z. B. im massiven Eisenkern einer Wechselstromspule auf. Durch Schichtung des Kerns aus Blechen werden die Wirbelstrom- verluste weitgehend vermieden.

Die Bleche müssen gegeneinander isoliert sein und rechtwinklig zu der Ebene der Wirbelstrombahnen liegen. Jede Wirbelstrombahn in einem Blech um- fasst dadurch nur noch einen geringen Teilfluss (Bild 1.40), was zu einer Verminderung der Wir- belstromverluste führt, zu der auch beiträgt, dass das Eisen der Bleche Silizium enthält und dadurch seine elektrische Leitfähigkeit verringert ist.


Durch die Wirbelstromverluste wird die gleich- mäßige Verteilung des Flusses über dem Kern- querschnitt gestört; der wirksame Kernquer- schnitt wird dadurch vermindert.

Die magnetischen Kreise der Wechselstromma- schinen (Motoren, Transformatoren) werden aus Blechen geschichtet. In der Hochfrequenztechnik werden Spulenkerne aus Ferriten verwendet, die eine sehr geringe Leitfähigkeit aufweisen, sodass Wirbelströme praktisch nicht auftreten.


Auch in Leitern, die zeitabhängige Ströme führen, entstehen Wirbelströme durch das Magnetfeld im Leiterinneren (Band 1, Abschn. 7.4.2). Sie fließen in der Ebene von Längsschnitten durch den Leiter (Bild 1.41) und führen zu einer Verdrängung des Leiterstromes nach außen, was eine Widerstands- zunahme verursacht. Diese Stromverdrängung (skin effect) tritt umso mehr in Erscheinung, je schneller sich der Leiterstrom zeitlich ändert. Bei hohen Frequenzen führen praktisch nur noch die äußeren Schichten des Leiters den Strom. Man verwendet dann keine massiven Leiter, sondern Litze oder einen dünnen Silberüberzug auf einem isolierenden Träger.


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Bild 1.40 Wirbelströme iw in einem massiven (a) und einem aus Blechen geschichteten (b) Kern (d/dt > 0)

Bild 1.41 Stromverdrängung im Leiterinneren und Verteilung der Stromdichte in der Leiterfläche

Erwünscht sind Wirbelströme z. B. bei dem tech- nischen Verfahren der induktiven Erwärmung, bei Zählern für elektrische Energie und bei Wirbelstrombremsen. Bei der Asynchronmaschine mit Käfigläufer tritt der Stromverdrängungseffekt wegen der in Eisen eingebetteten Läuferstäbe schon bei Netzfrequenz auf; er bewirkt eine Herabsetzung des Stromes beim Anlauf. Die Läuferstäbe werden zu diesem Zweck als Hoch- oder als Doppelstäbe ausgeführt.


Praxisbezug 1.11

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

In vielen technischen Geräten besteht das Problem, auf einer sich drehenden Welle ein Bremsmoment aufzubringen, das der Drehzahl n proportio- nal ist. Es kann mit einer Wirbelstrombremse gelöst werden: Auf der Welle W läuft eine Aluminiumscheibe Sch mit, über die ein Magnet geschoben wird. In der Scheibe werden unter den Polflächen des Magneten Spannungen induziert. Sie verursachen Wirbelströme, die sich in dem Teil der Scheibe schließen, der sich nicht zwischen den Magnetpolflächen befindet.

Fragen


Aufgaben

1.21(2) Stellen Sie die Maschengleichungen für den rechten und für den äußeren Umlauf in dem gegebenen Netz auf. Welche der Kopplungen sind gleichsinnig und welche gegensinnig?



Im Magnetfeld wirken auf die Scheibenströme Kräfte, die ein Drehmoment erzeugen, das stets gegen die Drehrichtung wirkt. Das Bremsmoment ist umso stärker, je höher die Leitfähigkeit der Scheibe und je größer die Flussdichte zwischen den Magnetpolen ist. Wird ein magnetischer Kreis mit Erregerwicklung verwendet, so ist das Bremsmoment einstellbar.

1.22(2) Welche Spannung u2 wird in der unbelas- teten Spule 2 des Beispiels 1.12 induziert, wenn die Stromstärke i1 in der Spule 1 in t = 20 ms zeitli- near von 0 A auf 1 A ansteigt? Welche Spannung muss hierfür an die Klemmen der Spule 1 gelegt werden (Wicklungswiderstand R1 = 200 )?

1.23(3) Berechnen Sie die gegenseitige Induktivität zweier in einer Ebene ausgespannter, paralleler, 100 m langer Doppelleitungen mit vernachlässig- bar kleinem Drahtdurchmesser.

  1. Kraft und Energie

    in elektromagnetischen Feldern

    1. Energie im elektrostatischen Feld

      Ziele: Sie können

      • den Zusammenhang zwischen Energie und Spannung an einem Kondensator mit C = const. nennen.

      • die Gleichung für die Energie eines geladenen

        Kondensators herleiten, dessen Kapazität von der Spannung abhängig ist.

      • den Begriff Energiedichte erläutern.

      • den Zusammenhang zwischen der Energiedichte eines Feldgebietes und der elektrischen Feldstärke angeben.


      1. Energie eines Kondensators


        (2.3)


        Dabei ist u1 die Spannung zum Zeitpunkt t1. Für das Grundeintor C lautet die Lösung der Gl. (2.3) wegen C = const.:

        (2.4)


        Die Energie W1 ist offensichtlich vom Strom un- abhängig. Man erhält daher für jeden Wert der Spannung u unabhängig vom Zeitverlauf des Stromes i bei der Aufladung des Kondensators mit konstanter Kapazität:


        Im elektrostatischen Feld eines Kondensators ist elektrische Energie gespeichert. Diese Energie kann bei der Entladung des Kondensators wieder- gewonnen werden.

        Zur Ermittlung der Energie schließen wir einen zum Zeitpunkt t = 0 ungeladenen Kondensator an eine Konstantstromquelle mit Iq = const. an.

        (2.5)


        Für einen Kondensator mit spannungsabhängiger Kapazität verwenden wir zweckmäßig die dif- ferenzielle Kapazität Cd = dQ / dU (s. Gl. (6.44), Band 1). Wir setzen sie mit der Gl. (1.4) in die Gl. (2.2) ein:


        (2.6)



        Bild 2.1 Aufladung eines Kondensators


        In dem Zeitintervall dt wird dem Kondensator die Energie dW zugeführt:


        dW = u i dt (2.1)


        Die Energie W1, die der Kondensator zum Zeit- punkt t1 enthält, berechnen wir durch Integration:



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (2.2)


        Kann man den Kondensator näherungsweise als Grundeintor C ansehen, so ergibt sich dabei mit der Gl. (1.5):


        Bild 2.2 Kapazität C und differenzielle Kapazität Cd

        eines Keramikkondensators

        Da bei einer spannungsabhängigen Kapazität C(U) auch die differenzielle Kapazität Cd von der Spannung abhängt (Bild 2.2), ist eine analytische Lösung der Gl.(2.6) nicht möglich, aber es können numerische Verfahren angewendet werden.


        Beispiel 2.1

        Wir wollen die Energie berechnen, die in einem Kondensator mit der Kennlinie nach Bild 2.2 bei 60 V enthalten ist.


        Wir zerlegen den Bereich 0 . . . 60 V in sechs Intervalle. Mit einem Mathematikprogramm berechnen wir für jedes Intervall die diffe- renzielle Kapazität Cd als kubische Spline- Funktion.


        Bei den kubischen Spline-Funktionen wird für jedes Intervall eine kubische Parabel an- gesetzt. An jeder Intervallgrenze haben die beiden Parabeln gleiche Funktionswerte und gleiche Steigung. Dadurch ergibt sich insge- samt eine Kurve minimaler Krümmung.


        Die Folge der Spannungswerte in der Einheit Volt (V) ist:


        [0; 10; 20; 30; 40; 50; 60]


        Die Folge der Kapazitätswerte in der Einheit Nanofarad (nF) ist:


        [100; 80; 67,8; 59; 51,9; 46,2; 41,7]


        Die Folge der differenziellen Kapazitäten in der Einheit nF ist:

        wir das homogene Feld eines Plattenkondensators mit der Fläche A und dem Plattenabstand l.

        Zunächst setzen wir die Gl. (1.4) in die Gl. (2.1) ein:


        dW = u dQ (2.7)


        Die Ladungsänderung dQ ist mit einer Änderung der elektrischen Flussdichte D verbunden:


        dQ = A dD (2.8)


        Setzen wir dies und die Beziehung u = E l in die Gl. (2.7) ein, so erhalten wir:


        dW = A l · E dD (2.9)


        Dabei ist A l = V das Volumen des Feldgebietes. Der Quotient aus Energie und Volumen wird als elektrische Energiedichte wel bezeichnet:


        (2.10)


        Ist bei einem Kondensator mit spannungsabhängi- ger Kapazität die Funktion D = f (E) grafisch ge- geben, so kann die Energiedichte z. B. mit einem numerischen Rechenverfahren bestimmt werden. Für ein Dielektrikum mit konstanter Permittivi- tät kann das Integral in der Gl. (2.10) analytisch berechnet werden und man erhält mit D = E:


        (2.11)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        [100; 68,4; 49,3; 37; 27,5; 21,7; 18,8]


        Die Integration ergibt, dass der Kondensator bei der Spannung 60 V die Energie enthält:


        W = 55,9 J


      2. Elektrische Energiedichte


        Wir wollen nun den Zusammenhang zwischen der in einem Feldgebiet gespeicherten Energie und den Feldgrößen formulieren. Hierzu betrachten

        Mit der Energiedichte wel können wir die Teil- energie dW berechnen, die in einem kleinen Teilvolumen dV eines Feldgebietes gespeichert ist:


        dW = wel dV (2.12)

        Die gesamte Energie W eines Feldgebietes mit dem Volumen V ist

        • im homogenen Feld: W = wel V

        • im inhomogenen Feld:

        Beispiel 2.2

        Ein Plattenkondensator hat die Fläche 0,8 m2 und den Plattenabstand l = 1 cm. Wir wollen abschätzen, wie viel elektrische Energie sich im Dielektrikum Luft bei Normalbedingungen speichern lässt.


        Die Feldstärke muss kleiner sein als die An- fangsfeldstärke EA. Wir entnehmen dem Bild 8.21, Band 1 für den gegebenen Plattenabstand den Wert E = 30 kV / cm.

        Mit = 0 und dem Feldvolumen V = A l

        = 8 · 10–3 m3 erhalten wir mit der Gl. (2.11) für das homogene Feld die Energie:

    2. Kräfte im elektrostatischen Feld

      Ziele: Sie können

      • die Gleichung für die Kräfte herleiten, die zwei Punktladungen aufeinander ausüben.

      • die Ursache für das Drehmoment auf einen Dipol beschreiben und die Gleichung für das Drehmoment im homogenen Feld herleiten.

      • die Gleichung für die Kraft auf die Platten eines Plattenkondensators herleiten.

      • den Begriff Dipolmoment erläutern.


      1. Kräfte auf Punktladungen


        Befindet sich eine Ladung Q in einem elektrischen Feld, so wirkt auf sie die Kraft:



        In 1 cm3 Luft ist dabei die Energie 39,8 J enthalten.


        Fragen

        • Leiten Sie den Zusammenhang zwischen der Span- nung an einem Kondensator (C = const.) und der gespeicherten Energie her.

        • Was versteht man unter dem Begriff Energiedichte?

          Welche Einheit hat sie?

        • Zeigen Sie, wie man die Energie eines Feldraumes mithilfe der Energiedichte berechnen kann, wenn ein homogenes bzw. inhomogenes Feld vorliegt.


        Aufgaben

        2.1(1) Ein Kondensator mit konstanter Kapazität soll an 20 V Gleichspannung die Energie 4 mJ

        (2.13)


        Dabei ist die Feldstärke des äußeren Feldes; das von der Ladung Q erzeugte Feld ist für die Berechnung der Kraft ohne Bedeutung.

        Die Gl. (2.13) darf nur dann angewendet werden, wenn die Feldstärke am Ort der Ladung überall gleich ist; dies ist z. B. bei einer Punktladung oder im homogenen Feld der Fall.


        Wir wollen nun die Kraft berechnen, die zwei Punktladungen Q1 und Q2 im Abstand a innerhalb eines Nichtleiters mit der Permittivität aufeinan- der ausüben.


        Die Punktladung Q1 erzeugt im Abstand a die Feldstärke:

        speichern. Welche Kapazität muss er haben?

        2.2(1) Ein Wickelkondensator (Fläche A = 225 cm2;

        E1 =

        Q1

        0 · 4 a2


        (2.14)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Dielektrikum Polystyrol) trägt die Ladung 120 nC. Das inhomogene Randfeld soll unberücksichtigt bleiben. Welche Energiedichte liegt im Feld vor?

        Damit berechnen wir den Betrag der Kraft auf die Punktladung Q2, die sich im Feld der Punktladung Q1 befindet:

        2.3(2) Welchen Wert hat die Energie des Konden- sators mit der Kennlinie nach Bild 2.2 bei der


        F = Q


        · E =

        Q1 · Q2


        (2.15)

        Spannung 40 V?

        2.4(2) Für einen Kondensator mit C = f (U) gilt fol- gende Gleichung für die differenzielle Kapazität: Cd = 100 nF – 60 nF · (U / 6 V) + 30 nF · (U / 6 V)2

        Welche Energie hat dieser Kondensator bei der

        Spannung 6 V?

        2 1 0 · 4 a2

        Eine Kraft von gleichem Betrag wirkt aufgrund des Feldes von Q2 auf die Ladung Q1. Für die Richtungen der Kräfte gilt, dass Ladungen glei- chen Vorzeichens einander abstoßen und Ladun- gen ungleichen Vorzeichens einander anziehen.

      2. Kräfte auf einen Dipol


        Ein Dipol besteht aus zwei Ladungen +Q und –Q, deren Schwerpunkte den Abstand s aufweisen (s. Abschn. 6.5.2, Band 1). Das Produkt aus Ladung Q und Wegvektor wird als Dipolmoment be- zeichnet:

        (2.16)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Richtungen von und sind vom Schwer- punkt der negativen Ladung zum Schwerpunkt der positiven Ladung definiert. Wird der Dipol von einem äußeren elektrischen Feld erzeugt, so stimmen die Richtungen von , und über- ein.


        Viele Moleküle wie z. B. H2O sind auch im feld- freien Raum Dipole. Befindet sich ein solcher Dipol in einem homogenen elektrischen Feld, so werden auf die Ladungen gleich große, aber entge- gengesetzt gerichtete Kräfte vom Betrag F = Q E ausgeübt.


        Stimmt die Richtung des Dipolmoments nicht mit der Feldrichtung überein (Bild 2.3), so können die Kräfte und jeweils in eine Komponente Fd = F · cos in Richtung der Dipolachse und ei- ne Komponente Fq = F · sin senkrecht zur Dipol- achse zerlegt werden.

        Die Kraftvektoren d und d verändern das Dipolmoment p; die Kraftvektoren q und q erzeugen ein Drehmoment:


        (2.17)


        Bild 2.3 Dipol im homogenen elektrischen Feld


        Die Richtung des Vektors ergibt sich aus den Richtungen von und nach der Rechtsschrau- benregel:

        (2.18)


        Bei einem in Feldrichtung ausgerichteten Dipol bewirken die Kräfte wegen = 0 und M = 0 nur eine Verschiebung der Ladungen.


        Im inhomogenen Feld wirkt auf jeden Dipol eben- falls ein Drehmoment, das den Dipol auszurichten sucht. Zusätzlich wird auf jeden Dipol eine Kraft ausgeübt.

        Diese Kraft ist umso stärker, je größer die örtli- che Änderung der elektrischen Feldstärke und je höher der Betrag p des Dipolmoments ist. Der Dipol wird von dieser Kraft in das Gebiet höherer Feldstärke gezogen.


        Jeder Leiter wird im elektrostatischen Feld infolge der Influenz zu einem Dipol und kann – je nach Lage und Geometrie – in die Feldrichtung gedreht werden. In einem inhomogenen Feld wird er au- ßerdem in das Gebiet höherer Feldstärke gezogen.


      3. Kräfte auf die Platten eines Plattenkondensators


        Bei der Berechnung der Kräfte gehen wir vom ho- mogenen Feld eines Plattenkondensators aus, der geladen und von der Quelle getrennt ist, und las- sen das inhomogene Randfeld unberücksichtigt. Die entgegengesetzten Ladungen auf den Platten der Fläche A ziehen einander an. Da die Ladungen die Elektroden nicht verlassen können, wirken diese Kräfte auf die Platten.


        Wir stellen uns nun vor, dass sich eine der Platten unter dem Einfluss der Anziehungskraft um die infinitesimal kleine Strecke d verschiebt.

        Hierbei wird die mechanische Arbeit verrichtet: dWmech = F · ds (2.19)

        Da keine Ladung Q zu- oder abfließen kann, blei-

        ben die Feldgrößen D = Q / A und E = D kon- stant. Die mechanische Energie entsteht durch die


        Bild 2.4 Kraft auf eine Kondensatorplatte


        Verkleinerung des Feldraumes um das Volumen dV = A · ds. Mit den Gln. (2.11 und 2.12) berech- nen wir die hierdurch bewirkte Verringerung der elektrischen Feldenergie:

        die Gl. (2.13) beschriebenen Kraft zu den geerde- ten Niederschlagselektroden, von denen sie fort- laufend mithilfe eines Hammerwerks abgeklopft werden.

        Die Spannung USN < 0 zwischen den Sprühdräh- ten und den Niederschlagselektroden wird so

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        eingestellt, dass sie knapp unterhalb der Durch- schlagspannung bleibt. Die Sprühdrähte haben voneinander einen Abstand 0,1 . . . 0,2 m und der Abstand der Niederschlagselektroden, der Gassen- weite genannt wird, liegt im Bereich 0,1 . .. 0,2 m. Bei einem großen Kohlekraftwerk 700 MW hat der Elektrofilter etwa das Volumen eines Einfa- milienhauses.


        (2.20)


        Nach dem Energiesatz bleibt die Gesamtenergie unverändert und es gilt:


        dWmech + dWel = 0 (2.21)

        Wir setzen die Gln.(2.19 und 2.20) in die Gl.(2.21) ein und erhalten die Kraft auf eine Kondensator- platte:


        (2.22)


        Auf die andere Platte wirkt eine gleich große Kraft in entgegengesetzter Richtung.

        Da sich die Verschiebung ds bei der Berechnung heraushebt, kann sie beliebig klein sein. Die Kraft wirkt auch ohne jede Verschiebung; man bezeich- net die angewandte Methode deshalb als Prinzip der virtuellen Verschiebung.


        Praxisbezug 2.1

        In Kohlekraftwerken werden die Rauchgase vor der Entschwefelung von Staub- und Ascheteilchen im Elektrofilter gereinigt. In diesem Filter be- steht ein elektrisches Gleichfeld zwischen den sog. Sprühdrähten und den Niederschlagselektroden, in dem die Staubteilchen zunächst ionisiert wer- den. Anschließend wandern sie infolge der durch


        Als Trenngrad des Elektrofilters bezeichnet man die ausgefilterte Staubmenge, die auf die gesam- te, dem Filter zugeführte Staubmenge bezogen wird. Unter optimalen Bedingungen wird bei Kohlekraftwerken ein Trenngrad über 99 % er- reicht. Allerdings wird Feinstaub mit Partikel- größen unter 1 m relativ schlecht ausgefiltert, weshalb weitere Verbesserungen angestrebt wer- den.


        Fragen

        • Leiten Sie die Gleichung für die Kraft her, die zwei Punktladungen aufeinander ausüben.

        • Warum wirkt auf einen Dipol im inhomogenen Feld

          eine Kraft? Welche Richtung hat sie?

        • Warum wird ein langgestreckter Leiter im elektri- schen Feld in die Feldrichtung gedreht?

        • Wovon hängt die Kraft auf die Platten eines Platten-

          kondensators ab?

        • Erläutern Sie das Prinzip der virtuellen Verschiebung bei der Berechnung der Kraft auf die Platten eines Plattenkondensators.

        Aufgaben

        2.5(1) Berechnen Sie die Kraft auf die 1 m2 gro- ßen Platten eines Plattenkondensators mit dem Dielektrikum Luft, in dem die elektrische Feld- stärke 20 kV/ cm herrscht.


        2.6(2) Welchen Betrag hat das Drehmoment auf ein H2O-Molekül ( p = 6,17 · 10–30 C m), dessen Dipolmoment im Winkel 45° zur Richtung eines homogenen Feldes (E = 4 kV/ cm) steht?


        2.7(2) Im elektrostatischen Feld einer geladenen Kugel (QK = 2,5 · 10–8 C) befindet sich ein ausge- richteter Dipol (Q = 4 · 10–9 C; s = 0,01 mm), des- sen Abstand vom Kugelmittelpunkt 8 mm beträgt. Das Feldmedium ist Luft. Welche Kraft wird auf den Dipol ausgeübt?


    3. Energie im magnetischen Feld

      Ziele: Sie können

      • die magnetische Energie einer Leiteranordnung aus der zugeführten elektrischen Energie herleiten.

      • die Gleichung für die Energiedichte eines Magnetfel- des angeben und für = const. lösen.

      • die Energiedichte eines ferromagnetischen Körpers aus der Magnetisierungskurve ermitteln.

      • die innere Induktivität eines Leiters mithilfe der mag-

        netischen Energie berechnen.

      • den Begriff Hysteresearbeit erläutern.

      • beschreiben, wie ein Dauermagnet als Energiewand- ler wirkt.


      In jedem Magnetfeld ist magnetische Energie enthalten; dies gilt sowohl für stromdurchflossene Leiteranordnungen als auch für Dauermagnete. Wird z. B. ein Eisenstück von einem Magneten angehoben, so gewinnt es potenzielle Energie, die nur aus dem Magnetfeld stammen kann.


      1. Energie einer Leiteranordnung


        Die magnetische Energie Wm einer Leiteranord- nung (z. B. einer Spule) stammt aus der Quelle, welche die Leiteranordnung speist. Wir berechnen deshalb die magnetische Energie mit der elektri- schen Energie Wel, die der Leiteranordnung zuge- führt wird. Dabei wird ein Teil der elektrischen Energie irreversibel in Wärme WW umgewandelt:

        Wel = WW + Wm (2.23)

        Die Ersatzschaltung hierfür ist eine Reihenschal- tung aus einem Grundeintor R und einem Grund- eintor L; dabei setzen wir voraus, dass sich u und i langsam ändern.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 2.5 Ersatzschaltung der Leiteranordnung


        In die Gleichung für die elektrische Energie, die der Leiteranordnung von der Quelle in der Zeit- spanne 0 t t1 zugeführt wird, setzen wir die Maschengleichung u = uR + uL ein:


        (2.24)


        Die am Grundeintor R in Wärme umgewandelte Energie hängt vom Widerstand R und von der Zeitspanne t1 ab:


        (2.25)


        Unter der Voraussetzung, dass die Leiteranord- nung zum Zeitpunkt t = 0 stromlos war, ist die magnetische Energie zum Zeitpunkt t = t1:


        (2.26)


        Ist die Umgebung der stromführenden Leiter frei von ferromagnetischen Materialien, so erhalten wir mit der Gl. (1.59) für L = const.:


        (2.27)


        Die Voraussetzung L = const. ist näherungsweise erfüllt, wenn sich die Kennlinie m = f (I) durch eine Gerade durch den Nullpunkt annähern lässt.

        Die Gl. (2.27) zeigt, dass die magnetische Energie Wm weder von der Zeit noch vom Zeitverlauf des Stromes abhängt, sondern nur vom Augenblicks- wert i1 des Stromes i zum Zeitpunkt t1. Allgemein gilt:


        (2.28)


        (2.31)


        durch das Volumen V = A l des vom homogenen Magnetfeld erfüllten Raumes und erhalten die magnetische Energiedichte wm in einem Punkt eines beliebigen magnetischen Feldes:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wächst die Stromstärke an (di / dt > 0), so wird der Quelle elektrische Energie entnommen und im Magnetfeld als magnetische Energie gespeichert. Sinkt die Stromstärke ab, so wird magnetische Energie als elektrische Energie an den Stromkreis zurückgegeben.

        Bei einem Gleichstrom wird die magnetische Energie Wm = 0,5 L I 2 der Leiteranordnung beim Einschalten des Stromes zugeführt.


        Ist die Induktivität der Leiteranordnung strom- abhängig, so berechnen wir die magnetische Energie mit der differenziellen Induktivität und setzen die Gl. (1.63) in die Gl. (2.26) ein:


        (2.29)

        (2.32)


        Die gesamte Energie eines von einem inhomoge- nen Magnetfeld erfüllten Feldraumes kann durch Integration berechnet werden:


        (2.33)


        In einem homogenen Magnetfeld gilt:


        Wm = wm V (2.34)

        Wenn die Permeabilität von der Feldstärke H bzw. von der Flussdichte B unabhängig ist, lässt sich die Gl. (2.32) für = const. direkt lösen:


      2. Energiedichte im Magnetfeld


        Wir wollen nun einen allgemeinen Ausdruck su- chen, mit dem wir die magnetische Energie eines Feldgebietes berechnen können. Dazu gehen wir von einer verlustlosen Spule aus, in der ein Strom i den Verkettungsfluss m = N hervorruft. Unter der Voraussetzung, dass die Spule zum Zeitpunkt t = 0 stromlos war, lässt sich die magnetische Energie für den Zeitpunkt t1 mit der induktiven Spannung entsprechend Gl. (1.38) berechnen:

        (2.35)


        Bei nicht konstanter Permeabilität kann die Ener- giedichte aus der Fläche zwischen der Magneti- sierungskurve und der B-Achse ermittelt werden.


        (2.30)



        Dabei ist 1 der Fluss zum Zeitpunkt t1. Wir nehmen zunächst an, dass das Feld der Spule homogen ist, und setzen = B A an. Außerdem nehmen wir an, dass im magnetischen Kreis nur ein einziger magnetischer Widerstand vorhanden ist und für die Durchflutung N i = = H l gilt. Wir dividieren die magnetische Energie


        Bild 2.6 Zur Ermittlung der magnetischen Energie- dichte bei nicht konstanter Permeabilität

        Beispiel 2.3

        Wir wollen die magnetische Energie im Eisen und im Luftspalt eines magnetischen Kreises für BL = BFe = 1,2 T ermitteln (s. Beispiel 7.7, Band 1).

        A = 7,07 · 10–4 m2 ; lFe = 942 mm; lL = 1 mm

      3. Innere Induktivität


        Mit der Gl. (2.28) können wir die innere Indukti- vität Li eines Leiters aus der magnetischen Energie Wm berechnen, die im Inneren des Leiters bei der Stromstärke i enthalten ist:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (2.36)


        Als Beispiel wählen wir einen langen, geraden Leiter von kreisförmigem Querschnitt aus einem Material konstanter Permeabilität, der von einem Strom i durchflossen wird. Da das Magnetfeld in- homogen ist (s. Band 1, Abschn. 7.4.2), integrieren wir gemäß Gl. (2.33) die Energiedichte über dem Leitervolumen V:



        Bild 2.7 Magnetischer Kreis einer Kreisringspule mit Eisenkern und Luftspalt


        Mit der Gl. (2.35) berechnen wir für = 0 die Energiedichte im Luftspalt:

        (2.37)


        In diese Gleichung setzen wir den Zusammenhang


        (s. Gl. 7.34, Band 1)


        wmL =


        2

        B

        L

        2 0


        kJ

        = 573 m3


        zwischen der Feldstärke H und dem Gesamtstrom i ein. Dabei setzen wir voraus, dass der Strom gleichmäßig über dem Querschnitt des Leiters

        In 1 cm3 Luft ist demnach bei 1,2 T die mag- netische Energie 0,57 J enthalten. Die mag- netische Energie ist wesentlich höher als die elektrische Energie im Beispiel 2.2.


        Die magnetische Energiedichte im Eisen ist die Fläche zwischen der Magnetisierungskurve (Schmiedestahl, Kurve a im Anhang A7) und der B-Achse. Für 1,2 T erhalten wir:


        wmFe = 115 J / m3

        Damit ergibt sich für 1 cm3 Eisen bei 1,2 T die Energie 0,115 mJ.

        Die magnetische Energie der Feldgebiete be- rechnen wir, indem wir die Energiedichte mit dem jeweiligen Volumen multiplizieren:

        WmL = wmL · lL · A = 405 mJ

        WmFe = wmFe · lFe · A = 76,4 mJ

        verteilt ist; diese Voraussetzung ist z. B. bei Wech- selströmen hoher Frequenz wegen des Skineffek- tes nicht erfüllt.

        Zur Durchführung der Integration denken wir uns den Leiter mit der Länge l in Röhren mit dem Radius r und der Dicke dr zerlegt.


        Bild 2.8 Zur Berechnung der inneren Induktivität ei- nes langen, geraden Leiters

        Wir setzen nun die Gleichungen für die Feldstärke H und das Volumen dV = l · 2 r · dr einer Röhre in die Gl. (2.37) ein und berechnen die im Leiter enthaltene magnetische Energie:


        (2.38)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Durch Einsetzen in die Gl. (2.36) erhalten wir die innere Induktivität Li eines langen, geraden Lei- ters für = const.:


        (2.39)


        Bei einer Doppelleitung muss die magnetische   Energie in beiden Leitern berücksichtigt werden.

        Die innere Induktivität Li der Doppelleitung ist doppelt so groß wie die des langen Leiters.


      4. Hysteresearbeit


        Mithilfe der magnetischen Energiedichte können wir die Energie berechnen, die ein ferromagne- tischer Körper beim Durchlaufen einer Hystere- seschleife aufnimmt. Dieser technisch wichtige Vorgang läuft z. B. ab, wenn eine Spule mit Eisenkern von einem Wechselstrom durchflossen wird. Wir setzen im Folgenden voraus, dass der Eisenkern mit dem Volumen V von einem homo- genen Magnetfeld durchsetzt wird.


        Beim Durchlaufen des Kurvenstückes 1 - 2 der Hystereseschleife (Bild 2.9) nimmt der Eisenkern die Energie auf:


        (2.40)


        Die Energie W12 entspricht der Fläche zwischen dem Kurvenstück 1 - 2 und der B-Achse. Da H und dB dort positiv sind, ist auch W12 > 0 und der Eisenkern nimmt magnetische Energie auf; er wirkt dabei als Verbraucher elektrischer Energie.


        Beim Durchlaufen des Kurvenstückes 2 - 3 der Hystereseschleife ist H positiv, aber dB nega- tiv, denn die Flussdichte B wird kleiner. Wegen W23 < 0 gibt der Eisenkern die magnetische Ener-

        Bild 2.9 Hystereseschleife eines ferromagnetischen Körpers, Erläuterung der Hysteresefläche


        gie ab, die der Fläche zwischen dem Kurvenstück 2-3 und der B-Achse entspricht:


        (2.41)


        Beim Durchlaufen der halben Hystereseschleife auf dem Weg 1 - 2 - 3 wird dem Eisenkern letzt- lich die Energie zugeführt, die der nur waagrecht schraffierten Fläche im Bild 2.9 entspricht.


        Im Punkt 3 hat die magnetische Energie des Eisenkerns ein Minimum, da der Eisenkern bei der Fortsetzung des Umlaufs wieder Energie auf- nimmt; dies gilt aus Symmetriegründen auch für den Punkt 1.


        Beim Durchlaufen des Kurvenstückes 3 - 4 - 1 wiederholen sich die Vorgänge, die für den Weg 1-2-3 beschrieben wurden.


        Beim einmaligen Durchlaufen der gesamten Hystereseschleife wird die Fläche zwischen ihren Ästen umfahren; sie wird als Hysteresefläche bezeichnet und entspricht der spezifischen Hyste- researbeit wH:

        (2.42)


        Die spezifische Hysteresearbeit hat die Einheit J / m3 und ist damit eine Energiedichte. Mit der Gl. (2.34) berechnen wir die Hysteresearbeit WH:

        (2.43)

        diesem Punkt der Entmagnetisierungskurve (Bild 2.10) hat die magnetische Energie des Dau- ermagneten ein Minimum.

        Wird der magnetische Kreis geöffnet, so stellt sich der Arbeitspunkt A ein. Dies kann z. B. dadurch erfolgen, dass der bewegliche Anker gegen die Zugkraft verschoben wird.


        Die Hysteresearbeit ist die Energie, die bei ei- nem Ummagnetisierungszyklus im Eisenkern in Wärme umgewandelt wird; sie hängt von der Form der Hystereseschleife und von der Flussdichte ab, die im Punkt 2 bzw. 4 erreicht wird.

        Bei elektrischen Maschinen wird die Hysterese- schleife häufig (z. B. 50-mal je Sekunde bei 50 Hz) durchlaufen. Damit die Erwärmung infolge der Hysteresearbeit gering bleibt, werden Werkstoffe mit kleiner Hysteresefläche verwendet.


      5. Magnetischer Kreis mit Dauermagnet


        Der Vorteil eines Dauermagneten gegenüber einem Elektromagneten liegt darin, dass bei der Aufrechterhaltung des Magnetfelds keine Wärme- energie entsteht.


        Ein Dauermagnet wird bei seiner Herstellung im Magnetfeld eines Elektromagneten magnetisiert. Befindet er sich dabei in einem geschlossenen mag- netischen Kreis ohne Streufeld und ohne Luftspalt bei ideal magnetisch leitenden Weicheisenteilen, so stellt sich nach der Magnetisierung der Arbeits- punkt 3 bei der Remanenzflussdichte Br ein. In


        Bild 2.11 Geöffneter Kreis mit Dauermagnet


        Bei der Untersuchung der Energie des magneti- schen Kreises vernachlässigen wir die magne- tischen Spannungen an den Weicheisenteilen, lassen die Streuung außer Betracht und nehmen an, dass sowohl im Dauermagnet als auch im Luftspalt ein homogenes Feld vorliegt.

        Beim Durchlaufen des Kurvenstückes 3 - A sind sowohl H als auch dB negativ. Die Energiedichte nach Gl. (2.32), die im Bild 2.10 als schraffier- te Fläche dargestellt ist, ist daher positiv; der Dauermagnet nimmt magnetische Energie auf.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Luftspalt mit dem Volumen VL nimmt bei der Öffnung des magnetischen Kreises die Energie

        B

        3 WmL = VL (BL)2 / (2 0) auf.

        r

        B Die Summe der magnetischen Energien von

        B

        A  

        A


        Hc HA H


        Bild 2.10 Entmagnetisierungskurve

        Luftspalt und Dauermagnet wird dem magneti- schen Kreis beim Öffnen als mechanische Energie durch die Verschiebung des Ankers zugeführt. Der Dauermagnet wirkt dabei als Energiewandler, der die zugeführte mechanische Energie in magneti- sche Energie umwandelt.

        Die Anteile von Luftspalt und Dauermagnet an der gesamten magnetischen Energie hängen vom Verlauf der Entmagnetisierungskurve und von der Lage des Arbeitspunktes A ab.

        Fragen

        • Welche magnetische Energie ist im Feld einer Leiter- anordnung mit konstanter Induktivität enthalten?

        • Zeigen Sie, welche Energieanteile bei einer Spule

          mit dem Widerstand R und der Induktivität L an Gleichspannung auftreten.

        • Wie lautet die Gleichung für die Energiedichte eines

          Raumes, der von einem Magnetfeld erfüllt ist? Lösen Sie diese Gleichung für konstante Permeabilität.

        • Wie kann bei einem Eisenkern, dessen Magnetisie-

          rungskurve gegeben ist, die Energiedichte aus der Flussdichte ermittelt werden?

        • Erläutern Sie die Begriffe Hysteresefläche und Hy-

          steresearbeit.

        • Warum muss bei elektrischen Maschinen die Hyste- resefläche möglichst klein sein?

        • Was geschieht mit der Hysteresearbeit, die einem

          ferromagnetischen Körper zugeführt wird?

        • Erläutern Sie den Begriff innere Induktivität und zeigen Sie, wie diese mit der magnetischen Energie berechnet werden kann.

        • Beschreiben Sie, woher die magnetische Energie im

          Luftspalt eines magnetischen Kreises mit Dauermag- net stammt.

        • Erläutern Sie, in welchen Punkten der Hysterese-

        schleife die magnetische Energie des ferromagneti- schen Körpers ein Minimum hat.


        Aufgaben

        2.8(1) Die mittlere Flussdichte im Innenraum einer Kreisringspule beträgt 0,68 T; das Feldmedium ist Luft. Der vom Magnetfeld erfüllte Raum hat das Volumen 120 cm3. Welche magnetische Energie ist im Innenraum dieser Kreisringspule vorhan- den?


        2.9(2) Welchen Wert hat jeweils die magne- tische Energie im Eisen und im Luftspalt des magnetischen Kreises aus Beispiel 2.3 bei der Luftspaltflussdichte 0,8 T bzw. 1,5 T?


        2.10(3) Die Feldstärke im Außenleiter einer Ko- axialleitung hängt vom Radius r ab:

    4. Kräfte auf Magnetpole

      Ziele: Sie können

      • den Zusammenhang zwischen der Zugkraft eines Magneten und der magnetischen Energie erläutern.

      • die Gleichung für die Zugkraft angeben und die

        Voraussetzungen nennen, unter denen sie gültig ist.


        Die Oberfläche eines ferromagnetischen Körpers, durch die ein Magnetfeld in eine nicht ferromag- netische Umgebung (z. B. Luft) austritt, wird als Polfläche bezeichnet. Auf sie wirkt eine Kraft, die vom ferromagnetischen Material zur nicht ferro- magnetischen Umgebung gerichtet ist.


        Bei der Berechnung der Kraft setzen wir voraus, dass das Magnetfeld senkrecht durch die Polfläche hindurchtritt; dies ist für Fe >> 0 stets der Fall. Außerdem setzen wir voraus, dass das Magnetfeld im Luftraum homogen ist; diese Voraussetzung ist in einem magnetischen Kreis mit parallelen Polflächen bei kleiner Luftspaltlänge erfüllt.


        Wir wollen nun die Kraft aus der Energieänderung berechnen, die bei einem Elektromagneten auf- tritt, wenn wir den Anker verschieben (Bild 2.12). Dabei denken wir uns den durch die Spule fließen- den Strom i so geregelt, dass der Fluss und da- mit auch die Flussdichte BL im Luftspalt zeitlich konstant bleiben. Zwischen dem Magnetfeld und dem elektrischen Stromkreis, in dem die Spule liegt, findet dabei kein Energieaustausch statt, denn die selbstinduktive Spannung bleibt null:


        (2.44)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (s. Gl. 7.39, Band 1)


        Dabei ist r2 der innere und r3 der äußere Radius. Berechnen Sie allgemein (d. h. mit Formelzeichen) die innere Induktivität des Außenleiters einer Ko- axialleitung.


        Bild 2.12 Stromkreis mit Elektromagnet

        Wegen uL = 0 liegt an der Spule die zeitabhängige Spannung u = R i. Die Energie, die im Widerstand R der Spule in Wärme umgewandelt wird, ist je- doch für unsere Überlegungen ohne Bedeutung.


        Die im Luftspalt enthaltene magnetische Energie

        Wm ist von der Luftspaltlänge l abhängig:

        B2

        Beispiel 2.4

        Wir wollen die Polfläche eines Magneten be- rechnen, der bei der Luftspaltflussdichte 0,4 T ein Gewicht 1 t heben kann.

        F = m g = 1000 kg · 9,81 m / s2 = 9810 N

        Wir setzen dies in die Gl. (2.50) ein und lösen nach der Luftspaltfläche AL auf:

        0

        Wm = 2 L

        ·AL·l

        (2.45)

        A = 2 0 F

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        L B 2


        = 0,154 m2 = 1540 cm2

        Wenn wir den Anker des Magneten in Richtung des Vektors um die Strecke gegen die Kraft (Bild 2.12) verschieben, müssen wir die mecha-

        nische Energie Wmech aufwenden:

        Wmech = · = F · l · cos = F · l (2.46)

        Dabei ändert sich die magnetische Energie im Luftspalt um Wm:

        B2

        L


        Die Gl. (2.50) kann auch bei einem magnetischen Kreis mit Dauermagnet angewendet werden, wenn im Polbereich ein homogenes Feld vorliegt.


        Praxisbezug 2.2

        Ein Relais (relay) ist ein elektromagnetisch betä- tigter Schalter, der aus einem magnetischen Kreis mit Spule Sp und einem Kontaktsatz K besteht.

        0

        Wm = 2 L

        ·AL·l

        (2.47)


        Da der magnetische Fluss im magnetischen Kreis konstant ist, bleibt die magnetische Energie des Eisens unverändert.


        Nach dem Energiesatz ist die Summe der Energien konstant. Die Gesamtenergie hat also nach dem Auseinanderziehen bei der Luftspaltlänge l + l denselben Wert wie vor dem Auseinanderziehen bei der Luftspaltlänge l:


        Wm + Wmech + Wm = Wm (2.48)

        Wir fassen zusammen und setzen die Gln. (2.46 und 2.47) ein:

        B2


        Beim Einschalten der Spule wird der bewegli- che Anker A angezogen; durch ihn werden die Kontakte betätigt. Die wichtigsten Kontaktarten sind Schließer (Kontakt wird beim Einschalten der Spule geschlossen) und Öffner. In Schaltplänen werden die Kontakte stets für die Ruhestellung des Relais (Spule ausgeschaltet) gezeichnet.

        2

        F ·l +  L ·AL·l = 0

        0


        Damit erhalten wir:


        2 L

        AL B2

        F =

        0

        (2.49)


        (2.50)

        Die Spule und die Schaltkontakte sind elektrisch voneinander getrennt.

        Ein Relais, das große Ströme bei hohen Spannun- gen schalten kann, wird Schütz genannt. In Schal- tungen der Energietechnik wird ein Relais, das Steuerungsaufgaben übernimmt, auch als Hilfs-

        Da diese Gleichung stets ein positives Ergebnis liefert, wirkt die Kraft stets in Richtung des im Bild 2.12 eingezeichneten Vektors.

        schütz bezeichnet; vor dem Kennbuchstaben E werden im Schaltplan die Anzahl der Öffner und die Anzahl der Schließer genannt.

        Ein Beispiel für die Anwendung ist die Tempe- raturüberwachung eines Drehstrommotors, die als Motorvollschutz bezeichnet wird. In die Wicklungen des Motors sind die drei Kaltleiter R1 ... R3 eingebettet, deren Widerstand bei niedri- ger Temperatur klein ist. Wenn der Hauptschalter S0 geschlossen wird, dann zieht das gleichstrom- gespeiste Hilfsschütz 11E (1 Öffner, 1 Schließer) an und der Schließer (Kontakte 13; 14) wird ge- schlossen.

        Fragen

      • Wie lautet die Gleichung für die Zugkraft eines Magneten? Unter welchen Voraussetzungen ist sie gültig?

      • Leiten Sie die Gleichung für die Zugkraft eines

        Magneten aus der Veränderung der magnetischen Energie des Luftspalts bei einer Verschiebung des Ankers her.

      • Der Anker eines magnetischen Kreises mit Dauermagnet wird abgezogen; dazu wird mechani- sche Energie aufgewendet. Erläutern Sie, wo diese Energie bleibt.


      Aufgaben

      2.11(1) Welche Flussdichte muss das homogene Magnetfeld im Luftspalt eines Relais haben, damit sich die Polflächen mit der Kraft 2,5 N anziehen? Querschnittsfläche des Luftspalts: 0,8 cm2

      2.12(1) In einem magnetischen Kreis mit Dauer- magnet kann im Luftspalt ein homogenes Feld angenommen werden. Die Querschnittsfläche des Luftspalts unter einem der beiden Polschuhe beträgt 2 cm2. Durch Belastungsversuche wird festgestellt, dass der Anker angezogen bleibt, wenn sein Gewicht 20 kg beträgt; bei 21 kg fällt der Anker ab. Welche Aussage ergibt sich hieraus für die Flussdichte im Luftspalt?

      2.13(2) Der Topfmagnet soll die Zugkraft 1,2 kN entwickeln. Die Flussdichte des als homogen angenommenen Magnetfeldes im Luftspalt be- trägt sowohl am äußeren Rand als auch im Kern 0,3 T. Berechnen Sie aus d3 = 30 cm die beiden Durchmesser d1 und d2.


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Durch kurzzeitiges Drücken des Tasters S1 kann das Schütz K1 und damit der Motor M eingeschal- tet werden. Dabei schließt auch der Schützkontakt 13; 14, der den Taster S1 überbrückt und das Schütz in Einschaltstellung hält, bis z. B. der Tas- ter S2 gedrückt wird.


      Bei zu starker Erwärmung eines Wicklungsstran- ges wird der betreffende Kaltleiter hochohmig; dies hat zur Folge, dass das Hilfsschütz abfällt und seinen Kontakt 13; 14 öffnet. Die Abschaltung des Schützes und damit des Motors wird vom Leuchtmelder H1 angezeigt.

    5. Energietransport

      im elektromagnetischen Feld


      Ziele: Sie können

      • den Zusammenhang zwischen dem Poynting-Vektor und der Leistung angeben und erläutern.

      • den Poynting-Vektor mithilfe der Größen des elek-

        tromagnetischen Feldes beschreiben.

      • die Richtung des Poynting-Vektors bei einer idealen und bei einer verlustbehafteten Leitung angeben.


        Wir haben im Band 1 den Ladungen, die sich im Stromkreis bewegen, eine Energie zugeschrieben: Eine Ladung befindet sich vor dem Durchlaufen des Verbrauchers auf hohem, danach auf nied- rigem Energieniveau. Die Frage nach der Art der Energie blieb jedoch offen.

        Keinesfalls handelt es sich dabei um kineti- sche Energie: Bei gleichartigen metallischen Zuleitungen haben die Elektronen eines Gleich- stromkreises in Hin- und Rückleitung gleiche Geschwindigkeit und damit gleiche kinetische Energie; im Verbraucher kann hierdurch keine Energiedifferenz auftreten.


        Das im Band 1 beschriebene Modell veranschau- licht den Energietransport nur im stationären Fall bei einem schon lange fließenden Gleichstrom; nur dabei können die am Verbraucher eintreffen- den Elektronen Energie beim Durchlaufen der Quelle aufgenommen haben.

        Dass jedoch die Elektronen nicht die Energie vom Erzeuger zum Verbraucher transportieren, lässt sich aus folgender Überlegung erkennen: Schaltet man beim Eintreffen eines Elektrons am Verbraucher die Quelle ab, so ist seine Energie verschwunden; schaltet man die Quelle wieder ein, so steht die Energie wieder zur Verfügung.

        Noch deutlicher wird dies bei Wechselstrom, bei dem die Elektronen nicht vom Erzeuger zum Verbraucher fließen, sondern um eine Ruhelage pendeln.

        Wir wollen im Folgenden für zeitabhängige Vorgänge ein Modell des Energietransports ent- wickeln, das auch den stationären Fall einschließt. Hierzu untersuchen wir als Beispiel eine ideale Koaxialleitung, deren Innen- und Außenleiter ideale Leiter sind; dazwischen befindet sich ein idealer Isolator.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Durch die Koaxialleitung wird Energie von einer Quelle zu einem Verbraucher transportiert (Bild 2.13); die Leistung ist bei Gleichstrom:

        P = U · I

        Die Spannung U und der Strom I lassen sich durch die Vektorgrößen des elektromagnetischen Feldes darstellen:


        (s. Gl. 6.18, Band 1)


        (s. Gl. 7.29, Band 1)


        Wir wollen nun die Leistung durch die Vektoren und beschreiben. Bei der idealen Koaxial- leitung existiert die elektrische Feldstärke nur

        im Isolator. Ein Produkt der Vektoren und (entsprechend U · I) kann nur dort einen Wert ungleich null haben. Da und im Isolator auf- einander senkrecht stehen (Bild 2.14), bilden wir zweckmäßig das Vektorprodukt, denn das skalare Produkt würde den Wert null ergeben:

        (2.51)



        Bild 2.13 Stromkreis mit idealer Koaxialleitung

        Bild 2.14 Poynting-Vektor bei der idealen Koaxi- alleitung

        2.5 Energietransport im elektromagnetischen Feld 71

        (2.56)


        Der Vektor wird als Poynting-Vektor1) be- zeichnet. Er beschreibt die Leistung P, die je Flä- che übertragen wird:


        (2.52)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Leistung P ist der Fluss des Poynting- Vektors .


        Bei der idealen Koaxialleitung ist die Fläche A die Querschnittsfläche des Isolators.


        Wir wollen nun die Gl. (2.52) auf die ideale Koaxialleitung anwenden und fassen dazu die Gleichungen für die Feldstärke und die Spannung zwischen zwei zylindrischen Elektroden zusam- men (s. Band 1, Kap. 6):


        Wir denken uns die Querschnittsfläche A in Kreisringe dA mit der Breite dr und dem Umfang 2 r zerlegt:


        dA = 2 r · dr (2.57)


        Dies setzen wir mit der Gl. (2.55) in die Gl. (2.56) ein:


        (2.58)


        Wir erhalten die Gleichung P = U I, von der wir ausgingen, als Ergebnis. Bei einer stromführen-


        E =

        r

        Q

        0 ·  r l


        ; U =


        r 0

        Q

        ·  l

        ln ra

        ri

        den Leitung wird also die Energie durch das elek- tromagnetische Feld transportiert. Die elektrische Feldstärke E wird durch die unterschiedliche Auf-

        ladung von Hin- und Rückleitung hervorgerufen.

        Dadurch ergibt sich:


        Die magnetische Feldstärke im Isolator ist:


        (2.53)


        (2.54)

        Die magnetische Feldstärke H entsteht durch die

        Bewegung der Ladungen.


        Die Bewegungsrichtung der Ladungen ist für den Energietransport ohne Bedeutung. Die Richtung des Poynting-Vektors und damit die Energieflussrichtung bleiben erhalten, wenn die Quelle umgepolt wird (Bild 2.15). Damit wird ver- ständlich, warum auch durch einen Wechselstrom Energie von der Quelle zum Verbraucher trans-

        Da senkrecht zu gerichtet ist (Bild 2.14), erhalten wir den Betrag des Poynting-Vektors als Produkt der Beträge:

        portiert wird.


        (2.55)


        Die Querschnittsfläche A steht senkrecht auf der Achse der Koaxialleitung. Der Vektor durch- setzt die Querschnittsfläche senkrecht; daher ist:


        1) John Henry Poynting, 1852 – 1914


        Bild 2.15 Poynting-Vektor bei der idealen Koaxial- leitung (Quelle umgepolt s. Bild 2.14)

        Die Gl. (2.52) beschreibt den Energietransport nicht nur bei der idealen Koaxialleitung, sie gilt vielmehr auch für andere Leitungen. Die Einschränkungen waren nur für eine einfache Überprüfung der Gl. (2.52) erforderlich.


        Bei einer verlustbehafteten Leitung lässt sich


        Der Poynting-Vektor steht überall senkrecht auf der Leiteroberfläche; außerdem hat er an jeder Stelle dieser Oberfläche denselben Betrag. Zur Ermittlung der Leistung brauchen wir ihn nur mit der Oberfläche A = 2 ri l des Leiters zu multi- plizieren:

        mithilfe des Poynting-Vektors zeigen, dass die   Energie, welche die Erwärmung des Leitermate-

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        rials bewirkt, aus dem elektromagnetischen Feld

        (2.62)

        der Umgebung in den Leiter strömt. Wir wollen im Folgenden die Leistung P berechnen, die ei- nem Leiter der Länge l dabei zugeführt wird (Bild 2.16).


        Bei gleichmäßiger Verteilung des Stromes über

        Mit dem Leiterwiderstand


        erhalten wir:


        (2.63)

        den Querschnitt AL des Leiters ist die elektrische Feldstärke:


        (2.59)


        Die magnetische Feldstärke am Rand des Leiters ergibt sich aus der Gl. (2.54) für r = ri:

        P = R I2 (2.64)

        Die Herleitung dieser bekannten Gleichung zeigt, dass der Energietransport im elektromagnetischen Feld durch das Zusammenwirken der Feldstärken und erfolgt und mit dem Poynting-Vektor

        beschrieben werden kann.


        Im Leiterinneren ist:

        (2.60)


        Da senkrecht zu gerichtet ist (Bild 2.16), er- halten wir den Betrag S des Poynting-Vektors als Produkt der Beträge der Feldstärkevektoren:


        (2.61)


        Damit ergibt sich:


        (s. Gl. 7.34, Band 1)


        (2.65)



        Bild 2.16 Poynting-Vektor bei einer verlustbehaf- teten Leitung

        Fragen

      • Woraus kann man schließen, dass der Energietrans- port beim stromführenden Leiter durch das elektro- magnetische Feld erfolgt?

      • Welches Formelzeichen und welche Einheit hat der

        Poynting-Vektor?

      • Wie lautet der Zusammenhang zwischen dem Poynting-Vektor und den Größen des elektromagne- tischen Feldes?

      • Geben Sie den Zusammenhang zwischen dem

        Poynting-Vektor und der Leistung P an.

      • Zeigen Sie die Richtungen der Vektoren , und bei einer idealen Koaxialleitung, durch die Energie von einer Quelle zu einem Verbraucher transportiert wird. Wie ändert sich die Richtung des Vektors , wenn die Quelle umgepolt wird?

  2. Periodisch zeitabhängige Größen

    1. Periodische Schwingungen

      Ziele: Sie können

      • erläutern, unter welchen Bedingungen eine zeitab­ hängige Größe periodisch ist.

      • die Kenngrößen periodischer Schwingungen nennen

      und ihre Definitionen angeben.


      In den vorhergehenden Kapiteln haben wir uns        mit Größen befasst, deren zeitlicher Verlauf belie­

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      big war; allerdings haben wir stets quasistationäre

      Verhältnisse vorausgesetzt.

      Im Folgenden wollen wir periodisch zeitabhän- gige Größen betrachten. Bei ihnen wiederholt sich im gesamten Zeitbereich (– < t < +) jeder Funktionswert stets nach der gleichen Zeitspanne. Man sagt, dass die Größe schwingt, und nennt den Vorgang eine periodische Schwingung (oscilla- tion).

      Die Periodendauer oder Periode (period) T ist die kürzeste Zeitspanne, nach der sich der Zeitverlauf wiederholt. Ist die periodisch zeitabhängige Größe

      z. B. ein Strom, so gilt:

      i(t) = i(t n T) ; n = 0, 1, 2 (3.1) Der Kehrwert der Periodendauer ist die Frequenz

      (frequency) f :


      (3.2)


      Der Zahlenwert einer Frequenz in Hz gibt an, wie oft ein Schwingungsvorgang in einer Sekunde stattfindet.

      Die Einheit Hz ist nur für Frequenzen zulässig und darf nicht generell für 1 / s gesetzt werden. Im angelsächsischen Sprachraum wird auch die Abkürzung cps (cycles per second) verwendet.

      Zur Beschreibung einer schwingenden Größe muss ihr Augenblickswert mindestens für eine Periode angegeben werden. Dies erfordert eine Festlegung des Bezugssinnes dieser Größe, wie

      z. B. bei dem im Bild 3.1 dargestellten Strom.

      Bild 3.1 Liniendiagramm eines periodisch zeitabhän­ gigen Stromes


      Wir erkennen, dass sich der Richtungssinn des Stromes während der Periode T verändert. Im Intervall t1 < t < t3 nimmt i positive Werte an, wobei der Richtungssinn mit dem gewählten Bezugssinn übereinstimmt. Im Intervall t3 < t < t5 nimmt i negative Werte an und der Richtungssinn ist entgegengesetzt zum Bezugssinn.


      Zur Beschreibung einer Größe, deren Rich­ tungssinn sich zeitlich ändert, muss stets ein Bezugssinn festgelegt werden.


      In jeder Periode nimmt eine schwingende Größe einen Maximalwert und einen Minimalwert an (z. B. imax = i(t2) und imin = i(t4) im Bild 3.1). Die Differenz dieser beiden Größen wird Schwin- gungsbreite oder auch „Spitze­Spitze­Wert“ (peak-to-peak value) genannt und durch den Index pp gekennzeichnet:


      ipp = imax imin (3.3)

      Der maximale Betrag, den eine schwingende Größe annimmt, wird als Scheitelwert (peak value; crest value) bezeichnet. Als Kennzeichen dafür erhält das Formelzeichen der betreffenden Größe ein darüber gestelltes Dach; so ist z. B. îi = imax im Bild 3.1 bzw. û = |umin| = – umin im Bild 3.2. Allgemein gilt für den Scheitelwert eines Stromes:

      îi = |imax| für |imax| |imin|

      îi = |imin| für |imax| |imin|

      Praxisbezug 3.1

      Zur Messung einer schwingenden Größe soll häu- fig das Liniendiagramm während einer Perioden- dauer ermittelt werden.

      Bei einer langsamen Änderung der Größe eignen sich hierzu schreibende Messgeräte, bei denen ein Schreibstift proportional zum Augenblickswert der Messgröße ausgelenkt wird. Unter dem Stift wird ein Papierstreifen mit konstanter Geschwin- digkeit bewegt, auf dem das Liniendiagramm der Messgröße geschrieben wird.

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Bei schnellen Änderungen der Messgröße ist eine solche Anordnung zu träge. Man verwendet dann ein Oszilloskop.

      Beim Analog-Oszilloskop (s. Band 1, Abschn. 8.3) wird durch einen Elektronenstrahl ein Leucht- punkt auf dem Bildschirm erzeugt. Eine gleichmä- ßig ansteigende Spannung an den x-Ablenkplatten bewirkt, dass der Leuchtpunkt mit konstanter Geschwindigkeit horizontal über den Schirm geführt wird. Mithilfe der y-Ablenkplatten wird der Strahl proportional zum Augenblickswert der Messgröße vertikal ausgelenkt. Der Strahl schreibt dabei das Liniendiagramm der Messgröße auf den Bildschirm.

      Der Schreibvorgang wird periodisch wiederholt; dadurch erscheint das Bild stillstehend. Die Trig- gereinrichtung des Oszilloskops bewirkt dabei, dass die Schreibperiode Tx ein ganzzahliges Viel- faches der Periode T der Messgröße ist; dadurch überdecken sich die einzelnen Liniendiagramme.

      Das Bild 3.2 zeigt als Beispiel eine darzustellende Spannung u und eine hierfür geeignete Ablenk- spannung ux. Der auf dem Bildschirm sichtbare Teil des Liniendiagrammes ist hervorgehoben.


      Die Anstiegszeit t1 der Ablenkspannung ux kann verändert werden. Damit lässt sich eine geeig- nete Abhängigkeit der Schreibperiode Tx von der Periode T der Messgröße erreichen.


      Beim Digital-Oszilloskop wird die Messgröße periodisch bis zu 2 · 1010-mal pro Sekunde abge- tastet. Die Abtastwerte werden mit einem Analog- Digital-Umsetzer in binäre Datenworte umgewan- delt und gespeichert und können mit dem Rechner des Oszilloskops weiterbearbeitet werden.

      Dieser Rechner bringt die Abtastwerte mit dem gewählten Zeitmaßstab für die x-Koordinate auf dem Bildschirm des Oszilloskops zur Anzeige. Außer dieser Grundfunktion stehen Signalverar- beitungsprogramme zur Verfügung, die z. B. die Mittelwerte der Messgröße, Anstiegs- und Abfall- zeiten sowie das Spektrum berechnen und auf dem Bildschirm ausgeben.


      Fragen

      • Woran erkennt man, dass eine physikalische Größe periodisch zeitabhängig ist?

      • Wie ist die Periodendauer definiert?

      • Was versteht man unter dem Scheitelwert einer peri- odisch zeitabhängigen Größe?

      • Kann der Scheitelwert einer periodischen Größe aus

        der Schwingungsbreite berechnet werden?

      • Wie lässt sich die Periodendauer einer Schwingung aus der Frequenz berechnen?


      Aufgabe 3.1(1) Ermitteln Sie aus dem Liniendia- gramm die Periodendauer, die Frequenz, den Scheitelwert und die Schwingungsbreite der peri- odischen Spannung.



      Bild 3.2 Zum Schreibvorgang beim Oszilloskop

    2. Mittelwerte periodischer Größen


      Ziele: Sie können

      • begründen, warum zur Beurteilung periodischer Schwingungen Mittelwerte zweckmäßig sind.

      • die Definitionen von Gleichwert, Effektivwert und

        Gleichrichtwert angeben.

      • die Begriffe Gleichanteil und Wechselanteil anhand einer Skizze erläutern.

      • die Ersatzschaltungen für eine Mischstromquelle

        und für eine Mischspannungsquelle angeben.

      • den Effektivwert eines Stromes physikalisch inter­ pretieren.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      • eine Brücken­Gleichrichterschaltung skizzieren und

      ihre Wirkung an einem Beispiel erläutern.


      In vielen Fällen ist nicht der Zeitverlauf eines Stromes oder einer Spannung von Bedeutung, sondern die Wirkung dieser Größen. Zu ihrer Beschreibung bildet man Mittelwerte. Dabei führt man die Wirkung, die eine zeitabhängige Größe während einer Periode hervorruft, auf die entsprechende Wirkung einer zeitunabhängigen Größe zurück.


      1. Gleichwert


        Eine Wirkung des elektrischen Stromes ist die chemische Veränderung durchströmter Stoffe. Sie ist von der transportierten Ladungsmenge ab­ hängig.

        Um die chemische Wirkung eines periodisch zeit­ abhängigen Stoffes beurteilen zu können, berech­ nen wir die Ladungsmenge, die während einer Periode im Bezugssinn des Stromes durch einen Kontrollquerschnitt transportiert wird.


        Bild 3.3 Periodisch zeitabhängiger Strom und sein Gleichwert i

        In dem Zeitintervall dt wird die Ladungsmenge dQ = i dt transportiert (Bild 3.3). Das Vorzeichen von dQ ist von t1 bis t2 positiv, weil der Strom i im Bezugssinn fließt; dabei wird entweder positi­ ve Ladung im Bezugssinn oder negative Ladung entgegen dem Bezugssinn transportiert. Von t2 bis (t1 + T) fließt der Strom i entgegen dem Bezugssinn; dabei ist dQ negativ.

        Die während einer Periode transportierte Ladung

        QT berechnen wir durch Integration:


        (3.4)


        Die gleiche Ladung wird in der Zeit T durch einen Gleichstrom mit der Stromstärke QT / T transpor­ tiert. Er wird mit (lies: i quer) bezeichnet:


        (3.5)


        Mit der Gl. (3.4) erhalten wir den Gleichwert (di- rect component, DC) der Stromschwingung:


        (3.6)


        Einen Mittelwert, der analog zur Gl. (3.6) gebildet wird, bezeichnet man auch als arithmetischen Mittelwert (mean value). So ist z. B. der arithmetische Mittelwert bzw. Gleichwert einer Spannung.


        Eine periodisch schwingende Größe mit dem Gleichwert null wird als Wechselgröße (alterna- ting component, AC) bezeichnet; zur eindeutigen Kennzeichnung kann sie den Index ~ erhalten. So ist z. B. i~ ein Wechselstrom (alternating current) bzw. u~ eine Wechselspannung (alternating vol- tage).

        Bei einer Wechselgröße ist im Liniendiagramm der Inhalt der Flächen zwischen den positiven Funktionswerten der Größe und der Zeitachse gleich dem Inhalt der Flächen zwischen den negativen Funktionswerten der Größe und der Zeitachse. Das Bild 3.4 zeigt hierfür ein Beispiel.

        einer idealen Gleichspannungsquelle mit einer idealen Wechselspannungsquelle ersetzt werden (Bild 3.6); Letztere gibt lastunabhängig stets die gleiche Wechselspannung ab.


        Bild 3.4 Liniendiagramm einer Wechselspannung


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Eine periodisch schwingende Größe mit einem Gleichwert ungleich null wird als Mischgröße bezeichnet. So ist z. B. der Strom im Bild 3.3 ein Mischstrom (pulsating current). Er ist die Summe von Gleichstromanteil und Wechsel­ stromanteil i~:


        Bild 3.6 Ideale Mischspannungsquelle (a) und ihre Ersatzschaltung (b)


        In einigen Fällen ist die Auswertung des Integrals in der Gl. (3.6) exakt möglich. Meist muss der Gleichwert jedoch näherungsweise mit einem nu­

        i = + i~

        (3.7)

        merischen Integrationsverfahren aus dem Linien­ diagramm bestimmt werden.

        Eine Stromquelle, die lastunabhängig stets den gleichen Mischstrom abgibt, bezeichnet man als ideale Mischstromquelle. Sie kann entspre­ chend Gl. (3.7) durch die Parallelschaltung einer idealen Gleichstromquelle mit einer idealen Wechselstromquelle ersetzt werden (Bild 3.5); Letztere gibt lastunabhängig stets den gleichen Wechselstrom ab.

        Eine Messung des Gleichwerts kann mit integ­ rierenden Messgeräten erfolgen, z. B. mit einem Drehspulgerät (Bild 3.8) oder mit einem digitalen Messgerät (Schalterstellung DC).


        Beispiel 3.1

        Wir wollen den Gleichwert des Stromes ermit­ teln und das Liniendiagramm des Wechsel­ anteils zeichnen.


        Bild 3.5 Ideale Mischstromquelle (a) und ihre Ersatz­ schaltung (b)


        Analog zur Gl. (3.7) ist eine Mischspannung (pulsating voltage) die Summe aus Gleichspan­ nungsanteil und Wechselspannungsanteil u~:

        u = + u~ (3.8)

        Eine Spannungsquelle, die lastunabhängig stets die gleiche Mischspannung abgibt, bezeichnet man als ideale Mischspannungsquelle. Sie kann entsprechend Gl. (3.8) durch die Reihenschaltung


        Wie im Beispiel 2.1 arbeiten wir mit kubischen Spline­Funktionen und geben für die Zeitwerte 0, 2, 4 ... 24 ms die Stromwerte in mA ein:


        [–26, 0, 16, 22, 27, 32, 39, 49, 34, –14, –26, 0, 16]

        Mit einem geeigneten Programm berechnen wir das Integral über den Strom für die Zeit­ spanne 2 . . . 22 ms und erhalten die in diesem Intervall transportierte Ladung QT :


        Mit der Periodendauer T = 20 ms berechnen wir den Gleichwert:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        = QT / T = 17,7 mA

        Den Wechselstromanteil i~ erhalten wir, in­ dem wir von jedem Augenblickswert i des Mischstromes den Gleichwert subtrahieren.


        Bild 3.7 Leistung P(t) als Produkt von u und i


        Die Periodendauer TP der Funktion P(t) braucht nicht mit der Periodendauer von u bzw. i überein­ zustimmen.

        Die Fläche zwischen dem Graph der Funktion P(t) und der Zeitachse stellt die Energie W dar. In einer Periode TP der Leistung wird die Energie WT umgewandelt:



      2. Wirkleistung


        Ist entweder der Strom i oder die Spannung u an einem Tor eine zeitabhängige Größe, so ist auch die Leistung zeitabhängig. Für ihren Augenblickswert gilt:

        P(t) = u i (3.9)

        Bei der Anwendung des Verbraucher­Pfeilsystems bedeutet ein positiver Wert der Funktion P(t), dass im jeweiligen Zeitpunkt t elektrische Energie aufgenommen wird. Ein negativer Wert bedeutet, dass elektrische Energie abgegeben wird.


        Für den Zeitverlauf der Leistung P(t) gilt allge­ mein: Sind u und i periodisch, so ist auch die Leistung P(t) periodisch; das Bild 3.7 zeigt hierfür ein Beispiel.


        (3.10)


        Auch wenn u und i Wechselgrößen sind, ist im Allgemeinen WT 0. So ist z. B. im Bild 3.7 die aufgenommene Energie größer als der Betrag der abgegebenen Energie; dies bedeutet, dass dem Eintor im Mittel elektrische Energie zufließt.

        Der arithmetische Mittelwert WT / TP der Leistung wird Wirkleistung (active power) P genannt:


        (3.11)


        Anders als bei und wird für den arithmeti­ schen Mittelwert P der Leistung ein Großbuchstabe (ohne Querstrich) verwendet.

      3. Effektivwert


        Zur Beschreibung der Energieumwandlung, die ein periodisch zeitabhängiger Strom bewirkt, vergleicht man ihn mit einem Gleichstrom, der in einem Grundeintor R = u / i = const. die gleiche Energie umwandelt.

        Der Augenblickswert des zeitabhängigen Stromes i erzeugt die Wärmeleistung P(t) = R i 2. Im Zeit­ intervall dt ist die Energie:


        dW = P(t) · dt = R i2 dt (3.12)


        Die Leistung P(t) und die Energie dW sind an dem Grundeintor R stets größer oder gleich null, weil unabhängig vom Richtungssinn des Stromes nur elektrische Energie in Wärme umgewandelt werden kann; die Umkehrung dieses Vorgangs ist unmöglich.


        Die in einer Periode T umgewandelte Energie be­ rechnen wir durch Integration:

        Der Effektivwert eines periodisch schwingen­ den Stromes ist derjenige Gleichstromwert I, der in einer Periode T an einem Grundeintor R dieselbe Energie umwandelt.


        Ein Mittelwert analog zur Gl. (3.16) wird auch quadratischer Mittelwert genannt. Zu seiner Kennzeichnung kann das Formelzeichen der Größe den Index eff erhalten.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Effektivwerte von Strom und Spannung werden mit I und U bezeichnet. Nur bei diesen Größen hat der Effektivwert in der Elektrotechnik eine physikalische Bedeutung.


        Eine Messung des Effektivwerts kann z.B. mit ei­ nem Dreheisengerät (s. Bild 3.8b) erfolgen. Viele digitale Messgeräte berechnen den Effektivwert mit einer Rechenschaltung (Schalterstellung AC).


        (3.13)


        Die Energie WT wird in der Zeit T auch durch ei­ nen Gleichstrom mit der Stromstärke I umgewan­ delt:


        WT = R I2 T (3.14)

        Wir setzen nun die Energie nach Gl. (3.13) und die nach Gl. (3.14) einander gleich:


        (3.15)


        Mit dieser Gleichung kann der Stromstärkewert I berechnet werden. Man nennt ihn den Effektiv- wert (root-mean-square value, RMS) der Strom­ schwingung:


        (3.16)


        Bild 3.8 Schaltzeichen für ein Drehspulgerät (a) und ein Dreheisengerät (b) jeweils mit Angabe des Mittelwertes, der bei einem periodisch zeitabhängigen Strom i angezeigt wird


        In einigen Fällen ist die Auswertung des Integrals in der Gl. (3.16) exakt möglich. Meist muss der Effektivwert jedoch näherungsweise mit einem numerischen Integrationsverfahren aus dem Li­ niendiagramm bestimmt werden.


        Beispiel 3.2

        Wir wollen den Effektivwert des Stromes aus dem Beispiel 3.1 ermitteln.


        Wie im Beispiel 3.1 arbeiten wir mit kubischen Spline­Funktionen und geben für die Zeitwerte 0, 2, 4 ... 24 ms die Stromwerte in mA ein:


        [–26, 0, 16, 22, 27, 32, 39, 49, 34, –14, –26, 0, 16]


        Mit einem geeigneten Programm berechnen wir das Integral über das Quadrat des Stromes für die Zeitspanne 2 ... 22 ms und erhalten:


        Mit T = 20 ms berechnen wir den Effektivwert:

        Bei der Einpuls-Gleichrichterschaltung (half- wave rectifier circuit) kann nur ein Strom fließen, dessen Richtungssinn mit der Durchlassrichtung der Diode übereinstimmt.


      4. Gleichrichtwert


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Liegt an einem Eintor eine schwingende Span­ nung uw mit wechselndem Richtungssinn, so fließt auch ein Strom iw mit wechselndem Richtungs­ sinn. Mit einer Gleichrichterschaltung (rectifier circuit) kann erreicht werden, dass ein Strom ig mit stets gleichem Richtungssinn fließt.


        Bild 3.11 Einpuls­Gleichrichterschaltung


        Wir beschreiben die Wirkungsweise der Einpuls­ Gleichrichterschaltung für die im Bild 3.12a dar­ gestellte periodisch zeitabhängige Spannung.



        Bild 3.9 Wirkung einer Gleichrichterschaltung


        Bei der folgenden Beschreibung der Gleichrich­ terschaltungen setzen wir ideale Dioden voraus, deren Spannung in Durchlassrichtung und deren Strom in Sperrrichtung gleich null sind.

        Bei den realen Dioden der Leistungselektronik mit einem pn­Übergang liegt die Spannung in Durchlassrichtung im Bereich 1 1,5 V; es gibt aber auch Schottky­Dioden, deren Durchlass­ spannung im Bereich 0,4 0,6 V liegt (s. Band 1, Kap. 9).

        Im Zeitintervall t1 < t < t2 wird die Diode in Durchlassrichtung betrieben; dabei fällt an ihr keine Spannung ab. Die gesamte Quellenspan­ nung liegt am Widerstand R und es ist uR = uq ; dabei fließt der Strom iR = uq / R (Bild 3.12b).



        Bild 3.10 I­U­Kennlinie der idealen Diode

        Bild 3.12 Liniendiagramm der Quellenspannung (a) und Ausgangsstrom der Einpuls­Gleichrichterschal­ tung 3.11 (b) sowie Strom bei umgepolter Diode (c)

        Im Zeitintervall t2 < t < (t1 + T) ist die Diode ge­ sperrt und es gilt:


        iR = 0 ; uR = 0 ; uD = uq

        Polt man die Diode in der Schaltung 3.11 um, so kehren sich die Verhältnisse in den beiden Zeit­ intervallen um.

        Wegen ihrer ungünstigen Eigenschaften wird die Einpulsschaltung nur sehr selten und auch nur bei sehr kleinen Strömen angewendet.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Ausgangsspannung einer Brücken-Gleich- richterschaltung (bridge rectifier) ist gleich dem Betrag der Eingangsspannung; da die negativen Spannungsanteile „nach oben geklappt“ werden, spricht man von einer Zweipuls-Schaltung.


        Bild 3.13 Brücken­Gleichrichterschaltung


        Für die Eingangsspannung uq nach Bild 3.12a und ideale Dioden finden wir die Ausgangsspannung uR mithilfe der folgenden Überlegungen.

        Im Zeitintervall t1 < t < t2 sind die Dioden D1 und D2 leitend, während D3 und D4 gesperrt sind:

        u1 = u2 = 0 ; u3 = u4 = –uq ; uR = uq

        Im Zeitintervall t2 < t < (t1 + T) sind die Dioden D1 und D2 gesperrt, D3 und D4 sind leitend:


        Bild 3.14 Ausgangsstrom der Brücken­Gleichrichter­ schaltung für ideale Dioden und uq nach Bild 3.12a

        u1 = u2 = uq ; u3 = u4 = 0 ; uR = – uq

        Für beide Intervalle gilt:


        uR = | uq | ; iR = uR / R = | i | (3.17)

        Der arithmetische Mittelwert des Betrages einer schwingenden Größe wird als Gleichrichtwert (rectified value) bezeichnet. Zu seiner Kenn­ zeichnung schließt man das Formelzeichen der Größe in Betragsstriche ein und setzt einen Querstrich darüber:


        (3.18)


        Beispiel 3.3

        Wir wollen den Gleichrichtwert des Stromes aus dem Beispiel 3.1 ermitteln.


        Wie im Beispiel 3.1 arbeiten wir mit kubischen Spline­Funktionen und geben für die Zeitwerte 0, 2, 4 ... 24 ms die Stromwerte in mA ein:


        [–26, 0, 16, 22, 27, 32, 39, 49, 34, –14, –26, 0, 16]


        Mit einem geeigneten Programm berechnen wir das Integral über den Betrag des Stromes für die Zeitspanne 2 ... 22 ms und erhalten:


        Damit berechnen wir den Gleichrichtwert:


        Aufgaben

        3.2(1) Berechnen Sie den Effektivwert und den Gleichrichtwert des Stromes – i, der durch das Umpolen des Stromes i aus dem Beispiel 3.1 ent­ steht.


        3.3(2) Vom Strom i aus dem Beispiel 3.1 wird der negative Kurventeil abgeschnitten. Berechnen Sie den arithmetischen Mittelwert.

        Praxisbezug 3.2

        Mit einem Vielfachmessgerät (multimeter) wird eine Gleichspannung direkt gemessen. Von einer Wechselspannung wird bei der Stellung AC des Wahlschalters der Gleichrichtwert gebildet, der dem Messwerk zugeführt wird.

        Wird zur Betragsbildung die Schaltung 3.13 ver­ wendet, so bewirkt der Spannungsfall an jeder Diode einen Fehler des Messgeräts. Dieser lässt sich mit der Schaltung 3.15 vermeiden.

        Tabelle 3.1 Verhältniszahlen von Wechselgrößen












        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.









        Tabelle 3.2 Verhältniszahlen von Mischgrößen



        Bild 3.15 Operationsverstärkerschaltung zur Be­ tragsbildung


        Der Operationsverstärker OV1 wirkt als idealer Einweggleichrichter: Für uE < 0 nimmt der Kno­ ten 1 das Potenzial 1 = 0 an, während für uE > 0 das Potenzial 1 = – uE ist.

        Der Operationsverstärker OV2 arbeitet als inver­ tierender Addierer; er bildet jeweils die Aus­ gangsspannung uA = – R2 uE / (2 R1) – R2 1 / R1.

        Für uE < 0 ist damit uA = – R2 uE / (2 R1), wobei die Spannung uA positiv ist.

        Für positive Eingangsspannungen hat die Aus­

        gangsspannung den Wert uA = R2 uE / (2 R1). Es wird also der mit R2 / (2 R1) gewichtete Betrag der Eingangsspannung gebildet.


      5. Verhältniszahlen


        Aus den Mittelwerten von Spannung bzw. Strom können Verhältniszahlen gebildet werden, die eine schnelle Beurteilung der schwingenden Größen erlauben. Die Tabelle 3.1 gibt die Verhältniszah­ len von Wechselgrößen an, die Tabelle 3.2 solche von Mischgrößen.


        Praxisbezug 3.3

        Dreheisenmessgeräte, mit denen sich der Effek­ tivwert direkt messen lässt, können nur bis etwa 150 Hz (in Ausnahmefällen bis 400 Hz) verwen­ det werden. Bei höheren Frequenzen setzen die Wirbelströme im Eisen die Messgenauigkeit herab.


        Man hat deshalb integrierte Schaltungen entwi­ ckelt, bei denen entsprechend Gl. (3.16) der Ef­ fektivwert einer periodischen Spannung gebildet wird. Am Ausgang der Schaltung steht der Effek­ tivwert als analoges Signal an. Dieser wird bei den sog. Echt-Effektivwert-Geräten in digita­ ler Form angezeigt; man spricht dabei von „true RMS“ oder kurz TRMS.


        Das TRMS­IC darf nicht übersteuert werden, was z. B. bei pulsförmigen Signalen mit kleinem Effektivwert der Fall sein kann. Bei der Messung des Effektivwerts mit einem TRMS­Messgerät darf deshalb der Crest­Faktor der Spannung einen vom Messgerätehersteller angegebenen Wert nicht überschreiten.

        Fragen

        • Geben Sie die Definition des Gleichwerts einer phy­ sikalischen Größe an.

        • Welche Wirkung eines Stromes kann anhand seines

          Gleichwerts beurteilt werden?

        • Was versteht man unter dem Begriff Wirkleistung?

        • Welche wesentliche Eigenschaft weist eine Wechsel­ spannung auf?

        • Was versteht man unter einer Mischgröße?

        • Zeichnen Sie die Ersatzschaltung einer idealen Spannungsquelle, die eine Mischspannung abgibt.

        • Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          Effektivwert eines Stromes und der mittleren Leis­ tung dieses Stromes an einem Widerstand R?

        • Mit welchen Messgeräten können Effektivwert bzw.

          Gleichwert eines Stromes direkt gemessen werden?

        • Wie lautet die Gleichung zur Berechnung des Effektivwertes einer Spannung?

        • Skizzieren Sie die Brücken­Gleichrichterschaltung.

        • Erläutern Sie, in welche Form der Eingangsstrom einer Brücken­Gleichrichterschaltung umgewandelt wird und am Ausgang zur Verfügung steht.


        Aufgaben

        3.4(2) Berechnen Sie den Scheitelfaktor und den Formfaktor der Wechselspannung.


        3.5(2) Berechnen Sie den Gleichwert und den Effektivwert des periodischen Stromes.

        Welche Wirkleistung wird umgesetzt, wenn dieser Strom durch einen Ohmschen Widerstand R = 8 fließt?

    3. Sinusförmige Schwingungen

      Ziele: Sie können

      • die Definitionen der Kenngrößen sinusförmiger Schwingungen angeben.

      • die Mittelwerte von Sinusgrößen nennen.

      • die Überlagerung von Sinusgrößen beschreiben.

      • den Zusammenhang zwischen einem rotierenden Zeiger und einer Sinusschwingung anhand einer Skizze erläutern.

      • die Überlagerung von Sinusgrößen mithilfe der

        komplexen Symbole durchführen.


        In der Praxis werden sinusförmig schwingende Größen sehr häufig verwendet, z. B. bei der Er­ zeugung und Verteilung elektrischer Energie, in der Radartechnik und als Träger der Information in der Nachrichtentechnik. Dabei ergeben sich fol­ gende Vorteile:

      • Durch Differenziation oder Integration einer Si­ nusfunktion entsteht wieder eine Sinusfunktion. In Wechselspannungsschaltungen mit linearen Bauelementen treten also nur Spannungen und Ströme derselben Kurvenform auf.

      • Die Summe von zwei Sinusgrößen derselben Frequenz ergibt stets wieder eine Sinusgröße.

      • Nichtsinusförmige periodische Schwingungen lassen sich durch eine Summe von Sinusschwin­ gungen darstellen (s. Kap. 7).


      Wir wollen uns daher im Folgenden ausführlich mit der Beschreibung von Sinusschwingungen befassen.


      1. Kenngrößen


        Im Abschn. 1.3.3 haben wir die induktive Span­ nung in einer Leiterschleife beschrieben, die sich mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit in einem homogenen Magnetfeld dreht:


        Das Liniendiagramm dieser Spannung ist eine Sinuskurve. Eine schwingende Größe mit einem solchen Zeitverlauf wird Sinusgröße (sinusoidal quantity) genannt.

        Ist die Sinusgröße eine Spannung, so bezeichnen wir sie als Sinusspannung:


        u = û · cos ( t + u) (3.19)

        Ist die Sinusgröße ein Strom, so spricht man von einem Sinusstrom:


        i = îi · cos ( t + i) (3.20)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Obwohl wir von Sinusgrößen sprechen, benutzen wir für ihre mathematische Beschreibung die cos­Funktion, weil dies einige formale Vorteile bietet. Darin liegt kein Widerspruch, denn eine Sinuskurve lässt sich sowohl durch eine cos­ Funktion als auch durch eine sin­Funktion be­ schreiben; beide Funktionen unterscheiden sich dabei um / 2 im Argument. So gilt z. B. für eine Sinusspannung:

        u = û cos ( t + u) = û sin ( t + u + / 2) (3.21)

        phasenwinkels gibt die zugehörige physikalische Größe an.


        Es ist üblich, für den Nullphasenwinkel nur Werte aus dem Bereich – u zu wählen. Man gibt also den Nullphasenwinkel für das Maximum an, welches dem Zeitpunkt t = 0 am nächsten liegt; im Bild 3.17 ist dies das Maximum 1.


        Bild 3.17 Nullphasenwinkel und Nullphasenzeit einer Sinusspannung


        Im Bild 3.17 ist eine Sinusspannung sowohl über der Zeit t als auch über dem Winkel t aufgetra­ gen. Zum Zeitpunkt t = T ist:


        Τ = 2 (3.24)


        Die Größe wird Kreisfrequenz (angular fre- quency) genannt. Mit T = 1 / f erhalten wir:



        Bild 3.16 Sinusspannung


        Der Scheitelwert einer Sinusgröße wird Ampli- tude (amplitude) genannt. Wegen der Symmetrie der cos­Funktion gilt:

        û = umax = umin (3.22)

        Die Schwingungsbreite ist:


        upp = 2 û (3.23)

        Das Argument t + u der cos­Funktion in der Gl. (3.19) wird Phasenwinkel (phase angle) ge­ nannt; für t = 0 ist es gleich dem Winkel u. Der

        (3.25)


        Die Kreisfrequenz wird in der Einheit 1/ s ange­ geben, denn die Einheit Hz wird lediglich für die Frequenz verwendet.

        Der dem Nullphasenwinkel entsprechende Zeit­ punkt wird Nullphasenzeit genannt. Bei einer Spannung (Bild 3.17) ist dies:


        (3.26)


        Wenn man den Zeitnullpunkt einer Schwingung frei wählen kann, wird zweckmäßig u = 0 ge­

        Winkel u wird daher als Nullphasenwinkel

        (initial phase) bezeichnet. Der Index eines Null­

        setzt. Eine Schwingung mit u = 0 bezeichnet man als nullphasige Schwingung.

        Bei mehreren Schwingungen mit unterschiedli­ chen Nullphasenwinkeln kann nur eine dieser Schwingungen nullphasig sein.


        Wenn der Nullphasenwinkel u positiv ist, sagt man, dass die Schwingung der nullphasigen Schwingung voreilt (Bild 3.18a). In der grafischen Darstellung wird ein positiver Winkel zweckmä­ ßig durch einen Pfeil dargestellt, der in die positi­ ve Achsenrichtung weist.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Eine Schwingung mit negativem Nullphasenwin­ kel u eilt der nullphasigen Schwingung nach (Bild 3.18b).

        Eine Sinusschwingung wird durch drei Größen vollständig beschrieben:

        • Amplitude

        • Frequenz

        • Nullphasenwinkel


        Wenn z. B. für eine Sinusspannung diese drei Größen bekannt sind, dann kann mit der Gl. (3.19) der zu einem Zeitpunkt t gehörende Augen­ blickswert der Spannung berechnet werden.


        Beispiel 3.4

        Von einer Sinusspannung sind folgende Werte gegeben:


        û = 141 V ; f = 50 Hz ; u = 16°

        Wir wollen den Zeitpunkt berechnen, zu dem zum ersten Mal nach t = 0 der Augenblicks­ wert der Spannung 32 V beträgt.


        Zunächst lösen wir die Gl. (3.19) nach dem Argument auf und berechnen dieses im Bo­ genmaß:



        Nun berechnen wir den Nullphasenwinkel im Bogenmaß und die Kreisfrequenz:


        Bild 3.18 Nullphasige Schwingung (gestrichelt) und hierzu voreilende Schwingung (a) sowie hierzu nach­ eilende Schwingung (b)


        Sind zwei gleichfrequente Sinusgrößen gegen­ einander phasenverschoben, so bezeichnet man die Differenz 1 2 der Nullphasenwinkel als Phasenverschiebungswinkel (phase difference)

        12 der Größe 1 gegen die Größe 2:

        12 = 1 2 (3.27)

        Eine derartige Differenz der Nullphasenwinkel kann auch von zwei Größen gebildet werden, die unterschiedliche Einheiten besitzen.

        Wir setzen dies in die Gleichung für das Argument ein und erhalten damit den gesuch­ ten Zeitpunkt:


      2. Mittelwerte


        Zur Berechnung des Gleichwerts setzen wir die Sinusgröße in die Gl. (3.6) ein:


        (3.28)

        Das Ergebnis ist unabhängig von der Amplitude, von der Frequenz und vom Nullphasenwinkel; es gilt für jede Sinusgröße:


        Der Gleichwert einer Sinusschwingung ist stets gleich null.


        Das Bild 3.17 zeigt uns anschaulich den Grund für dieses Ergebnis: Die Flächen zwischen dem Graph und der Zeitachse sind über und unter der Zeitachse wegen der Symmetrie der Sinusschwin­ gung gleich groß; ihre Differenz ergibt daher null. Ein Sinusstrom verschiebt Ladungen hin und her und im Mittel findet kein Ladungstransport statt.


        Der Effektivwert einer Sinusgröße hängt weder von der Frequenz noch vom Nullphasenwinkel

        Wegen der Symmetrie der Sinusgröße lässt sich die gesamte Fläche zwischen dem Graph und der Zeitachse in vier gleiche Teilflächen aufteilen. Wir setzen an:


        Die Integration ergibt den Gleichrichtwert:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (3.31)


        Hiermit berechnen wir den Formfaktor der Sinus­ spannung:

        ab. Zu seiner Berechnung setzen wir zweckmäßig    

        u = 0 und berechnen mit der Gl. (3.16):

        (3.32)



        Für Sinusspannungen und ­ströme gilt:


        (3.29)


        (3.30)

        Entsprechendes gilt für einen Sinusstrom.


        Beispiel 3.5

        Im Niederspannungs­Versorgungsnetz ist der Effektivwert der Spannung 230 V. Wir wollen die Amplitude und den Gleichrichtwert dieser Spannung berechnen.


        Mit der Gl. (3.30) erhalten wir:


        Der Effektivwert einer Sinusgröße ist um den Faktor 1/ kleiner als ihr Scheitelwert.


        Der Gleichrichtwert einer Sinusgröße hängt nicht vom Nullphasenwinkel ab. Zu seiner Berechnung entsprechend Gl. (3.18) setzen wir zweckmäßig

        u = 0.


        Bild 3.19 Zur Berechnung des Gleichrichtwertes einer Sinusspannung


        Den Gleichrichtwert berechnen wir mit der Gl. (3.32):


        Praxisbezug 3.4

        Bei sehr einfachen Messgeräten mit analoger An­ zeige wird der Gleichrichtwert auf einer Skale angezeigt, welche die Ablesung des Effektivwerts ermöglicht; derartige Geräte haben unterschiedli­ che Skalen für Gleich­ und Sinusgrößen.

        In einfachen Messgeräten wird an Stelle des Effektivwertes lediglich der Gleichrichtwert der Sinusgröße gemessen. Weicht die Kurvenform der Messgröße vom Sinusverlauf ab, so ergibt sich dabei eine Messabweichung.

        In Messgeräten mit digitaler Anzeige wird der Gleichrichtwert mit dem Faktor 1,111 multipli­ ziert; bei der Schaltung 3.15 kann dies z. B. da­ durch geschehen, dass R2 = 2,222 R1 gewählt wird. Die Anzeige stimmt dabei mit dem Effektivwert der Sinusgröße überein.


        Fragen

        • Wie lautet die Gleichung für den Augenblickswert einer Sinusspannung?

        • Wie wird der Scheitelwert einer Sinusgröße ge­

          nannt?

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        • Geben Sie den Zusammenhang zwischen der Fre­ quenz und der Kreisfrequenz an.

        • Erläutern Sie die Begriffe Phasenwinkel und Null­

          phasenwinkel.

        • Was versteht man unter einer nullphasigen Schwin­ gung?

        • Skizzieren Sie eine Schwingung, die einer nullphasi­

          gen Schwingung voreilt.

        • In welchem Bereich kann der Nullphasenwinkel ei­ ner Schwingung liegen, die der nullphasigen Schwin­ gung nacheilt?

        • Durch welche Größen wird eine Sinusschwingung

          beschrieben?

        • Wie groß ist der Gleichwert einer Sinusschwin­ gung?

        • Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem

          Scheitelwert und dem Effektivwert einer Sinusspan­ nung?

        • Welchen Wert hat der Formfaktor einer Sinusgröße?

        • Wie lautet der Zusammenhang zwischen dem Gleichrichtwert und der Amplitude einer Sinusspan­ nung?


        Aufgaben

        3.6(1) Die Frequenz einer Sinusspannung ist 400 Hz. Berechnen Sie die Kreisfrequenz und die Periodendauer.

        3.7(1) Der Scheitelwert einer Wechselspannung wird zu 1000 V, der Gleichrichtwert zu 580 V ge­ messen. Kann es sich dabei um eine Sinusspannung handeln?

        3.8(2) Eine Sinusspannung mit der Frequenz 50 Hz und dem Effektivwert 15 V hat zum Zeit­ punkt t1 = 1,2 ms den Augenblickswert 6,8 V. Berechnen Sie den Nullphasenwinkel und die Nullphasenzeit (2 Lösungen). Wie lautet die Glei­ chung für den Zeitverlauf einer Sinusspannung, die der Spannung mit u > 0 um 90° nacheilt?

        3.9(2) Eine Einpuls­Gleichrichterschaltung mit ei­ ner idealen Diode wird von einer Sinusspannung mit der Amplitude 60 V gespeist; sie wird mit einem Ohmschen Widerstand R = 12 belastet. Berechnen Sie den Gleichwert und den Effektiv­ wert des Stromes.


      3. Überlagerung von Sinusgrößen


        Die Summen­ oder Differenzbildung von mehre­ ren zeitabhängigen Größen bezeichnet man als Überlagerung. Sie ist von großer praktischer Bedeutung; so müssen z. B. bei der Berechnung von Schaltungen mit dem Knoten­ und dem Ma­ schensatz Summen oder Differenzen von zeitab­ hängigen Größen gebildet werden.


        Wir wollen im Folgenden die Addition


        u = u1 + u2 (3.33)

        von zwei Sinusspannungen untersuchen:

        u1 = û1 · cos (1 t + u1) (3.34)

        u2 = û2 · cos (2 t + u2) (3.35)

        Sinusgrößen gleicher Frequenz

        Wir beginnen mit dem einfachsten Fall, bei dem die Frequenzen und damit auch die Kreisfre­ quenzen der beiden Spannungen gleich sind:


        1 = 2 = (3.36)

        Bei gleichen Nullphasenwinkeln


        u1 = u2 = u (3.37)


        haben die Spannungen u1 und u2 gleiche Phasen­ winkel. Die Summe der Spannungen ist:


        u = (û1 + û2) · cos ( t + u) (3.38)

        Nun untersuchen wir den Fall, bei dem die Span­ nungen gegeneinander phasenverschoben sind und deshalb u1 u2 ist. Die Differenz der Nullphasenwinkel ist der Phasenverschiebungs­ winkel der Spannung u1 gegen die Spannung u2:

        12 = u1 u2 (3.39)

        Zur Berechnung der Spannung

        u = û1 · cos ( t + u1) + û2 · cos ( t + u2) formen wir die cos­Funktionen mit der Gl. (A1.8),


        Allgemein gilt:


        (3.47)

        die im Anhang A1 steht, um:

        u = û1 [cos u1 · cos t – sin u1 · sin t]

        + û2 [cos u2 · cos t – sin u2 · sin t]

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Nun klammern wir die Zeitfunktionen cos t und sin t aus. Dabei verwenden wir die Abkürzun­ gen:

        ux = û1 · cos u1 + û2 · cos u2 (3.40)

        uy = û1 · sin u1 + û2 · sin u2 (3.41) Wir erhalten:

        u = ux · cos t uy · sin t (3.42)

        Dieses Ergebnis ist uns noch zu unübersichtlich; wir wollen es in die übliche Form bringen:

        u = û cos( t + u) (s. Gl. 3.19)

        Zur Berechnung von û und u formen wir mit der Gl. (A1.8) um:

        u = û · cos u · cos t û · sin u · sin t (3.43)

        Durch einen Koeffizientenvergleich mit der Gl. (3.42) erhalten wir:

        û · cos u = ux (3.44)

        û · sin u = uy (3.45)

        Mit dem Quotienten der beiden Gleichungen

        Die Überlagerung von Sinusgrößen gleicher Frequenz ergibt stets eine Sinusgröße dersel­ ben Frequenz.


        Beispiel 3.6

        Zwei Quellen mit sinusförmigen Quellen­ spannungen gleicher Frequenz sind in Rei­ he geschaltet.

        ûq1 = 25 V ; u1 = 75° ; f1 = 50 Hz

        ûq2 = 15 V ; u2 = 12° ; f2 = 50 Hz

        Wir wollen die Amplitude und den Nullpha­ senwinkel der Klemmenspannung u berech­ nen und die Liniendiagramme sämtlicher Spannungen zeichnen.


        Bild 3.20 Reihenschaltung von zwei Quellen mit sinusförmiger Quellenspannung


        Zunächst berechnen wir mit den Gln. (3.40 und 3.41) die Hilfsgrößen ux und uy:

        ux = 21,14 V ; uy = 27,27 V

        Die Amplitude der Klemmenspannung be­ rechnen wir mit der Gl. (3.47):


        berechnen wir den Nullphasenwinkel:



        (3.46)

        Mit der Gl. (3.46) erhalten wir den Nullphasen­ winkel:


        Mit den Gln. (3.44 und 3.45) berechnen wir die Amplitude der gesuchten Spannung:

        Das Liniendiagramm der Klemmenspannung

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        u ist im Bild 3.21 gestrichelt eingetragen.


        Wir bestimmen das Liniendiagramm der Klemmenspannung u, indem wir uq1 und uq2 punktweise addieren. Da sich die Perioden der beiden Quellenspannungen wie 2 : 1 verhalten, hat die Klemmenspannung u die Periode T = T1.


        Bild 3.21 Liniendiagramme der Spannungen


        Sinusgrößen unterschiedlicher Frequenz

        Zur Berechnung der Spannung u setzen wir die Gln. (3.34 und 3.35) in die Gl. (3.33) ein:


        u = û1 · cos (1t + u1) + û2 · cos ( 2t + u2) (3.48)

        Für 1 2 kann diese Gleichung nicht weiter vereinfacht werden. Die Spannung u ist zwar periodisch, aber im Allgemeinen keine Sinus­ schwingung.

        Anhand der Liniendiagramme der beiden Spannungen können wir die Gl. (3.48) grafisch lösen, indem wir für jeden Zeitpunkt die Summe von u1 und u2 bilden.

        Für T1 > T2 ist die Periode der Summenschwin­ gung T T1. Der Sonderfall T = T1 ergibt sich dann, wenn T1 ein ganzzahliges Vielfaches von T2

        ist (s. Abschn. 9.1.1).


        Beispiel 3.7

        Die Quellenspannungen der Schaltung

        3.20 sind durch ihr Liniendiagramm gege­


        Ist die Differenz der Frequenzen f1 und f2 klein, so entsteht bei der Überlagerung eine Schwingung, deren Amplitude sich periodisch ändert; man spricht dabei von einer Schwebung (beat).

        Wir wollen die Schwebung für den Sonderfall glei­ cher Amplituden û1 und û2 der Teilschwingungen untersuchen. Dazu formen wir die Gl. (3.48) mit der Gl. (A1.12) um und verwenden dabei die Abkürzungen:


        (3.49)

        ben. Wir wollen das Liniendiagramm der   Klemmenspannung ermitteln.

        (3.50)


        Das Ergebnis lautet:


        (3.51)


        (3.52)


        (3.53)

      4. Zeigerdarstellung


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die im letzten Abschnitt beschriebene rech­ nerische Behandlung der Überlagerung ist für den praktischen Gebrauch zu umständlich und unübersichtlich. Eine Vereinfachung ergibt sich, wenn jede Sinusschwingung nicht durch ihr Liniendiagramm, sondern durch einen Zeiger (phasor) dargestellt wird, dessen Länge gleich der Amplitude ist und der zum Zeitpunkt t = 0 mit der Bezugsachse den Nullphasenwinkel einschließt.

        Die Spannung u ist somit eine Schwingung mit der Kreisfrequenz , deren Amplitude sich mit

        ändert. Das Bild 3.22 zeigt als Beispiel eine Schwebung für f1 = 1,05 f2.


        Wir lassen den Zeiger mit der Winkelgeschwin­ digkeit rotieren, die gleich der Kreisfrequenz der Sinusschwingung ist. Den Augenblickswert der Sinusschwingung zu einem beliebigen Zeit­ punkt erhalten wir durch Projektion des Zeigers auf die Bezugsachse.


        Bild 3.22 Schwebung als Überlagerung der Sinus­ spannungen û1 = û2 ; f1 = 1,05 f2 ; u1 = u2 = 0


        Praxisbezug 3.5

        In modernen Erdbebenwarten zeichnen hoch­ empfindliche Geräte geringste Bewegungen der Erdkruste auf. So wird z. B. von Erdbebenwarten in Bayern die Brandung des Atlantiks und der Nordsee registriert. Außer weiteren Störungen (z. B. durch den Straßenverkehr) wird von den deutschen Erdbebenwarten ein schwaches Dauer­ beben mit einer Frequenz von etwa 50 Hz festge­ stellt, dessen Intensität mit einer Frequenz von etwa 0,1 Hz schwankt.

        Als Verursacher werden Generatoren und Elek­ tromotoren angenommen, die infolge von Un­ wuchten periodische Stöße auf die Erdkruste übertragen. Die Schwebung entsteht durch ge­ ringfügig voneinander abweichende Drehzahlen der Asynchronmotoren (s. Kap. 6).


        Bild 3.23 Konstruktion des Liniendiagrammes einer Sinusschwingung mithilfe eines rotierenden Zeigers

        Das Bild 3.23 zeigt am Beispiel einer Sinusspan­ nung, wie der Augenblickswert zu den Zeitpunk­ ten t = 0 und t = t1 mit dem Zeiger konstruiert werden kann; dabei ist u1 = û · cos ( t1 + u).

        Wir kennzeichnen im Folgenden einen Zeiger durch Unterstreichen; so ist z. B. û der Amplitu­ denzeiger einer Spannung.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Da der Zeiger einer Sinusgröße im mathematisch positiven Sinn (also entgegen dem Uhrzeigersinn) mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit ro­ tiert, genügt es, ihn zum Zeitpunkt t = 0 zu zeich­ nen. Die übrigen Zeigerstellungen zu anderen Zeitpunkten lassen sich problemlos ermitteln.


        Werden zwei gleichfrequente Sinusgrößen durch ihre Zeiger dargestellt, so schließen diese den Phasenverschiebungswinkel ein. Bei der Rota­ tion bleibt die Stellung der Zeiger zueinander er­ halten. Es genügt daher auch für die Darstellung mehrerer gleichfrequenter Sinusgrößen, die Zeiger für den Zeitpunkt t = 0 zu zeichnen.


        Wenn bei der Zeigerdarstellung die Bezugsachse nicht eingezeichnet wird, dann kann der Nullpha­ senwinkel einer Sinusgröße aus der Darstellung nicht entnommen werden. Dies ist z. B. dann nicht erforderlich, wenn es nur auf die Phasenverschie­ bungswinkel der Sinusgrößen ankommt.


        Wir wollen nun die Überlagerung u = u1 + u2 von zwei Sinusspannungen gleicher Frequenz mithilfe der Zeigerdarstellung durchführen.


        Bild 3.24 Ermittlung des Zeigers der Summenspan­ nung u = u1 + u2

        Die Spannung ux nach Gl. (3.40) ist die Summe der Projektionen der Zeiger û1 und û2 auf die Bezugs­ achse. Die Spannung uy steht senkrecht auf ux.

        Die Spannung ist die geometrische Summe der Zeiger. Wir erhalten also den Zeiger einer Summe u = u1 + u2 von Spannungen, indem wir die Zeiger û1 und û2 der Einzelspannungen an­ einander auftragen. Der Zeiger  û2 wird dabei aus seiner ursprünglichen Lage so parallelverschoben, dass sein Ende an der Spitze von û1 liegt.


        Bei einer Differenz von zwei Sinusgrößen wird der zu subtrahierende Zeiger in Gegenrichtung ange­ tragen (Bild 3.25), denn die Vorzeichenumkehr bei einer Sinusgröße entspricht einer 180°­Drehung des Zeigers.


        Bild 3.25 Ermittlung des Zeigers der Differenzspan­ nung u = u1 u2

        Da man in der Elektrotechnik meist mit Effek- tivwerten von Sinusspannungen oder ­strömen arbeitet, verwendet man vielfach Zeiger, deren Länge dem Effektivwert entspricht; sie werden als Effektivwertzeiger bezeichnet. Bei einer Über­ lagerung erhält man wieder Effektivwertzeiger.

        Das beschriebene Verfahren der Überlagerung lässt sich auch für beliebig viele Zeiger durchfüh­ ren. Das dabei entstehende Zeigervieleck wird als Zeigerdiagramm bezeichnet.


        Beispiel 3.8

        Wir wollen die Klemmenspannung der Schal­ tung 3.20 mithilfe der Effektivwertzeiger ermitteln.

        Zunächst berechnen wir die Effektivwerte der Quellenspannungen:


        Wir wählen einen geeigneten Maßstab und tragen die Zeiger mit den Nullphasenwinkeln

        u1 = 75°; u2 = 12° auf. Je nach Genauigkeit

        der Zeichnung ist das Ergebnis U = 24,4 V;

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        u = 52,2° mehr oder weniger gut ablesbar.


        Bild 3.26 Addition der Spulenspannungen U1 . . . U4 zur Strangspannung Ustr bei einem zweipoligen Dreh­ strom­Generator mit 24 Ständernuten



        Praxisbezug 3.6

        Die Wicklungen von Wechselstrom­ und Dreh­ strom­Generatoren bestehen aus einzelnen Spulen Sp; sie sind in Nuten N untergebracht, die gleich­ mäßig am Umfang der Maschine verteilt sind. Da das vom rotierenden Polrad erzeugte magnetische Drehfeld (s. Kap. 6) die einzelnen Spulen zu un­ terschiedlichen Zeiten mit seinem Maximalwert durchsetzt, sind die in den Spulen induzierten Spannungen gegeneinander phasenverschoben. Die Spannungen der in Reihe geschalteten Spulen eines Generators müssen daher geometrisch ad­ diert werden.

        Das Bild 3.26 zeigt die geometrische Addition mithilfe der Zeiger am Beispiel eines Drehstrom- Generators mit 24 Nuten ; dabei wird ein Drittel der Spulen zu einem Strang zusammengefasst. Die Strangspannung beträgt in diesem Fall das 3,8-fache einer Spulenspannung.

        Die Phasenverschiebung der Spulenspannungen wirkt sich bei Einphasen-Wechselstrom-Generato- ren besonders ungünstig aus. Bei ihnen bleibt ein Drittel des Umfangs unbewickelt. Im Bild 3.27 werden die Spannungen von 8 Spulen addiert, wo­ bei U das 6,6-fache einer Spulenspannung beträgt.

        Würde man bei einem Einphasen­Wechselstrom­ Generator den gesamten Umfang mit Nuten ver­ sehen und bewickeln, so stiege das Kupfergewicht verhältnismäßig mehr als die dadurch bewirkte Erhöhung der erzeugten Spannung.

        In unserem Beispiel ergäbe die Summe von

        12 Spulenspannungen nur das 7,7fache einer Spulenspannung. Dies zeigt deutlich, dass sich der Mehraufwand nicht lohnt.


        Bild 3.27 Addition der Spulenspannungen U1 ... U8 zur Gesamtspannung U bei einem zweipoligen Einphasen­ Wechselstrom­Generator mit 24 Ständernuten

      5. Komplexe Symbole


        Die Überlagerung von Sinusgrößen mithilfe eines Zeigerdiagramms ist zwar übersichtlich, bleibt aber im Rahmen der Zeichengenauigkeit. Dieser Nachteil lässt sich vermeiden, wenn man jeden Zeiger durch einen mathematischen Ausdruck beschreibt, um damit rechnen zu können.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Hierzu braucht nur der Endpunkt des Zeigers festgelegt zu werden, was mithilfe der komplexen Zahlen möglich ist. Die Darstellungsebene eines rotierenden Zeigers wird dabei so in die komplexe Zahlenebene übertragen, dass die Bezugsachse mit der reellen Achse übereinstimmt.

        Da die komplexe Zahl den Zeiger symbolisiert, nennt man diese Darstellung das komplexe Symbol.

        Wir wollen den Zusammenhang zwischen dem ro­ tierenden Zeiger und seinem komplexen Symbol am Beispiel einer Spannung erläutern. Zum Zeit­ punkt t = 0 ist û · cos u der Realteil des komple­ xen Zeigers und û · sinu der Imaginärteil.


        Bild 3.28 Zuordnung von Zeiger und komplexem Symbol


        Wir berücksichtigen nun, dass sich der Zeiger mit der konstanten Winkelgeschwindigkeit dreht. Die Spannung in der komplexen Ebene ist:

        hängige Spannung u(t) = û · cos ( t + u ) kann daraus durch Realteilbildung ermittelt werden:

        u(t) = Re {u(t)} = û · cos( t + u) (3.55)

        Wie bei den Zeigern verzichtet man auch bei den komplexen Symbolen im Allgemeinen auf die Beschreibung der Zeitabhängigkeit und gibt das Symbol für den Zeitpunkt t = 0 an; die Frequenz wird zusätzlich genannt.


        In der Elektrotechnik wird sowohl das komple­ xe Amplitudensymbol als auch das komplexe Effektivwertsymbol mit dem Versorzeichen geschrieben. Für eine komplexe Spannung gilt:


        (3.56)


        (3.57)


        Die Schreibweise (sprich: U Versor u) ist vorteilhaft, weil dabei der Winkel in normaler Schrifthöhe erscheint. Die Schreibweise mit der e­ Funktion wird nur in Ausnahmefällen verwendet.


        Die Darstellung einer komplexen Größe in Polarkoordinaten bezeichnen wir als P-Form. Die Multiplikation und die Division komplexer Größen werden z. B. zweckmäßig in der P­Form durchge­ führt. Für Addition und Subtraktion ist dagegen die Darstellung in rechtwinkligen Koordinaten, die wir als R-Form bezeichnen, besser geeignet. So lautet z. B. die R­Form der in der Gl. (3.57) be­ schriebenen komplexen Spannung:


        U = U cos u + j U sin u (3.58)


        In Taschenrechnern können sämtliche Rechen­ operationen sowohl in der P­Form als auch in der

        u(t) = û · cos( t + u

        ) + j û · sin( t + u)

        R­Form durchgeführt werden.

        Auch für die Koordinatenumwandlung einer

        Mit der Eulerschen Gleichung ej = cos + j sin kann man dies vereinfacht schreiben:

        u(t) = û · ej( t + u) (3.54)

        Man bezeichnet diesen Ausdruck als vollständi- ges komplexes Spannungssymbol. Die zeitab­

        komplexen Größe, deren Zahlenwerte gegeben sind, gibt es in Taschenrechnern Programme, die durch Tastendruck aufgerufen werden kön­ nen (R P; P R). Wird die komplexe Größe durch Variablen beschrieben, so lässt sich eine Koordinatenumwandlung mit den im Anhang A2 genannten Gleichungen durchführen.

        Beispiel 3.9

        Wir wollen die Klemmenspannung der Schal­ tung 3.20 mithilfe der komplexen Symbole berechnen und in die P­Form bringen.

        Die Effektivwerte der Quellenspannungen haben wir bereits im Beispiel 3.8 berechnet. Wir bringen zunächst die Quellenspannungen in die R­Form:


        Nun addieren wir sowohl die Realteile als auch die Imaginärteile:


        In der P­Form kann man den Effektivwert und den Nullphasenwinkel ablesen:

        Fragen

        • Welche Schwingung entsteht bei der Addition von zwei Sinusschwingungen gleicher Frequenz?

        • Was versteht man unter dem Begriff Überlagerung?

        • Erläutern Sie das Zustandekommen einer Schwe­ bung.

        • Beschreiben Sie die Konstruktion des Liniendia­

          gramms einer Sinusschwingung mithilfe eines ro­ tierenden Zeigers.

        • Wie lautet das vollständige komplexe Stromsymbol?

        • Worin besteht der Unterschied zwischen dem voll­ ständigen komplexen Symbol einer Spannung und der komplexen Spannung?

        • Welche Kenngrößen einer Sinusschwingung werden

          im komplexen Symbol verwendet?

        • Unter welcher Voraussetzung kann die Addition von Sinusschwingungen auf die Addition der komplexen Symbole zurückgeführt werden?


        Aufgaben

        3.10(1) An einem Knoten sind die Ströme I1 und

        I2 bekannt:

        I1 = 5,0 A ; i1 = 0

        I2 = 4,2 A ; i2 = 120°

        Berechnen Sie jeweils den Strom  I3.


        3.11(1) Drei Quellen mit sinusförmigen Quellen­ spannungen gleicher Frequenz sind in Reihe ge­ schaltet. Die Klemmenspannung hat den Effek­ tivwert 10 V und den Nullphasenwinkel 15°. Be­ stimmen Sie die Kenngrößen der dritten Quelle.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Es ist nicht erforderlich, das Ergebnis einer Rechnung mit komplexen Symbolen in den

        Uq1

        = 30 V ; u1

        = 30°

        Zeitbereich, also z. B. in die Form der Gl. (3.19) zu­ rückzutransformieren. Die wesentlichen Größen einer Sinusspannung, nämlich der Effektivwert und der Nullphasenwinkel, sind in der P­Form des komplexen Symbols enthalten.

        Man rechnet also bei einer Überlagerung mit den komplexen Symbolen und bezeichnet dieses Vorgehen als symbolische Methode.

        Uq2 = 45 V ; u2 = 60°

  3. Netze mit Sinusquellen konstan- ter Frequenz

    1. Komplexer Widerstand und Leitwert


      Ziele: Sie können

      • die Definitionsgleichungen für den komplexen Wi- derstand und für den komplexen Leitwert angeben.

      • die Komponenten des komplexen Widerstandes bzw.


      (4.2)


      Ein solcher in der komplexen Ebene ruhender Zeiger wird als komplexer Koeffizient oder als Operator bezeichnet. In der Versorschreibweise lautet die Gl. (4.2):

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      des komplexen Leitwertes der Grundeintore in der   P-Form und in der R-Form nennen und erläutern.

      (4.3)


      Bei jedem Grundeintor wird der Zusammenhang zwischen der Spannung und dem Strom entwe- der durch eine lineare algebraische Gleichung oder durch eine lineare Differenzialgleichung

      1. Ordnung beschrieben. Deshalb fließt durch jedes Grundeintor ein Sinusstrom, wenn es an Sinusspannung liegt; diese beiden Größen haben bei einem Grundeintor gleiche Frequenz.


      Der Nullphasenwinkel u der Sinusspannung kann mit dem Nullphasenwinkel i des Sinus- stromes übereinstimmen oder von ihm abwei- chen. Sind die Nullphasenwinkel unterschiedlich, so liegt eine Phasenverschiebung der Spannung gegen den Strom vor.


      Man beschreibt die Wirkung des Grundeintors mit dem Quotienten aus der Sinusspannung U an den Klemmen und dem Sinusstrom  I , der durch das Grundeintor fließt. Dieser Quotient wird als komplexer Widerstand Z oder nach DIN 40110 als Impedanz (impedance) bezeichnet:

      Der Betrag Z des komplexen Widerstandes wird

      Scheinwiderstand genannt:


      (4.4)


      Der Winkel Z des komplexen Widerstandes ist gleich der Differenz der Nullphasenwinkel von Spannung und Strom:


      (4.5)


      Dieser Phasenverschiebungswinkel der Span- nung gegen den Strom hat in der Elektrotechnik große Bedeutung. In der Praxis wird meist nur kurz vom Phasenverschiebungswinkel gespro- chen. Das Bild 4.1 zeigt das Schaltzeichen des komplexen Widerstandes.


      (4.1)


      Ein komplexer Widerstand kann auch für eine

      Bild 4.1 Schaltzeichen des komplexen Widerstandes mit Bezugspfeilen für die Spannung und den Strom

      Die Gleichung für den komplexen Widerstand lau- tet in der P-Form und in der R-Form:

      beliebige Schaltung zwischen zwei Klemmen angegeben werden, wenn sie linear ist, also aus Grundeintoren und linearen Zweitoren besteht, und wenn sie keine unabhängigen Quellen enthält. Der komplexe Widerstand eines solchen Eintors hat stets einen konstanten, von der Zeit t unab- hängigen Wert. Um dies zu zeigen, setzen wir die vollständigen komplexen Symbole in die Gl. (4.1) ein:


      (4.6)


      Der Realteil R des komplexen Widerstandes wird Wirkwiderstand oder Resistanz (resistance) und der Imaginärteil X wird Blindwiderstand oder Reaktanz (reactance) genannt. Für die Komponenten der P-Form und der R-Form gilt:

      4.1 Komplexer Widerstand und Leitwert 95


      (4.7)


      Der Kehrwert des komplexen Widerstandes ist der komplexe Leitwert Y , der nach DIN 40110 auch als Admittanz (admittance) bezeichnet wird:


      (4.8)


      Beispiel 4.1

      An einem linearen Eintor, das keine unabhän- gige Quelle enthält, liegt eine Sinusspannung mit dem Effektivwert U = 230 V. Dabei fließt der Strom I = 4,2 A, welcher der Spannung um 20° voreilt. Wir wollen den komplexen Widerstand und den komplexen Leitwert be- rechnen.

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Für die Spannung wählen wir zweckmäßig den Nullphasenwinkel u = 0:


      Der Betrag Y des komplexen Leitwertes wird

      Scheinleitwert genannt:


      (4.9)


      Den komplexen Widerstand



      Der Winkel Y des komplexen Leitwertes ist gleich dem negativen Phasenverschiebungswinkel der Spannung gegen den Strom.


      Die Gleichung des komplexen Leitwertes lautet in der P-Form und in der R-Form:


      (4.10)


      Der Realteil G des komplexen Leitwertes wird Wirkleitwert oder Konduktanz (conductance) und sein Imaginärteil B wird Blindleitwert oder Suszeptanz (susceptance) genannt.


      Ebenso wie der komplexe Widerstand Z ist auch der komplexe Leitwert Y zeitlich konstant, also ein komplexer Operator; bei konstanter Frequenz hat er einen konstanten Wert.


      Zwischen den Komponenten der P-Form und der R-Form bestehen für den komplexen Leitwert die Beziehungen:


      (4.11)


      Während Wirkwiderstand und Wirkleitwert stets positiv sind, können Blindwiderstand und Blind- leitwert positive oder negative Werte haben.


      wandeln wir mit der Gl. (4.6) in die R-Form um:

      Z = R + j X = 51,5 j 18,7

      Der Phasenverschiebungswinkel = 20° der Spannung gegen den Strom ist auch der Winkel des komplexen Widerstandes. Der Wirkwiderstand ist R = 51,5 , der Blindwi- derstand X = 18,7 und der Scheinwider- stand Z = 54,8 .

      Nun bringen wir noch den komplexen Leitwert


      in die R-Form:

      Y = G + j B = 17,16 mS + j 6,25 mS

      Der Wirkleitwert ist G = 17,16 mS, der Blindleitwert B = 6,25 mS und der Schein- leitwert Y = 18,26 mS.


      Fragen

      • Wie sind der komplexe Widerstand und der komple- xe Leitwert definiert?

      • Was versteht man unter dem Scheinwiderstand?

      • Geben Sie allgemein den komplexen Widerstand und den komplexen Leitwert in der R-Form an und benennen Sie die Komponenten.

      • Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Pha-

      senverschiebungswinkel und dem Winkel des kom- plexen Widerstandes bzw. Leitwerts?

    2. Leistung


      Ziele: Sie können

      • skizzieren, wie die Leistungsschwingung aus der Strom- und der Spannungsschwingung entsteht.

      • die Begriffe Schein-, Wirk- und Blindleistung erläu-

        tern.

      • die Definitionen für die Begriffe Leistungsfaktor, Blindfaktor, Wirkarbeit und Blindarbeit angeben.

      • zeigen, wie die komplexe Leistung berechnet wird.

      • die Bedeutung des Real- und des Imaginärteils der komplexen Leistung erläutern.


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      1. Leistungsschwingung


        Wir wollen die Leistung P(t) = u i am Tor einer linearen Schaltung untersuchen, die an Sinus- spannung betrieben wird. Die Elemente der line- aren Schaltung können Grundeintore, lineare Zweitore und ideale Sinusquellen sein.


        Da für die Leistung die Lage des Zeitpunktes t = 0 nicht von Bedeutung ist, wählen wir ihn zweckmäßig so, dass i = 0 ist. Damit erreichen wir, dass der Phasenverschiebungswinkel gleich dem Nullphasenwinkel der Spannung ist und die Gleichung = u gilt. In den Gleichungen für Spannung, Strom und Leistung erscheinen hier- durch nicht die Nullphasenwinkel von Spannung und Strom, sondern nur der Phasenverschiebungs- winkel :


        (4.12)


        Der Augenblickswert der Leistung ist:

        (4.13)


        Dies formen wir mit der Gl. (A1.16) um:

        (4.14)


        Scheinleistung

        Der erste Term der Gl. (4.14) beschreibt eine Schwingung mit der doppelten Frequenz des Stromes bzw. der Spannung (Bild 4.2); sie ist der Wechselanteil der Leistung:

        (4.15)


        Bild 4.2 Leistung P(t) eines linearen Eintors ET


        Die Amplitude der Leistungsschwingung P(t) wird als Scheinleistung (apparent power) S bezeich- net:


        (4.16)


        Die Scheinleistung ist das Produkt der Effek- tivwerte von Strom und Spannung und deswe- gen stets positiv.


        Um Verwechslungen mit der Wirkleistung, deren Einheit 1 W ist, zu vermeiden, wird die Einheit der Scheinleistung Voltampere genannt:


        [S ] = 1 VA (4.17)

        Die Scheinleistung ist eine in der Technik wich- tige Größe; so wird z. B. die Bemessungsleistung von Transformatoren stets in VA angegeben.


        Bei einem Eintor, das keine unabhängige Quelle enthält, lässt sich die Scheinleistung gemäß den Gln.(4.4) bzw. (4.8) mit dem Scheinwiderstand Z bzw. mit dem Scheinleitwert Y darstellen:


        (4.18)

        Praxisbezug 4.1

        Die Leistungsschwingung eines an Sinusspannung betriebenen Einphasenmotors ist vor allem bei den hohen Leistungen von Lokomotiven störend. Bei den Lokomotiven der Deutschen Bahn werden deshalb bevorzugt Drehstrommotoren eingesetzt,


        (4.22)


        Das Produkt aus Wirkleistung P und Zeit t wird als Wirkarbeit W bezeichnet:

        da sie keine Leistungsschwingung aufweisen und damit ihr Drehmoment zeitlich konstant ist.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Da an den Generatoren für das deutsche Einphasen-Bahnnetz, dessen Frequenz aus historischen Gründen 16,7 Hz beträgt, eine Leistungsschwingung entsteht, müssen diese auf einer federnden Unterlage aufgestellt werden, z. B. auf einer Platte, die mit Schraubenfederpaketen auf dem Fundament befestigt ist.


        Wirkleistung

        Der zweite Term der Gl. (4.14) beschreibt eine zeit- lich konstante Leistung; sie ist der arithmetische Mittelwert der Leistungsschwingung P(t), also die Wirkleistung P:


        (4.19)


        Im Gegensatz zur stets positiven Scheinleistung kann die Wirkleistung ein positives oder negatives Vorzeichen haben:

        • Liegt der Winkel im Bereich 90° < < 90°, so ist cos > 0 und damit P > 0, wobei das

          Eintor im Mittel elektrische Energie aufnimmt

          und ein Verbraucher ist.

        • Liegt der Winkel im Bereich 180° < < 90° oder im Bereich 90° < 180°, so ist wegen cos < 0 auch P < 0, wobei das Eintor im Mittel elektrische Energie abgibt und ein Erzeuger ist.


        Bei einem Eintor, das keine unabhängige Quelle enthält, kann man die Wirkleistung mit dem Wirkwiderstand R bzw. mit dem Wirkleitwert G berechnen:

        P = Z I 2 cos = R I 2 (4.20)

        P = Y U 2 cos = G U 2 (4.21)


        Der Quotient aus der Wirkleistung P und der Scheinleistung S wird Leistungsfaktor (power factor) (griech. Buchstabe lambda) genannt:

        W = P t (4.23)


        Wirk- und Blindleistungsschwingung

        Die in der Gl. (4.14) beschriebene Leistung setzt sich aus dem Wechselanteil und dem Gleichanteil P zusammen:

        (4.24)


        Im Wechselanteil formen wir das Argument der Kosinusfunktion mit der Gl. (A1.8) um und erhal- ten mit P = U I cos und S = U I:

        P(t) = [P + P cos 2 t ] S sin · sin 2 t (4.25)

        Diese Gleichung beschreibt die Leistung als Sum- me zweier Schwingungen. Der Ausdruck in ecki- gen Klammern stellt eine Schwingung dar, die mit der Amplitude P um den Mittelwert P schwingt; sie wird Wirkleistungsschwingung genannt:

        P(t) = P + P cos 2 t (4.26)


        Bild 4.3 Zerlegung der Leistung P(t) in Wirkleistungs- schwingung (a) und Blindleistungsschwingung (b)

        Die Wirkleistungsschwingung eines Verbrauchers hat zu jedem Zeitpunkt einen Wert P(t) 0; an ei- nem Erzeuger hat sie zu jedem Zeitpunkt einen Wert P(t) 0.


        Den zweiten Teil der Gl. (4.25) bezeichnet man als Blindleistungsschwingung. Der Ausdruck S · sin wird Blindleistung (reactive power) Q genannt:


        (4.27)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Ihr Betrag ist die Amplitude der Blindleistungs- schwingung, deren arithmetischer Mittelwert null ist.

        Zur Unterscheidung der Blindleistung von den übrigen Leistungsgrößen verwendet man für sie die Einheit var; dies ist die Abkürzung von volt- ampere-reactive:


        [ Q ] = 1 var (4.28)


        Das Vorzeichen der Blindleistung hängt vom Pha- senverschiebungswinkel der Spannung gegen den Strom ab:

        • Wird bei einem Eintor, das keine Quelle enthält, die Energie im magnetischen Feld gespeichert, so ist Q > 0 und man spricht von einem induktiv wirkenden Verbraucher und von induktiver Blindleistung;

        • wird bei einem Eintor, das keine Quelle enthält, die Energie im elektrischen Feld gespeichert, so ist Q < 0 und man spricht von einem kapazitiv wirkenden Verbraucher und von kapazitiver Blindleistung.


          Bei einem Eintor, das keine unabhängige Quelle enthält, kann man die Blindleistung mit dem Blindwiderstand X bzw. mit dem Blindleitwert B berechnen:

          Q = Z I 2 sin = X I 2 (4.29)


          Q = Y U 2 sin = B U 2 (4.30)


          Auch bei der Blindleistung eines Eintors, das Sinusquellen enthält, verwendet man die Begriffe induktive bzw. kapazitive Blindleistung bei po-

          sitivem bzw. negativem Vorzeichen. Über die physikalische Wirkungsweise des Eintors wird hierdurch allerdings nichts ausgesagt.


          Das Produkt aus Blindleistung Q und Zeit t wird als Blindarbeit bezeichnet; der Quotient aus Q und der Scheinleistung S heißt Blindfaktor.


          Die Leistungsschwingung P(t) nach der Gl. (4.25) lässt sich nun mit der Wirkleistung und der Blind- leistung formulieren:


          P(t) = P [1 + cos 2 t ] Q · sin 2 t (4.31)


          Bei einem Verbraucher beschreibt die Wirkleis- tungsschwingung die Energie, die der Verbraucher dem übrigen Netz entnimmt und in nichtelektri- sche Energie umwandelt.

          Die Blindleistungsschwingung beschreibt die Energie, die der Verbraucher in einer Halbschwin- gung aus dem Netz aufnimmt und in der nächsten wieder an das Netz abgibt. Ein Verbraucher kann nur dann Blindleistung verursachen, wenn er Energiespeicher enthält.


          Bei einem Erzeuger beschreibt die Wirkleistungs- schwingung die elektrische Energie, die aus nicht- elektrischer Energie umgewandelt und in den Stromkreis eingespeist wird.

          Die Blindleistungsschwingung beschreibt die elektrische Energie, die der Erzeuger in einer Halbschwingung aufnimmt und in der nächsten wieder abgibt.

          Der Betrieb eines Verbrauchers mit cos = 1 ist besonders günstig, weil dabei stets nur Energie aufgenommen wird. Die Blindleistung ist i. Allg. unerwünscht, da sie einen Stromanteil bedingt, der in Leitungen und Erzeugern zusätzliche Verluste hervorruft. Bei Energieversorgungsnetzen veran- lasst man deshalb die Abnehmer, möglichst nur Wirkleistung zu beziehen.


          Beispiel 4.2

          Wir wollen die Leistungen für das im Beispiel

          4.1 beschriebene Eintor berechnen.


          Mit der Gl. (4.16) erhalten wir die Scheinleis- tung:

          S = U I = 230 V · 4,2 A = 966 VA

          Die Wirkleistung berechnen wir mit Gl. (4.19):

          P = S cos = 966 VA · cos(20°) = 908 W

          Die Blindleistung berechnen wir mit Gl. (4.27):

          Q = S sin = 966 VA · sin (20°) = 330 var

          Der Wert Q < 0 zeigt, dass das Eintor kapa- zitive Blindleistung verursacht, es wirkt also kapazitiv.


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          Praxisbezug 4.2

          Bei Abnehmern, die von Energieversorgern aus dem Niederspannungsnetz beliefert werden, z. B. bei Haushalten, wird die Wirkarbeit mit ei- nem „Zähler“ gemessen und dem Abnehmer in Rechnung gestellt.

          Die Messung der Blindarbeit wäre hier zu aufwen- dig. Sie wird nur bei aus dem Mittelspannungsnetz (s. Kap. 6) gespeisten Abnehmern vorgenommen,

          z. B. bei Industriebetrieben. Es müssen aber vom Abnehmer nur Kosten für die Blindarbeit übernommen werden, welche einen vereinbarten Prozentsatz der Wirkarbeit (z. B. 50 %) übersteigt. Ein schlechter Leistungsfaktor, der z. B. durch Motoren verursacht wird, kann durch parallel ge- schaltete Kondensatoren verbessert werden; dies wird Blindleistungskompensation genannt.


      2. Komplexe Leistung


        Für die Praxis ist die Beschreibung der Leistung durch trigonometrische Gleichungen zu umständ- lich. Man kann die Leistung bei Sinusspannung und -strom wesentlich übersichtlicher durch ein komplexes Symbol darstellen und sie so in die symbolische Methode einbeziehen.

        Hierfür gehen wir von dem in der Gl. (4.31) ent- haltenen Wechselanteil der Leistung aus:


        = P · cos 2 t Q · sin 2 t (4.32)


        Die Blindleistungsschwingung formen wir mit der Gl. (A1.3) um:


        (4.33)

        Die beiden Leistungsschwingungen können durch Zeiger dargestellt werden, die mit der Winkelge- schwindigkeit 2 rotieren; der Zeiger der Blind- leistungsschwingung ist um den Winkel / 2 ge- gen die Wirkleistungsschwingung verschoben.


        Wir lassen im Folgenden den Hinweis auf die Rotation der Zeiger weg und betrachten sie zu dem Zeitpunkt, bei dem der Wirkleistungszeiger mit der Bezugsachse zusammenfällt (Bild 4.4). Diese interpretieren wir als die reelle Achse einer komplexen Ebene.


        Nun kann P als Realteil und Q als Imaginärteil einer komplexen Größe S aufgefasst werden, die komplexe Leistung (complex power) genannt wird.


        Bild 4.4 Komplexe Leistung


        Die komplexe Leistung S darf nicht in einem ge- meinsamen Zeigerdiagramm mit dem Strom I und der Spannung U dargestellt werden, denn diese Zei- ger rotieren mit anderer Winkelgeschwindigkeit.


        Der Betrag der komplexen Leistung ist die Schein- leistung S und ihr Winkel ist der Phasenverschie- bungswinkel = u i:


        (4.34)


        Nach Bild 4.4 gilt:


        (4.35)


        Nun wollen wir zeigen, wie sich die komplexe Leistung mit der Spannung U = und dem Strom I = berechnen lässt. Da das Produkt U I für den Winkel die Summe u + i ergeben

        würde, verwendet man zweckmäßig den konju- giert komplexen Strom   und setzt an:


        (4.36)


        Wenn das Eintor keine unabhängige Quelle ent- hält, kann man die komplexe Leistung mit dem komplexen Widerstand Z berechnen:

        (4.37)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Ist der komplexe Leitwert gegeben, so gilt:

        (4.38)


        Beispiel 4.3

        Das Eintor aus dem Beispiel 4.1 wird an einer Sinusquelle betrieben. Wir wollen die kom- plexe Leistung der beiden Eintore berechnen.


        Mit der Gl. (4.37) berechnen wir die komplexe Leistung des Verbrauchers:


        Durch die Sinusquelle fließt der Strom:


        Damit berechnen wir die komplexe Leistung der Quelle:


        Die Wirkleistungen und die Blindleistungen unterscheiden sich bei Verbraucher und Quelle nur durch das Vorzeichen: Beim Verbraucher ist P > 0, bei der Quelle ist P < 0. Wegen Q < 0 wirkt der Verbraucher kapazitiv, während die Quelle wegen Q > 0 induktiv wirkt.

        Fragen

        • Wie wird die Leistung P(t) eines linearen Eintors an Sinusspannung in die Wirk- und Blindleistungs- schwingung zerlegt?

        • Erläutern Sie den Begriff Scheinleistung.

        • Welchen arithmetischen Mittelwert haben die Wirk- und die Blindleistungsschwingung?

        • Wie lautet der Zusammenhang zwischen Schein-,

          Wirk- und Blindleistung? Nennen Sie die Einheiten dieser Größen.

        • Wie wird die komplexe Leistung aus den komplexen

          Symbolen von Spannung und Strom berechnet?

        • Stellen Sie die Leistungsgrößen an einem linearen Eintor, das keine Quelle enthält, mit Hilfe des kom- plexen Widerstandes dar.

        • Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Leis-

          tungsgrößen und der komplexen Leistung?

        • Was sagen die Vorzeichen der Wirkleistung bzw. der Blindleistung aus?


          Aufgabe 4.1(1)

          An einem linearen Eintor liegt die Spannung

          . Berechnen Sie die Wirk-, Blind- und Scheinleistung für den Strom   . Ist das Eintor ein Erzeuger oder ein Verbrau- cher?


          Aufgabe 4.2(1)

          Ein Verbraucher nimmt die Wirkleistung 120 kW auf; die Blindleistung beträgt 60 kvar.

        • Welchen Wert hat sein Leistungsfaktor?

        • Formulieren Sie seine komplexe Leistung.


    3. Grundeintore an Sinusspannung


      Ziele: Sie können

      • den Zusammenhang zwischen Sinusspannung und Sinusstrom an den Grundeintoren angeben.

      • die Phasenverschiebung zwischen Spannung und

        Strom an den Grundeintoren erläutern.

      • den komplexen Widerstand und den komplexen Leitwert der Grundeintore in der P-Form und in der R-Form angeben.

      • die Leistungsgrößen der Grundeintore an Sinus-

      spannung nennen.


      1. Grundeintor R


        Fließt ein Sinusstrom durch das Grundeintor R, so liegt nach Gl. (1.1) an seinen Klemmen die Sinus- spannung:

        û · cos ( t + u) = R îi · cos ( t + i) (4.39)

        Diese Gleichung ist unter folgenden Bedingungen für jeden Wert der Zeit t erfüllt:


        û = R îi ; u = i (4.40)

        Die Nullphasenwinkel von Spannung und Strom sind also bei einem Grundeintor R einander gleich und der Phasenverschiebungswinkel hat den Wert:


        (4.41)


        Man sagt, Spannung und Strom sind in Phase.

        Wegen u = i haben die komplexen Zeiger von Spannung und Strom gleiche Phasenlage und es gilt:


        (4.42)


        Für die Effektivwerte von Strom und Spannung gilt am Grundeintor R:


        U = R I (4.43)

        Der komplexe Widerstand des Grundeintors R ist reell, er besteht nur aus einem Wirkwiderstand; der Blindwiderstand ist gleich null:

        (4.44)


        Auch der komplexe Leitwert des Grundeintors R

        ist reell; der Blindleitwert ist gleich null:


        (4.45)


        Das Bild 4.6 zeigt die Phasenlage dieser Größen.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 4.5 Liniendiagramme von Strom, Spannung und Leistung an einem Grundeintor R


        Im Bild 4.5 ist außer dem Strom und der Spannung auch die Leistungsschwingung P(t) = u i darge- stellt. Wegen Q = S sin R = 0 ist sie eine reine Wirkleistungsschwingung mit dem Mittelwert und der Amplitude P 0; das Grundeintor R kann elektrische Energie nur aufnehmen und gibt zu


        Bild 4.6 Zeigerdiagramme für Spannung und Strom sowie für den komplexen Widerstand und den komple- xen Leitwert des Grundeintors R


        Die komplexe Leistung berechnen wir mit den Gln. (4.37 und 4.38):

        keinem Zeitpunkt elektrische Energie ab. S = R I 2 = G U 2 (4.46)

        Wegen R = 0 ist die Scheinleistung gleich der Wirkleistung und es gilt:

        SR = PR = U I (4.47)

        Praxisbezug 4.3

        Eine Glühlampe kann bei Netzfrequenz und konstantem Effektivwert der Spannung nähe- rungsweise als Grundeintor R angesehen werden, weil sich die Leitertemperatur und damit der Widerstand während einer Periode kaum ändern. Infolge der Leistungsschwingung entsteht je- doch eine geringe Helligkeitsschwankung, die bei Glühlampen an 50 Hz wegen der Trägheit des menschlichen Auges nicht ohne weiteres wahrnehmbar ist. Sie kann aber einen Effekt erzeugen, der zur Drehzahleinstellung rotieren- der Maschinen benutzt wird: Auf einer mit der Drehachse verbundenen Scheibe befindet sich eine Kreisskala mit Strichen in gleichen Abständen. Bei richtiger Drehzahl der Scheibe scheinen die- se Striche im Licht der Glühlampe infolge des Stroboskopeffekts stillzustehen.

        In Sporthallen, wo dieser Effekt bei schnellen Bewegungen stören würde, werden die Lampen – vor allem Leuchtstofflampen – an die drei Leiter des Drehstromnetzes geschaltet; jede Lampen- gruppe hat dann zu einem anderen Zeitpunkt ihr Maximum an Helligkeit.


      2. Grundeintor L

        Die Gleichung des Grundeintors L lautet:

        Der Phasenverschiebungswinkel hat bei einem Grundeintor L also den Wert:


        (4.51)


        An einem Grundeintor L eilt die Sinusspan- nung dem Sinusstrom um den Winkel 90° vor.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Im Bild 4.7 ist außer dem Strom und der Spannung auch die Leistungsschwingung P(t) = u i darge- stellt. Wegen P = S cos L ist sie eine reine Blind- leistungsschwingung mit dem Mittelwert null.


        (s. Gl. 1.59)


        Fließt ein Sinusstrom i = îi · cos ( t + i), so liegt an den Klemmen die Sinusspannung:

        û · cos ( t + u) = L îi · [–sin ( t + i)] (4.48) Wir formen dies mit der Gl. (A1.3) um:

        Bild 4.7 Liniendiagramme von Strom, Spannung und Leistung am Grundeintor L


        Am Grundeintor L sind die komplexen Größen U und  I durch folgende Eintorgleichung miteinander verbunden:


        (4.52)

        û · cos( t + u

        ) = L îi · cos ( t + i +

        ) (4.49)


        Für die Effektivwerte der Spannung und des

        2

        Diese Gleichung ist unter folgenden Bedingungen für jeden Wert der Zeit t erfüllt:

        Stromes ergibt sich am Grundeintor L der Zusam- menhang:

        û = L îi ; u

        = i +

        2 (4.50)

        U = L I (4.53)

        Den komplexen Widerstand berechnen wir mit den Gln. (4.1 und 4.52):

        Die komplexe Leistung am Grundeintor L ist ima- ginär; es tritt nur Blindleistung auf:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        ZL = j L

        (4.54)

        (4.58)


        Der komplexe Widerstand des Grundeintors L ist imaginär, er besteht nur aus einem Blind- widerstand; der Wirkwiderstand RL ist gleich null. Auch der komplexe Leitwert des Grundeintors L ist imaginär; der Wirkleitwert GL ist gleich null:


        (4.55)


        Das Bild 4.8 zeigt die Phasenlage der komplexen Größen ZL und YL.

        Das Grundeintor L hat einen positiven Blindwider-

        stand XL und einen negativen Blindleitwert BL:


        (4.56)

        Die Blindleistung des Grundeintors L ist stets po- sitiv; man bezeichnet deswegen eine Blindleistung Q > 0 allgemein als induktive Blindleistung.


        Das Grundeintor L ist ein Energiespeicher, der in einer Halbperiode der Leistung P(t) Energie aufnimmt und in der folgenden Halbperiode diese Energie wieder abgibt.


        Wenn der Strom den positiven bzw. den negativen Scheitelwert erreicht hat, ist die im Eintor gespei- cherte Energie jeweils maximal. Wir berechnen diese maximale Energie mit der Gl. (2.28):


        (4.59)


        Beispiel 4.4

        Ein Grundeintor L = 12 mH liegt an der Sinusspannung U = 100 V; f = 400 Hz. Wir wollen den komplexen Widerstand, den kom- plexen Leitwert sowie den Strom und die Blindleistung berechnen.


        Mit der Kreisfrequenz = 2 f = 2513 s–1 berechnen wir den komplexen Widerstand:


        Der komplexe Leitwert ist:



        Bild 4.8 Zeigerdiagramme für Spannung und Strom sowie für den komplexen Widerstand und den komple- xen Leitwert des Grundeintors L


        Die komplexe Leistung S = P + j Q berechnen wir mit den Gln. (4.37 und 4.54):

        Wir geben der Spannung zweckmäßig den Nullphasenwinkel u = 0° und berechnen:


        Mit den Effektivwerten von Strom und Span- nung berechnen wir die Blindleistung:

        SL = j L I 2 (4.57)

        QL = U I = 332 var

        Praxisbezug 4.4

        Eine Spule kann in einem gewissen Frequenzbe- reich annähernd als Grundeintor L betrachtet werden (s. Kap. 10). In integrierten Schaltungen lassen sich Spulen aber wegen ihres hohen Platzbedarfs i. Allg. nicht einsetzen. Man kann jedoch die Eigenschaft Induktivität auch mithilfe eines Gyrators realisieren.


        Am Tor 1 wirkt die Schaltung 4.10 wie ein Grundeintor mit der Induktivität L = C R2. Werden

        z. B. die Werte R = 3 k und C = 100 pF gewählt, so ergibt sich die Induktivität L = 900 H.

        Wird auch an das Tor 1 ein Kondensator geschal- tet, so erhält man einen Parallelschwingkreis ho- her Güte.


      3. Grundeintor C


        Die Gleichung des Grundeintors C lautet:



        Bild 4.9 Schaltzeichen Gyrator mit Bezugspfeilen


        Der Gyrator ist ein Zweitor, das durch folgende Gleichungen beschrieben wird:

        (s. Gl. 1.5)


        Liegt eine Sinusspannung u = û · cos ( t + u) an den Klemmen, so fließt durch das Grundeintor nach Gl. (1.5) der Sinusstrom:

        îi · cos ( t + i ) = C û · [sin( t + u)] (4.60) Wir formen mit der Gl. (A1.3) um:

        Wie die Gleichungen zeigen, lässt sich ein Gyra-

        îi · cos ( t + ) = C û · cos( t +

        + ) (4.61)

        tor mithilfe zweier spannungsgesteuerter Strom- i u 2

        quellen aufbauen.

        Diese Gleichung ist unter folgenden Bedingungen für jeden Wert der Zeit t erfüllt:

        îi = C û ; i

        = u

        + 2 (4.62)

        Der Phasenverschiebungswinkel der Spannung gegen den Strom hat bei einem Grundeintor C also den Wert:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.63)



        Bild 4.10 Realisierung des Grundeintors L mit einer Gyratorschaltung


        Wird das Tor 2 mit einem Kondensator beschal- tet, der annähernd als Grundeintor C betrachtet werden kann, so gilt für die Sinusspannungen und

        -ströme mit der Kreisfrequenz :

        An einem Grundeintor C eilt die Sinusspan- nung dem Sinusstrom um den Winkel 90° nach.


        Im Bild 4.11 ist außer dem Strom und der Span- nung auch die Leistungsschwingung P(t) = u i dar- gestellt. Wegen P = S cos C = 0 ist sie eine reine Blindleistungsschwingung mit dem Mittelwert null und der Amplitude Q = U I.

        Der komplexe Leitwert des Grundeintors C ist imaginär, er besteht nur aus einem Blindleitwert; der Wirkleitwert GC ist gleich null. Auch der kom- plexe Widerstand des Grundeintors C ist imaginär und der Wirkwiderstand RC ist gleich null:


        (4.67)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Das Grundeintor C hat einen positiven Blindleit- wert BC und einen negativen Blindwiderstand XC:


        (4.68)



        Bild 4.11 Liniendiagramme von Strom, Spannung und Leistung am Grundeintor C

        Die Leistung schwingt mit der Amplitude U I um den arithmetischen Mittelwert null. Die Frequenz der Leistungsschwingung ist doppelt so hoch wie die des Stromes bzw. der Spannung.

        Da der arithmetische Mittelwert der Leistungs- schwingung null ist, nimmt das Grundeintor C keine Wirkleistung auf und es ist P = 0. Die Leistungsschwingung ist deswegen eine Blind- leistungsschwingung mit dem Mittelwert null.

        Am Grundeintor C sind die komplexen Größen U und I durch folgende Eintorgleichung miteinander verknüpft:


        (4.64)


        Für die Effektivwerte der Spannung und des Stro- mes gilt am Grundeintor C:

        I = C U (4.65)

        Den komplexen Leitwert berechnen wir mit den Gln.(4.8 und 4.64):


        (4.66)


        Bild 4.12 Zeigerdiagramme für Spannung und Strom sowie für den komplexen Widerstand und den komple- xen Leitwert des Grundeintors C


        Die komplexe Leistung SC = P + j Q berechnen wir mit den Gln. (4.38 und 4.66):

        SC = j C U 2 (4.69)

        Die komplexe Leistung am Grundeintor C ist ima- ginär; es tritt nur Blindleistung auf:


        (4.70)


        Die Blindleistung des Grundeintors C ist stets ne- gativ; man bezeichnet deswegen eine Blindleistung Q < 0 allgemein als kapazitive Blindleistung.

        Das Grundeintor C ist ein Energiespeicher, der in einer Halbperiode der Leistung P(t) Energie aufnimmt und in der folgenden Halbperiode diese Energie wieder abgibt.


        Wenn die Spannung den positiven bzw. den ne- gativen Scheitelwert erreicht hat, ist die im Eintor gespeicherte Energie jeweils maximal.

        Wir berechnen diese maximale Energie mit der Gl. (2.5):


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.71)


        Beispiel 4.5

        An einem Kondensator an der Sinusspannung mit dem Effektivwert 10 V (Frequenz: 400 Hz) wird der Strom 8,3 mA gemessen. Wir wollen seine Kapazität und die Blindleistung berech- nen; dabei betrachten wir den Kondensator als Grundeintor.


        Mit = 2 f = 2513 s–1 ergibt die Gl. (4.65):


        Die Blindleistung berechnen wir mit den Gln. (4.65 und 4.70):

        QC = C U2 = U I = 0,083 var

        Praxisbezug 4.5

        Einfache Geräte zur Messung der Kapazität enthalten eine Sinusspannungsquelle mit kon- stanter Frequenz (z. B. f = 10 kHz), an die der unbekannte Kondensator über einen Strommesser (RM 0) angeschlossen wird. Man betrachtet den Kondensator angenähert als Grundeintor und ka- libriert die Skale für C = I / (2 f Uq).

        Abweichungen der Spannung von der Sinusform führen zu Messabweichungen. Diese wären z. B. erheblich, wenn man die Spannung des 50-Hz- Versorgungsnetzes verwenden würde.


        Das Verfahren eignet sich nur für Betriebsmes- sungen; Präzisionsmessungen werden mit Mess- brücken durchgeführt.

        Fragen

        • Welcher Zusammenhang besteht zwischen den kom- plexen Symbolen von Strom und Spannung an einem induktiven bzw. kapazitiven Grundeintor?

        • An welchem Grundeintor eilt eine Sinusspannung

          dem Strom um 90° nach?

        • Welches Vorzeichen hat der Blindwiderstand eines Grundeintors C? Begründen Sie Ihre Aussage.

        • Wie lautet der komplexe Leitwert des Grundeintors

          L in der P- und in der R-Form?

        • Zeichnen Sie das Liniendiagramm der Leistung für ein Grundeintor R an Sinusspannung. Wie berechnen Sie den arithmetischen Mittelwert der Leistung aus den Effektivwerten von Strom und Spannung?

        • Welche Leistungsschwingung entsteht bei einem Grundeintor C an Sinusspannung?

        Aufgaben

        4.3(1) Durch ein Grundeintor C = 0,22 F, das an der Sinusspannung U = 30 V liegt, fließt der Strom I = 6,22 mA. Welchen Wert hat die Frequenz der Sinusgrößen?

        4.4(1) Durch ein Grundeintor R, ein Grundeintor L und ein Grundeintor C fließt jeweils an 230 V der Strom 154 mA. Berechnen Sie für jedes Eintor den Wirk- und den Blindwiderstand.

        4.5(1) Ein Grundeintor C = 1,5 F wird von ei- ner idealen Sinusspannungsquelle gespeist. Der Effektivwert der Spannung ist 20 V, die Frequenz beträgt 50 Hz. Berechnen Sie den Blindwiderstand und die Blindleistung des Eintors.

        4.6(1) An einem Grundeintor L = 1,8 mH liegt die Sinusspannung U = 4,2 V mit 400 Hz und dem Nullphasenwinkel 30°. Berechnen Sie den Effektivwert und den Nullphasenwinkel des Stromes.

        4.7(1) Durch ein Grundeintor C = 68 nF fließt ein Sinusstrom mit dem Effektivwert 5,7 mA und der Frequenz 10,5 kHz. Berechnen Sie den Effektivwert der Spannung, die an diesem Eintor liegt, sowie die Schein-, die Wirk- und die Blindleistung.

        4.8(2) In einer Anlagenbeschreibung heißt es:

        „Der Kondensator nimmt an 230 V (50 Hz) die Blindleistung 7,25 kvar auf.“ Berechnen Sie aus diesen Angaben die Kapazität des Kondensators und den Strom unter der Annahme, der Konden- sator könne als Grundeintor angesehen werden.

    4. Verbindung von Grundeintoren

      Ziele: Sie können

      • den komplexen Widerstand des Ersatzeintors einer Reihenschaltung von Grundeintoren bestimmen.

      • den komplexen Leitwert des Ersatzeintors einer

      Parallelschaltung von Grundeintoren bestimmen.


      1. Reihenschaltung von Grundeintoren

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        In der Reihenschaltung der Grundeintore R und L werden beide Eintore vom gleichen Strom I durch- flossen.

        I I

        Aus der Vorstellung, dass die Induktivität L bzw. der Blindwiderstand XL einer Spule an Wechsel- spannung den Strom „drosselt“, d. h. gegenüber dem Strom an Gleichspannung verringert, ent- stand die Bezeichnung Drossel für eine Spule an Wechselspannung.


        UR R

        Z

        Ze

        U UL L U



        Bild 4.13 Reihenschaltung der Grundeintore R und L

        sowie ihr Ersatzeintor


        Die Summe der beiden Spannungen UR = R I und

        UL = j L I ergibt die Gesamtspannung U:

        U = UR + UL = (R + j L) I (4.72)

        Wie in der Gleichstromtechnik erhalten wir den Widerstand Ze des Ersatzeintors als Summe der in Reihe geschalteten Widerstände:

        Ze = Re + j Xe = R + j L (4.73)

        Der Wirkwiderstand Re der Reihenschaltung hat hier den Wert des Grundeintors R. Dies gilt nicht allgemein für beliebige andere Schaltungen von Grundeintoren.


        Bild 4.14 Reihenschaltung der Grundeintore R und L: komplexe Zeiger von Strom und Spannung (a) sowie komplexer Widerstand (b)


        Wie die Darstellung des Ersatzwiderstandes in der komplexen Ebene zeigt (Bild 4.14 b), hat dieser den Scheinwiderstand:


        (4.74)


        Der Winkel Z des Widerstandes Ze ist gleich dem Phasenverschiebungswinkel der Spannung U gegen den Strom I :


        Der Blindwiderstand Xe der Reihenschaltung ist

        (4.75)

        stets positiv; es handelt sich also um induktive

        Blindleistung und das Ersatzeintor wirkt induktiv.


        Im Kap. 1 haben wir gezeigt, dass eine Spule als Reihenschaltung der Grundeintore R und L aufge- fasst werden kann; dies gilt jedoch nur für niedri- ge Frequenzen (s. Kap. 10).


        Der Phasenverschiebungswinkel liegt im Be- reich 0 < < 90°. Deshalb sind sowohl der Blindwiderstand X = Z sin der Reihenschaltung als auch die Blindleistung Q = S sin stets posi- tiv. Es handelt sich also um induktive Blindleistung und das Ersatzeintor wirkt induktiv.

        Beispiel 4.6

        Eine Reihenschaltung aus den Grundeintoren R = 16 und L = 38,2 mH wird von einem Sinusstrom 0,5 A ( f = 50 Hz) durchflossen. Wir wollen die Klemmenspannung, die Teil- spannungen und den Phasenverschiebungs- winkel berechnen. Außerdem wollen wir den komplexen Widerstand und die Leistungen der Reihenschaltung ermitteln.

        Mit UR = R I = 8 V und UL = 2 f L I = 6 V be- rechnen wir den Effektivwert der Klemmen- spannung:


        Den Phasenverschiebungswinkel = 36,9° er- halten wir mit der Gl. (4.75). Damit ist:

        Die Summe der Spannungen UR und UC ergibt die Gesamtspannung U:


        (4.76)


        Die Summe der in Reihe geschalteten Widerstände bildet den Widerstand Ze des Ersatzeintors:


        (4.77)


        Auch bei dieser Schaltung liegt der Sonderfall vor, dass der Wirkwiderstand Re gleich dem Widerstand R des Grundeintors ist.


        Für L = 12 berechnen wir mit Gl. (4.74) den Scheinwiderstand Ze = 20 . Der komple- xe Widerstand der Reihenschaltung ist:


        Mit der Gl. (4.36) berechnen wir die komplexe Leistung:


        Die Scheinleistung der Reihenschaltung be- trägt 5 VA, die Wirkleistung 4 W und die Blindleistung 3 var.


        In der Reihenschaltung der Grundeintore R und C

        fließt der gleiche Strom I durch beide Eintore.


        Bild 4.16 Reihenschaltung der Grundeintore R und C: komplexe Zeiger von Strom und Spannung (a); kom- plexer Widerstand (b)

        Wie aus der Darstellung des Ersatzwiderstandes in der komplexen Ebene (Bild 4.16 b) deutlich wird, hat dieser den Scheinwiderstand:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.78)


        Der Winkel Z des Widerstandes Ze ist gleich dem Phasenverschiebungswinkel der Spannung U gegen den Strom  I:


        Bild 4.15 Reihenschaltung der Grundeintore R und C

        sowie ihr Ersatzeintor

        (4.79)

        Bei einer Reihenschaltung der Grundeintore R und C sind der Blindwiderstand und die Blindleistung stets negativ. Es handelt sich um kapazitive Blind- leistung und das Ersatzeintor wirkt kapazitiv.


      2. Parallelschaltung von Grundeintoren

        Ye = Ge + j Be = G + j C (4.80)

        Wie aus der Darstellung (Bild 4.18 b) des Ersatzleitwertes in der komplexen Ebene deutlich wird, hat dieser den Scheinleitwert:

        Bei einer Parallelschaltung arbeitet man zweck- mäßig mit Leitwerten.


        In der Parallelschaltung der Grundeintore R und C liegen ihre komplexen Leitwerte YR = G = 1 / R und YC = j C an der gleichen Spannung U.

        (4.81)


        Der Winkel Y des komplexen Leitwerts Ye ist gleich dem negativen Phasenverschiebungswinkel:


        (4.82)


        Die komplexe Leistung berechnen wir mit der Gl. (4.38):

        (4.83)



        Bild 4.17 Parallelschaltung der Grundeintore R und C

        sowie ihr Ersatzeintor

        Da die Blindleistung negativ ist, handelt es sich um kapazitive Blindleistung und das Ersatzeintor wirkt kapazitiv.

        Bei der Parallelschaltung der Grundeintore R und L verfährt man entsprechend wie bei der Parallelschaltung der Grundeintore R und C; wir

        Die Summe der parallel geschalteten Leitwerte ergibt den Leitwert Ye des Ersatzeintors:

        wollen dies an einem Beispiel zeigen.


        Beispiel 4.7

        Eine Parallelschaltung aus den Grundein- toren R = 50 und L = 10 mH liegt an der Sinusspannung U = 20 V (400 Hz). Wir wol- len den komplexen Leitwert der Schaltung, den Gesamtstrom und die Schein-, die Wirk- und die Blindleistung berechnen.


        Die Teilleitwerte sind:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Damit ergibt sich der Ersatzleitwert:



        Bild 4.18 Parallelschaltung der Grundeintore R und C: komplexe Zeiger von Strom und Spannung (a) sowie komplexer Leitwert (b)

        Mit der komplexen Spannung   berechnen wir den Gesamtstrom:

        Der komplexen Leistung, die wir mit der Gl. (4.83) berechnen, entnehmen wir die Scheinleistung S = 17,8 VA, die Wirkleistung P = 8 W und die Blindleistung Q = 15,9 var. Abschließend stellen wir fest, dass die Schaltung induktiv wirkt.


        Fragen

        • Zeichnen Sie das Zeigerdiagramm für Spannung und Strom für eine Reihenschaltung aus den Grundeintoren R und L.

        • Was versteht man unter dem Begriff Drossel?

        • Welches Vorzeichen hat die Blindleistung bei einem kapazitiv wirkenden und welches bei einem induktiv wirkenden Eintor?

        • Zeichnen Sie das Zeigerdiagramm für Spannung

        und Strom für eine Parallelschaltung aus den Grundeintoren R und C.


    5. Ersatzeintore

      Ziele: Sie können

      • den komplexen Widerstand des Ersatzeintors einer Reihenschaltung von Grundeintoren bestimmen.

      • die Spannungsteilerregel für komplexe Widerstände

        herleiten.

      • den komplexen Leitwert des Ersatzeintors einer Parallelschaltung von Grundeintoren bestimmen.

      • die Stromteilerregel für komplexe Leitwerte herlei-

        ten.

      • das Ersatzeintor für eine beliebige Schaltung kom- plexer Widerstände berechnen.

      • die Begriffe Reihen-Ersatzschaltung und Parallel-

      Ersatzschaltung erläutern.


      1. Netze ohne unabhängige Quellen

        Ein Netz, das ausschließlich Grundeintore enthält, ist ein lineares Netz. Liegt an einem Tor eines sol- chen Netzes eine Sinusspannung, so fließt dort ein Sinusstrom, dessen Effektivwert I dem Effektiv- wert U der Spannung proportional ist, und es han- delt sich dabei um ein lineares Eintor.

        Enthält das lineare Eintor keine Quelle, so kann es durch seinen Ersatzwiderstand ersetzt wer- den. Wie in der Gleichstromtechnik lässt sich der Ersatzwiderstand problemlos ermitteln, wenn sich die in Reihe geschalteten Eintore einerseits

        Reihenschaltung komplexer Widerstände

        Bei einer Reihenschaltung von Eintoren ei- nes linearen Netzes fasst man zweckmäßig die Widerstände der einzelnen Eintore zum Ersatz- widerstand Ze zusammen. Für zwei lineare Ein- tore mit den Widerständen Z1 = R1 + j X1 und Z2 = R2 + j X2 gilt:

        Ze = Z1 + Z2 = R1 + R2 + j (X1 + X2) (4.84)

        Das Ersatzeintor hat demnach den Wirkwiderstand

        Re = R1 + R2 und den Blindwiderstand Xe = X1 + X2.


        Bild 4.19 Reihenschaltung von zwei linearen Eintoren und ihr Ersatzeintor

        Ist Xe > 0, so wirkt das Ersatzeintor induktiv; ist

        Xe < 0, so wirkt das Ersatzeintor kapazitiv.

        Für n in Reihe geschaltete lineare Eintore gilt ent- sprechend:


        (4.85)


        Spannungsteilerregel

        Die aus der Gleichstromtechnik bekannte Span- nungsteilerregel kann man auf lineare Wech- selstromnetze übertragen. Wir setzen in einer Reihenschaltung linearer Eintore eine beliebige Teilspannung (z. B. U1 an Z1) ins Verhältnis zur Gesamtspannung und erhalten dadurch eine der Gleichungen der Spannungsteilerregel.

        Weitere Gleichungen erhalten wir durch Bildung des Quotienten aus zwei beliebigen Teilspannun- gen, z. B. U1 und U2:

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        und die parallel geschalteten Eintore andererseits     Schritt für Schritt zusammenfassen lassen.

        (4.86)

        Beispiel 4.8

        Zur Bestimmung der Werte einer Spulen- ersatzschaltung kann das Dreispannungs- messer-Verfahren angewendet werden. Dabei wird die Spule in Reihenschaltung mit einem bekannten Widerstand RM an Sinusspannung betrieben.


        Die Effektivwerte der Spannungen U, UM und US werden gemessen; damit kann man die ge- suchten Größen RS und LS berechnen.

        Die Bezeichnung des Verfahrens kommt da- her, dass drei Spannungen gemessen werden; man muss also nicht etwa drei Spannungs- messer verwenden.


        Am Widerstand RM = 27 wurde bei 50 Hz die Spannung UM = 5,4 V gemessen; die Spannungen US = 6,0 V und U = 10,2 V wur- den mit demselben Messgerät gemessen, das für die Messung von UM verwendet wurde.

        Wir wollen den Ohmschen Widerstand RS und die Induktivität LS der Spule berechnen.

        Die Spannungsteilerregel für U und UM ergibt eine weitere Gleichung:


        In diese Gleichungen setzen wir die gegebe- nen Werte ein und berechnen die gesuchten Größen:

        RS = 18 ; LS = 76,4 mH

        Das Dreispannungsmesser-Verfahren wird

        z. B. dann angewendet, wenn RS frequenzab- hängig ist (s. Abschn. 10.3) und bei Gleich- spannung nicht mit ausreichender Genauig- keit gemessen werden kann. Das Verfahren liefert brauchbare Ergebnisse, wenn – wie im Beispiel – die Werte von RM, RS und LS nicht zu stark voneinander abweichen.


        Parallelschaltung komplexer Widerstände

        Bei einer Parallelschaltung linearer Eintore fasst man zweckmäßig die Leitwerte der einzelnen Eintore zum Ersatzleitwert Ye zusammen. Für zwei parallel geschaltete Eintore (Bild 4.20) mit den Leitwerten Y1 = G1 + j B1 und Y2 = G2 + j B2 gilt:


        Ye = Y1 + Y2 = G1 + G2 + j (B1 + B2) (4.87)

        Das Ersatzeintor hat demnach den Wirkleitwert

        Ge = G1 + G2 und den Blindleitwert Be = B1 + B2.



        Zunächst setzen wir die Spannungsteilerregel für die Effektivwerte US und UM an:

        Bild 4.20 Parallelschaltung von zwei linearen Eintoren und ihr Ersatzeintor

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Für n parallel geschaltete lineare Eintore gilt ent- sprechend:


        (4.88)

        Beispiel 4.9

        Wir wollen den Ersatzleitwert, den Strom I, die Wirkleistung und die Blindleistung sowie den Leistungsfaktor der Parallelschaltung be- rechnen.

        Stromteilerregel

        Auch die Stromteilerregel kann bei linearen Wechselstromnetzen angewendet werden. Wir setzen einen beliebigen Teilstrom (z. B. I1) einer Parallelschaltung linearer Eintore ins Verhältnis zum Gesamtstrom und erhalten dadurch eine der Gleichungen der Stromteilerregel.

        Weitere Gleichungen erhalten wir durch Bildung des Quotienten aus zwei beliebigen Teilströmen,

        z. B.  I1 und  I2:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.89)



        Zunächst berechnen wir die komplexen Leit- werte der drei Zweige:


        Der Ersatzleitwert ist die Summe der Teilleit- werte:

        Beliebige Schaltung komplexer Widerstände Ein beliebiges lineares Eintor kann sowohl mit dem Ersatzwiderstand Ze als auch mit dem Ersatzleitwert Ye beschrieben werden. Die Ersatz- größen sind bezüglich Spannung, Strom und Phasenverschiebungswinkel an den Klemmen äquivalent zu dem Eintor.

        Beide Darstellungsarten lassen sich mit der Gl. (4.8) ineinander überführen; in der P-Form ist dies besonders einfach.

        Ist dagegen eine der Größen in der R-Form ge- geben, so ist der Rechenaufwand etwas größer. Wir wollen dies am Beispiel eines komplexen Widerstandes zeigen, der in die Leitwertform überführt werden soll:



        Mit der Spannung berechnen wir den Strom:

        (4.90)


        Man macht den Nenner reell, indem man mit sei- nem konjugiert komplexen Wert erweitert:



        Die komplexe Leistung berechnen wir mit der Gl. (4.36):


        Hieraus ergeben sich die Komponenten:

        (4.91)



        Die Wirkleistung ist P = 1821 W und die Blindleistung beträgt Q = 866 var.

        Abschließend berechnen wir den Leistungs- faktor:

        (4.92)


        Ist der Ersatzleitwert Y = G + j B gegeben, so ver- fährt man entsprechend bei der Berechnung von Z:


        (4.93)

        Beispiel 4.10

        Wir wollen den Wirkwiderstand Re und den Blindwiderstand Xe der Schaltung berechnen.


        Zunächst berechnen wir den Leitwert YP der Parallelschaltung von C und R2:

        Komplexe Leistung

        Die komplexe Leistung S eines Ersatzeintors ist die Summe der Teilleistungen.

        Für zwei Eintore mit den Leistungen S1 = P1 + j Q1

        und  S2 = P2 + j Q2 gilt:

        S = U I* = S1 + S2 = P1 + P2 + j (Q1 + Q2) (4.94)

        Für n in Reihe bzw. parallel geschaltete Eintore gilt entsprechend:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.95)



        Dann bilden wir hiervon den Kehrwert:


        Damit berechnen wir den komplexen Wider- stand des Ersatzeintors:

        Ersatzschaltung

        Ist der Widerstand Z oder der Leitwert Y an einem Tor eines linearen Netzes bekannt, so kann man für dieses Netz Ersatzschaltungen angeben, die aus zwei Grundeintoren bestehen; es sind dies die Reihen-Ersatzschaltung (Index S, von series connection) und die Parallel-Ersatzschaltung (Index P, von parallel connection).


        Der Nenner wird reell, wenn wir den Bruch mit dem konjugiert komplexen Nenner erwei- tern:



        Der Wirkwiderstand ist der Realteil des kom- plexen Widerstandes:

        Bild 4.21 Reihen-Ersatzschaltung (a) und Parallel-Er- satzschaltung (b) einer induktiv wirkenden Schaltung


        Der Blindwiderstand ist der Imaginärteil des komplexen Widerstandes:



        Sowohl der Wirkwiderstand Re als auch der Blindwiderstand Xe der Schaltung sind fre- quenzabhängig.


        Bild 4.22 Reihen-Ersatzschaltung (a) und Parallel-Er- satzschaltung (b) einer kapazitiv wirkenden Schaltung


        Das Bild 4.21 zeigt die Ersatzschaltungen eines induktiv wirkenden und das Bild 4.22 die Ersatz- schaltungen eines kapazitiv wirkenden Eintors.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Elemente der Ersatzschaltungen des Eintor- Netzes können ineinander umgerechnet werden. Dabei ist zu beachten, dass die Umrechnung je- weils nur für eine Frequenz gilt.


        Beispiel 4.11

        Von einer Spule sind die Elemente der Reihen- Ersatzschaltung bekannt:

        RS = 18 ; LS = 76,4 mH

        Wir wollen die Elemente der Parallel- Ersatzschaltung für 50 Hz und für 150 Hz berechnen.


        Für f1 = 50 Hz hat die Reihen-Ersatzschaltung den komplexen Widerstand:

        Z1 = RS + j 1 LS = 18 + j 24


        Durch Veränderung von CT und RK kann der Tastteiler so abgeglichen werden, dass sich ein bestimmtes frequenzunabhängiges Spannungs- verhältnis (z. B. 10 : 1) ergibt:


        Der zugehörige Leitwert ist:    

        Y1 = GP + j BP = 20 mS – j 26,67 mS

        GP = 20 mS ; BP = 26,7 mS

        Mit BP = 1/ (1 LP) erhalten wir:

        LP = 119,4 mH

        Für f2 = 150 Hz berechnen wir:

        GP = 3,27 mS ; LP = 81,2 mH

        Praxisbezug 4.6

        Der Eingang eines Messgeräts weist i. Allg. ein kapazitiv wirkendes Eintor mit dem Leitwert YE = GE + j CE auf; bei einem Oszilloskop ist

        z. B. RE = 1 / GE 1 M und CE 25 pF.

        Wenn die Eingangsimpedanz des Messgeräts zu niedrig oder die zu messende Spannung UM zu hoch ist, kann ein Tastteiler verwendet werden; vielfach ist auch noch die Bezeichnung Tastkopf (probe) in Gebrauch.

        Der Tastteiler besteht aus einem hochohmigen Widerstand RT, dem ein einstellbarer Zylinder- kondensator CT zwischen den Elektroden A und B parallel geschaltet ist.

        Diese Parallelschaltung ist durch eine Koaxiallei- tung (Kapazität CK) mit einem Stecker verbunden, der einen einstellbaren Widerstand RK enthält.

        Wir fassen zusammen:


        Damit erhalten wir die Widerstände:


        Wir setzen sie in die Spannungsteilergleichung ein und erhalten:


        Ist die Abgleichbedingung C2 R2 = CT RT er- füllt, so ist der Tastteiler abgeglichen und das Spannungsverhältnis ist von der Frequenz unab- hängig.


        An einem Oszilloskop verwendet man zum Abgleich zweckmäßig eine Rechteckschwingung mit bekannter Schwingungsbreite uM und stellt

        zunächst durch Verändern des Widerstandes RK

        das gewünschte Teilerverhältnis ein.

        Anschließend verändert man CT so lange, bis uE möglichst genau die Form einer Rechteckschwin- gung annimmt.


        Fragen

        • Wie ermittelt man die Werte der Ersatzeintore bei ei- ner Reihen- bzw. bei einer Parallelschaltung linearer Eintore?

        • In welchem Verhältnis stehen die Wirkleistungen

          bzw. die Blindleistungen bei zwei Widerständen Z1

          und Z2 in Reihenschaltung?

        • Wie lautet die Spannungsteilerregel und wie die Stromteilerregel für komplexe Größen? Für welche Schaltungen von Eintoren gelten die Regeln?

        • In welchem Wertebereich liegt der Phasenverschie-

          bungswinkel bei einem induktiv bzw. bei einem kapazitiv wirkenden Verbraucher?

        • Zeichnen Sie die Reihen-Ersatzschaltung und die

        Parallel-Ersatzschaltung für ein kapazitiv wirkendes lineares Eintor und zeigen Sie, wie man die Größen der Parallel-Ersatzschaltung aus denen der Reihen- Ersatzschaltung berechnen kann.


        Aufgaben

        4.9(1) Eine Reihenschaltung aus den Grund- eintoren R = 16 und L = 38,2 mH wird von einem Strom 0,5 A ( f = 50 Hz) durchflossen. Berechnen Sie den komplexen Leitwert und den Leistungsfaktor dieser Reihenschaltung. Welche Spannung liegt an dieser Reihenschaltung?

        4.10(1) Welcher Blindwiderstand muss zu dem Grundeintor R = 68 parallel geschaltet werden, damit der komplexe Widerstand des Ersatzeintors den Winkel 35° besitzt?

        4.11(2) Eine Drossel mit konstanter Induktivität L hat den Wicklungswiderstand RL = 32 und nimmt an 230 V den Strom 4,2 A auf. Welchen Widerstandswert und welche Bemessungsleistung

        4.12(2) Eine Glühlampe 125 V; 15 W soll in Reihe mit einem Kondensator an der Spannung 230 V bei 50 Hz im Nennbetrieb arbeiten. Welche Kapa- zität und welche Bemessungsspannung muss der Kondensator haben?


        4.13(2) Durch ein Eintor, das an der Sinusspan- nung liegt, fließt bei der Fre- quenz 50 Hz der Sinusstrom  . Berechnen Sie mit diesen Angaben die Größen der Parallel-Ersatzschaltung.


        4.14(2) Zwischen den Eingangsklemmen eines Messgeräts sind das Grundeintor RE = 1 M und parallel dazu das Grundeintor CE = 25 pF wirksam. Welchen Scheinleitwert YE und wel- chen Scheinwiderstand ZE hat der Eingang des Messgeräts bei der Frequenz 50 kHz?

        4.15(2) Die Brückenschaltung wird an der Sinus- spannung u mit U = 120 V; u = 0°; f = 50 Hz betrieben. Berechnen Sie die Kenngrößen der Spannung u5.


        4.16(2) Bei der Untersuchung der Schaltung mit einem Oszilloskop wurden folgende Größen ge- messen:

        û = 30 V ; u = 0°; f = 1 kHz

        û1 = 1,5 V ; u1 = 60°; f1 = 1 kHz

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        muss der Vorwiderstand Rvor haben, der den Strom   auf 1,2 A verringert?



        Rvor

        RL L =

        XL

        


        Das unbekannte Eintor Z soll durch eine Reihen- schaltung von zwei Grundeintoren nachgebildet werden. Um welche handelt es sich und welche Werte haben sie?

      2. Netze mit unabhängigen Quellen


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Ein Netz, das Sinusquellen sowie lineare Ein- tore und Zweitore enthält, wird als lineares aktives Netz bezeichnet; es kann zwischen zwei Anschlussklemmen durch eine lineare Ersatzspannungsquelle oder durch eine lineare Ersatzstromquelle ersetzt werden.

        Beispiel 4.12

        Zwei lineare Sinusquellen speisen in Parallel- schaltung ein Grundeintor RV = 10 . Wir wollen den Strom I berechnen.


        Zunächst wandeln wir jede Spannungsquelle in eine Stromquelle um:


        Bild 4.23 Ersatzquellen eines linearen aktiven Netzes:

        a) Ersatzspannungsquelle; b) Ersatzstromquelle


        Die Ersatzquellenspannung Uqe ist gleich der Leerlaufspannung U0 des Netzes:


        Uqe = U0 (4.96)


        Der Ersatzquellenstrom  Iqe ist der Kurzschluss- strom  Ik des Netzes:

        Iqe =  Ik (4.97)


        Der Ersatzinnenwiderstand Zie bzw. der Ersatz- innenleitwert Yie können mit Uqe bzw.  Iqe be- stimmt werden:



        (4.98)

        Bei einem Kurzschluss fließt die Summe der Quellenströme:


        Ist die Schaltung bekannt, so können Zie bzw. Yie dadurch ermittelt werden, dass man sich jede ide- ale Spannungsquelle durch einen Kurzschluss und jede ideale Stromquelle durch eine Unterbrechung ersetzt denkt; dabei entsteht ein passives Eintor mit dem Widerstand Zie bzw. dem Leitwert Yie.


        Zur Ermittlung des Ersatzleitwerts ersetzen wir beide Stromquellen durch Unterbrechun- gen; die Innenleitwerte sind dabei parallel geschaltet:


        Den Verbraucherstrom berechnen wir mithil- fe der Stromteilerregel:


        Wir lösen nach dem Radikanden auf:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die linke Seite der Gleichung enthält das Quadrat des Ersatzinnenwiderstandes:


        Damit ist:


        Soll die Ersatzquelle durch Messungen be- stimmt werden, so reicht das Messen von Leerlaufspannung und Kurzschlussstrom nicht aus. Es müssen zusätzliche Messungen des Stromes bei Belastung des Netzes mit einem äußeren Eintor durchgeführt werden; dies wollen wir im folgenden Beispiel zeigen.


        Beispiel 4.13

        An einem linearen Eintor werden folgende Messungen durchgeführt:

        Leerlaufspannung: U0 = 4,5 V (20 kHz) Kurzschlussstrom: Ik = 50 mA Belastung mit R = 100 : IR = 24,5 mA

        Belastung mit C = 0,1 F: IC = 52,5 mA

        Wir wollen das Eintor als lineare Spannungs-

        quelle beschreiben.

        Die Quellenspannung Uqe der Ersatzspan- nungsquelle ist gleich der Leerlaufspan- nung U0. Zweckmäßig gibt man ihr den Nullphasenwinkel 0°:


        Wir lösen nach Rie auf und erhalten den Wirkwiderstand:


        Der Betrag des Blindwiderstandes ist:


        Über das Vorzeichen von Xie lässt sich noch keine Aussage machen. Wir nehmen des- wegen zunächst willkürlich an, dass der Innenwiderstand induktiv wirkt. Mit Xie > 0 und XC = 1/ ( C) berechnen wir hierfür:


        Aus der Leerlaufspannung und dem Kurz- schlussstrom lässt sich nur der Betrag des Ersatzinnenwiderstandes berechnen:


        Unsere Annahme Xie > 0 hat sich damit als zu- treffend erwiesen; für Xie < 0 würde sich ein wesentlich kleinerer Strom als der gemessene ergeben. Zum Abschluss berechnen wir den Ersatzinnenwiderstand:


        Bei Belastung mit R gilt für den Strom:

        118 4 Netze an Sinusspannung konstanter Frequenz


        Fragen

        • Was versteht man unter dem Begriff lineares aktives Netz?

        • Zeigen Sie, wie die Ersatzstromquelle eines linearen

          Netzes in die Ersatzspannungsquelle umgewandelt werden kann.

        • Erläutern Sie, was man unternehmen muss, wenn

        die Ersatzquelle einer zweipoligen Schaltung durch Messungen bestimmt werden soll.


        Aufgaben

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        4.17(1) An einem Eintor wird bei Leerlauf die Spannung 25 V gemessen. Bei Belastung mit dem OHMschen Widerstand R = 100 eilt die Klemmenspannung 21,7 V der Leerlaufspannung um 3° nach. Berechnen Sie die Ersatzgrößen des Eintors.

        4.18(2) Bestimmen Sie die Ersatzspannungsquelle der Schaltung für ; f = 50 Hz. Bei welchem Wert von C1 sind die Nullphasenwinkel von Uq und Uqe gleich?

    6. Resonanz


Ziele: Sie können


Ein schwingungsfähiges System enthält stets zwei verschiedene Energiespeicher, zwischen denen Energie hin­ und herschwingt, wenn das System von außen angeregt wird.


So wird z. B. bei einem schwingenden Feder­ Masse­Pendel fortlaufend potenzielle Energie der Federspannung in kinetische Energie der Masse

C1 50 pF


Uq

C2 100 pF

R1

40 M


R2

5 M

umgewandelt und umgekehrt.


Enthält ein lineares Netz die beiden Grundeintore L und C, so kann zwischen ihnen elektrische Energie hin­ und herschwingen. Sie wird dabei abwechselnd als elektrische und als magnetische Feldenergie gespeichert.


4.19(2) An die Schaltung werden die Sinusspan­ nungen und ge­ legt ( f = 50 Hz). Berechnen Sie die Spannung UM.

R1 C2

Ein solches Netz wird Schwingkreis (oscilla- tion circuit) genannt. Im Sonderfall haben die Blindleistungen der Grundeintore L und C gleiche Beträge und an den Klemmen des Schwingkreises entsteht deswegen keine Blindleistung; dieser

100 


R3

200 

31,8 F

Betriebsfall wird als Resonanz (resonance) be­ zeichnet.

U1 UM

C3 = 31,8 F

U2 4.6.1 Reihenresonanz


Eine Reihenschaltung der drei Grundeintore R, L

und C wird als Reihenschwingkreis (series oscil-

4.20(2) Berechnen Sie die Ersatzstromquelle.

lation circuit) bezeichnet (Bild 4.24).



Z

Z1= 20 30°


Z

Z2= 35

Z

Z


45°

Ist der Effektivwert UL der Spannung am Grundeintor L größer als der Effektivwert UC

Uq = 100 V 0°

3

60 15°

der Spannung am Grundeintor C, so ist die

Gesamtspannung U gegen den Strom  I um einen Winkel > 0 phasenverschoben.

Diese Gleichung wird auch als Thomsonsche Schwingungsgleichung1) bezeichnet.


Der Scheinwiderstand des Reihenschwingkreises hat bei Resonanz das Minimum Z = R; für f fr ist Z > R. Bei Resonanz ist die am Reihenschwing- kreis liegende Spannung U = UR in Phase mit dem Strom I. Die Spannungen UL und UC haben gleiche Effektivwerte, aber um 180° verschiedene Nullphasenwinkel; dadurch heben sie sich nach außen auf.


Bild 4.24 Reihenschwingkreis und komplexe Zeiger von Spannung und Strom für UL > UC

Ist der Effektivwert UL der Spannung am Grund- eintor L kleiner als der Effektivwert UC der Spannung am Grundeintor C, so ist die Gesamt- spannung U gegen den Strom I um einen Winkel

< 0 phasenverschoben.

Im Sonderfall UL = UC sind die Spannung U und der Strom I in Phase und es ist = 0; man spricht dabei von Reihenresonanz (series resonance).


Bild 4.25


Komplexe Zeiger von Spannung und Strom

Dabei ist der komplexe Widerstand


(4.99)

beim Reihenschwingkreis für Resonanz


Entsprechendes gilt auch für die Blindleistungen QL = XL I 2 und QC = XC I 2 der Grundeintore L und C (s. Gl. 4.29). Mit der Gl. (4.100) ist bei Resonanz

des Reihenschwingkreises reell und der Blindwi- derstand ist null:


(4.100)

QL + QC = 0.

Der Schwingkreis nimmt in diesem Fall an den

Klemmen ausschließlich die Wirkleistung P = S

auf und die komplexe Leistung S ist reell.


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Die Frequenz, bei der sich der Schwingkreis in Resonanz befindet, wird Resonanzfrequenz (re- sonance frequency) genannt.

Mit der Gl. (4.100) berechnen wir die Resonanz- Kreisfrequenz:


(4.101)


Die zugehörige Resonanzfrequenz ist:


Bild 4.26 Zeigerdiagramm der Leistungen für einen Schwingkreis bei Resonanz

(4.102)   

1) Sir William Thomson, 1824 – 1907

Die in entgegengesetzte Richtungen weisenden, gleich langen Zeiger QL und QC beschreiben zwei gegenphasige Blindleistungsschwingungen gleicher Amplitude. Dies bedeutet, dass die ab- wechselnd in den Eintoren L und C gespeicherten Energien gleich groß sind; ist der eine Speicher maximal gefüllt, so ist der andere jeweils leer.


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Bei festem Effektivwert U der Spannung U ist der Effektivwert I = U / R bei der Resonanzfrequenz am größten. Der Reihenschwingkreis wird deswe- gen als Saugkreis bezeichnet.


Ist der Reihenschwingkreis in Resonanz, so kön- nen die Effektivwerte UL und UC höher sein als der Effektivwert U der am Reihenschwingkreis anliegenden Spannung; diesen Effekt nennt man Spannungsüberhöhung.


Beispiel 4.14

Eine Spule (R = 12 ; L = 35 mH) und ein Kondensator C = 1,0 F sind in Reihe geschal- tet. Wir wollen die Resonanzfrequenz und die Spannungsüberhöhung berechnen.


Zunächst berechnen wir die Resonanzfre- quenz mit der Gl. (4.102):

Zur Berechnung der Kreisfrequenz L bilden wir das Spannungsverhältnis


(4.103)


und lösen die Gleichung nach auf:


(4.104)


Zur Berechnung der Kreisfrequenz C bilden wir das Spannungsverhältnis


(4.105)


und lösen die Gleichung nach auf:


(4.106)


Die Maximalwerte UL und UC der Spannungen bei den Frequenzen fL und fC existieren nur dann, wenn die Bedingung


(4.107)


Die Spannungsüberhöhung ist bei Resonanz:


Derselbe Wert ergibt sich auch für den Quo- tienten UL / U = r L/ R.

Liegt z. B. eine Gesamtspannung mit dem Effektivwert U = 20 V und der Frequenz 850,7 Hz am Reihenschwingkreis, so hat die Spannung am Kondensator den Effektiv- wert 312 V.


Die Spannung UL nimmt ihren Maximalwert bei einer Frequenz fL > fr an und die Spannung UC nimmt ihren Maximalwert bei einer Frequenz fC < fr an.

erfüllt ist.


Beispiel 4.15

Wir wollen die Maximalwerte UL und UC der Spannungen bei den Frequenzen fL bzw. fC für den Schwingkreis des Beispiels 4.14 be- rechnen.

Zunächst stellen wir fest, dass die in der Gl. (4.107) formulierte Bedingung erfüllt ist. Dann berechnen wir mithilfe der Gln. (4.103 bzw. 4.105) die Frequenzen fL = 851,6 Hz und fC = 849,8 Hz. Die bezogenen Maximalwerte UL/U und UC /U sind nur unwesentlich größer als die Werte bei Resonanz:

      1. Parallelresonanz


        Eine Parallelschaltung der drei Grundeintore R, L und C wird als Parallelschwingkreis (parallel oscillation circuit) bezeichnet. Ist der Effektivwert IC des Stromes, der durch das Grundeintor C fließt, größer als der Effektivwert IL des Stromes, der durch das Grundeintor L fließt, so ist die Spannung U gegen den Strom  I um einen Winkel

        < 0 phasenverschoben.

        Bei Resonanz hat der Scheinleitwert des Paral- lelschwingkreises das Minimum Y = 1 / R; für f fr ist Y > 1 / R. Der Parallelschwingkreis wird deshalb auch als Sperrkreis bezeichnet.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bei Resonanz ist der Gesamtstrom I =  IR des Parallelschwingkreises in Phase mit der Span- nung U. Die Ströme  IC und  IL haben gleiche Effektivwerte, aber um 180° verschiedene Null- phasenwinkel; dadurch heben sie sich nach außen auf.



        Bild 4.27 Parallelschwingkreis und komplexe Zeiger von Spannung und Strom für IC > IL

        Für IL > IC ist die Spannung U gegen den Strom  I

        um einen Winkel > 0 phasenverschoben.


        Im Sonderfall IC = IL sind die Spannung U und der Strom  I in Phase und es ist = 0; man spricht dabei von Parallelresonanz (parallel resonance).

        Dabei ist der komplexe Leitwert


        (4.108)


        des Parallelschwingkreises reell und der Blind- leitwert ist null:


        (4.109)


        Damit erhalten wir für die Resonanz-Kreisfre- quenz dieselbe Bestimmungsgleichung wie bei der Reihenresonanz:


        (4.110)

        Bild 4.28 Komplexe Zeiger von Spannung und Strom beim Parallelschwingkreis für Resonanz


        Entsprechendes gilt auch für die Blindleistungen QL = – BL U 2 und QC = BC U 2 der Grundeintore L und C. Bei Resonanz ist die Blindleistung des Parallelschwingkreises gleich null. Das Bild 4.26 gilt auch für die Parallelresonanz.


        Ist der Parallelschwingkreis in Resonanz, so kön- nen die Effektivwerte IC und IL höher sein als der Effektivwert I des Gesamtstromes:


        (4.111)


        Dies ist bei der Dimensionierung der Bauelemente und beim Betrieb des Parallelschwingkreises zu berücksichtigen. Die Stromüberhöhung ent- spricht der Spannungsüberhöhung bei Reihen- resonanz.

        Die Maximalwerte IC und IL liegen bei Frequen- zen f fr vor.

        Als Oberbegriff für die Spannungs- und die

        Stromüberhöhung verwendet man die Bezeich- nung Resonanzüberhöhung.

        Praxisbezug 4.7

        Durch die punktförmige Zugbeeinflussung PZB (früher: induktive Zugsicherung Indusi) wird auf Hauptstrecken der Deutschen Bahn die Fahrt jedes Zuges an Signalen und Lang- samfahrstellen überwacht. Bei einer Unauf- merksamkeit des Triebfahrzeugführers wird der Zug automatisch gebremst.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Das Bild 4.29 zeigt die Prinzipschaltung des Drei-Frequenz-Systems: Drei Tonfrequenzgene- ratoren TG speisen über Impulsrelais die Spu- len eines Fahrzeugmagneten M, in dessen Umgebung sich ein Magnetfeld mit den Fre- quenzen 500 Hz, 1000 Hz und 2000 Hz aus- breitet. Bei freier Fahrt ist der Scheinleitwert jeder Spule des Fahrzeugmagneten groß und die Impulsrelais R sind angezogen.

        4 s eine Taste betätigt, wird eine Zwangsbremsung eingeleitet.

        An jedem Hauptsignal bewirkt ein 2000-Hz- Schwingkreis eine Zwangsbremsung, wenn es in Haltstellung überfahren wird. Der 500-Hz- Schwingkreis übernimmt eine Geschwindigkeits- überprüfung an besonderen Gefahrenpunkten.


        Wenn Vor- und Hauptsignal auf „Freie Fahrt“ stehen, werden die Schwingkreise am Gleis unwirksam; der Schalter S ist dabei jeweils ge- schlossen.


      2. Resonanz linearer Netze


        Enthält ein lineares Netz mindestens ein Grundeintor L und mindestens ein Grundeintor C, so können bei der Resonanzfrequenz die Klemmenspannung U und der Strom I in Phase sein.


        Bei Resonanz sind sowohl der komplexe Widerstand Z als auch der komplexe Leitwert Y am Tor eines Netzes reell.


        Während beim Reihen- und beim Parallel- schwingkreis der Sonderfall vorliegt, dass der Widerstand des Grundeintors R nicht die Reso- nanzfrequenz bestimmt, hängt bei einem linearen

        Netz die Resonanzfrequenz i. Allg. auch von den Widerstandswerten der Grundeintore R ab.



        Bild 4.29 PZB, Prinzipschaltung des Drei-Frequenz- Systems: W Wachsamkeitsprüfung, G Geschwindig- keitsprüfung, B Bremsen, T Tachometer, F Fahrt- schreiber und Steuerlogik


        An jedem Vorsignal wird der Fahrzeugmagnet M über einen Parallelschwingkreis P hinwegbewegt, der dabei induktiv über den magnetischen Kreis M – P angekoppelt wird. Steht das Vorsignal auf

        „Halt“, so ist der Schalter S geöffnet und der auf 1000 Hz abgestimmte Parallelschwingkreis wirksam. Wegen der induktiven Kopplung und der Parallelresonanz wird der Scheinleitwert des 1000-Hz-Kreises auf dem Triebfahrzeug minimal und das zugehörige Impulsrelais fällt ab. Wenn der Triebfahrzeugführer danach nicht innerhalb von

        Ist in einem Netz mehr als ein Grundeintor L oder C vorhanden, so kann es mehr als eine Resonanzfrequenz geben.

        Beispiel 4.16

        Die Schaltung liegt an einer Sinusspannung mit der Frequenz 1 kHz. Wir wollen unter- suchen, bei welchem Widerstand RPot des Potenziometers Resonanz vorliegt.

        Zunächst fassen wir die Widerstände R und

        RPot zum Widerstand RS zusammen:

        RS = R + RPot

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Das Netz hat den komplexen Leitwert:

        Die Teilleitwerte der Schaltung 4.30 sind:


        (4.112)


        (4.113)



        Bei Resonanz ist der Blindleitwert B = 0:


        Wir setzen die gegebenen Werte ein und be- rechnen die Summe RS = 147,1 der Wider- stände.

        Der Widerstand des Potenziometers muss für Resonanz den Wert haben:

        Damit berechnen wir den Leitwert Y des Netzes:


        Y = G + j B = Y1 + Y2 (4.114)


        Wir überprüfen zunächst, ob die Wirkleistung P1 am Widerstand RS gleich der Wirkleistung des Eintornetzes ist. Nach der Stromteilerregel gilt:


        (4.115)


        Wegen G2 = 0 ist G = G1 + G2 = G1; deshalb ist unabhängig von der Frequenz und den Werten

        RPot

        = RS

        R = 135,1

        der Eintore stets P1 = P. Die Wirkleistung P1 am Grundeintor RS ist also gleich der Wirkleistung des Netzes.

      3. Widerstandstransformation


Die elektrische Energie, die einem linearen Netz im Mittel zugeführt wird, lässt sich mithilfe der Wirkleistung beschreiben. Diese Energie wird ausschließlich an den Grundeintoren R des Netzes bleibend in eine andere Energieform umgewan- delt.

Andererseits ist die Wirkleistung durch den Wirkwiderstand des Netzes bestimmt, der nicht nur von den Grundeintoren R, sondern auch von der Frequenz und von den im Netz enthaltenen Grundeintoren L und C abhängt; diese Eintore sind deswegen an der Energieumwandlung be- teiligt. Wir wollen dies an der Schaltung 4.30 untersuchen.


Bild 4.30 Schwingkreis


Wir berechnen nun den Widerstand Rr des Netzes für die Resonanz-Kreisfrequenz r ; wegen B = 0 und G = G1 gilt:


(4.116)


Bei Resonanz ist der Widerstand Rr am Tor des Netzes höher als der Wert RS:


(4.117)


Durch die Wirkung der energiespeichernden Grundeintore kommt es zu einer Widerstands- transformation. Wir wollen dies am Zeigerdia- gramm (Bild 4.31) der Schaltung 4.30 untersu- chen.


Bei Resonanz sind I und U in Phase. Die Zeiger der Ströme und die Zeiger der Spannungen bilden jeweils ein rechtwinkliges Dreieck, wobei  I1 und UR in Phase sind:

(4.118)

Wegen I1 > I ist zur Erzielung der Wirkleistung an RS die Spannung UR < U erforderlich. Für die Widerstände gilt dabei:


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

(4.120)



Bild 4.31 Zeigerdiagramm zur Schaltung 4.30 für Resonanz


Die Wirkleistungen P und P1 sind gleich:

P = U I = P1 = UR I1 (4.119)


Tabelle 4.1 Widerstandstransformation

Wegen des Phasenverschiebungswinkels > 0 zwischen  I1 bzw. UR und  I bzw. U sind die Leistungsschwingungen P(t) und P1(t) zeitlich verschoben. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Energiespeicher-Eintore C und L am Energieaus- tausch zwischen der Quelle, die das Netz speist, und dem Grundeintor RS beteiligt sind.

Beispiel 4.17

Wir wollen den Wirkwiderstand Rr der Schal- tung des Beispiels 4.16 für die Resonanzfre- quenz fr = 1 kHz berechnen.

Mit der Gl. (4.117) erhalten wir für L = 35 mH:


Der Wirkwiderstand Rr des Schwingkreises ist bei Resonanz höher als RS = 147,1 .






Durch Widerstandstransformation kann man an den Klemmen eines Schwingkreises einen Wider- stand erhalten, dessen Wert größer oder kleiner als das Grundeintor R ist. Nur bei Reihen- und Parallelresonanz ist der Wirkwiderstand des Net- zes gleich dem Wert des Grundeintors R.

Die Tabelle 4.1 zeigt für Widerstandsverkleine- rung und Widerstandsvergrößerung je zwei Schal- tungen, die bei Frequenzen f fr unterschiedlich wirken (zu den Begriffen Hochpass und Tiefpass s. Abschn. 5.3).

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Fragen

Aufgaben

4.21(1) Welchen Wert hat die Resonanzfrequenz eines Parallelschwingkreises (L = 40 mH; C = 2,2 F; G = 1,2 mS)? Berechnen Sie sämtliche Ströme und Leistungen für die Spannung U = 10 V bei Resonanz.

4.22(1) Die Schaltung des Beispiels 4.16 liegt an einer Sinusspannung mit dem Effektivwert 20 V. Berechnen Sie die Blindleistungen der Grundein- tore L und C sowie die Blindleistung der gesamten Schaltung bei Resonanz.

4.23(2) Berechnen Sie die Resonanzfrequenz und den Scheinwiderstand Zr des Eintors für Reso- nanz. Welchen Scheinwiderstand Z weist das Eintor bei 200 Hz auf?

4.24(2) Eine Spule und ein Kondensator werden in Reihenschaltung an einem Netzgerät mit der konstanten Spannung U = 10 V betrieben, dessen Frequenz einstellbar ist.

Bei der Frequenz 1,2 kHz wird das Maximum 125 mA des Stromes gemessen; dabei beträgt die Spannung am Kondensator 16 V. Berechnen Sie den Widerstand und die Induktivität der Spule sowie die Kapazität des Kondensators.

4.25(2) Das Eintor soll bei 40 kHz den Widerstand Z = 50 haben. Berechnen Sie die hierfür erfor- derlichen Werte der Grundeintore L und C.


4.26(3) Berechnen Sie sämtliche Resonanzfrequen- zen des Netzes.


    1. Leistungsanpassung und Blindleis- tungskompensation

      Ziele: Sie können

      • die Bedingungen für die Wirkleistungsanpassung ei- nes Wechselstromkreises angeben.

      • erläutern, warum in der Energietechnik die Wirkleis-

        tungsanpassung nicht angestrebt wird.

      • zeigen, dass die Scheinleistungsanpassung bei einem kleinen Winkel des komplexen Widerstandes ein brauchbarer Ersatz für die Wirkleistungsanpassung ist.

      • die Blindleistungskompensation erläutern und ihre Vorteile nennen.


      1. Leistungsanpassung


        Wenn eine Quelle an einen Verbraucher die ma- ximal mögliche Leistung abgibt, dann spricht man von Leistungsanpassung. In einem linearen Gleichstromnetz tritt dieser Betriebsfall auf, wenn

        der Verbraucherwiderstand gleich dem Innenwi- derstand der Quelle ist.


        Wir wollen nun bei einem linearen Netz an Sinus- spannung untersuchen, unter welchen Bedingun- gen der Verbraucher die maximale Wirkleistung erhält. Dabei sehen wir die lineare Quelle mit der Quellenspannung Uq und dem Innenwiderstand Zi als gegeben an.


        Bild 4.32 Netz mit Quelle und Verbraucher


        Die Wirkleistung P des Verbrauchers mit dem komplexen Widerstand ZV = RV + j XV hängt von den reellen Variablen RV und XV ab. Da es sich um ein lineares System handelt, können wir die Einflüsse von RV und XV auf das Maximum von P getrennt untersuchen.


        Wir sehen zunächst außer Uq, Ri und Xi auch RV als gegeben an und betrachten den Einfluss von XV auf die Verbraucherleistung P:

        (Ri + RV)2 – 2 (Ri + RV) RV = 0 (4.124)


        nach dem Wirkwiderstand RV des Verbrauchers auf und erhalten:


        RV = Ri (4.125)

        Für eine Wirkleistungsanpassung im Wechsel- stromkreis müssen also zwei Anpassungsbedin- gungen erfüllt sein:


        RV = Ri ; XV = Xi (4.126)

        Ist nur eine der beiden Anpassungsbedingungen erfüllt und die andere nicht, so ergibt sich kein Maximum, sondern nur ein Optimum der Wirk- leistung P.


        Die beiden Anpassungsbedingungen (4.126) las- sen sich zu einer komplexen Gleichung zusam- menfassen:


        (4.127)


        Sind anstelle der Widerstände Leitwerte gege- ben, so lautet in diesem Fall die Bedingung für Wirkleistungsanpassung:


        (4.121)


        Die Wirkleistung P hat bei Resonanz (XV = Xi) das Optimum:

        (4.128)


        Die maximale Leistung ist wie bei Gleichstrom bzw. Gleichspannung:


        (4.129)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.122)


        Nun untersuchen wir, für welchen Widerstand RV sich bei Resonanz das Maximum der Wirkleistung ergibt, und bilden den Differenzialquotienten:


        (4.123)


        Beim Maximum der Wirkleistung hat dieser Differenzialquotient den Wert null. Wir lösen die Gleichung


        Weil die Wirk- und Blindwiderstände im Allge- meinen frequenzabhängig sind, ist die Wirk- leistungsanpassung im Wechselstromkreis jeweils nur für eine Frequenz zu erreichen.


        In der Nachrichtentechnik ist es vielfach wich- tig, dem Zustand der Anpassung in einem mög- lichst großen Frequenzbereich nahe zu kommen. Man erreicht dies, indem man den komplexen Verbraucherwiderstand gleich dem komplexen Innenwiderstand wählt. Diesen Betriebsfall nennt man Scheinleistungsanpassung:


        Am Verbraucher tritt die Scheinleistung S


        (4.130)


        SA auf: (4.131)

        Wirkleistungsanpassung im Prinzip durchführ- bar. Wegen Ri = RV wäre jedoch der Wirkungsgrad der Energieerzeugung und -verteilung nur 50 %. Deshalb wird Wirkleistungsanpassung in der Energietechnik nicht angestrebt. Man versucht vielmehr auch aus konstruktiven Gründen (Kühlung), die Verluste in den Generatoren und auf den Leitungen so niedrig wie möglich zu hal- ten.

        Im gesamten Frequenzbereich, in dem ZV = Zi ist, erhält der Verbraucher die Wirkleistung PSA:

      2. Blindleistungskompensation

        U

        2

        P = Ri S = q R


        (4.132)

        Bei der elektrischen Energieversorgung treten in

        i

        SA Zi SA

        4 Z 2 i

        Transformatoren und Leitungen zusätzliche Ver- luste dadurch auf, dass infolge von Blindleistung

        Bei kleinen Winkeln des komplexen Widerstandes ist PSA nur unwesentlich kleiner als die bei Wirk- leistungsanpassung erreichbare Leistung Pmax.

        Beispiel 4.18

        An einer Quelle mit der Quellenspannung Uq = 1,5 V und dem komplexen Innenwider- stand Zi = (1 – j 0,25) M wird ein Verbrau- cher bei Scheinleistungsanpassung betrieben. Wir wollen untersuchen, um wieviel Prozent seine Wirkleistung PSA kleiner ist als die maximale Wirkleistung Pmax bei Wirkleis- tungsanpassung.


        Bei Scheinleistungsanpassung ist ZV =  Zi und es fließt der Strom:

        des Verbrauchers Energie zwischen Erzeuger und Verbraucher hin- und herfließt. Diese Verluste lassen sich dadurch vermeiden, dass man dem Verbraucher YV = GV + j BV ein Eintor mit dem

        Blindleitwert BV parallel schaltet; dies wird als

        Blindleistungskompensation bezeichnet. Sie ist

        vor allem bei induktiv wirkenden Verbrauchern von Bedeutung, denen zur Kompensation Kon- densatoren parallel geschaltet werden.


        Eine Kompensation wäre auch durch die Reihenschaltung eines Blindwiderstandes zum Verbraucher möglich. Dadurch würde aber der Effektivwert U der Spannung am Verbraucher ge- ändert. Da jedoch die Spannung am Verbraucher möglichst konstant sein soll, wird ausschließlich die Parallelkompensation durchgeführt.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Wirkleistung des Verbrauchers ist:



        Diese Leistung ist nur um 6 % geringer als die Leistung bei Wirkleistungsanpassung:


        In der elektrischen Energietechnik, bei der die Frequenz praktisch konstant ist, wäre eine


        Bild 4.33 Prinzipdarstellung der Spannungskonstant- haltung in der elektrischen Energietechnik


        Der Effektivwert U der Spannung ist bei konstanter Quellenspannung des speisenden Netzes lastab- hängig. Bei der elektrischen Energieversorgung wird sie jedoch durch eine Regelung praktisch konstant gehalten; dies geschieht dadurch, dass

        an den Niederspannungstransformatoren (s. Pra- xisbezug 6.2) je nach Belastung unterschied- liche Ausgangsspannungen eingestellt werden. Die Quelle kann dabei als stromgesteuerte Span- nungsquelle dargestellt werden (Bild 4.33).


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bei der Kompensation eines induktiv wirkenden Verbrauchers (Bild 4.34), der an Sinusspannung konstanter Amplitude betrieben wird, ist der Ge- samtstrom  I kleiner als der Strom  IV des (unkom- pensierten) Verbrauchers; infolgedessen sind die Verluste in den Innenwiderständen des Versor- gungssystems, die wir zu Ri zusammenfassen, bei Kompensation geringer als bei der Versorgung des unkompensierten Verbrauchers.


        Die Energieversorgungsunternehmen (kurz: EVU) stellen denjenigen Abnehmern, die aus dem sog. Drehstrom-Mittelspannungsnetz mit Spannungen 10 ... 30 kV (s. Praxisbezug 6.2) versorgt werden, nicht nur die Kosten für die gelieferte Wirkarbeit, sondern auch die Kosten für die bereitgestellte Scheinleistung in Rechnung. Außerdem werden den Abnehmern die Kosten für die Blindarbeit in Rechnung gestellt, wenn sie 50 % der Wirkarbeit übersteigt.

        I IV

        Diese Abnehmer führen eine Kompensation in zwei Stufen durch: Geräte mit schlechtem Leis- tungsfaktor werden an Ort und Stelle so kom- pensiert, dass sie etwa den Leistungsfaktor cos

        = 0,95 aufweisen; man bezeichnet dies als Einzel­ kompensation. Zusätzlich wird eine sog. Grup­ penkompensation vorgesehen, bei der in der Nie- derspannungs-Verteilung ein Blindleistungsregler den Leistungsfaktor des Betriebes durch Zu- oder Abschalten von Kondensatoren etwa auf den Wert cos = 1 einstellt.


        Beispiel 4.19

        Ein Wechselstrom-Motor mit der Nennspan- nung 230 V (50 Hz), der bei cos V = 0,785 die Wirkleistung 725 W aufnimmt, soll auf cos = 1 bzw. auf cos = 0,95 kompensiert werden.

        Wir wollen die jeweils erforderliche Kapazität

        C des Kondensators berechnen.


        Die Blindleistung QV des Motors ist induk- tiv:

        QV = PV · tan V = 572 var

        Bei vollständiger Kompensation auf cos = 1 ist wegen QC + QV = 0 die Blindleistung des Kondensators:

        IC IL IG

        PV

        L G YV

        QC = QV = 572 var = C U2

        U C


        Ig U

        

        V I


        IC


        IL

        IV


        Bild 4.34 Kompensation eines induktiv wirkenden Verbrauchers

        Für vollständige Kompensation auf cos = 1 muss der Kondensator die Kapazität 34,4 µF haben.


        Bei einer Kompensation auf cos = 0,95 ist der Phasenverschiebungswinkel des Ersatz- eintors = 18,2°. Die Blindleistung der Quelle ist dabei:

        Qq = PV tan = 238 var

        Mit Qq + QC + QV = 0 berechnen wir die Blindleistung

        QC = C U2 = Qq QV = 334 var

        und damit die Kapazität C = 20,1 µF des Kon- densators.

        Da die EVU den Abnehmern die Blindarbeit nur dann in Rechnung stellen, wenn sie 50 % der Wirkarbeit übersteigt, scheint die Gruppenkom- pensation auf den ersten Blick überflüssig zu sein.

        Ein Leistungsfaktor cos < 1 führt aber dazu,

        dass die Scheinleistung S = P / cos größer ist als die Wirkleistung. Wird jedoch der Leistungsfaktor durch Gruppenkompensation auf cos = 1 einge- stellt, so sind wegen S = P die Kosten für die Bereitstellung der Scheinleistung minimal.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Beispiel 4.20

        Einem Betrieb, der lediglich eine Einzelkom- pensation sämtlicher Verbraucher auf den Leistungsfaktor cos = 0,95 durchgeführt hat, wird vom EVU jährlich eine Scheinleistung 460 kVA mit dem Bereitstellungspreis 80 € je kVA in Rechnung gestellt.

        Wir wollen untersuchen, für welche Blind- leistung Q dieser Betrieb eine Anlage zur Gruppenkompensation bestellen müsste und in welcher Zeit sie sich bei einem Kaufpreis von 400 € für je 10 kvar amortisiert.

        Die Blindleistung dieses Betriebes ist:

        Q = S sin = 460 kVA · 0,312 = 143,6 kvar Der Betrieb müsste eine Anlage für 150 kvar

        bestellen, die 6.000 € kostet; mit ihr ergibt sich die neue Scheinleistung 437 kVA, die zur Einsparung von 23 kVA · 80 €/ kVA = 1.840 € jährlich führt. Ohne Berücksichtigung des Kapitaldienstes amortisiert sich die Anlage in 3,26 Jahren.


        Fragen

        • Beschreiben Sie, wie in der elektrischen Energie- versorgung die Verbraucherspannung konstant ge- halten wird.

        • Was versteht man unter dem Begriff Wirkleistungs-

          anpassung? Nennen Sie die Anpassungsbedingung für ein Wechselstromnetz.

        • Erläutern Sie, warum Wirkleistungsanpassung weder

          in der Energietechnik noch in der Nachrichtentechnik durchgeführt wird.

        • Was versteht man unter dem Begriff Scheinleis-

          tungsanpassung?

        • Erläutern Sie die Blindleistungskompensation. Wo- bei und warum wird sie durchgeführt?

        Aufgaben

        4.27(1) Die Schaltung des Beispiels 4.16 mit dem Widerstand RPot = 135,1 liegt an einer linearen Sinusquelle mit der Frequenz 400 Hz. Wie muss deren Innenwiderstand Zi gewählt werden, damit Scheinleistungsanpassung vorliegt?


        4.28(1) Dimensionieren Sie C1 und G3 für eine Anpassung bei 5 MHz.


        4.29(2) Eine Leuchtstofflampe nimmt mit Vor- schaltdrossel an 230 V (50 Hz) beim Strom 0,41 A die Wirkleistung 48 W auf. Welchen Leistungsfaktor hat die Lampe mit Drossel? Welche Kapazität und welche Nennspannung muss ein Kondensator haben, mit dem die kom- pensierte Lampe den Leistungsfaktor cos = 0,95 erreicht?

        4.30(2) Ein Wechselstrom-Motor mit dem Leis- tungsfaktor cos M = 0,785 wird auf cos = 0,95 bzw. cos = 1,0 kompensiert. Um wieviel Prozent sind die Verluste im speisenden Netz beim Betrieb des unkompensierten Motors höher als die Ver- luste beim Betrieb des kompensierten Motors?


    2. Übertrager


Ziele: Sie können

      1. Verlustloser Übertrager


        Ein Übertrager (transformer) besteht aus zwei magnetisch gekoppelten Spulen, die auf einem gemeinsamen Kern angeordnet sind, in dem ein magnetischer Fluss (t) fließt.


        Bild 4.35 Prinzip des Übertragers


        Der Zusammenhang der Ströme und Spannungen an einem Übertrager wird näherungsweise durch die Gln. (1.90) beschrieben, die aber die Verluste im magnetischen Kreis und die Verschiebungs- ströme unberücksichtigt lassen.

        Beim verlustlosen Übertrager lässt man auch die Verluste in den Widerständen der Spulen un- berücksichtigt und setzt R1 = R2 = 0. Dies setzen wir mit der Gl. (1.89) in die Gln. (1.90) ein:

      2. Idealer Übertrager


        Im Allgemeinen werden an einen Übertrager zwei Forderungen gestellt, die möglichst weitgehend erfüllt sein sollen:

        • Der Quotient aus der Eingangsspannung U1 und der Ausgangsspannung U2 soll konstant und von den jeweiligen Betriebsbedingungen unabhängig sein.

        • Der Übertrager soll einen Energiefluss ermög- lichen, ohne selbst Energie zu verbrauchen oder Energie zu speichern. Bei sämtlichen

          Frequenzen muss P1 + P2 = 0 und Q1 + Q2 = 0 gelten.


          Ein Übertrager, der diese beiden Forderungen erfüllt, wird idealer Übertrager genannt; er ist in der Praxis nicht realisierbar.


          Im Folgenden wollen wir untersuchen, wie man dem Betriebsverhalten des idealen Übertragers möglichst nahe kommen kann. Dazu gehen wir vom verlustlosen Übertrager aus, bei dem die Summe der Wirkleistungen null ist, und untersuchen zunächst die Erfüllbarkeit der ersten Forderung.


          (4.133)



          Betreibt man einen verlustlosen Übertrager mit Sinusströmen, so sind bei sinusförmigem Fluss

          (t) auch die Spannungen sinusförmig und man

          kann mit komplexen Symbolen schreiben:


          (4.134)


          Bild 4.37 Am Tor 2 beschalteter Übertrager


          Ist der Ausgang des Übertragers mit einem Eintor beschaltet, das den Leitwert YV aufweist, so gilt:

          (4.135)


          Wir setzen diese Gleichung und die Gl. (1.99) in die Gln. (4.134) ein und berechnen:


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          (4.136)



          Bild 4.36 Schaltzeichen Übertrager mit Bezugspfeilen

          Der zweite Summand dieser Gleichung zeigt, dass die Ausgangsspannung auch von der Kreisfrequenz

          und vom Leitwert der Last abhängt. Der Einfluss dieser Größen verschwindet, wenn der Kopp- lungsfaktor den Wert k = 1 annimmt und es sich um einen ideal fest gekoppelten Übertrager handelt.


          Mit der Gl. (1.58) lässt sich zeigen, dass in diesem Sonderfall k = 1 das Verhältnis der Spannungen gleich dem Verhältnis der Windungszahlen ist, das als Übersetzungsverhältnis (transformation ratio) ü bezeichnet wird:


          (4.137)

          Für k = 1 sind die Ströme des ideal fest gekoppel- ten Übertragers in Gegenphase, während sie für k = 1 in Phase sind.


          Nun lösen wir die Gl. (4.140) nach  I2 auf und setzen dies mit den Gln. (4.137 und 1.99) in die erste Gleichung der Gln. (4.134) ein:

          (4.141)


          Wir ersetzen L1 mithilfe der Gl. (1.58) und er- halten für den ideal fest gekoppelten Übertrager mit dem Kopplungsfaktor k = 1:


          Diese Gleichung zeigt, dass für k = 1 die Span- nungen gleiche Phasenlage haben, also in Phase sind.


          Beim ideal fest gekoppelten Übertrager kann der Kopplungsfaktor auch den Wert k = 1 anneh- men und die Spannungen sind in Gegenphase.

          Beim ideal fest gekoppelten Übertrager ist die erste Forderung an einen Übertrager erfüllt, dass der Quotient aus der Eingangsspannung U1 und der Ausgangsspannung U2 konstant und von den jeweiligen Betriebsbedingungen unabhängig ist.


          Nun wollen wir untersuchen, ob und wie die zweite Forderung an einen idealen Übertrager erfüllt werden kann.

          Zunächst setzen wir für P1 + P2 = 0 und Q1 + Q2 = 0 die komplexe Leistung an:

          (4.142)


          Daraus folgern wir, dass für U1 0 und endliche Kreisfrequenz der magnetische Leitwert des Kerns unendlich hoch werden muss. Diese For- derung lässt sich für Kernwerkstoffe mit mög- lichst hoher Permeabilität annähernd erfüllen.

          Zusammenfassend stellen wir fest:


          Der ideale Übertrager ist ein ideal fest gekop- pelter, verlustloser Übertrager mit unendlich hohem magnetischen Leitwert des Kerns.


      3. Netzwerktransformation


Stellt ein idealer Übertrager die einzige Verbindung zwischen zwei Netzen dar, so kann seine Wirkung als Netzwerktransformation bezeichnet werden.


Wir bestimmen zunächst den Ersatzwiderstand Z


Damit berechnen wir:

(4.138)


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

(4.139)

e

am Tor 1 eines idealen Übertragers, der am Aus-

gang mit dem komplexen Widerstand Z abge- schlossen ist (Bild 4.38):


Sind die Ströme in Phase oder in Gegenphase, so ist das Verhältnis der Ströme gleich dem Verhält- nis der konjugiert komplexen Ströme:


(4.140)

Bild 4.38 Zur Transformation eines passiven Eintors


(4.143)



Es zeigt sich, dass der komplexe Widerstand Z durch den idealen Übertrager mit dem Quadrat des Übersetzungsverhältnisses transformiert wird:


(4.144)


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Für einen Leitwert gilt entsprechend:


(4.145)


Die Transformationswirkung ist nicht auf einen einzelnen Widerstand bzw. Leitwert beschränkt, vielmehr wird jedes Eintor eines Netzes mit ü2 transformiert.


Beispiel 4.21

Wir wollen untersuchen, wie die Eintore des Netzes von dem idealen Übertrager mit ü = 5 transformiert werden.


Die Verbindung zwischen den Klemmen 2 und 4 ändert nichts an der Wirkung des ide- alen Übertragers; sie dient lediglich zur Fest- legung der Potenziale. Wir bestimmen mit der Gl. (4.144) den Ersatzwiderstand:


Wir multiplizieren so aus, dass der Faktor ü2 bei den einzelnen Termen des Klammeraus- drucks erscheint:


Diese Gleichung beschreibt den Widerstand eines Netzes mit der gleichen Struktur, wie sie das Netz am Ausgang des Übertragers aufweist.


Der ideale Übertrager entfällt, wenn wir die Widerstandswerte R1, R4 und L3 um den Faktor ü2 = 25 vergrößern und den Leitwert

C2 um den Faktor 1 / ü2 = 0,04 verkleinern. Da dies für jede Kreisfrequenz gilt, können bei der Netzwerktransformation sämtliche Werte der Bauelemente entsprechend geändert werden.


Fragen

nem idealen Übertrager transformiert?


Aufgaben

4.31(1) In der Schaltung des Beispiels 4.21 wird der Widerstand R1 = 100 und der Kondensator C2 = 4,7 F gewählt. Wie sieht das transformierte Netz ohne Übertrager aus?

4.32(2) An einen idealen Übertrager mit ü = 5 wird am Tor 1 eine Sinusquelle Uq = 10 V mit dem Innenwiderstand Ri = 500 angeschlossen. Wie sieht am Tor 2 das transformierte Netz ohne Übertrager aus?

4.9 Transformator


Ziele: Sie können

mithilfe des KAPPschen Dreiecks ermitteln.


Im Prinzip ist ein Transformator in gleicher Weise aufgebaut wie ein Übertrager: Er besteht aus zwei

      1. Idealisierter Transformator


        Beim idealisierten Transformator wird ange- nommen, dass in ihm keine Verluste entstehen und dass seine Wicklungen mit dem magnetischen Fluss vollständig verkettet sind. Außerdem wird vorausgesetzt, dass der zeitabhängige Fluss

        = (t) = max cos t auf einem Weg fließt,

        dessen magnetischer Widerstand den Wert Rm = 0 aufweist.

        In der Primärwicklung mit der Windungszahl N1 wird gemäß Gl. (1.43) eine Spannung mit dem Scheitelwert û1 = N1 max induziert. Die Primärspannung hat also den Effektivwert U1:

        elektrisch getrennten Wicklungen, die auf einem Eisenkern angeordnet sind.

        U1 = 4,44 f N1

        max

        (4.146)

        Ein Transformator hat die Aufgabe, elektrische Energie von der Primärwicklung (primary coil), die an der Spannung U1 liegt, auf die Se- kundärwicklung (secondary coil) zu übertragen. Die sinusförmigen Spannungen und Ströme haben in beiden Wicklungen gleiche Frequenz.

        Wir beschreiben in diesem Abschnitt ausschließ- lich den Einphasentransformator, bei dem jede Wicklung aus einem Strang besteht; es gibt aber

        In der Sekundärwicklung mit der Windungszahl N2 wird die Sekundärspannung mit dem Effek- tivwert U2 induziert:

        U2 = 4,44 f N2 max (4.147)

        Der Quotient aus U1 und U2 wird Übersetzungs- verhältnis ü genannt:

        auch speziell konstruierte Transformatoren für die     Energieübertragung in Drehstromnetzen.

        (4.148)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 4.39 Einphasen-Transformator: Schaltzeichen mit Bezugspfeilen (a) und Schaltkurzzeichen (b)


        Während der Übertrager, der vorwiegend in der Messtechnik und bei der Informationsübertragung Anwendung findet, ausschließlich kleine Leistung überträgt, gibt es beim Transformator einen großen Leistungsbereich, der von wenigen Watt bis zu einigen Megawatt reicht:

        • Transformatoren kleiner Leistung (< 1 kVA bei Einphasentransformatoren) werden als Kleintransformatoren bezeichnet.

        • Transformatoren höherer Leistung werden

        Leistungstransformatoren genannt.

        Die Spannungen an den Wicklungen des ideali- sierten Transformators stehen zueinander im glei- chen Verhältnis wie die Windungszahlen.

        Da im idealisierten Transformator keine Verluste entstehen, ist die Scheinleistung S1 = U1 I1 der Pri- märwicklung gleich der Scheinleistung S2 = U2 I2 der Sekundärwicklung. Mit U1 I1 = U2 I2 berech- nen wir das Verhältnis der Ströme:


        (4.149)


        Die Ströme in den Wicklungen des idealisierten Transformators stehen zueinander im umgekehr- ten Verhältnis der Windungszahlen.


      2. Realer Transformator

        Der reale Transformator unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht vom idealisierten Transfor- mator:

        • Streuung: Diejenigen Feldlinien, die jeweils mit nur einer Wicklung verkettet sind, bilden den Streufluss (leakage flux) 1 bzw. 2 (Bild 4.40). Dagegen durchsetzt der Hauptfluss h beide Wicklungen.

        • Verluste: Die Stromwärmeverluste in den

          Ohmschen Widerständen R1 bzw. R2 der Wick-

          Die Ersatzschaltung 4.41 des realen Transformators enthält außer den genannten Widerständen und Reaktanzen einen idealisierten Transformator.


          Wie beim Übertrager werden die Größen im Sekundärkreis des idealisierten Transformators auf die Primärseite umgerechnet. Die umgerech-

          neten Größen werden durch einen Strich () ge-

          lungen werden häufig Kupferverluste genannt, obwohl auch Aluminium als Leitermaterial verwendet wird. Die Hysteresearbeit und die Wirbelstromverluste werden zu den Eisenver- lusten zusammengefasst.

        • Magnetisierungsstrom: Zur Erzeugung des

        kennzeichnet:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.150)

        Hauptflusses h, der sich über den Eisenweg mit dem magnetischen Widerstand Rm > 0 schließt, ist der Magnetisierungsstrom I erforderlich.

        Nach dieser Umrechnung entfällt der idealisierte Transformator.



        Bild 4.40 Streuflüsse des realen Transformators


        In der Ersatzschaltung (Bild 4.41) wird die Streuung des realen Transformators durch die Streureaktanzen X1 bzw. X2 berücksichtigt. Den Eisenverlusten wird der Eisenverlustwider- stand RFe zugeordnet. Der als sinusförmig ange- nommene Magnetisierungsstrom I fließt durch ein Grundeintor L, dessen Blindwiderstand als Hauptreaktanz Xh bezeichnet wird.

        Bild 4.42 Realer Transformator, Ersatzschaltung mit umgerechneten Größen der Sekundärseite


        Die an der Hauptreaktanz Xh liegende Spannung

        Uh wird Hauptfeldspannung genannt.



        Bild 4.41 Ersatzschaltung des realen Transformators


        Bild 4.43 Realer Transformator, Zeigerdiagramm für

        Ohmsch-induktive Belastung

      3. Leerlauf und Kurzschluss


        Wird der Transformator primärseitig an Nenn- spannung betrieben, so liegt bei Leerlauf die Spannung U20 = U2N an den Klemmen der Sekundärwicklung. Bei Leerlauf fließt wegen I2 = 0 in der Primärwicklung der Leerlaufstrom I0 = I1, der wesentlich kleiner als der Nennstrom ist; er beträgt bei einem Transformator mit der Nennleistung 100 kVA etwa 2,5 %, bei 10 MVA nur etwa 1 % des Nennstromes.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Spannungsfälle U1R = R1 I1 und U1 = X1 I1, die bereits bei Nennbetrieb wesentlich klei- ner als die Hauptfeldspannung Uh sind, können bei Leerlauf ohne weiteres vernachlässigt wer- den. Für den Leerlauf gilt daher die vereinfachte Ersatzschaltung 4.44 a.

        Beispiel 4.22

        Beim Leerlaufversuch werden an einem Einphasen-Transformator mit der Nennleis- tung S2N = 10 kVA folgende Werte gemessen: U1 = 230 V; I0 = 1,6 A; P0 = 72,5 W und U20 =

        10,5 kV. Wir wollen die Elemente der Ersatz- schaltung berechnen.

        Mit den Gln. (4.16 und 4.22) setzen wir an:


        Dem Zeigerdiagramm 4.44 b entnehmen wir:

        IFe = I0 cos 0 = 0,315 A

        I = I0 sin 0 = 1,57 A Damit berechnen wir:



        Bild 4.44 Vereinfachte Ersatzschaltung (a) und Zeiger- diagramm (b) des Transformators bei Leerlauf


        Im Leerlauf nimmt ein Transformator als Wirk- leistung praktisch nur die Eisenverluste PFe auf, die auch als Leerlaufverluste P0 = PFe bezeichnet werden; sie werden beim Leerlaufversuch mit ei- nem Wattmeter gemessen. Die Voltmeter sollten einen Messwerkwiderstand RM haben. Mit den Messwerten dieses Versuchs kann außerdem das Übersetzungsverhältnis ü bestimmt werden.


        Bild 4.45 Schaltung zum Leerlaufversuch

        Tritt während des Betriebs des Transformators ein Kurzschluss der Sekundärwicklung auf, so können unmittelbar nach seinem Eintritt in den Wicklungen hohe Ströme fließen, deren Scheitel- werte im ungünstigsten Fall etwa doppelt so hoch wie die Stromscheitelwerte sind, die im Dauerkurzschluss vorliegen. Durch konstruktive Maßnahmen muss gewährleistet sein, dass die da- bei auftretenden Kräfte den Transformator nicht beschädigen.

        Der Stoßkurzschlussstrom geht nach sehr kurzer Zeit in den kleineren Dauerkurzschlussstrom über. Dieser bewirkt im Allgemeinen eine so gro- ße Erwärmung, dass der Transformator schnell abgeschaltet werden muss.


        Beim Kurzschluss ( = 0; = 0) können der hochohmige Eisenverlustwiderstand RFe und die hochohmige Hauptreaktanz Xh gegen und vernachlässigt werden, die sehr niederohmig sind. Die übrigen Ohmschen Widerstände werden zu Rk = R1 + , die Reaktanzen werden zur Kurzschlussreaktanz Xk = X1 + zusam-

        mengefasst (Bild 4.46a).

        Diese Kupferverluste PCu werden auch als Kurz- schlussverluste Pk = PCu bezeichnet; sie werden beim Kurzschlussversuch mit einem Wattmeter gemessen.



        Bild 4.46 Vereinfachte Ersatzschaltung (a) und Zeigerdiagramm (b) des Transformators beim Kurzschlussversuch


        Der Kurzschlussversuch wird wegen der kleinen Kurzschlussimpedanz

        (4.151)


        mit dem Nennstrom I1N durchgeführt. Die Primär- spannung, die dabei an den Transformator gelegt wird, ist wesentlich kleiner als die Nennspannung; sie wird Kurzschlussspannung Uk genannt:

        Uk = I1N · Zk <<U1N (4.152)

        In Datenblättern wird gewöhnlich die auf die Nennspannung U1N bezogene Kurzschlussspan- nung angegeben, die als relative Kurzschluss- spannung uk bezeichnet wird:


        Bild 4.47 Schaltung zum Kurzschlussversuch


        Beispiel 4.23

        Beim Kurzschlussversuch werden an dem Transformator des Beispiels 4.22 folgende Werte gemessen: Uk = 14 V; Pk = 410 W. Wir wollendie Elementeder Ersatzschaltung 4.46a, die relative Kurzschlussspannung uk und den Dauerkurzschlussstrom IkN berechnen.

        Die Scheinleistung S1 der Primärwicklung

        setzen wir näherungsweise gleich der Nenn- leistung S2N an. Beim Kurzschlussversuch fließt in der Primärwicklung der Nennstrom:


        Mit Ik = I1N berechnen wir:


        (4.153)


        Der Wert von uk, der etwa 4 . . . 12 % beträgt, ist umso höher, je größer die Nennleistung des Transformators ist.

        Mit der relativen Kurzschlussspannung kann der Dauerkurzschlussstrom IkN berechnet werden, der beim Anlegen der Nennspannung U1N an die Primärwicklung fließt:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Normalerweise ist R1 und X1 :


        (4.154)


        Im Kurzschluss nimmt ein Transformator als Wirk- leistung praktisch nur die Stromwärmeverluste in den Ohmschen Widerständen der Wicklungen auf.


      4. Spannungsänderung

        KAPPsches Dreieck

        U1 UX

        Die sekundärseitige Scheinleistung, also das Produkt aus Nennspannung U20 und Nennstrom I2N, ist nach VDE 0532 die Nennleistung S2N = U20 I2N des Transformators.

        Wird der Transformator primärseitig mit Nenn- spannung betrieben, so liegt bei Leerlauf die Nennspannung U20 = U2N an den Klemmen der

        I1N Rk


        UR

        U1N

        Xk

        ,

        UX RV

        U , ,

        2 XV

        UR

        ,

        U2


        I1N

        

        Sekundärwicklung.

        Der Unterschied zwischen der Leerlaufspannung und der Spannung bei Nennstrom wird als Spannungsänderung U2 bezeichnet:

        U2 = U20 U2 (4.155)

        Die Spannungsänderung U2 ist die Differenz der Effektivwerte von U20 und U2; die Phasenver- schiebung zwischen den beiden Spannungen wird dabei nicht berücksichtigt.

        Wir rechnen die Gl. (4.155) auf die Primärseite um:

        Bild 4.48 Betrieb des Transformators mit Nennstrom, Schaltung (a) und Zeigerdiagramm (b)

        Beispiel 4.24

        Welche Sekundärspannung stellt sich bei dem in den Beispielen 4.22 und 4.23 beschriebenen Transformator ein, wenn er mit Nennstrom beim Leistungsfaktor cos = 1 bzw. cos = 0,8 ind. bzw. cos = 0,6 kap. belastet wird?

        UR = Rk I1N = 0,217 · 43,5 A = 9,43 V

        UX = Xk I1N = 0,238 · 43,5 A = 10,35 V


        (4.156)

        Nimmt man näherungsweise an, dass die Spannungen U1N und in Phase sind, so ergibt sich für die auf die Primärseite umgerechnete Spannungsänderung:


        (4.157)


        Das Bild 4.46 zeigt, dass UR der Spannungsfall ist, den der Nennstrom I1N an Rk hervorruft; entspre- chend ist UX der Spannungsfall an Xk:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (4.158)


        Die Spannungen UR und UX sind die Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks, das Kappsches Dreieck1) genannt wird (Bild 4.48).

        Die Spannung U2, die sich beim Betrieb des Transformators mit Nennstrom einstellt, ist vom Phasenverschiebungswinkel des Verbrauchers abhängig. Bei Ohmscher und bei induktiver Last ist U2 < U20; bei kapazitiver Last kann U2 > U20 sein.


        1) Gisbert Kapp, 1852 – 1922

        Praxisbezug 4.8

        Ein Spannungswandler setzt für Messzwecke hohe Spannungen auf eine niedrige Spannung (Messbereichs-Endwert 100 V) herab; seine Last darf die Nennleistung 10 . . . 300 VA nicht über- steigen. Der Scheinleitwert der Last wird auch als Bürde des Spannungswandlers bezeichnet.

        Spannungswandler sind Transformatoren, die praktisch im Leerlauf betrieben werden; sie sind so konstruiert, dass vor allem die Leerlaufverluste besonders klein sind. Spannungswandler dürfen nicht kurzgeschlossen werden.

        Die Anschlüsse der Primärwicklung eines Span- nungswandlers werden mit den Großbuchstaben U; V und die der Sekundärwicklung mit den Klein- buchstaben u; v gekennzeichnet.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 4.49 Klemmenbezeichnungen von Spannungs- wandlern (a) und Stromwandlern (b)


        Ein Stromwandler setzt hohe Ströme auf nied- rige Werte (Messbereichsendwert 1 A bzw. 5 A) herab; seine Last darf die Nennleistung

        1 . . . 60 VA nicht übersteigen. Der Scheinwider- stand der Last wird auch Bürde genannt.

        Da die zur Strommessung verwendeten Ampere- meter einen sehr niedrigen Messwerkwiderstand aufweisen, werden Stromwandler praktisch im Kurzschluss betrieben; sie sind so konstruiert, dass vor allem die Kurzschlussverluste besonders klein sind.

        Stromwandler dürfen nicht im Leerlauf be- trieben werden, weil dabei die Eisenverluste unzulässig hoch würden; auch eine kurze Unter- brechung des Messkreises muss vermieden wer- den, da sich dabei aufgrund der Hysterese die Magnetisierungskennlinie verschiebt und die Eichung des Wandlers ungültig wird. Außerdem ist die bei Leerlauf in der Sekundärwicklung in- duzierte Spannung gefährlich hoch.

        Die Anschlüsse der Primärwicklung werden mit den Großbuchstaben K; L und die der Sekundärwicklung mit den Kleinbuchstaben k; l gekennzeichnet (Bild 4.49b).


      5. Kleintransformator


        Transformatoren kleiner Leistung werden bei ei- ner Vielzahl von Anwendungen eingesetzt:

        • für Beleuchtung, z. B. Halogenlampen, Hand- leuchten, Leuchtröhren;

        • für elektronische Geräte, z. B. Radios, Fernseher, Kleincomputer, Telefone usw.;

        • für medizinische Geräte: die Nenn-Ausgangs- spannung darf maximal 25 V betragen, wenn das Gerät mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommt, und maximal 6 V, wenn das Gerät in den menschlichen Körper eingeführt wird;

        • für Spielzeug: bei elektromotorisch angetriebe- nem Spielzeug darf die Nenn-Ausgangsspannung nicht höher als 25 V sein, und die Leistung darf höchstens 200 VA betragen;

        • weitere Anwendungen, z. B. Klingeltransforma- toren, Zündtransformatoren einer Heizung usw.


Für den Eisenkern, der aus isolierten Blechen geschichtet wird, gibt es genormte Blechschnitte. Außerdem werden Ringkerne und Schnittband- kerne verwendet.

Die Wicklung, die meist aus Kupferlackdraht her- gestellt wird, befindet sich auf einem Spulenkörper aus Kunststoff oder Hartpapier, der die Wicklung gegen den Kern isoliert. Die infolge der Eisen- und Kupferverluste entstehende Wärme wird im Allg. durch natürliche Luftkühlung abgeführt.


Die Nennleistung eines Kleintransformators ist die sekundäre Scheinleistung S2N = U2N I2N, also das Produkt von Nennspannung und Nennstrom. Die Nennspannung stellt sich dann ein, wenn der Kleintransformator bei Nennleistung mit Nenn- strom betrieben wird.


Fragen

und welche beim Kurzschlussversuch gemessen? Wie berechnet man aus ihnen die Größen der Ersatzschaltung?

  1. Netze mit Sinusquellen veränderlicher Frequenz


    1. Frequenzabhängigkeit der Netz- eigenschaften


      Ziele: Sie können

      − zeigen, dass bei Netzfunktionen die Kreisfrequenz stets in Verbindung mit dem Faktor j auftritt.

      − begründen, warum die Realteilfunktion eine gerade Funktion, die Imaginärteilfunktion dagegen eine un- gerade Funktion der Kreisfrequenz ist.

      − für ein gegebenes Netz je eine Ersatzschaltung für

      f = 0 und f angeben.

      − eine Netzfunktion in Komponentendarstellung ver- anschaulichen.

      − zu einer Netzfunktion die Ortskurve angeben.

      − Eigenschaften von Ortskurven zueinander inverser Netzfunktionen nennen.

      − die zu einer Geraden bzw. zu einem Kreis inverse Ortskurve bestimmen.

      − eine gegebene Netzfunktion normieren und als Funk- tion der normierten Frequenz angeben.


      Bisher haben wir die Sinusgrößen in linearen Net- zen mithilfe der komplexen Rechnung nur bei je- weils einer konstanten Frequenz untersucht. Diese Beschränkung wollen wir nun aufgeben und die Frequenz als variabel im Bereich 0 f < anse- hen. Zur Frequenz f = 0 gehört die Periodendauer T , für die sämtliche Augenblickswerte einer Sinusgröße einander gleich sind: Der Effektivwert ist gleich der Amplitude. Auf diese Weise bezie- hen wir Gleichstrom und Gleichspannung in un- sere Überlegungen ein.


      1. Wirkung von L und C


        Bei Netzen, die kapazitiv wirkende oder induktiv wirkende Eintore enthalten, übt die Frequenz ei- nen Einfluss auf die Wirkung des Netzes aus. So ruft z. B. eine Sinusspannung an einem Grund- eintor C einen Sinusstrom hervor, dessen Effektiv- wert proportional zur Kreisfrequenz ist:

        I = C U (5.1)


        Außerdem ergibt sich an diesem Eintor ein Pha- senverschiebungswinkel C = 90° der Spannung

        gegen den Strom, was im komplexen Leitwert des Eintors durch den Faktor j zum Ausdruck kommt:


        Y = j C (5.2)


        Entsprechend ist bei einem Grundeintor L der Ef- fektivwert der Spannung proportional zur Kreis- frequenz:


        U = L I (5.3)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Phasenverschiebungswinkel L = 90° der Span- nung gegen den Strom kommt im komplexen Widerstand des Eintors durch den Faktor j zum Ausdruck:


        Z = j L (5.4)


        Ein Frequenzeinfluss auf ein Netz wird auch durch eine im Netz enthaltene gegenseitige Induktivität verursacht.


        Kapazitiv und induktiv wirkende Eintore sowie gegenseitige Induktivitäten sind also die Elemente eines linearen Netzes, die zu frequenzabhängigem Verhalten führen. Der Einfluss der Frequenz auf eine Netzeigenschaft wird durch eine Netzfunk- tion F(j) beschrieben, in der die Kreisfrequenz mit dem Faktor j als Variable j auftritt. Jede Netzfunktion lässt sich in eine Realteilfunktion Re F(j) und eine Imaginärteilfunktion Im F(j) zerlegen:


        F(j) = Re F(j) + j Im F(j) (5.5)


        Die Realteilfunktion enthält stets nur gerade Po- tenzen von j und enthält deswegen den Faktor j nicht mehr. Somit ist die Realteilfunktion eine gerade Funktion der reellen Variablen .

        Die Imaginärteilfunktion ist stets eine ungerade Funktion der reellen Variablen ; der ursprüng- lich vorhandene Faktor j wird bei der Imaginärteil- bildung herausgehoben.


        Entsprechend ist der Betrag F() der Netzfunktion eine gerade Funktion von , während der Tan- gens ihres Winkels F() eine ungerade Funk- tion von ist:


        (5.6)

        (5.7)


        Diese Zusammenhänge können bei der Berech- nung der genannten Funktionen zur Kontrolle ver- wendet werden.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Beispiele für Netzfunktionen sind die Wider- standsfunktion Z(j) am Tor eines Netzes, welche die Frequenzabhängigkeit des Ersatzwider- standes beschreibt, und die Leitwertfunktion Y(j) eines solchen Netzes.


        Beispiel 5.1

        Die Realteilfunktion beschreibt den Wirk- widerstand in Abhängigkeit von der Kreisfre- quenz. Sie ist eine gerade Funktion von , weil in ihr nur 2 auftritt:


        Die Imaginärteilfunktion beschreibt die Ab- hängigkeit des Blindwiderstandes von der Kreisfrequenz. Sie ist eine ungerade Funktion von , weil sie außer 2 (im Nenner) den Faktor aufweist:



        Wir wollen die Widerstandsfunktion des Netzes untersuchen:


        Der Frequenzeinfluss ergibt sich durch die Eintore L und C; die Kreisfrequenz tritt nur in Verbindung mit j auf.


        Auch bei der Zerlegung in eine Realteil- und eine Imaginärteilfunktion bleibt j als Vari- able erhalten:

        Im Folgenden wollen wir Netzfunktionen an den Grenzen = 0 und des Frequenzbereiches untersuchen.


        Bei Gleichstrom ( = 0) wird am Grundeintor L keine Spannung induziert; der komplexe Wider- stand ist dabei:


        (5.8)


        Durch ein Grundeintor C an Gleichspannung fließt kein Strom; der komplexe Leitwert hat dabei den Wert:


        (5.9)



        Setzt man im Nenner ( j )2 = 2 ein, so ist dort die Variable j nicht mehr erkennbar:

        Wir stellen fest:

        Ein Grundeintor L wirkt bei Gleichstrom wie ein Kurzschluss und ein Grundeintor C wirkt an Gleichspannung wie eine Unterbrechung des Leiterweges.


        Betrachtet man die Wirkung der Grundeintore L

        und C bei , so ergibt sich:


        (5.10)


        (5.11)

        Der Grenzwert der Imaginärteilfunktion ist gleich null:



        Ein Grundeintor L wirkt bei wie eine Unterbrechung des Leiterweges und ein Grundeintor C wirkt bei wie ein Kurz- schluss.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Diese Eigenschaften der Grundeintore kann man zur Berechnung der Netzfunktionen bei = 0 und

        nutzen. Man ersetzt dazu sämtliche Grund- eintore L und C eines Netzes entsprechend der betrachteten Kreisfrequenz durch Kurzschlüsse bzw. Unterbrechungen. Dadurch erhält man jeweils eine Ersatzschaltung, die nur noch Grundeintore R und Quellen enthält. Der Betrag der Netzfunktion kann für die jeweils betrachtete Kreisfrequenz an der entsprechenden Schaltung ohne Grenzübergang berechnet werden.

        Für ersetzen wir L durch eine Unter- brechung und C durch einen Kurzschluss.


        Wegen der Unterbrechung nimmt der Ersatz- widerstand einen unendlich großen Wert an. Der Grenzwert der Realteilfunktion ist:


        Der Grenzwert der Imaginärteilfunktion geht

        Beispiel 5.2

        Wir wollen den Ersatzwiderstand der Schal- tung des Beispiels 5.1 für = 0 und mithilfe von Ersatzschaltungen bestimmen und die Ergebnisse mit den entsprechenden Grenzwerten der Widerstandsfunktion ver- gleichen.

        Für = 0 ersetzen wir L durch einen Kurz- schluss und C durch eine Unterbrechung.


        Der Ersatzwiderstand ist ein Wirkwiderstand:


        Der Grenzwert der Realteilfunktion (s. Bei- spiel 5.1) stimmt hiermit überein:

        jedoch gegen unendlich. Somit stimmt der Betrag der Netzfunktion mit dem ermittelten Ersatzwiderstand überein.


      2. Komponentendarstellung

        Für einen schnellen Überblick über die frequenz- abhängigen Eigenschaften eines Netzes ist es zweckmäßig, den Einfluss der Frequenz auf den komplexen Funktionswert der jeweiligen Netz- funktion grafisch darzustellen. Man kann z. B. die beiden Komponenten des komplexen Funktions- werts, Real- und Imaginärteil bzw. Betrag und Winkel, durch getrennte Kurven über der Fre- quenz darstellen. In diesem Fall spricht man von Komponentendarstellung.

        Das Bild 5.1 zeigt als Beispiel den komplexen Widerstand der drei Grundeintore in der Kompo- nentendarstellung mit Betrag und Winkel.


        Die Netzfunktion bzw. ihre Komponenten können zur grafischen Darstellung normiert werden. Man teilt dabei die Netzfunktion durch eine konstante Bezugsgröße. Diese muss einheitengleich mit der Netzfunktion sein, kann aber im Übrigen frei ge- wählt werden. Die Komponenten der so gebildeten normierten Größe werden dargestellt.




        Die Bezugs-Kreisfrequenz wählen wir so, dass sich möglichst einfache Funktionen er- geben. Mit = bez lautet der normierte Wirkwiderstand:





        Wir multiplizieren aus und erweitern den Bruch mit 1 / G2:


        Der Nenner dieses Ausdrucks wird mit fol- gender Bezugs-Kreisfrequenz vereinfacht:



        Bild 5.1 Scheinwiderstand und Winkel der Grundein- tore: a) Grundeintor R, b) Grundeintor L, c) Grund- eintor C

        Die normierte Größe ist dimensionslos. Wir ändern für normierte Größen die Groß-/ Kleinschreibweise

        des Formelzeichens. Die mit dem Leitwert Gbez normierte Leitwertfunktion Y( j ) erhält z. B. die Bezeichnung y( j).

        Durch zweckmäßige Normierung erhält man über- sichtlichere Funktionen. Dies gilt besonders dann, wenn man auch die Kreisfrequenz normiert und diese normierte Frequenz (griech. Buchstabe Omega) als Funktionsvariable verwendet:

        Hiermit ist der normierte Wirkwiderstand:


        Der normierte Blindwiderstand ist:


        Damit zeichnen wir die gesuchten Kurven in normierter Darstellung.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (5.12)


        Beispiel 5.3

        Für das Netz im Beispiel 5.1 sind die Werte

        R1 = 1 k; L = 120 mH; G2 = 0,8 mS und

        C = 0,18 F gegeben. Wir wollen die Wider-

        standsfunktion des Netzes mit dem Bezugs- widerstand Rbez = R1 = 1 k normieren und den normierten Wirkwiderstand r( ) sowie den normierten Blindwiderstand x( ) über der normierten Frequenz darstellen.

        Praxisbezug 5.1

        Bei Lautsprecherboxen wird nach DIN EN 60268-5 eine Angabe der Impedanz gefordert. Die Impe- danz ist jedoch von der Frequenz abhängig; das Bild 5.2 zeigt hierfür ein Beispiel.


        Bild 5.2 Impedanz einer 4--Lautsprecherbox als Funktion der Frequenz


        Der angegebene Impedanzwert (z. B. 4 ) darf nur um 20 % unterschritten werden; er ermöglicht also nur eine Beurteilung, ob die Lautsprecherbox den Verstärker überlastet. Wird z. B. eine 4-- Lautsprecherbox an einen 8--Verstärker ange- schlossen, so kann dies zu einer Beschädigung des Verstärkers führen.


      3. Ortskurvendarstellung


        Eine weitere Möglichkeit zur grafischen Veran- schaulichung einer Netzfunktion bietet die Orts- kurvendarstellung. Dabei wird in einem recht- winkligen Koordinatensystem für jeden Wert der Variablen der Realteil der Netzfunktion auf der Abszisse und der Imaginärteil auf der Ordinate aufgetragen. Einzelne Punkte der Kurve, die man dabei erhält, bezeichnet man mit dem jeweiligen Wert der Variablen.

        Als Variable kann die Frequenz oder ein anderer Netzparameter (z. B. ein veränderlicher Wider- stand) verwendet werden.


        Wir untersuchen im Folgenden Netze, deren Para- meter die Kreisfrequenz ist. Dabei lassen wir den Wertebereich von = 0 bis zu.

        Sehr einfache Ortskurven erhält man für den Wi- derstand oder den Leitwert der Grundeintore L und C. Die Ortskurve des Widerstandes Z = j L eines Grundeintors L bzw. die Ortskurve des Leit- werts Y = j C eines Grundeintors C ist jeweils eine Halbgerade, die mit der positiven imaginä- ren Achse zusammenfällt.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Ortskurve des Leitwerts Y = – j (1 / L) eines Grundeintors L bzw. die Ortskurve des Wider- standes Z = – j (1 / C) eines Grundeintors C ist jeweils eine Halbgerade, die mit der negativen imaginären Achse zusammenfällt.


        Die Verfahren zur Berechnung linearer Netze las- sen sich auf Ortskurven übertragen. Wenn z. B. zwei komplexe frequenzabhängige Widerstände in Reihe geschaltet sind, erhält man die Orts- kurve des Ersatzwiderstands dadurch, dass man die Ortskurven der beiden Einzelwiderstände Punkt für Punkt bei jeweils gleichen -Werten grafisch addiert. Entsprechendes gilt für die Parallelschaltung komplexer frequenzabhängiger Leitwerte.


        Beispiel 5.4

        Wir wollen die Ortskurve für Z(j ) einer Reihenschaltung der Grundeintore R1 = 180 und L = 22 mH ermitteln.

        Die Ortskurve des von der Frequenz unabhän- gigen Eintors R1 ist ein Punkt auf der reellen

        Achse. Die Ortskurve von ZL ( j) = j L fällt mit der positiven imaginären Achse zusam- men. Wir addieren die beiden Ortskurven, indem wir die Ortskurve von ZL ( j) so weit nach rechts parallel verschieben, bis ihr Fuß- punkt mit R1 zusammenfällt. Das Ergebnis ist die Ortskurve für Z( j) = R1 + j L.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Mit Ortskurven lassen sich beliebige Netzfunktio- nen veranschaulichen. Ortskurven von Wider- stands- bzw. Leitwertfunktionen weisen dabei beachtenswerte gemeinsame Merkmale auf. So ist der Realteil einer solchen Funktion stets po- sitiv; die zugehörige Ortskurve kann deswegen nur in der rechten Halbebene verlaufen. Ferner gilt für den Imaginärteil dieser Funktionen, dass sein Vorzeichen gleich bleibt, wenn ausschließlich gleichartige Energiespeicher im Netz enthalten sind; die Ortskurve verläuft vollständig entweder in der oberen oder in der unteren Halbebene. Nur bei verschiedenartigen Energiespeichern im Netz kann die Ortskurve Punkte sowohl oberhalb als auch unterhalb der Abszisse aufweisen.


        Mit Ortskurven werden häufig auch normierte

        Netzfunktionen dargestellt.

        Sollen Ortskurven verschiedener Netzfunktionen (z. B. eine Widerstandsfunktion und eine Leitwert- funktion) in einem gemeinsamen Diagramm dar- gestellt werden, so ist eine Normierung unerläss- lich.


        Beispiel 5.5

        Wir wollen die Ortskurve der normierten Widerstandsfunktion z( j ) für das Netz aus dem Beispiel 5.1 angeben.


        Die Funktionen r( ) sowie x( ) haben wir bereits im Beispiel 5.3 ermittelt. Wir können die entsprechenden Funktionswerte bei ver- schiedenen Werten der normierten Frequenz

        ablesen und die Ortskurve punktweise

        konstruieren. Wir erhalten dabei längs der Ortskurve eine Skale für .

        Durch Multiplikation der Werte von mit der Bezugs-Kreisfrequenz bez = 4969 s–1 kann man die zugehörigen Werte der Kreisfre- quenz erhalten.


      4. Ortskurven zueinander inverser Funktionen


        Bei der Berechnung elektrischer Netze ist häufig der Übergang von der Widerstandsfunktion zur Leitwertfunktion und umgekehrt erforderlich.

        Beide Funktionen sind der Kehrwert der jeweils anderen Funktion:


        (5.13)


        Man bezeichnet Funktionen, die durch Kehrwert- bildung auseinander hervorgehen, als zueinander inverse Funktionen. Die Kehrwertbildung wird Inversion genannt.


        Die inverse Funktion zu einer gegebenen Netzfunktion erhält man durch Kehrwertbil- dung der gegebenen Funktion.


        Durch Inversion wird jedem Funktionswert der einen Funktion ein Funktionswert der zu ihr in- versen Funktion zugeordnet. Man sagt, dass die Inversion die eine Funktion auf die andere abbil- det. Dasselbe gilt für die zugehörigen Ortskurven. Durch Inversion wird die Ortskurve der einen Funktion auf die Ortskurve der zu ihr inversen Funktion abgebildet.


        Sollen beide Ortskurven in demselben Diagramm dargestellt werden, so ist eine Normierung mit einem gemeinsamen Bezugswiderstand Rbez not- wendig:


        (5.14)


        (5.15)


        Die Inversion einer Ortskurve lässt sich in der P-Form einfach durchführen. Wir invertieren zu- nächst einen einzelnen Punkt der Wider- standsortskurve Z(j ) und erhalten dadurch den zugehörigen Punkt der Leitwertsortskurve Y(j):


        (5.16)


        Die Winkel, unter denen die beiden Punkte lie- gen, haben gleiche Beträge, besitzen aber unter- schiedliche Vorzeichen.


        Durch Inversion werden Punkte der oberen Halbebene auf Punkte der unteren Halbebene abgebildet und umgekehrt.

        Bei Ortskurven normierter Funktionen, wie sie

        z. B. im Bild 5.3 dargestellt sind, gilt ferner:


        Der Abstand eines Punktes der einen Ortskurve vom Ursprung ist gleich dem Kehrwert des Abstandes des entsprechenden Punktes der inversen Ortskurve.


        Ist die zu invertierende Ortskurve eine Gerade wie z. B. die Ortskurve des Widerstandes


        (5.17)


        einer Reihenschaltung aus den Grundeintoren R, L und C, so ist die Ortskurve der hierzu inversen Leitwertfunktion Y(j ) = G() + j B() ein Kreis durch den Ursprung mit dem Mittelpunkt auf der reellen Achse und dem Radius 1 / (2 R):


        (5.18)


        Allgemein gilt: Die Inversion einer zu einer Achse parallelen Geraden ergibt einen Kreis durch den Ursprung, dessen Mittelpunkt auf der anderen Achse liegt.


        Entsprechend ergibt die Inversion eines Kreises durch den Ursprung eine Gerade. Ist die gegebene Ortskurve ein Kreis, der den Ursprung nicht ent- hält, so ergibt die Inversion auch einen solchen Kreis.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 5.3 Zueinander inverse Ortskurven

        Aus den zueinander inversen Punkten im Bild 5.3 mit den Kreisfrequenzen 3 und erkennt man:


        Durch Inversion wird der ursprungnächste Punkt in den ursprungfernsten Punkt abgebil- det und umgekehrt. Ein unendlich ferner Punkt wird in den Ursprung abgebildet.


        Bild 5.4 Zueinander inverse Ortskurven: Gerade und Kreis

      5. Sinusanalyse

        Enthält das Netz mehrere Grundeintore un- terschiedlicher Art, so ist es zweckmäßig, ein


        Plus


        R1 Minus


        50 +

        Programm zur Netzwerkanalyse einzusetzen. Mit dem bereits im Band 1 beschriebenen Programm Micro-Cap kann auch eine Sinusanalyse durch- geführt werden. Zugelassene Elemente sind da- bei außer den Grundeintoren R, L und C auch die Spannungsquelle Sine Source.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Zunächst wird die Schaltung mit dem Schalt-

        + L1

        V1


        R2

        10u


        10


        C1


        20n

        zeichen für Ground gezeichnet. Dann wird im Menü Analysis die Zeile AC... angeklickt und es öffnet sich das Fenster AC Analysis Limits, in dem die Art der Frequenzdarstellung (z. B. li- near oder logarithmisch) und die Anzahl der be- rechneten Frequenzwerte bei Number of Points eingegeben werden können.

        Bei Frequency Range kann der Bereich angege- ben werden, den die Frequenz durchlaufen soll.

        Schließlich können die Größen bestimmt werden, die ausgegeben werden sollen. Soll eine Variable als Funktion der Frequenz aufgetragen werden, so ist bei X Expression der Buchstabe F anzugeben. Außerdem können Y Expression, X Range und Y Range gewählt werden.

        Die Analyse startet mit Klick auf Run. Sind alle Analysewerte berechnet, so wird automatisch das Programm Probe aufgerufen, welches die Ergebnisse grafisch darstellt.


        Beispiel 5.6

        Wir wollen den Betrag Z und den Winkel des komplexen Widerstandes als Funktion der Frequenz darstellen, die Resonanzfrequenz bestimmen und die Ortskurve zeichnen.

        Beim Widerstand R1 klicken wir Pin Names an und drehen R1 so, dass sein Bezugssinn von links nach rechts zeigt.

        Dann verbinden wir die Bauteile durch Leitungen und tragen die geforderten Werte der Bauteile ein. Hier sei nochmals da- rauf hingewiesen, dass Spice keine grie- chischen Buchstaben kennt: Der Wert 10 H für das Grundeintor L muss mit 10u (ohne Zwischenraum) angegeben werden.

        Nun wählen wir die Analyseart AC... und tragen im Fenster AC Analysis Limits bei der Quelle V1 den Wert 10 V ein. Bei Frequency Range tragen wir 3MEG,30k ein.

        Für die Grafik des Betrages Z tragen wir un- ter X Expression den Buchstaben F ein und bei Y Expression v(V1)/I(R1); es wird also die Spannung der Quelle durch den Strom divi- diert, der durch den Widerstand R1 fließt. Bei X Range tragen wir 3MEG,30K und bei Y Range 120,20 ein.


        120


        100


        80


        60


        40


        20

        30K 100K 300K 1M 3M

        v(V1)/I(R1) F(Hz)



        Zunächst zeichnen wir die Schaltung, indem wir die Bauteile abrufen und platzieren.

        Für den Winkel des komplexen Widerstandes geben wir bei Y Expression ph(v(V1)/I(R1)) ein. Bei Y Range tragen wir 20,–30 ein, denn dabei wird der Winkel in Grad angegeben.










































        20


        10


        0


        10


        20


        30

        30K 100K 300K 1M 3M

        Fragen

        • Durch welche Grundeintore ergibt sich ein Frequenz- einfluss auf die Netzfunktionen?

        • Begründen Sie, warum die Imaginärteilfunktion eine

          ungerade Funktion von ist.

        • Wie werden die Grundeintore L und C in der Er- satzschaltung für f = 0 bzw. f berücksichtigt?

        • Was versteht man unter dem Begriff Inversion?

        • Die Ortskurve einer Netzfunktion ist ein Kreis durch den Ursprung. Welche Form hat die Ortskurve der

          ph(v(V1)/I(R1))

          F(Hz)

          inversen Funktion?

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          • Erklären Sie die Begriffe normierte Netzfunktion

        In diesem Plot lesen wir für = 0 die Reso- nanzfrequenz fr = 318,3 kHz ab.

        Zur Darstellung der Ortskurve geben wir un- ter X Expression für den Realteil den Term RE(v(V1)/I(R1)) ein und unter Y Expression für den Imaginärteil IM(v(V1)/I(R1)).

        Bei X Range geben wir 110,50 und bei Y Range

        die Werte 20,–40 ein.






























































        20


        8


        4


        16


        28


        4050 60 70 80 90 100

        IM(v(V1)/I(R1)) RE(v(V1)/I(R1))

        und normierte Frequenz anhand von Beispielen.


        Aufgaben

        5.1(2) Geben Sie die Widerstandsfunktion der Schal- tung aus dem Beispiel 5.6 als Summe aus Real- und Imaginärteil an.

        5.2(2) Berechnen Sie die Resonanzfrequenz der Schaltung aus dem Beispiel 5.1 für folgende Werte:

        R1 = 120 ; L = 3,5 mH

        G2 = 25 mS; C = 15 F

        5.3(2) Veranschaulichen Sie die Frequenzabhän- gigkeit der normierten Leitwertfunktion durch die Komponentendarstellung von Scheinleitwert und Winkel über der normierten Frequenz.

        Gbez = 10 mS; bez = 1/ (L Gbez )

        f = 0 ... 16 kHz


        Praxisbezug 5.2

        Bei einem rech­nergesteuerten Messsystem wird das zu untersuchende Netz an einer Quelle be- trieben, deren Frequenz vom Rechner in kleinen Schritten automatisch verändert wird. Die Mess- werte der Netzfunktion bei den verschiedenen Frequenzen werden mit ihren Zahlenwerten und dem zugehörigen Frequenzwert zunächst gespei- chert. Nach Abschluss des Messvorgangs werden die gespeicherten Ergebnisse vom Rechner bear- beitet: Die Extremwerte werden bestimmt, ein Maßstab wird festgelegt, und schließlich wird die Ortskurve mit Achsenkreuz und Beschriftung auf einem geeigneten Ausgabegerät (z. B. einem Bild- schirm oder Drucker) dargestellt.


        5.4(2) Stellen Sie die Widerstandsfunktion durch eine Ortskurve dar

        • für konstanten Widerstand R = Rmax und verän- derliche Frequenz;

        • für die konstante Frequenz f = 1,3 kHz und ver- änderlichen Widerstand 0 R Rmax.

    2. Frequenzgang


      Ziele: Sie können

      • die Begriffe Frequenzgang, Betragsgang und Pha­ sengang an Beispielen erläutern.

      • ein Beispiel für ein Übertragungssystem nennen.

      • für ein Übertragungssystem einen Übertragungsfak­ tor und einen Dämpfungsfaktor definieren.

      • für ein einfaches elektrisches Netz die Betriebs­Über­ tragungsfaktoren berechnen.

      • die Bezeichnung Dezibel erläutern.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      • die Begriffe komplexes Betriebs­Übertragungsmaß und komplexes Betriebs­Dämpfungsmaß an Beispie­ len erklären.

      • den Frequenzgang einer Größe mit dem BODE­Dia­

        gramm darstellen.

      • die Bedingungen für die Äquivalenz von zwei Net­ zen nennen.

      • Beispiele für duale Eintore angeben.

      • zu einem gegebenen Netz das duale skizzieren.

      • die Eigenschaften dualer Netze nennen.


      1. Betragsgang und Phasengang


        Die komplexe Netzfunktion, welche die Abhängig­ keit einer Sinusgröße bzw. des Quotienten oder des Produktes zweier gleichfrequenter Sinusgrößen von der Frequenz beschreibt, nennt man Frequenz­ gang (frequency response). Sie kann in Form einer Gleichung, aber auch in Tabellen­ oder Kurvenform angegeben werden. Der frequenzab­ hängige Betrag der komplexen Netzfunktion wird Betragsgang (magnitude response) genannt; der frequenzabhängige Winkel heißt Phasengang (phase response).


        Um bei der Darstellung des Frequenzgangs unab­ hängig von Amplitude und Nullphasenwinkel der Sinusquelle zu sein, bezieht man zweckmäßig die zu beschreibende Größe auf die Quellengröße.


        Man erhält auf diese Weise den Frequenzgang der auf die Quellengröße bezogenen Größe. Im Gegen­ satz zur normierten Größe muss die bezogene Größe nicht dimensionslos sein. Da sämtliche Ströme und Spannungen eines linearen Netzes die Quellengröße als Faktor enthalten, erhält man für den Frequenzgang der bezogenen Größe eine Funktion von j , die von der Quellengröße unab­ hängig ist.

        Als Bezugsgröße kann statt der Quellengröße auch eine andere Sinusgröße des Netzes verwendet wer­ den. Auch in diesem Fall ist der Frequenzgang der bezogenen Größe von der Quellengröße unabhän­ gig.


        Beispiel 5.7

        Wir wollen den Betrags­ und den Phasengang der Spannung U(j ) bestimmen, außerdem den Frequenzgang  Fu(j ) der auf die Quel­ lenspannung bezogenen Spannung und den Frequenzgang  Fi ( j) des auf die Quellen­ spannung bezogenen Stromes.


        Mit der Spannungsteilerregel setzen wir an:


        Wir vereinfachen den Doppelbruch:


        Die Funktion U() ist der Betragsgang dieser Spannung:


        Die Funktion u() ist der Phasengang:


        Den Frequenzgang der bezogenen Spannung

        Fu( j ) erhalten wir dadurch, dass wir U(j) durch die Quellenspannung teilen. Das Ergeb­ nis ist dimensionslos:



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Frequenzgang des bezogenen Stromes er- gibt sich, wenn wir  I( j) durch die Quellen- spannung teilen. Das Ergebnis hat die Dimen- sion eines Leitwerts:



      2. Übertragungsfaktor und Dämpfungsfaktor


        In der Nachrichtentechnik werden bestimmte Frequenzgangfunktionen zur Beschreibung der Wirkung von Nachrichten-Übertragungssys- temen (transmission system) verwendet. Solche Übertragungssysteme dienen der Übertragung von Signalen (signal); dies sind zeitabhängige physi- kalische Größen, deren Zeitverlauf eine Nachricht darstellen kann. So sind z. B. der Schalldruck an der Membran eines Mikrofons oder der Strom in einer Lautsprecherspule Signale.

        Ein Übertragungssystem besteht aus einem Sen- der (transmitter), einem Übertragungskanal (transmission channel) und aus einem Empfänger (receiver). Der Sender bildet aus dem Signal der Nachrichtenquelle (z. B. eines Menschen oder eines Messgeräts) ein für die Übertragung geeignetes Signal. Dieses wird mithilfe des Übertragungskanals (z. B. einer Leitung) an einen anderen Ort weitergeleitet. Dort wird das Signal im Empfänger in ein anderes Signal umgewandelt, welches von der Nachrichtensenke (z. B. einem Menschen oder einer Maschine) aufgenommen werden kann.

        In der Elektrotechnik werden als Signale Ströme und Spannungen verwendet. Das Übertragungs- system wird durch ein Eintor für den Sender, ein Zweitor für den Übertragungskanal und ein Eintor für den Empfänger beschrieben (Bild 5.5).

        Wir wollen im Folgenden annehmen, dass die Quellengröße eine Sinusgröße ist. Dies bedeu- tet keine Einschränkung: Jedes Signal kann als Überlagerung von Sinusgrößen dargestellt werden (s. Kap. 7).

        Bild 5.5 Elektrisches Übertragungssystem


        Im Bild 5.5 stimmt die Richtung des Energieflusses mit der Richtung des Nachrichtenflusses überein. Man sagt, dass Uq, U1 und I1 die Eingangsgrößen des Übertragungssystems sind, während es sich bei U2,  I2 und UV, IV um die Ausgangsgrößen handelt.


        Als Übertragungsfaktor (transfer function) T( j) bezeichnet man eine Frequenzgangfunktion, die durch den Quotienten aus einer Ausgangs- und einer Eingangsgröße gebildet wird. Für die Schal- tung 5.5 können mehrere Übertragungsfaktoren angegeben werden; so gilt zum Beispiel:


        (5.19)


        Als Dämpfungsfaktor (attenuation function) D( j) wird eine Frequenzgangfunktion bezeich- net, die durch den Quotienten aus einer Eingangs- größe und einer Ausgangsgröße gebildet wird; so gilt zum Beispiel:


        (5.20)


        Der Sender ist ein lineares Eintor und kann ent- weder durch eine lineare Spannungsquelle oder durch eine lineare Stromquelle dargestellt werden. Von beiden Möglichkeiten wird bei der Definition der folgenden Übertragungsfaktoren Gebrauch gemacht, die jeweils aus einer Ausgangsgröße und der gleichartigen Quellengröße gebildet werden. Außerdem wird dabei auf eine Scheinleistungs- anpassung am Eingang Bezug genommen, bei der sich U1 = Uq / 2 bzw. I1 =  Iq / 2 einstellen würde.

        Der Betriebs-Spannungsübertragungsfaktor Tu ( j) ist der Quotient aus der Ausgangsspannung und der bei Scheinleistungsanpassung am Eingang lie- genden Spannung:


        (5.21)


        Der Betriebs-Stromübertragungsfaktor Ti (j) ist der Quotient aus dem Ausgangsstrom und dem Strom am Eingang bei Scheinleistungsanpassung:


        (5.22)


        Das geometrische Mittel aus diesen beiden Über- tragungsfaktoren wird Betriebs-Übertragungs- faktor TB(j) genannt:


        (5.23)


        Mit den Gln. (5.21 und 5.22) ergibt sich:


        (5.24)


        Mithilfe der Widerstände Zi und ZV (Bild 5.5) bzw. der entsprechenden Leitwerte können in der Gl. (5.24) entweder die Spannungen oder die Ströme eliminiert werden:

        Um dies zu zeigen, quadrieren wir die Gl. (5.25) und bilden den Betrag:


        (5.28)


        Der Zähler in der Gl. (5.28) ist die Scheinleistung SV am Lastwiderstand. Der Nenner ist die Schein- leistung SSA, die bei Scheinleistungsanpassung am Eingang auftritt. Damit ergibt sich der Betrag des Betriebs-Übertragungsfaktors:


        (5.29)


        Für den Fall, dass sowohl der Innenwiderstand als auch der Lastwiderstand Grundeintore Ri bzw. RV sind, ist das Quadrat des Betrages von TB das Wirkleistungsverhältnis PV / Pqmax. Dabei ist PV die dem Lastwiderstand zugeführte Wirkleistung und Pqmax die größtmögliche Wirkleistung, wel- che die Quelle abgeben kann.


        Mit der Gl. (5.24) lässt sich der Winkel B() des Betriebs-Übertragungsfaktors berechnen. Wir set- zen dazu die Größen in der P-Form ein:


        (5.30)



        (5.25)

        Daraus ergibt sich der Winkel des Betriebs- Übertragungsfaktors:



        (5.26)


        Der Betriebs-Dämpfungsfaktor DB(j) ist der Kehrwert des Betriebs-Übertragungsfaktors:


        (5.27)


        Der Betrag des Betriebs-Übertragungsfaktors und der des Betriebs-Dämpfungsfaktors beschreiben die Leistungsverhältnisseim Übertragungssystem.

        (5.31)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Winkel B() beschreibt die Phasenverschie- bung der Ausgangsgrößen gegen die Quellen- größen. Er ist das arithmetische Mittel aus dem Phasenverschiebungswinkel der Spannungen und dem Phasenverschiebungswinkel der Ströme.


        Beispiel 5.8

        Der Sender ist eine Sinusquelle mit Uq = 1 mV;

        q = 103 s–1 und Ri = 600 . Der Übertra- gungskanal ist ein Verstärker mit R1 = 300 ;

        G2 = 2 mS; C = 5 nF und y = 12,5 S.

        sind, ist der quadrierte Betrag des Betriebs- Übertragungsfaktors die Wirkleistungsver- stärkung = PV / Pqmax. Diese hat bei = 0 (also bei der Frequenz f = 0) das Maximum

        max = 15462 = 2,4 · 106 und nimmt mit stei- gender Frequenz ab.























        Wir wollen den Betriebs-Übertragungsfaktor der Verstärkerschaltung und die dem Verbrau- cher RV = 50 zugeführte Wirkleistung berechnen. Zunächst bestimmen wir mithilfe der Spannungsteilerregel die Spannung U:



















        Damit berechnen wir die Spannung UV:


        Nun berechnen wir mit der Gl. (5.26) den Betriebs-Übertragungsfaktor:


        Der Winkel B des Betriebs-Übertragungs- faktors beschreibt die Phasenverschiebung der Ausgangsspannung UV gegen die Quellen- spannung Uq. Dies kann man der Gl. (5.31) entnehmen, wenn man berücksichtigt, dass

        iV iq = uV uq ist:



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Nenner zeigt, dass eine Normierung der Frequenz zweckmäßig ist. Wir wählen die Bezugs-Kreisfrequenz bez = 1 / (1,61 · 10 – 6 s) und geben TB(j) in der P-Form an:

        Mit zunehmender Frequenz nimmt der Pha- senverschiebungswinkel B von null aus ab und strebt für gegen – / 2.


        Die maximal von der Quelle abgegebene Wirkleistung ist:


        Zur Veranschaulichung tragen wir TB und B

        über der normierten Frequenz auf.


        Da sowohl der Quellenwiderstand als auch der Verbraucherwiderstand Grundeintore

        Mit der normierten Frequenz q = 1,61 · 10– 3 der Quelle ergibt sich die Leistungsverstär- kung max = 2,4 · 106, mit der wir die Leistung PV = Pqmax = 1 mW des Verbrau- chers berechnen.

      3. Symmetrieeigenschaften von Zweitoren

        Enthält ein Zweitor keine gesteuerte Quelle, so wird es als übertragungssymmetrisch be- zeichnet. Bei einem derartigen Zweitor ist der Betriebs-Übertragungsfaktor unabhängig von der Energieflussrichtung. Wir wollen dies anhand der Z-Parameter untersuchen.


        Bild 5.6 Betrieb eines Zweitors mit unterschiedlichen Energieflussrichtungen


        Wird das Tor 1 als Eingang betrieben (Bild 5.6a), bezeichnen wir den Betriebs-Übertragungsfaktor mit TB12(j). Zur Berechnung verwenden wir die Gl. (5.26) und bestimmen zunächst das Span- nungsverhältnis. Am Tor 2 wirkt der linke Teil der Schaltung 5.6a wie eine Quelle mit der Quel- lenspannung Uq2 und dem Innenwiderstand Ze2. Somit gilt:


        (5.32)


        Wir ersetzen Uq2 und Ze2 jeweils mit der ent- sprechenden Gleichung aus der Tab. 4.3 bzw. 4.5 (Band 1). Mit Yi = 1 / Zi und YV = 1 / ZV erhalten wir den Betriebs-Übertragungsfaktor:


        (5.34)


        Bei übertragungssymmetrischen Zweitoren ist TB12(j) = TB21(j). Wie die Gln. (5.33 und 5.34) zeigen, ist dies der Fall, wenn Z12 = Z21 ist. Die entsprechenden Bedingungen für die übrigen Parameter sind in der Tab. 5.1 angegeben.


        Bei einem widerstandssymmetrischen Zweitor ist der Eingangswiderstand bei Beschaltung des Ausgangs mit ZV gleich dem Ausgangswiderstand bei Beschaltung des Eingangs mit demselben Widerstand ZV. Hierbei gilt z. B. für die Z-Para- meter:


        Z11 = Z22 (5.35)

        Entsprechend gilt für die Y-Parameter:


        Y11 = Y22 (5.36)

        Liegen sowohl Übertragungs- als auch Wider- standssymmetrie vor, so wird das Zweitor als längssymmetrisch bezeichnet. Bei einem der- artigen Zweitor können die Eingangs- und die Ausgangsklemmen vertauscht werden, ohne dass sich die Spannungen und Ströme ändern.


        Tabelle 5.1 Symmetriebedingungen für Zweitore





















        (5.33)


        Den Betriebs-Übertragungsfaktor TB21(j) für die Energieflussrichtung vom Tor 2 zum Tor 1 (Bild 5.6b) berechnen wir auf gleiche Weise:

      4. Logarithmierte Größenverhältnisse


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Betrag des komplexen Symbols einer Sinus- größe wird in der Technik häufig mithilfe eines logarithmierten Größenverhältnisses beschrie- ben. Dies hat folgende Vorteile:

        • Größen mit stark unterschiedlichen Zahlenwer- ten können grafisch so veranschaulicht werden, dass die Able­se­ge­nauigke­it dem jeweiligen Wert der Größe entspricht.

        • Die Darstellungen der Frequenzabhängigkeit in Diagrammen führen bei der Verwendung logarithmierter Größenverhältnisse häufig auf Ge­rade­nabschnitte­.

          Soll das Größenverhältnis zweier Fe­ldgröße­n in Dezibel angegeben werden, so muss zunächst auf Energiegrößen umgerechnet werden. Bei Strömen und Spannungen betrachtet man deren Leistung P = R I2 = U2 / R an einem Ohmschen Widerstand. Bei der Quotientenbildung fällt R heraus. Der Ex- ponent 2 führt zu einer Verdopplung des Zahlen- faktors vor dem Logarithmus. Für Ströme gilt:

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        • Multiplikationen der ursprünglichen Größen gehen in Additione­n der logarithmierten Größen über und können daher leichter ausgeführt wer-

          I1

          I

          ai = 20 · lg dB

          2

          (5.38)

          den.

          Für Spannungen gilt entsprechend:


          Ein Größe­nve­rhältnis ist der dimensionslose Quotient aus dem Betrag zweier gleichartiger phy- sikalischer Größen, z. B. zweier Spannungen. Als

          a = 20 · lg U1 dB

          u U2


          (5.39)

          logarithmiertes Größenverhältnis bezeichnet man den gewichteten Logarithmus dieses Quotienten. Die Gewichtung ist abhängig von der Art der be- trachteten Größen und von der Basis des Logarith- mus. Man unterscheidet zwei Arten von Größen:

        • Energiegrößen sind Größen, die der Energie proportional sind (z. B. die Leistung).

        • Feldgrößen sind Größen, deren Quadrat in linearen Systemen der Energie proportional ist (z. B. Spannung, Strom oder Geschwindigkeit).


        Logarithmierte Größenverhältnisse in Dezibel Sie werden aus dem Logarithmus zur Basis 10 des Quotienten zweier Ene­rgie­größe­n mit dem Gewichtsfaktor 10 gebildet. So erhält man z. B. für den Quotienten zweier Wirkleistungen:

        Haben die Feldgrößen, deren Größenverhältnis in Dezibel angegeben werden soll, unterschiedliche Einheiten, so müssen diese erst einander angegli- chen werden. Hierzu verwendet man bei Strömen und Spannungen einen Be­zugswide­rstand, dessen Wert das Ergebnis beeinflusst; er muss daher stets angegeben werden.

        Beispiel 5.10

        Wir wollen das Verhältnis des Stromes I1 = 5 A zur Spannung U2 = 15 V in Dezibel an- geben. Mit der Gl. (5.39) erhalten wir:


        Wir berechnen für drei Bezugswiderstände:

        a12 = 130 dB an 1

        P1

        P

        aP = 10 · lg dB

        2

        (5.37)

        a12 = 74 dB an 600

        a12 = 30,5 dB an 100 M


        Ein mit dieser Gleichung berechneter Zahlenwert wird mit dem Zusatz dB für Dezibel gekennzeich- net, der aber keine Einheit ist, denn der Logarith- mus ist stets dimensionslos.


        Beispiel 5.9

        Wir wollen das Verhältnis der Leistungen

        P1 = 100 W und P2 = 25 mW in dB angeben:

        Logarithmierte Größenverhältnisse in Neper Sie werden aus dem natürliche­n Logarithmus des Quotienten zweier Feldgrößen mit dem Gewichtsfaktor 1 gebildet. Energiegrößen müssen auf Feldgrößen umgerechnet werden, was auf den Gewichtsfaktor 1/ 2 führt. Die sich dabei ergeben- den Zahlenwerte werden mit dem Zusatz Np für Neper gekennzeichnet.

        (5.40)

        Beispiel 5.11

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wir wollen die Größenverhältnisse in den bei- den vorigen Beispielen in Neper angeben.



        a12 = 14,9 Np an 1 a12 = 8,5 Np an 600 a12 = 3,5 Np an 100 M

        Ein logarithmiertes Größenverhältnis wird als ab- soluter Pegel oder kurz als Pegel (level) bezeich- net, wenn die Nennergröße eine feste Bezugsgröße ist, die nicht vom Betriebszustand des betrachte- ten Netzes abhängt. Bei der Pegelangabe muss die Bezugsgröße genannt werden.

        Ein relativer Pegel ist die Differenz zwischen dem Pegel an einer bestimmten Stelle im Netz und dem Pegel an einer Bezugsstelle im Netz. Relative Pegel in Dezibel werden durch den Hinweis dBr gekennzeichnet. Während ein absoluter Pegel nur bei Kenntnis der Bezugsgröße aussagekräftig ist, kann ein relativer Pegel auch ohne Bezugsgröße verwendet werden.


        Beispiel 5.12

        In einem Verstärkernetz wurde der Verstär- kereingang als Bezugsstelle gewählt. Die Messung ergab am Eingang den absoluten Pegel aE = 26 dB und am Ausgang den ab- soluten Pegel aA = 34 dB. Dieser Messung lag die Bezugsleistung Pbez = 1 mW zugrunde.

        Wir wollen die Leistungsverstärkung und die

        Wirkleistungen PE und PA berechnen.

        Die Leistungsverstärkung kann man auch ohne Kenntnis der Bezugsleistung bestim- men. Sie ergibt sich aus der Pegeldifferenz zwischen Ausgang und Eingang, d. h. aus dem relativen Pegel:

        arel = aA aE = 34 dB (26 dB) = 60 dBr

        Wir ersetzen in dieser Gleichung die absolu- ten Pegel mit der Gl. (5.38) und erhalten:

        Durch Delogarithmieren ergibt sich die Leis- tungsverstärkung:


        Die Eingangs- und die Ausgangsleistung be- rechnen wir mithilfe der Bezugsleistung Pbez aus den Pegelangaben:


        Ein logarithmiertes Größenverhältnis zweier gleichartiger komplexer Größen wird als komple- xes Maß bezeichnet. Es eignet sich gut dazu, die frequenzabhängigen Eigenschaften eines Netzes darzustellen, weil Betrag und Winkel des komple- xen Größenverhältnisses in Real- und Imaginärteil des komplexen Maßes getrennt erscheinen. Wir wollen dies am Beispiel des komplexen Betriebs- Dämpfungsfaktors DB zeigen, den wir in der P-Form einsetzen, um das komplexe Betriebs- Dämpfungsmaß gB zu berechnen:


        (5.41)


        Der Realteil von gB wird als Betriebs-Dämp- fungsmaß (attenuation constant) aB bezeichnet; es wird mit dem Betrag des Betriebs-Dämp- fungsfaktors gebildet:


        (5.42)


        Wird die Bezeichnung „Maß“ ohne den Zusatz

        „komplex“ verwendet, so handelt es sich um den Logarithmus, der von dem Betrag eines komple- xen Größenverhältnisses gebildet wird.

        Der Winkel B des komplexen Betriebs-Dämp- fungsfaktors wird mit bB bezeichnet und Betriebs-

        Dämpfungswinkel genannt. Wir setzen ihn und die Gl. (5.42) in die Gl. (5.41) ein:

        (5.43)


        Mit der Gl. (5.43) berechnen wir das komplexe Betriebs-Übertragungsmaß:


        (5.44)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Entsprechend ist aB das Betriebs-Übertra- gungsmaß (transfer constant) und bB der Betriebs-Übertragungswinkel. Auch jeder andere Übertragungs- oder Dämpfungsfaktor kann sofern er Quotient zweier gleichar- tiger Größen ist durch ein entsprechendes Übertragungs- oder Dämpfungsmaß in Neper oder Dezibel beschrieben werden. In der Pra- xis hat sich die Angabe in dB durchgesetzt.

        Die Umrechnungsformeln lauten:

        1 Np = 8,69 dB; 1 dB = 0,115 Np (5.45)

        Beispiel 5.13

        Wir wollen das komplexe Betriebs-Dämp- fungsmaß der Schaltung aus dem Beispiel 5.8 für die Frequenz 50 kHz ermitteln.

        Mit bez = 1 / (1,61 · 10 – 6 s) berechnen wir die

        normierte Frequenz:


        Wir lesen den Betrag und den Winkel des komplexen Betriebs-Übertragungsfaktors aus dem Diagramm im Beispiel 5.8 ab:


        Hiermit berechnen wir


        und erhalten:


        Das negative Vorzeichen des Betriebs-Dämp- fungsmaßes zeigt, dass eine „Entdämpfung“, also eine Verstärkung auftritt.

        Praxisbezug 5.3

        Absolute Pegel werden in der Praxis häufig verwendet. In verschiedenen Bereichen der Technik wird allerdings mit unterschiedlichen Bezugsgrößen gearbeitet; sie werden so gewählt, dass man Pegelwerte erhält, die gut zu handhaben sind. Da die betrachtete Größe und die Bezugs- größe gegebenenfalls nicht gleichartig sind, wird zusätzlich ein Bezugswiderstand angegeben.

        International haben sich mehrere Pegelangaben durchgesetzt, bei denen durch einen Zusatz zum Hinweis dB auf die jeweilige Bezugsgröße ver- wiesen wird:

        • Der Pegelangabe in dBm liegt die Bezugsleis- tung 1 mW zu Grunde. Sollen Strom- oder Spannungspegel in dBm angegeben werden, so wird als Bezugswiderstand in der Hochfre- quenztechnik 50 und in der Telefon- und Weit- verkehrstechnik 600 verwendet. Eine An- gabe in dBm0 weist durch die nachgestellte 0 darauf hin, dass dieser Pegel in dBm an einer Bezugsstelle im Netz auftritt. In der Telefon- technik ist die Bezugsstelle z. B. der Eingang zu einer Frequenzmultiplexeinrichtung. Der genormte Pegel an dieser Stelle ist 15 dBm0.

        • In der Fernsehtechnik werden Pegel oft in dBV angegeben. Die Bezugsgröße ist die Spannung 1 V. Strom und Leistungspegel werden mit dem Widerstand 75 gebildet.

        • Mit der Pegelangabe in dBc beschreibt man die relative Größe von Seitenbändern eines modu- lierten Trägers. Der Zusatz „c“ weist auf den Träger (carrier) hin.


      5. Bode-Diagramm


        Das Bode-Diagramm1) ist eine besondere Form der Komponentendarstellung von Frequenzgang- funktionen. Über dem Logarithmus der normier- ten Frequenz wird das Maß der darzustellen- den Größe in dB und der Winkel der komplexen Größe aufgetragen. Dies hat den Vorteil, dass sowohl große Frequenzbereiche als auch stark un- terschiedliche Betragswerte in einem Diagramm anschaulich dargestellt werden können.


        1) Hendrik Wade Bode, 1905 1982

        Außerdem wird bei der Bildung des Maßes der Frequenzgangfunktion aus dem Produkt der Be- träge der Wurzelfaktoren eine Summe von deren Logarithmen.


        Damit der Betrag der Frequenzgangfunktion logarithmiert werden kann, muss er dimensionslos sein. Ist die Frequenzgangfunktion der Quotient gleichartiger Größen (z. B. von zwei Spannungen), dann ist auch der Betrag dimensionslos. Handelt es sich jedoch um den Quotienten unterschied- licher Größen, so muss mit einem Bezugswider- stand Rbez normiert werden; dabei wird der Betrag


        Das Maximum Tm liegt bei der Kreisfrequenz

        m vor:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Zur Ermittlung des Bode-Diagramms mit dem Programm Micro-Cap zeichnen wir zu- nächst die Schaltung.

        der Frequenzgangfunktion i. Allg. verändert.


        Das Bode-Diagramm lässt sich nur bei einfachen Schaltungen direkt zeichnen. Bei umfangrei- chen Schaltungen ist es zweckmäßig, mit einem Analyseprogramm zu arbeiten.

        R1 C2 2n

        50

        V1

        + C1

        R2 50

        2n


        Beispiel 5.14

        Wir wollen den Übertragungsfaktor und das

        Bode-Diagramm der Schaltung berechnen.


        Mit den gegebenen


        Werten für C und R


        Mithilfe der Gl. (4.14, Band 1) bestimmen wir die Z-Matrix der T-Schaltung:

        berechnen wir die Bezugsfrequenz fbez = fm = 1,59 MHz; dieser Wert entspricht lg = 0.

        Unter (Analysis) und (AC...) wählen wir bei Frequency Range den Menuepunkt Log und tragen die Werte 159MEG,15.9k ein. Bei X Expression geben wir F/1590k ein. Da die Quelle am Knoten 2 und R2 am Knoten 3 liegt, geben wir bei Y Expression dB(v(3)/v(2)) ein.


        Der Tab. (4.2, Band 1) entnehmen wir die Gleichung für den Spannungs-Übertragungs- faktor:


        Wir setzen die Größen der Z-Matrix ein und erhalten mit GV = G2 sowie R = R1 = R2 und C = C1 = C2:

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      6. Äquivalente Netze


        Man bezeichnet zwei Netze als äquivalent, wenn sowohl ihre Betriebs-Spannungsübertragungs- faktoren als auch ihre Betriebs-Stromübertra- gungsfaktoren identisch sind:


        (5.46)


        Wenn an zwei Netze jeweils gleiche Quellen und gleiche Verbraucher angeschlossen sind, lässt sich ihre Äquivalenz leicht überprüfen. In diesem Fall sind die Gln. (5.46) voneinander linear abhängig:


        (5.47)


        Dann legen wir in Gedanken die Eintore A und B an eine Quelle mit der Kreisfrequenz

        , ersetzen die induktiven Grundein-

        tore durch Unterbrechungen und setzen an:

        R1B + R2B = R1A = 1 k

        Damit ergibt sich: R2B = 454,5

        Schließlich wählen wir eine beliebige Kreis- frequenz 0 < < und setzen hierfür die Widerstandsfunktionen der beiden Eintore gleich:

        1 = R + 1

        G + 1 1B G + 1

        Es genügt daher die Kontrolle, ob eine der Gln. (5.46) erfüllt ist.

        1A R2A + j LA

        2B j LB


        Von äquivalenten Eintoren spricht man, wenn die Widerstands- bzw. Leitwertfunktionen der Eintore identisch sind:

        (5.48)


        Beispiel 5.15

        Wir wollen untersuchen, ob das Eintor B so dimensioniert werden kann, dass es zum ge- gebenen Eintor A äquivalent ist.


        Äquivalenz erfordert identische Widerstands- funktionen; die Ersatzwiderstände der beiden Eintore müssen also bei allen Frequenzen gleich sein.

        Zunächst legen wir beide Eintore an Gleich- spannung, ersetzen die induktiven Grundein- tore durch Kurzschlüsse und berechnen den Widerstand R1B:

        Mit einem MATLAB-Programm lösen wir

        diese Gleichung nach LB auf und berechnen:

        LB = 3,31 mH


        R1A = 1000;

        R2A = 1200; LA = 16e-3; w=1.0e5;

        R1B = 1/(1/R1A + 1/R2A); R2B = R1A - R1B;

        ZA = 1/(1/R1A + 1/(R2A + j*w*LA));

        LB = imag(1/(1/(ZA - R1B) - 1/R2B))/w;


      7. Duale Netze


        Die Eintorgleichungen dualer Grundeintore unterscheiden sich nur dadurch, dass Strom und Spannung in den Gleichungen ihre Plätze tau- schen. So entsprechen z. B. die Grundeintore C und L einander dual:

        (5.49)


        Das Gleiche gilt für das Grundeintor R und den entsprechenden Leitwert G:

        (5.50)

        Auch die ideale Stromquelle und die ideale Spannungsquelle entsprechen einander dual.


        Duale Eintore können durch eine Dualitätskon- stante Z0 (Einheit: 1 ) miteinander verknüpft werden.


        Tabelle 5.2 Duale Eintore

















        Zwei Netze, die aus Grundeintoren und idealen Quellen aufgebaut sind, bezeichnet man als duale Netze, wenn folgende Forderungen erfüllt sind:

        1. Die Anzahl der Eintore muss in beiden Netzen gleich sein.

        2. Jedem Eintor im Netz A muss ein duales Eintor im Netz B entsprechen. Die Dualitätskonstante muss für sämtliche Eintore dieselbe sein.

        3. Bilden Eintore im Netz A eine Masche, so müssen die dualen Eintore im Netz B an einem Knoten liegen.

        Die dritte Forderung führt dazu, dass einer Rei- henschaltung im Netz A eine Parallelschaltung im Netz B entspricht und umgekehrt.

        Nicht zu jedem Netz gibt es ein duales Netz.

        Die Frequenzgangfunktionen von einander ent- sprechenden Größen in dualen Netzen unterschei- den sich nur durch einen konstanten Faktor, der durch die Dualitätskonstante bestimmt wird. So gilt für die dualen zweipoligen Netze A und B:

        Die Widerstandsfunktion  ZA( j ) entspricht der Leitwertfunktion YB( j):


        (5.52)


        Daraus ergibt sich, dass die komplexe Leistung ei- nes Eintors im Netz A gleich der konjugiert kom- plexen Leistung des dualen Eintors im Netz B ist:


        Hieraus folgt:


        (5.53)


        Die Dualität zweier Netze kann vorteilhaft sein: Hat man die Eigenschaften eines Netzes be- stimmt, so kann man die Ergebnisse auf das duale Netz übertragen.


        Beispiel 5.16

        Wir wollen zu dem Netz, dessen Eintore die Werte R = 60 ; RV = 94 ; L = 2,38 H; C = 0,424 nF haben, das duale Netz (Index D) bestimmen und die Betriebs-Übertragungs- faktoren der beiden Netze berechnen. Die Dualitätskonstante soll Z0 = 100 betragen.


        Der Betriebs-Spannungsübertragungsfaktor dieses Netzes ist gemäß Gl. (5.21):


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (5.51)


        Mit der Gl. (5.26) berechnen wir den Betriebs- Übertragungsfaktor:

        Spannungsübertragungsfaktor des ursprüng- lichen Netzes:



        In diese Gleichung setzen wir die gegebenen Werte der Eintore ein und erhalten:


        TB =

        0,975

        1+ j ·3,1·10–8 s + ( j)2· 6,16 ·10–16 s2


        Den Betriebs-Übertragungsfaktor des dualen Netzes berechnen wir mit der Gl. (5.25). Er

        Nun bestimmen wir die dualen Eintore zu den

        Eintoren des Ausgangsnetzes.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der idealen Spannungsquelle Uq entspricht eine ideale Stromquelle IqD; die Werte der du- alen passiven Eintore berechnen wir mit der Dualitätskonstanten:

        ist identisch mit dem Betriebs-Übertragungs- faktor des ursprünglichen Netzes:



        Das Ausgangsnetz ist die Reihenschaltung eines Teilnetzes (C ; RV) mit den Eintoren Uq, R und L; entsprechend muss das dazu duale Netz die Parallelschaltung eines Teilnetzes (LD ; GVD) mit den Eintoren IqD, GD und CD sein. Das Teilnetz (C ; RV) im Ausgangsnetz ist eine Parallelschaltung; entsprechend ist das duale Teilnetz eine Reihenschaltung von LD mit GVD.


        Im dualen Netz entspricht der Frequenzgang der Ströme dem der Spannungen im ur- sprünglichen Netz:


        Daher ist der Betriebs-Stromübertragungs- faktor des dualen Netzes gleich dem Betriebs-

        Fragen

        • Für welche Art von Größen kann man einen Fre- quenzgang angeben?

        • Wie wird eine bezogene Größe gebildet und wie eine normierte?

        • Geben Sie je ein Beispiel für den Betragsgang und für den Phasengang einer Größe an.

        • Aus welchen Teilen besteht ein Übertragungssystem? Wie werden diese Teile in einer elektrischen Ersatzschaltung dargestellt?

        • Wie unterscheidet sich ein Dämpfungsfaktor von einem Übertragungsfaktor?

        • Kann der Betrag eines Übertragungsfaktors die Einheit Siemens haben?

        • Geben Sie die Definitionsgleichungen für die drei Betriebs-Übertragungsfaktoren an. Wie lauten die Gleichungen der zugehörigen Dämpfungsfaktoren?

        • Geben Sie die Gleichungen an, welche das Größen- verhältnis zweier Leistungen in Dezibel bzw. in Neper beschreiben.

        • Das Größenverhältnis zweier Spannungen wird durch die Angabe 6 dB beschrieben. Wie verhalten sich ihre Amplituden zueinander?

        • Wie ist das komplexe Betriebs-Dämpfungsmaß defi- niert?

        • Welche Besonderheiten unterscheiden das Bode- Diagramm von anderen Diagrammen mit rechtwink- ligen Koordinaten?

        • Welche Vorteile bietet das Arbeiten mit dem Bode- Diagramm?

        • Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit man zwei Netze als äquivalent bezeichnen kann?

        • Welche Eigenschaften haben duale Netze?

        Aufgaben

        5.5(1) Geben Sie die logarithmierten Größenver- hältnisse in dB und Np für den Bezugswiderstand 600 an.

        U1 / U2 = 0,002; I1 / U2 = 40 S; P1 / P2 = 42000


        5.6(1) Welche Frequenz f2 gehört im Beispiel 5.14 zum Abszissenwert lg = 2?


        5.7(1) Die Spannungsverstärkung eines Verstärkers ist mit dem Wert 100 dB angegeben. Wie lässt sich die Ausgangsspannung als Funktion der Ein- gangsspannung darstellen?

        5.8(2) Bestimmen Sie den Betragsgang und den Phasengang der auf U (j ) bezogenen Span-

    3. Passive Filter


      Ziele: Sie können

      • die Begriffe Durchlassbereich, Sperrbereich und 3-dB-Grenzfrequenz erläutern.

      • angeben, wie die Ordnungszahl eines Filters defi- niert ist.

      • den Frequenzgang des Übertragungsfaktors von vier Filterarten skizzieren.

      • je eine Schaltung für einen passiven Hochpass, einen Tiefpass, einen Bandpass und eine Bandsperre skiz- zieren.

      • die Begriffe Polgüte und Polfrequenz erläutern.


      1. Grenzfrequenz


        Ein Filter (filter) ist ein Zweitor, mit dem zeit- abhängige Signale nach bestimmten Kriterien

        nung UV

        (j

        q

        ) für R1 C1 = RV C2.

        R1

        bearbeitet werden können. Wir befassen uns

        ausschließlich mit frequenzselektiven Filtern, die in einem „Frequenzgemisch“ bestimmte Anteile abschwächen; dabei enthält das Ausgangssignal

        Ri


        Uq C1


        R

        C2 UV V

        s2 Frequenzanteile des Eingangssignals s1 nur in abgeschwächter Form oder praktisch nicht mehr.


        Wir beginnen mit passiven Filtern, die lediglich aus Grundeintoren bestehen und Wirkleistung von einer Sinusquelle mit konstantem Effektivwert der Quellenspannung zum Verbraucher übertragen.

        5.9(2) Bestimmen Sie den Übertragungsfaktor Ti = I2 / Iq und stellen Sie seinen Betrag und seinen Winkel im Bode-Diagramm dar.

        L1

        5 H I2

        I G1 L2 G2

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        q 20 mS

        5 H

        20 mS


        Bild 5.7 Schaltung zur Erläuterung der Leistungsüber- tragung


        5.10(2) Wie lautet die Betriebs-Dämpfungsfunktion der Schaltung des Beispiels 5.14 (R1 = Ri; R2 = RV)? Stellen Sie das Betriebs-Dämpfungsmaß und den Betriebs-Dämpfungswinkel im Bode-Diagramm dar.

        5.11(3) Geben Sie das duale Netz zur Schaltung in der Aufgabe 5.8 an, für die R1 C1 = RV C2 gegeben ist, und bestimmen Sie den Betriebs- Übertragungsfaktor.

        Bei einem Filter weist die dem Verbraucher zu- geführte Wirkleistung P() bei einer bestimmten Frequenz das Maximum Pmax auf.

        Ist in einem Frequenzbereich P() > Pmax / 2,

        so nennt man diesen Bereich Durchlassbereich

        (pass band); in ihm wird die Wirkleistung von der Quelle „gut” zum Verbraucher übertragen.

        Wenn in einem Frequenzbereich P() < Pmax / 2 beträgt, so handelt es sich dabei um einen Sperr-

        bereich (stop band).

        Die Grenze zwischen einem Durchlassbereich und einem Sperrbereich liegt bei der Grenzfrequenz (cutoff frequency) fg bzw. bei der entsprechenden Grenzkreisfrequenz g; bei dieser gilt:


        (5.54)


        Bei der Grenzfrequenz ist die Leistung gleich der Hälfte der Maximalleistung. Der Quotient dieser Leistungen hat den Betrag 0,5 3 dB. Man spricht auch von der 3-dB-Grenzfrequenz.

        Die Effektivwerte der Spannung am Verbraucher und des Stromes, der durch den Verbraucher fließt, haben bei der 3-dB-Grenzfrequenz den (1 / )- fachen Betrag ihres Maximalwertes.


        Damit bei der Bestimmung der Übertragungs- eigenschaften eines Netzes ein frequenzabhängi- ger Effektivwert Uq der Quellenspannung bzw. Iq des Quellenstromes das Ergebnis nicht verfälscht, arbeiten wir mit einem Übertragungsfaktor, den wir mit der betrachteten Ausgangsgröße und der Quellengröße bilden; so ist z. B:

      2. Filterarten

        Prinzipiell unterscheiden wir vier Arten von Filtern (Bild 5.8):

        • Ein Tiefpass (low-pass filter) lässt Größen mit tiefen Frequenzen ungehindert passieren und schwächt Größen mit hohen Frequenzen ab;

        • ein Hochpass (high-pass filter) lässt Größen mit hohen Frequenzen ungehindert passieren und schwächt Größen mit tiefen Frequenzen ab;

        • ein Bandpass (band-pass filter) lässt Größen ei- nes bestimmten Frequenzbereiches ungehindert passieren und schwächt Größen mit tiefen und hohen Frequenzen ab;

        • eine Bandsperre (band-elimination filter) schwächt Größen eines bestimmten Frequenz- bereiches ab und lässt Größen mit tiefen und hohen Frequenzen ungehindert passieren.


          (5.55)


          Außerdem setzen wir voraus, dass der Verbrau- cherwiderstand stets ein Grundeintor R ist. Die Leistung Pmax ist in diesem Fall durch den maxi- malen Betrag Tmax des Übertragungsfaktors be- stimmt, den wir zur Bildung des bezogenen Über- tragungsfaktors t(j) verwenden:


          (5.56)


          Das Maß des bezogenen Übertragungsfaktors

          (5.57)


          hat den Maximalwert 0 dB.


          Bild 5.8 Filterarten: s (= Signal) steht für Strom oder Spannung

          Die Ordnungszahl n eines Filters ist der Grad des Nennerpolynoms des Übertragungsfaktors. Der Grad des Zählerpolynoms m ist bei einem Filter nicht höher als der Grad des Nennerpolynoms, es ist also stets m n.

      3. Hochpass 1. Ordnung

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Außer dem Übertragungsmaß ist auch der Über- tragungswinkel von Bedeutung, der für den Übertragungsfaktor T(j) und für den bezogenen Übertragungsfaktor  t(j) gleich ist:

        t() = T () (5.58)

        Bei dem Hochpass 1. Ordnung, der aus den Grundeintoren R und C (Bild 5.9) besteht, er- setzen wir für 0 das Grundeintor C durch eine Unterbrechung; dabei ist P2 = 0. Für ersetzen wir das Grundeintor C durch einen Kurzschluss und stellen fest, dass P2 = P2max ist.


        Bild 5.9 Hochpass aus den Grundeintoren R und C


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Mit R = Ri + RV berechnen wir den Spannungs- Übertragungsfaktor:


        (5.59)


        Für nimmt der Spannungs-Übertragungs- faktor seinen maximalen Betrag Tumax an:


        (5.60)


        Bild 5.10 Bode-Diagramm des Hochpasses 1. Ordnung



        Bei der Grenzfrequenz f


        hat der Betrag T


        den

        Die Kurve für das Maß at des Hochpasses nähert

        (1 / )

        g u

        . Mit

        sich für negative Werte von einer Geraden an,

        -fachen Wert von Tumax

        berechnen wir:

        g C R = 1


        (5.61)

        die durch den Punkt (20 dB; lg = 1) und den Nullpunkt verläuft. Eine solche Gerade, der sich eine gekrümmte Kurve immer stärker annähert, ohne sie zu erreichen, wird als Asymptote (griech. für Nichtzusammenfallende) bezeichnet.

        Für die Darstellung im Bode-Diagramm bilden wir die normierte Frequenz als Quotienten aus der Frequenz f und der Grenzfrequenz fg:


        (5.62)


        Mit den Gln. (5.59 und 5.60) berechnen wir den bezogenen Spannungs-Übertragungsfaktor:


        (5.63)


        Wir berechnen mehrere Werte für das Maß at und den Winkel t des bezogenen Spannungs- Übertragungsfaktors und tragen diese Werte über dem Logarithmus lg der bezogenen Frequenz auf. Das Bode-Diagramm (Bild 5.10) gilt für sämt- liche Hochpässe 1. Ordnung.

        Eine weitere Asymptote für positive Werte von ist die waagrechte Gerade durch den Nullpunkt. Die größte Abweichung von diesen Asymptoten liegt beim Wert lg = 0 vor, wo at = 3,01 dB ist. Beide Asymptoten treffen sich bei der Eckfre- quenz f1 = fg, die gleich der Grenzfrequenz ist.


        Beispiel 5.17

        Wir wollen einen Hochpass 1. Ordnung mit einem Grundeintor C dimensionieren. Seine 3-dB-Grenzfrequenz soll 20 Hz sein. Bei ho- hen Frequenzen soll der Quelle (Ri = 50 k) die maximal mögliche Leistung entnommen werden.

        Bei f muss Anpassung vorliegen. Wir wählen RV = Ri = 50 k und berechnen:

        Praxisbezug 5.4

        Bei den sog. RC-Verstärkern wird die Wechsel- spannungsquelle über einen Kondensator an den Eingang des Verstärkers gekoppelt. Dadurch erreicht man, dass durch die Wechselspannungs- quelle kein Gleichstrom fließt und die Arbeits- punkteinstellung des Verstärkers durch die Quelle nicht gestört wird. Der Kondensator bildet mit dem Innenwiderstand der Quelle und dem Eingangswiderstand des Verstärkers einen Hoch- pass 1. Ordnung.

        Der Verbraucher wird ebenfalls über einen Kon- densator mit dem Verstärkerausgang verbunden; dies ergibt einen weiteren Hochpass 1. Ordnung.

        Mit G = Gi + GV und R = 1 / G berechnen wir den Strom-Übertragungsfaktor:


        (5.64)


        Bei der Grenzfrequenz fg hat der Betrag Ti den (1 / )-fachen Betrag des Maximalwertes und es ist g C R = 1. Damit berechnen wir:


        (5.65)


        Mit der normierten Frequenz erhalten wir:

        Aufgaben

        5.12(1) Von einem Hochpass 1. Ordnung wird eine Eingangsspannung der Frequenz 7,4 Hz um 20 dB abgeschwächt. Welche Grenzfrequenz liegt vor?

        5.13(1) Ein Hochpass 1. Ordnung mit einem ver- lustfreien Kondensator C = 100 nF soll für die Grenzfrequenz 80 Hz dimensioniert werden. Welcher Widerstand ist hierfür erforderlich?

        5.14(2) Ein Hochpass 1. Ordnung schwächt eine Eingangsspannung 15 V um 10 dB ab. Welche Ausgangsspannung liegt dabei vor?

        5.15(2) Welchen Betrag hat der Spannungs- Übertragungsfaktor eines Hochpasses 1. Ordnung (Tmax = 1) bei der bezogenen Frequenz = 0,5 ?

      4. Tiefpass 1. Ordnung

        Bei dem Tiefpass 1. Ordnung aus den Grund- eintoren R und C (Bild 5.11) ersetzen wir für

        0 das Grundeintor C durch eine Unterbre-

        chung und stellen fest, dass dabei P2 = P2max ist; für ersetzen wir das Grundeintor C durch einen Kurzschluss und stellen P2 = 0 fest.


        (5.66)


        Für 0 und damit auch 0 nimmt der Strom-Übertragungsfaktor den maximalen Betrag Timax = RGV an. Damit berechnen wir den bezoge- nen Übertragungsfaktor:


        (5.67)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 5.11 Tiefpass aus den Grundeintoren R und C Bild 5.12 Bode-Diagramm des Tiefpasses 1. Ordnung

        Die Kurve für das Maß at des Tiefpasses nä- hert sich für positive Werte von immer stär- ker einer Geraden an, die durch den Punkt (20 dB ; lg = + 1) und den Nullpunkt ver- läuft. Die Asymptote für negative Werte von lg ist die waagrechte Gerade durch den Nullpunkt. Beide Asymptoten treffen sich bei der Eckfrequenz f1 = fg, die gleich der Grenzfre- quenz ist. Die größte Abweichung von diesen Asymptoten liegt beim Abszissenwert lg = 0 vor; dabei ist at = 3,01 dB.

        Aufgaben

        5.16(1) Ein Tiefpass 1. Ordnung mit einem ver- lustfreien Kondensator C = 100 nF soll für die Grenzfrequenz 50 Hz dimensioniert werden. Berechnen Sie den erforderlichen Widerstand.

        5.17(2) An einer Reihenschaltung der Grundein- tore R = 100 k und C = 32 pF liegt eine Sinus- spannung U1 mit der Frequenz 250 kHz.

        Am Grundeintor C wird U2 = 1,42 V gemessen. Welchen Effektivwert hat die Spannung U1?

        Ein Netz mit Bandpassverhalten wird breitban- dig genannt, wenn die obere Grenzfrequenz und die Bandbreite von gleicher Größenordnung sind (z. B. fgu = 1 MHz; fgo = 2 MHz; B = 1 MHz). Schmalbandig ist ein Netz dann, wenn die Grenz- frequenzen wesentlich größer sind als die Band- breite (z.B. fgu = 9 MHz: fgo = 10 MHz; B = 1 MHz).


        Wir untersuchen in diesem Abschnitt einen passiven Bandpass, der eine Reihenschaltung der Grundein- tore L und C enthält.


        Bild 5.13 Passiver Bandpass mit L und C


        Mit R = Ri + RV setzen wir den Spannungs-Über- tragungsfaktor an:

        5.18(2) Von einem Tiefpass 1. Ordnung wird eine   Eingangsspannung der Frequenz 82 Hz um 20 dB   abgeschwächt. Welche Grenzfrequenz hat dieser

        Tiefpass?


        (5.69)


      5. Bandpass


        Als Bandpass (band-pass filter) bezeichnet man

        Wir beseitigen den Doppelbruch und stellen fest, dass es sich bei dem Bandpass nach Bild 5.13 um einen Bandpass 2. Ordnung handelt.

        ein Zweitor, das bei tiefen und hohen Frequenzen  

        je einen Sperrbereich und bei mittleren Frequen- zen einen Durchlassbereich aufweist. Ein Band-

        (5.70)

        pass besitzt also zwei Grenzfrequenzen:

        • Die untere Grenzfrequenz (lower cutoff fre- quency) fgu trennt den Sperrbereich bei tiefen Frequenzen vom Durchlassbereich.

        • Die obere Grenzfrequenz (upper cutoff fre- quency) fgo bildet die Grenze zum Sperrbereich bei hohen Frequenzen.

        Der Durchlassbereich liegt im Frequenzband

        zwischen den beiden Grenzfrequenzen, deren

        Zunächst wollen wir diejenige Frequenz ermitteln, bei welcher der Spannungs-Übertragungsfaktor seinen maximalen Betrag Tmax aufweist:

        (5.71)


        Beim Maximum von Tu ist der Imaginärteil des Nenners der Gl. (5.69) gleich null. Die zugehörige Frequenz wird Bandmittenfrequenz fm genannt:

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Differenz als Bandbreite (bandwidth) B des  

        Bandpasses bezeichnet wird:

        (5.72)


        (5.68)

        Diese Frequenz stimmt mit der Resonanzfrequenz

        fr der Reihenschaltung aus L und C überein.

        Grenzfrequenzen

        Zweckmäßig formen wir zunächst die Gl. (5.69) mit den Gln. (5.71 und 5.72) so um, dass der Realteil des Nenners den Wert 1 aufweist:


        (5.73)

        Beispiel 5.18

        Wir wollen für einen Bandpass ( fm = 1 kHz; Tmax = 1) den Betrag des Spannungs-Übertra- gungsfaktors für drei Gütefaktoren 0,05; 0,5 und 5 über der Frequenz auftragen.

        Dazu setzen wir die Gl. (5.74) in die Gl. (5.73) ein und bilden den Betrag:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Ausdruck vor der Klammer wird als Güte- faktor oder kurz als Güte Q bezeichnet:


        (5.74)


        Bei jeder Grenzfrequenz hat der Imaginärteil des Nenners in der Gl. (5.73) den Betrag 1. Zur Berechnung der Grenzfrequenzen lösen wir des- halb die beiden quadratischen Gleichungen:

        In diese Gleichung setzen wir einige Werte der Kreisfrequenz ein und berechnen die zu- gehörigen Werte von Tu.


        (5.75)


        Jede dieser Gleichungen hat zwei Lösungen, von denen aber nur jeweils eine positiv und damit brauchbar ist:


        (5.76)



        Mit der Differenz dieser beiden Grenz-Kreisfre- quenzen berechnen wir die Bandbreite:


        (5.77)


        Die Güte Q eines Bandpasses 2. Ordnung ist der Quotient aus Bandmittenfrequenz und Bandbreite.

        Mithilfe der Gln. (5.76) lässt sich außerdem fest- stellen, dass die Bandmittenfrequenz das geome- trische Mittel der Grenzfrequenzen ist:


        (5.78)

        Beim Betrieb des Reihenschwingkreises nach Bild 5.13 bewirkt die Spannungsüberhöhung, dass die Spannungen an den Grundeintoren L und C Maximalwerte annehmen können, die wesentlich höher als Uq sind.

        Beispiel 5.19

        Wir wollen einen Bandpass mit einem Reihen- schwingkreis dimensionieren, der folgende Forderungen erfüllt:

        Der Durchlassbereich (at 3 dB) soll die Frequenzen von fgu = 36 kHz bis fgo = 40 kHz umfassen. Bei der Bandmittenfrequenz soll einer Quelle mit Uq = 10 V und Ri = 400 die maximal mögliche Leistung entnommen werden.

        Die Bandmittenfrequenz entspricht der Reso- nanzfrequenz. Bei dieser ist der Widerstand des Reihenschwingkreises ein Wirkwider- stand und gleich dem im Kreis enthaltenen Ohmschen Widerstand. Die letzte Forderung kann somit durch RV = Ri erfüllt werden. Da- mit ergibt sich R = 800 .

        Die Bandmittenfrequenz ist:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Mit der Bandbreite B = 4 kHz berechnen wir die Güte:


        (5.79)

        Da die Güte Q und die Bandmittenfrequenz fm die Nullstellen des Nenners und damit die Pole der Gl. (5.79) bestimmen, bezeichnet man die Güte als Polgüte QP und die Bandmittenfrequenz als Polfrequenz fP . Damit setzen wir für einen Bandpass 2. Ordnung allgemein an:



        Mithilfe der Gln. (5.72 und 5.74) berechnen wir die Unbekannten C und L:


        (5.80)



        Mit der Gl.(4.104) berechnen wir die Frequenz fL, bei welcher die Spannung am Grundeintor L ihren Maximalwert annimmt:


        Mit der Gl.(4.106) berechnen wir die Frequenz fC, bei welcher die Spannung am Grundeintor C ihren Maximalwert annimmt:


        Den Maximalwert dieser Spannungen berech- nen wir mithilfe der Gl. (4.103):


        UL = UC = 94,92 V


        Wir wollen nun eine Gleichung entwickeln, die für jeden Bandpass 2. Ordnung gilt. Dazu setzen wir die Gl. (5.74) in die Gl. (5.73) ein und ordnen Zähler und Nenner nach Potenzen der Frequenz f; dies erreichen wir dadurch, dass wir den Bruch mit j f /( fm Q ) erweitern:

        Praxisbezug 5.5

        Bandfilternetze mit Schwingkreisen werden z. B. als Zwischenfrequenzverstärker in Rundfunk- empfängern eingesetzt. In der Regel werden im Zwischenfrequenzverstärker allerdings zwei- kreisige Bandfilter verwendet, bei denen zwei Parallelschwingkreise unterschiedlicher Reso- nanzfrequenz durch einen Übertrager gekoppelt sind. Der mit solchen Bandpässen erreichbare Dämpfungsverlauf zeichnet sich durch eine gerin- ge Dämpfung im Durchlassbereich bei einem stei- len Dämpfungsanstieg an den Bandgrenzen aus.


        Das Signal, das mit dem Zwischenfrequenzver- stärker verstärkt wird, hat stets eine Bandmitten- frequenz, welche der Zwischenfrequenz fZ ent- spricht. Es wird aus einem beliebigen Empfangs- signal mit der Bandmittenfrequenz fE dadurch gewonnen, dass dieses mit einer sinusförmig zeit- abhängigen Oszillatorschwingung der Frequenz fOsz = fE fZ gemischt wird. Beim Abstimmen des Empfängers wird diese Oszillatorfrequenz eingestellt.

        Um den großen Raumbedarf und die hohen Kosten von Bandfiltern mit Schwingkreisen zu vermeiden, werden bei Bandmittenfrequenzen über 1 MHz elektromechanische Filter wie z. B. Keramikfilter oder AOW-Filter (akustische Oberflächenwellen-Filter, Bild 5.14) verwendet.

        5.23(3) Der Eingang eines UKW-Empfängers wird durch einen Bandpass mit einem Parallelschwing- kreis gebildet. Die Kapazität C ist mit zwei Kapazi- tätsdioden im Bereich 22 ... 34 pF einstellbar. Der Eingang ist mit einer Antenne beschaltet, deren Ersatzschaltung eine lineare Spannungsquelle mit Ri = 1350 ist.


        Bild 5.14 Aufbau eines AOW-Filters


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        An den Interdigitalwandlern werden elektrische Schwingungen in mechanische Schwingungen bzw. mechanische Schwingungen in elektrische umgewandelt. Die mechanischen Schwingungen pflanzen sich an der Oberfläche des Substrats – mit geringer Eindringtiefe – als Welle fort. Durch Reflexionen an den Interdigitalwandlern entsteht eine stehende Welle, deren Wellenlänge die Bandmittenfrequenz des Filters bestimmt.


        Aufgaben

        5.19(2) Welche Grenzfrequenzen hat ein Bandpass

        2. Ordnung mit QP = 5 und fP = 100 Hz?

        5.20(2) Berechnen Sie für den Bandpass aus dem Beispiel 5.14 die Bandmittenfrequenz, die Grenzfrequenzen, die Bandbreite und die Güte.


        5.21(2) Gcben Sie für einen Bandpass mit einem Parallelschwingkreis aus L und C allgemein an, mit welchen Gleichungen die Polfrequenz und die Polgüte bestimmt werden können.


        5.22(2) Dimensionieren Sie ein Bandfilter mit einem Reihenschwingkreis, das mit einer Sinus- quelle Uq = 6 V ; Ri = 10 betrieben wird. Am Verbraucher soll die maximale Leistung Pmax = 0,5 W verfügbar sein.

        Die 3-dB-Grenzfrequenzen sind fgu = 9,95 kHz

        und fgo = 10,05 kHz.

        Bestimmen Sie die Werte von L, C und R sowie

        den Maximalwert der Spannung an L und C.


        Bestimmen Sie die Bandmittenfrequenz und die 3-dB-Bandbreite in Abhängigkeit vom Kapazi- tätswert und stellen Sie beide Größen in einem Diagramm über C dar.


      6. Bandsperre


        Als Bandsperre (band-elimination filter) bezeich- net man ein Zweitor, das sowohl bei tiefen als auch bei hohen Frequenzen einen Durchlassbereich und bei mittleren Frequenzen einen Sperrbereich auf- weist. Eine Bandsperre hat zwei Grenzfrequenzen:

        • Die untere Grenzfrequenz (lower cutoff fre- quency) fgu trennt den Durchlassbereich bei tiefen Frequenzen vom Sperrbereich.

        • Die obere Grenzfrequenz (upper cutoff fre- quency) fgo bildet die Grenze zum Durchlass- bereich bei hohen Frequenzen.


        Der Sperrbereich liegt im Frequenzband zwi- schen den beiden Grenzfrequenzen, deren Diffe- renz Bandbreite (bandwidth) B genannt wird.

        Wir untersuchen in diesem Abschnitt eine pas- sive Bandsperre, die eine Parallelschaltung der Grundeintore L und C enthält.


        Bild 5.15 Passive Bandsperre mit L und C

        Mit R = Ri + RV setzen wir den Spannungs-Über- tragungsfaktor an:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (5.81)

        Wir setzen die Gl. (5.84) sowie Tmax = 0,5 in die Gl. (5.83) ein und bilden den Betrag des Spannungs-Übertragungsfaktors:


        Der Übertragungsfaktor hat für 0 und

        den Maximalbetrag Tmax = RV / R.

        Bei der Bandmittenfrequenz fm hat der Betrag des Spannungs-Übertragungsfaktors den Wert Tu = 0:


        (5.82)


        In diese Gleichung setzen wir einige Werte der Kreisfrequenz ein und berechnen die zu- gehörigen Werte von Tu.



        Diese Frequenz stimmt mit der Resonanzfrequenz

        fr der Parallelschaltung aus L und C überein.

        Grenzfrequenzen

        Zweckmäßig formen wir zunächst die Gl. (5.81) mithilfe der Gl. (5.82) so um, dass der Realteil des Nenners den Wert 1 aufweist:


        (5.83)


        Der Ausdruck vor der Klammer ist die Güte:


        (5.84)


        Zur Berechnung der Grenzfrequenzen lösen wir die Gln. (5.75), deren Ergebnisse als Gln. (5.76) an- gegeben sind; damit gelten die Gln. (5.77 und 5.78) auch für die Bandsperre 2. Ordnung.

        Beispiel 5.20

        Wir wollen eine Bandsperre nach Schaltung

        5.15 untersuchen, für die folgende Bauele- mente gegeben sind: Ri = RV = 400 ;

        L = 0,6 mH; C = 33 nF; Uq = 1 V.

        Mit der Gl. (5.84) berechnen wir die Polgüte Q = 5,933 und mit der Gl. (5.82) die Bandmit- tenfrequenz fm = 35,77 kHz. Die Gln. (5.76) ergeben fgu = 32,88 kHz und fgo = 38,91 kHz; die Bandbreite beträgt also 6,03 kHz.


        Wir wollen nun eine Gleichung entwickeln, die für jede Bandsperre 2. Ordnung gilt.

        Dazu setzen wir die Gl. (5.84) in die Gl. (5.83) ein und ordnen Zähler und Nenner nach Potenzen der Frequenz f; dies erreichen wir dadurch, dass wir den Bruch mit j f / ( fm Q ) erweitern. Mit der

        Polgüte QP = Q und der Polfrequenz fP = fm er-

        halten wir:


        (5.85)


        Da die Nenner der Gln. (5.80 und 5.85) über- einstimmen, werden die Pole von Bandpass und Bandsperre 2. Ordnung durch denselben Aus- druck beschrieben.

    4. Operationsverstärker an Sinusspannung


      Fragen

      • Erläutern Sie die Begriffe Durchlassbereich, Sperr- bereich und 3-dB-Grenzfrequenz.

      • Was versteht man unter dem Begriff Asymptote?


        1. Operationsverstärker an Sinus- spannung


          Ziele: Sie können

          169

          • Skizzieren Sie die Schaltung eines Tiefpasses, der aus den Grundeintoren R und C besteht.

          • Erläutern Sie, wie die Ordnungszahl eines Filters definiert ist.

          • Skizzieren Sie die Schaltung eines Hochpasses, der aus den Grundeintoren R und C besteht.

          • Beschreiben Sie, wie sich die Güte eines Bandpasses auf den Verlauf des Spannungs-Übertragungsfaktors über der Frequenz auswirkt.

            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          • Erläutern Sie die Begriffe Bandbreite und Bandmit- tenfrequenz am Beispiel eines Bandpasses.

          • Skizzieren Sie die Schaltung eines Bandpasses, der eine Reihenschaltung aus den Grundeintoren L und C enthält.

          • Geben Sie die Gleichung für den Zusammenhang zwischen Bandbreite, Bandmittenfrequenz und Güte eines Bandpasses an.

          • Wie lautet die Gleichung, die bei einem Bandpass den Zusammenhang zwischen der Bandmittenfrequenz und denGrenzfrequenzen beschreibt?

          • Skizzieren Sie die Schaltung einer Bandsperre, die eine Parallelschaltung aus den Grundeintoren L und C enthält.

          • Erläutern Sie die Begriffe Polgüte und Polfrequenz.


          Aufgaben

          5.24(2) Welche Grenzfrequenzen hat eine Band- sperre 2. Ordnung mit der Güte Q = 4,2 und der Bandmittenfrequenz fm = 1000 Hz?

          5.25(2) Eine Bandsperre nach Bild 5.15 soll die Mittenfrequenz 10,7 MHz und die 3-dB- Grenzfrequenz 10 MHz haben. Der Innenwider- stand der Quelle und der Verbraucherwiderstand haben beide den Wert 75 . Berechnen Sie die Werte der Grundeintore L und C.


          5.26(2) Geben Sie für eine Bandsperre mit einem

          • die Begriffe maximale Anstiegsgeschwindigkeit und

            slew rate erläutern.

          • zeigen, wo die maximale Anstiegsgeschwindigkeit bei einer Sinusspannung vorliegt.

          • den prinzipiellen Verlauf des Spannungs-Verstär- kungsfaktors eines kompensierten Operationsver- stärkers als Funktion der Frequenz skizzieren.

          • angeben, in welcher Größenordnung die slew rate

          und die Transitfrequenz eines A 741 liegen.


          Ein Operationsverstärker kann auch zeitabhängi- ge Spannungen verstärken. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die Ausgangsspannung ua nur mit einer maximalen Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate, SR) ändern kann. Bei einer zu hohen Frequenz oder einer zu hohen Ausgangsspannung kann dies dazu führen, dass bei sinusförmigem Eingangssignal die Ausgangsspannung nicht mehr sinusförmig ist und deshalb nichtlineare Verzerrungen vorliegen.


          Bild 5.16 Sinusförmig ausgesteuerter Operations- verstärker bei endlicher (gestrichelt) bzw. unendlicher Anstiegsgeschwindigkeit


          Beispiel 5.21

          Für einen Operationsverstärker A 741 ist die maximale Anstiegsgeschwindigkeit gegeben: SR = 0,5 V/ s

          Reihenschwingkreis aus L und C allgemein an, mit welchen Gleichungen die Polfrequenz und die Polgüte bestimmt werden können.

          Wir wollen die maximale Frequenz für ûa = 1 V bzw. 10 V berechnen, bei der keine Verzerrungen entstehen.


          Die maximale Anstiegsgeschwindigkeit tritt bei den Nulldurchgängen der Sinusspannung auf. Ausgehend vom Zeitverlauf der Aus- gangsspannung ua = ûa cos t erhalten wir die Ungleichung:


          Damit ergibt sich für die Frequenz die Un- gleichung:


          Für ûa = 1 V erhalten wir f < 79,6 kHz sowie

          f < 7,96 kHz für ûa = 10 V.

          Der Spannungs-Übertragungsfaktor eines Opera- tionsverstärkers hat bei niedrigen Frequenzen seinen größten Wert. Oberhalb der Grenzfrequenz f1 nimmt das Maß auD = 20 lg TuD ab und erreicht bei der Transitfrequenz (unity gain frequency) fT den Wert auD = 0; dabei ist TuD = 1.


          Bild 5.17 Differenzverstärkung eines kompensierten Operationsverstärkers als Funktion der Frequenz f


          Der prinzipielle Verlauf des Spannungs-Übertra- gungsfaktors entsprechend Bild 5.17 ist erforder- lich, damit sich kein instabiler Betriebszustand ein- stellt; man bezeichnet einen Operationsverstärker mit einem derartigen Verlauf des Spannungs- Übertragungsfaktors als kompensiert.

          Viele Operationsverstärker wie z. B. der A 741 sind von vornherein kompensiert; seine Transit- frequenz beträgt 1,2 MHz. Ein unkompensier- ter Operationsverstärker muss mit zusätzlichen Kondensatoren kompensiert werden.

          Fragen

          • Erläutern Sie die Begriffe maximale Anstiegs- geschwindigkeit und slew rate.

          • Zeigen Sie anhand einer Skizze, wie es sich aus- wirkt, wenn die maximale Anstiegsgeschwindigkeit einer Sinusspannung größer als die slew rate des Operationsverstärkers ist.

          • Was versteht man unter dem Begriff Transitfrequenz eines Operationsverstärkers?

          • Skizzieren Sie den prinzipiellen Verlauf des Spannungs-Verstärkungsfaktors eines Operations- verstärkers als Funktion der Frequenz.


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        2. Aktive Filter

          Ziele: Sie können

          • erläutern, aus welchen Bauelementen ein aktives Filter aufgebaut ist.

          • eine Schaltung für einen aktiven Tiefpass 1. Ordnung skizzieren und beschreiben, wie der Spannungs- Übertragungsfaktor berechnet wird.

          • anhand einer Schaltung für einen aktiven Hochpass

            1. Ordnung zeigen, wie der Spannungs-Übertra- gungsfaktor berechnet wird.

          • eine Schaltung für einen aktiven Bandpass mit Mehrfach-Gegenkopplung skizzieren.


          Bei einem aktiven Filter arbeiten Grundeintore R und C mit Operationsverstärkern zusammen. Dadurch ist der Frequenzbereich auf Werte unter 1 MHz beschränkt. Aktive Filter kommen ohne Spulen und Übertrager aus, die viel Platz bean- spruchen und teuer sind.


          1. Filter 1. Ordnung


            Bei einem Filter 1. Ordnung stimmen die Eckfre- quenz und die Grenzfrequenz überein.


            Wir beginnen mit dem aktiven Tiefpass 1. Ord- nung. Bei der Schaltung 5.18 ist dem Gegen- kopplungswiderstand R2 des invertierenden Ver- stärkers ein Kondensator mit der Kapazität C2 parallel geschaltet.

            Während beim passiven Tiefpass nach Bild 5.11 der Eingangswiderstand von der Frequenz ab- hängt, ist dies bei der Schaltung 5.18 nicht der Fall. Außerdem hängen die Filtereigenschaften nicht vom Lastwiderstand ab, der aber nicht zu niedrig gewählt werden sollte, damit der Operationsverstärker nicht überlastet wird.

            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            Das Minuszeichen in der Gl. (5.87) besagt, dass die beiden Spannungen in Gegenphase sind.



            Bild 5.18 Aktiver Tiefpass 1. Ordnung

            Bei niedriger Frequenz hat der Spannungs- Übertragungsfaktor den Betrag Tmax = GA RB . Mit den Widerständen RA = 1 / GA und RB kann die Verstärkung bzw. Abschwächung für niedrige Frequenzen f << fg eingestellt werden.

            Bei der Grenzfrequenz ist der Betrag Tu um 3 dB kleiner als Tmax und es ist Tu = Tmax / . Dabei hat auch der Imaginärteil des Nenners in Gl.(5.87) den Wert 1 und es ist g CB RB = 1. Damit berech- nen wir die Grenzfrequenz:


            Wir wollen näherungsweise eine Gleichung für  

            den Spannungs-Übertragungsfaktor entwickeln, indem wir den Operationsverstärker als ideal

            (5.88)

            ansehen und I2 = 0 setzen; aus der Schaltung 5.18 entsteht dadurch die Schaltung mit dem virtuellen Kurzschluss v.K. und der gesteuerten Quelle.

            Mit dem invertierenden Verstärker erhält man einen Hochpass 1. Ordnung dadurch, dass zum Widerstand RA ein Kondensator mit der Kapazität CA in Reihe geschaltet wird.


            Bild 5.19 Ersatzschaltung der Schaltung 5.18 für den idealen Operationsverstärker


            Da am virtuellen Kurzschluss v.K. keine Spannung liegt, können wir für die Ströme ansetzen:


            (5.86)


            Weil über den virtuellen Kurzschluss v.K. kein Strom fließt, ist  I1 =  IB. Durch Einsetzen entsteht eine Gleichung, mit der wir den Spannungs- Übertragungsfaktor erhalten:

            Bild 5.20 Aktiver Hochpass 1. Ordnung


            Wir wollen näherungsweise eine Gleichung für den Spannungs-Übertragungsfaktor entwickeln, indem wir den Operationsverstärker als ideal an- sehen und I2 = 0 setzen.



            (5.87)


            Bild 5.21 Ersatzschaltung der Schaltung 5.20 für den idealen Operationsverstärker

            Da am virtuellen Kurzschluss v.K. der Schaltung

            5.21 keine Spannung liegt, können wir für die Ströme ansetzen:


            (5.89)

          2. Bandpass 2. Ordnung


            Für einen aktiven Bandpass gibt es zwei Schaltun- gen, die Widerstände, Kondensatoren und einen Operationsverstärker enthalten. Bei der Schaltung

            5.22 spricht man von Mehrfach-Gegenkopp- lung. Wir betrachten nur den Sonderfall, dass bei- de Kondensatoren gleiche Kapazität besitzen.


            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            Weil über den virtuellen Kurzschluss v.K. kein Strom fließt, ist  I1 =  IB. Durch Einsetzen entsteht eine Gleichung, mit der wir den Spannungs- Übertragungsfaktor erhalten:


            (5.90)


            Das Minuszeichen im Zähler der Gl.(5.90) besagt, dass die beiden Spannungen in Gegenphase sind.


            Bei hohen Frequenzen hat der Spannungs- Übertragungsfaktor den Betrag Tmax = GA RB . Mit den Widerständen RA = 1 / GA und RB kann die Verstärkung bzw. Abschwächung für hohe Frequenzen f << fg eingestellt werden.

            Bei der Grenzfrequenz ist der Betrag Tu um 3 dB kleiner als Tmax und es ist Tu = Tmax / . Dabei hat auch der Imaginärteil des Nenners in Gl.(5.87) den Betrag 1 und es ist g CA RA = 1. Damit be- rechnen wir die Grenzfrequenz:


            Bild 5.22 Aktiver Bandpass 2. Ordnung mit Mehrfach- Gegenkopplung

            Wir wollen näherungsweise den Spannungs-Über- tragungsfaktor berechnen, indem wir den Opera- tionsverstärker als ideal ansehen.


            (5.91)


            Aufgaben

            5.27(1) Ein aktiver Hochpass nach Schaltung 5.20 ist mit zwei Widerständen 1 k aufgebaut. Der Kondensator hat die Kapazität 0,1 F. Nehmen Sie den Operationsverstärker als ideal an und berech- nen Sie Tmax und die Grenzfrequenz.

            5.28(2) Ein aktiver Tiefpass nach Schaltung 5.18 soll die Grenzfrequenz 50 Hz aufweisen. Der Kondensator hat die Kapazität 1 F. Nehmen Sie den Operationsverstärker als ideal an und berech- nen Sie für Tmax = 3 die Widerstände RA und RB.

            Bild 5.23 Ersatzschaltung der Schaltung 5.22 für den idealen Operationsverstärker

            Wir setzen die Maschengleichungen und die Knotengleichungen an:


            (5.92)


            (5.93)

            Wir setzen in die Knotengleichungen die nach I1 und U4 aufgelösten Maschengleichungen ein und berechnen den Spannungs-Übertragungsfaktor:


            (5.94)

          3. Bandsperre 2. Ordnung

      Bei der Bandsperre 2. Ordnung mit der Einfach- Mitkopplung nach Schaltung 5.25 muss die Gegenkopplung über die Widerstände R1 und R2 = ( 1) R1 so eingestellt werden, dass sie die Mitkopplung überwiegt, weil sonst ein stabiler Betrieb nicht möglich ist.


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Das Minuszeichen im Zähler weist darauf hin, dass U1 und U2 für f = fm in Gegenphase sind. Der maximale Betrag des Spannungs- Übertragungsfaktors ist Tmax = 0,5 G1 R2 .

      Nun ordnen wir Zähler und Nenner nach Potenzen der Frequenz f und führen einen Koeffizientenvergleich mit der Gl. (5.80) durch:


      (5.95)


      Mit der Gl. (5.77) berechnen wir die Bandbreite:


      (5.96)


      Ein Bandpass 2. Ordnung kann auch mit einem RC -Netzwerk realisiert werden, das eine Einfach- Mitkopplung bewirkt. In der Schaltung 5.24 muss die Gegenkopplung über die Widerstände R1 und R2 = ( 1) R1 so eingestellt werden, dass sie die Mitkopplung überwiegt, weil sonst ein stabiler Betrieb nicht möglich ist.


      Bild 5.24 Aktiver Bandpass 2. Ordnung mit Einfach- Mitkopplung

      Bild 5.25 Aktive Bandsperre 2. Ordnung mit Einfach- Mitkopplung

      Fragen

      • Aus welchen Bauelementen ist ein aktives Filter auf- gebaut? Bei welchen Frequenzen kann es arbeiten?

      • Skizzieren Sie eine Schaltung für einen aktiven Tiefpass 1. Ordnung und beschreiben Sie, wie der Spannungs-Übertragungsfaktor berechnet wird.

      • Erläutern Sie die Begriffe Mehrfach-Gegenkopplung und Einfach-Mitkopplung am Beispiel eines aktiven Bandpasses 2. Ordnung.

      Aufgaben

      5.29(2) Ein Bandpass nach Bild 5.22 soll die Bandmittenfrequenz 100 Hz und die Güte 12 be- sitzen. Welche Widerstände sind für C = 0,1 F und Tmax = 2 erforderlich, wenn man den Opera- tionsverstärker als ideal ansehen kann?

      5.30(3) Berechnen Sie die Bandmittenfrequenz, die Güte, die Bandbreite und den Betrag Tmax des Spannungs-Übertragungsfaktors der Schaltung

      5.24; nehmen Sie dabei einen idealen Operations- verstärker an. Für welche Werte von ist ein sta- biler Betrieb möglich?

      5.31(3) Berechnen Sie die Bandmittenfrequenz, die Güte, die Bandbreite und die Spannungs- Übertragungsfaktoren T0 und T der Schaltung

      5.25; nehmen Sie dabei einen idealen Operations-

      verstärker an. Für welche Werte von ist ein sta- biler Betrieb möglich?

  2. Drehstrom

    1. Symmetrische Spannungen

      Ziele: Sie können

      • angeben, wodurch sich die drei Spannungen eines Drehstromsystems unterscheiden.

      • die Eigenschaften eines symmetrischen Spannungs-

        systems beschreiben.

      • die Begriffe Strang, Sternpunkt, Außenleiter und Vierleitersystem erklären.

      • die Stern- und die Dreieckschaltung der Stränge ei-

        nes Drehstromerzeugers skizzieren.

      • die Zusammenhänge zwischen Außenleiterspannung, Sternspannung und Dreieckspannung erläutern.


      1. Das symmetrische Dreiphasensystem

        Von großer technischer Bedeutung ist das Drei- phasensystem (three phase system), das in der elektrischen Energietechnik häufig verwendet wird; bei ihm sind drei Stränge vorhanden.

        Das Dreiphasensystem ist der Sonderfall eines Mehrphasensystems; es wird auch als Dreh- stromsystem bezeichnet. Damit wollen wir uns in diesem Kapitel ausschließlich befassen.


        Die gleichartigen elektromagnetischen Sinusgrö- ßen eines Dreiphasensystems werden als sym- metrisch bezeichnet, wenn ihre Amplituden in den drei Strängen gleich sind und ihre Nullpha- senwinkel sich jeweils um 120° unterscheiden. So sind z. B. folgende Spannungen symmetrisch:


        In der bisher behandelten Wechselstromtechnik   haben wir uns mit Einphasensystemen befasst;

        dabei ist jeder Erzeuger oder Verbraucher ein       Eintor mit je einer Strombahn für Hin- und

        Rückleitung.

        Ein Mehrphasensystem ist ein Wechselstromsys- tem mit mehr als zwei Strombahnen. Dabei wird derjenige Teil des Systems, in dem ein einheitli- cher Schwingungszustand des Stromes herrscht, als Strang bezeichnet. Die elektromagnetischen Größen haben in den verschiedenen Strängen eines Mehrphasensystems gleiche Frequenz, aber unterschiedliche Nullphasenwinkel.

        (6.1)



        Bild 6.1 Mehrphasensystem mit n Strängen


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 6.2 Liniendiagramm und Effektivwertzeiger der symmetrischen Spannungen gemäß Gl. (6.1)

        Häufig muss die Summe von drei symmetrischen Größen gebildet werden. Wir untersuchen sie am Beispiel der drei Spannungen nach Gl. (6.1):



        (6.2)



        Als Summe der drei Spannungen erhalten wir:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (6.3)


        Dasselbe Ergebnis würden wir auch durch geome- trische Addition der Zeiger erhalten. Wir stellen fest:

        Die Summe von drei symmetrischen Größen ist stets gleich null.


      2. Prinzip des Synchrongenerators


        Mit einem Synchrongenerator wird im Kraft- werk mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt.

        Der rotierende Läufer erzeugt ein Magnetfeld. Die Läufer von Synchrongeneratoren höherer Leistung tragen eine Wicklung, die von einem Gleichstrom durchflossen wird; da von ihr das Magnetfeld erregt wird, bezeichnet man sie auch als Erregerwicklung. Bei kleinen Synchron- generatoren mit Leistungen bis zu einigen kW wer- den Dauermagnete zur Erregung des Magnetfelds verwendet. Wegen seiner Magnetpole wird der Läufer auch Polrad genannt.

        Kraftwerksgeneratoren sind Innenpolmaschinen, bei denen das Polrad innerhalb des festste- henden Ständers rotiert. Das vom Polrad er- regte Magnetfeld dreht sich mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit wie das Polrad, es läuft mit ihm synchron um – daher die Bezeichnung Synchrongenerator – und induziert in der fest ste- henden Ständerwicklung zeitlich veränderliche Spannungen. Durch konstruktive Maßnahmen wird erreicht, dass diese Spannungen annähernd sinusförmig sind.

        Bei der in einem Strang der Ständerwicklung indu- zierten Spannung sind sowohl die Amplitude û als auch die Frequenz f von der Winkelgeschwindig-


        Bild 6.3 Prinzip einer zweipoligen Drehstrom-Syn- chronmaschine (Querschnitt)


        keit und damit von der Drehzahl nS des Polrades abhängig. Da für einen Verbundbetrieb (Paral- lelschaltung der Generatoren) sowohl û als auch f konstant sein müssen, wird die Drehzahl des Läufers durch eine Regelung des Antriebs (z. B. der Turbine) konstant gehalten.


        Bei elektrischen Maschinen (Generatoren, Moto- ren und Transformatoren) wird der Anfang eines Stranges der Drehstromwicklung mit U1, V1, W1 und das Ende mit U2, V2, W2 bezeichnet.

        Die Stränge U, V, W der Ständerwicklung eines zweipoligen Drehstromgenerators sind jeweils um 120° versetzt am Umfang des Ständers angeordnet (Bild 6.3). Sie werden zeitlich nacheinander vom magnetischen Fluss durchsetzt; dadurch sind die Strangspannungen gegeneinander um 120° phasenverschoben. Da die Spulen der drei Stränge gleiche Windungszahlen haben, sind auch die Amplituden der Strangspannungen gleich und die Strangspannungen sind symmetrisch.


        Derjenige Teil einer rotierenden Maschine, in dem Spannungen induziert werden, wird als Anker be- zeichnet; bei einer Synchronmaschine ist dies also der Ständer. Wird die Ständerwicklung belastet, so erzeugen die in ihr fließenden Ströme ein ro- tierendes Magnetfeld (s. Abschn. 6.2.3), das sich mit dem Magnetfeld des Polrades zu einem re- sultierenden Magnetfeld zusammensetzt. Infolge dieser Ankerrückwirkung wird die induzierte Spannung verändert.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Praxisbezug 6.1

        Jeder der im Bild 6.3 dargestellten Stränge der Ständerwicklung besteht aus mehreren Spulen, die in Reihe geschaltet und auf einige Nuten ver- teilt sind. Die Addition der Spulenspannungen zur Strangspannung haben wir bereits im Praxisbezug

        3.6 beschrieben.


        Bei einem Einphasen-Wechselstromgenerator wirkt sich die geometrische Addition der Spulen- spannungen ungünstiger aus als bei einem Dreh- stromgenerator. Zur Einsparung von Kupfer bleibt bei einem Einphasen-Wechselstromgenerator ein Drittel des Umfangs unbewickelt. Bei gleicher Baugröße ist deshalb die abgegebene Leistung eines Drehstromgenerators größer als die eines Einphasen-Wechselstromgenerators.

        Die derzeit größten Synchrongeneratoren sind vierpolige Drehstromgeneratoren; ihre Drehzahl beträgt 1500 min–1 = 25 s–1 bei f = 50 Hz.


        Bild 6.5 Läufernut eines Synchrongenerators

        Im Läufer entstehen wegen des zeitlich konstan- ten Magnetfeldes keine Eisenverluste; das Läufer- material ist Schmiedestahl. Der aktive Teil, dessen Durchmesser 1,8 m beträgt, ist 8 m lang; bei der Läuferlänge 15 m ist der Läufer 205 t schwer.


        Aufgrund der Fliehkraft wirkt auf das Mate- rial an der Läuferoberfläche die 2300-fache Erdbeschleunigung. Die Leiter in den Nuten des Läufers werden deshalb durch Nutenverschluss- keile N aus unmagnetischem Material festgehal- ten (Bild 6.5). Besonders beansprucht sind auch die Leiterverbindungen an der Stirnseite des Läufers, die sog. Wickelköpfe: Sie werden durch Polkappen P aus unmagnetischem Stahl abge- stützt (Bild 6.4).

        Der Wirkungsgrad des Generators ist 0,99; beim Nennbetrieb entstehen also 13 MW Verluste. Durch Wasserkühlung in Ständer und Läufer wird dafür gesorgt, dass sich die Isolation der Leiter nicht unzulässig erwärmt. Dabei fließt das Wasser in Kühlkanälen K innerhalb der Leiter (sog. direk- te Leiterkühlung). Damit der Wasserkreislauf kei- nen Kurzschluss darstellt, muss das Wasser durch ständige Aufbereitung auf einer sehr niedrigen Leitfähigkeit gehalten werden.

        Wegen des zeitlich veränderlichen Magnetfeldes ist der 8 m lange Ständer geblecht. Die Ständer- wicklung ist in Stern geschaltet und die Außen- leiterspannung beträgt 27 kV. Der Ständerstrom (27,8 kA bei Nennbetrieb und cos = 1) wird di- rekt zur Generatorableitung G geführt.

      3. Sternschaltung


        Die drei Stränge eines Drehstromerzeugers kön- nen in der offenen Schaltung (Bild 6.6) durch 6 Leitungen mit den Strängen des Verbrauchers verbunden werden. Dies ist jedoch wegen des ho- hen Materialaufwandes nicht sinnvoll.


        Bild 6.6 Drehstromsystem, offene Schaltung von Erzeuger und Verbraucher


        Werden die drei Wicklungsenden U2, V2 und W2 in einem Knoten miteinander verbunden (Bild 6.7), so erhält man die Sternschaltung (star connection); ihr Kurzzeichen ist oder . Der Knoten wird als Sternpunkt (neutral point) N bezeichnet; an ihn kann ein Sternpunktleiter angeschlossen werden.

        Die Wicklungsenden U1, V1 und W1 eines Drehstromerzeugers heißen Außenpunkte; an sie sind die Außenleiter angeschlossen, die mit L1, L2 und L3 (früher: R, S, T) bezeichnet werden.

        Ein Leitersystem, das die drei Außenleiter und den Sternpunktleiter enthält, bezeichnet man als Vierleitersystem. Bei einem Dreileitersystem sind nur die Außenleiter vorhanden.

        Bei Sternschaltung liegt eine Strangspannung zwischen einem Außenpunkt und dem Stern- punkt. Sind die Strangspannungen symmet- risch, so wird der Effektivwert einer Strang- spannung als Sternspannung bezeichnet. Eine Sternspannung gibt es lediglich im Vier- leitersystem.


        Die Strangspannungen werden mit U1N, U2N und U3N oder – wenn Verwechslungen ausge- schlossen sind – mit U1, U2 und U3 bezeichnet. Den Bezugssinn einer Strangspannung wählen wir in Übereinstimmung mit DIN 40 108 vom Außenpunkt zum Sternpunkt.

        Die Phasenfolge ist die zeitliche Aufeinanderfolge der Phasen. Eilt z. B. die Spannung U2 der Span- nung U1 um 120° nach, so spricht man von einem Mitsystem (s. Abschn. 6.2.3) und es gilt:


        (6.4)


        Sowohl im Vier- als auch im Dreileitersystem kann man drei Spannungen zwischen je zwei Außenleitern abgreifen; sie werden als Außen- leiterspannungen U12, U23 und U31 bezeichnet. Wir berechnen sie mit den Strangspannungen:


        (6.5)


        Mit den Gln. (6.4) erhalten wir:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (6.6)



        Bild 6.7 Sternschaltung eines Drehstromerzeugers

        Die Bestimmung der Außenleiterspannungen kön- nen wir auch im Zeigerdiagramm durchführen. Hierfür verschieben wir zweckmäßig die Zeiger der Strangspannungen so, dass sie zu einem Punkt N weisen. Den Anfang eines Zeigers bezeichnen wir mit 1, 2 oder 3, so dass z. B. der Zeiger U1N vom Punkt 1 zum Punkt N weist.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 6.8 Zeigerdiagramm der symmetrischen Strang- und Außenleiterspannungen


        In dieses Zeigerdiagramm können wir die Außen- leiterspannungen ohne weiteres einzeichnen: U12 zeigt von 1 nach 2 usw. (Bild 6.8).


        Die Außenleiterspannungen bilden ebenso wie die Strangspannungen ein symmetrisches Span- nungssystem (Bild 6.8). Dabei gilt für den Effek- tivwert U einer Außenleiterspannung:


        (6.7)


        Eine Außenleiterspannung ist in einem sym- metrischen Drehstromsystem um den Faktor

        größer als die Sternspannung.


        Wird für ein Drehstromsystem eine Spannung angegeben, so handelt es sich stets um die Außen- leiterspannung. So bedeutet z. B. die Angabe

        „110-kV-Leitung“, dass der Effektivwert der Spannung zwischen zwei Leitern 110 kV be- trägt. Nur in Ausnahmefällen wird zusätzlich zur Außenleiterspannung auch noch die Sternspan- nung genannt, z. B. bei der Angabe „230 / 400-V- Netz“. Bei einem in Stern geschalteten Erzeuger können also zwei Dreiphasensysteme mit unter- schiedlichen Spannungen abgegriffen werden; dies ist für Verbraucher ein wichtiger Vorteil.


      4. Dreieckschaltung


        Wird jedes Wicklungsende mit dem Anfang der nächsten Wicklung verbunden, so erhält man die Dreieckschaltung (delta connection). Bei ihr sind nur drei Klemmen für den Anschluss der Außenleiter vorhanden (Bild 6.9). Deshalb kann


        Bild 6.9 Dreieckschaltung eines Drehstromerzeugers


        bei einer Dreieckschaltung (Kurzzeichen ) nur ein einziges Dreiphasensystem abgegriffen werden. Die Energie eines in Dreieck geschal- teten Synchrongenerators mit nachgeschaltetem Transformator wird mit einem Dreileitersystem zu den Verbrauchern übertragen. Bei Generatoren wird die Dreieckschaltung nicht angewendet, da sich hierbei Oberschwingungen (s. Kap. 7) störend auswirken.


        Bei einer Dreieckschaltung liegt jede Strangspan- nung zwischen zwei Außenpunkten. Sind die Außenleiterspannungen symmetrisch, so wird ihr Effektivwert Dreieckspannung genannt:


        (6.8)


        Die Dreieckspannung ist in einem symmetri- schen Drehstromsystem gleich dem Effektiv- wert einer Außenleiterspannung.


        Fragen

        • Erläutern Sie den Begriff symmetrische Größen.

        • Was ist ein Strang?

        • Wie viele Stränge hat ein Drehstromerzeuger? Wie können sie geschaltet sein?

        • Erläutern Sie den Begriff Sternspannung und geben

          Sie die Beziehung zur Außenleiterspannung an.

        • Skizzieren Sie die Dreieckschaltung der Stränge ei- nes Drehstromerzeugers.

        • Welche Leiter enthält ein Vierleitersystem? Wie

          muss der zugehörige Erzeuger geschaltet sein?

        • Beschreiben Sie die prinzipielle Funktionsweise ei- nes Synchrongenerators.

        • Erläutern Sie die Angabe: 380-kV-Leitung.

    2. Symmetrische Belastung

      Ziele: Sie können

      • begründen, warum bei symmetrischer Belastung im Sternpunktleiter kein Strom fließt.

      • erläutern, dass die gesamte Wirkleistung eines Dreh-

        stromsystems bei symmetrischer Belastung zeitlich konstant ist.

      • die Wirkleistung eines Drehstromsystems mit den

        Außenleitergrößen beschreiben und den Einfluss der Schaltungsart erläutern.

      • den Zusammenhang zwischen Außenleiterstrom und

        Dreieckstrom angeben.

      • die Entstehung eines Drehfeldes beschreiben.

      • den Zusammenhang zwischen Drehfelddrehzahl und Polpaarzahl einer Drehstrommaschine angeben.

      • die Begriffe Mitsystem und Gegensystem erläutern.


      Wenn die drei Stränge eines Verbrauchers unter- einander gleich sind, also gleiche Widerstände aufweisen, spricht man von einer sym- metrischen Belastung; die Verbraucherstränge können dabei entweder in Stern oder in Dreieck

      geschaltet sein.

      Die Bezeichnung symmetrische Belastung wurde gewählt, weil dabei – unter der Voraussetzung symmetrischer Strangspannungen – auch die Strangströme symmetrisch sind.

      Wir setzen im Folgenden voraus, dass die Außen- leiterspannungen des Erzeugers bzw. des Netzes symmetrisch und konstant sind.


      1. Sternschaltung


        Wird ein Verbraucher in Sternschaltung von einem Vierleiternetz gespeist, so liegt die Sternspannung an jedem Verbraucherstrang.

        Wir berechnen die Strangströme, die bei der Sternschaltung auch die Außenleiterströme sind, mit den Strangspannungen der Gln. (6.4):


        (6.9)


        Bei symmetrischer Belastung in Sternschaltung wird der Effektivwert eines Strangstromes Stern- strom genannt; er ist gleich dem Effektivwert I eines Außenleiterstromes:


        (6.10)


        Damit können wir die Gln. (6.9) vereinfacht schreiben:


        (6.11)


        Bei symmetrischer Belastung in Sternschaltung sind also die Strangspannungen und die Strang- ströme symmetrisch.



        Bild 6.10 Symmetrische Belastung in Sternschaltung


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 6.11 Zeigerdiagramm der Strangspannungen und

        -ströme bei symmetrischer Belastung in Sternschaltung

        Der Strom  IN im Sternpunktleiter ist nach dem Knotensatz die Summe der Strangströme. Da die Summe symmetrischer Größen stets den Wert null ergibt, ist auch IN gleich null:


        IN =  I1 +  I2 +  I3 = 0 (6.12)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Im Sternpunktleiter fließt bei symmetrischer Belastung kein Strom, weshalb der Sternpunkt- leiter bei symmetrischer Belastung entfallen kann. Dadurch ergibt sich für Drehstrom ein entscheidender Vorteil gegenüber dem Einphasen- Wechselstrom.


        Wird in einem Drehstromsystem elektrische Energie in nichtelektrische umgewandelt, so wird dabei die Summe der Augenblickswerte sämtli- cher Strangleistungen Pstr(t) gebildet. Wir wollen deshalb die gesamte Leistung P(t) der drei Stränge untersuchen. Dazu multiplizieren wir Spannung und Strom jedes Stranges und bilden die Summe:

        Die drei zeitunabhängigen Terme sind im Zeiger- diagramm (Bild 6.12) durch drei ortsfeste, nicht rotierende Zeiger dargestellt.

        Die Zeiger der zeitabhängigen Terme rotieren mit der Winkelgeschwindigkeit 2 . Da sie symmet- risch sind, ist ihre Summe in jedem Zeitpunkt null. Die gesamte Leistung der drei Stränge ist daher die zeitlich konstante Wirkleistung:

        (6.13)


        Diese Gleichung ist vor allem für rotierende Drehstrommaschinen (Motoren, Generatoren) von Bedeutung. Aus konstruktiven Gründen sind bei diesen Maschinen die drei Stränge untereinan- der gleich; deshalb ist die mechanische Leistung P = 2 n M und damit auch das Drehmoment M zeitlich konstant.

        Im Gegensatz zur Leistung P(t) = P des ge- samten Drehstromsystems ist die Leistung Pstr jedes Stranges zeitabhängig. So gilt z. B. für den Strang 1:



        Die Produkte formen wir mit der Gl. (A1.16) um. Dabei erhalten wir drei zeitunabhängige und drei zeitabhängige Terme:

        Diese zeitabhängige Leistung lässt sich gemäß Gl. (A1.8) in eine Wirk- und eine Blindleistungs- schwingung zerlegen:


        (6.14)


        Die Blindleistung eines Stranges ist:


        (6.15)


        Als gesamte Blindleistung eines Drehstromsys- tems bezeichnet man die Summe der Blind- leistungen der drei Stränge. Bei symmetrischer Belastung gilt:


        (6.16)



        Bild 6.12 Zeigerdiagramm der Leistung P(t)

        Obwohl die Summe der Blindleistungsschwingun- gen der drei Stränge zu jedem Zeitpunkt den Wert null ergibt, entsteht bei sin 0 in jedem Strang Blindleistung, die für die Energieübertragung von Bedeutung ist.

        Die Gln. (6.13 und 6.16) fassen wir zur komplexen Leistung S des Drehstromsystems zusammen:


        (6.17)


        Dabei ist = u i der Winkel des komplexen Widerstandes Z und damit der Phasenverschie- bungswinkel einer Strangspannung gegen den Strom desselben Stranges.


        In der Literatur ist häufig anstelle der Gl. (6.17) eine Gleichung angegeben, in der die komplexe Leistung mit den Außenleitergrößen U =

        und I = beschrieben wird:


        (6.18)


        Auch dabei ist der Phasenverschiebungswinkel der Strangspannung gegen den Strangstrom.


        Aus der Gl. (6.18) folgt für die Wirk- und die Blindleistung des gesamten Drehstromsystems bei symmetrischer Last:

        (6.19)


        (6.20)


        Da bei symmetrischer Belastung die Stränge gleich sind, braucht man bei einer Berechnung


        Damit berechnen wir den Effektivwert des Strang- und des Außenleiterstromes:


        Dies setzen wir mit dem Phasenverschie- bungswinkel = 30° in die Gl. (6.18) ein:


        Der Motor erhält aus dem Netz die Wirkleis- tung 4,97 kW und die Blindleistung 2,9 kvar.


      2. Dreieckschaltung


        Eine Strangspannung ist bei Dreieckschaltung gleich der am Strang anliegenden Außenleiterspan- nung. Sind die Außenleiterspannungen symmet- risch, was wir auch hier voraussetzen, so sind auch die Strangspannungen symmetrisch; in diesem Fall wird der Effektivwert einer Strangspannung Dreieckspannung genannt (s. Abschn. 6.1.4).


        Die symmetrischen Strangspannungen erhalten wir mit den Gln. (6.7 und 6.8) aus den Gln. (6.6):

        nur die Größen eines Stranges zu ermitteln;   damit können die Außenleitergrößen und die Leistungsgrößen bestimmt werden.


        Beispiel 6.1

        Ein in geschalteter Motor, der am 400-V- Drehstromnetz mit f = 50 Hz betrieben wird, hat in jedem Strang den Widerstand R = 24 in Reihe mit der Induktivität L = 44,6 mH. Wir wollen den Außenleiterstrom und die Leistung berechnen, die der Motor aufnimmt.


        Zunächst berechnen wir mit der Gl. (6.7) die Strangspannung:

        (6.21)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der komplexe Widerstand eines Stranges ist: Bild 6.13 Symmetrische Belastung in Dreieckschaltung

        Bei symmetrischer Belastung in Dreieckschal- tung wird der Effektivwert eines Strangstromes als Dreieckstrom bezeichnet:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (6.22)


        Die Strangströme werden wie die Strangspannun- gen durch zwei Indizes gekennzeichnet (Bild 6.14). Wir berechnen die Strangströme mithilfe der Gl. (6.22) aus den Strangspannungen:


        (6.23)


        Bild 6.15 Zeigerdiagramm der Strang- und Außen- leiterströme bei symmetrischer Belastung in Dreieck- schaltung


        Die gesamte Leistung der drei Stränge lässt sich entsprechend dem Abschnitt 6.2.1 berechnen; sie ist auch bei symmetrischer Dreieckschaltung zeit- lich konstant und gleich der Wirkleistung:


        (6.26)


        Mit der Blindleistung erhalten wir die komplexe Leistung der drei Stränge:


        (6.27)



        Bild 6.14 Zeigerdiagramm der Stranggrößen bei sym- metrischer Belastung in Dreieckschaltung


        Nun berechnen wir die Außenleiterströme:

        Dabei ist der Phasenverschiebungswinkel ei- ner Strangspannung gegen den Strom desselben Stranges.


        Statt der Stranggrößen werden zur Berechnung der komplexen Leistung des Drehstromsystems die Außenleitergrößen verwendet:



        (6.24)


        Die Außenleiterströme bilden – ebenso wie die Strangströme – ein symmetrisches Drehstrom- system (Bild 6.15). Dabei gilt für den Effektivwert I eines Außenleiterstromes:


        (6.25)


        Ein Außenleiterstrom ist in einem symmet- rischen Drehstromsystem um den Faktor größer als ein Dreieckstrom.

        (s. Gl. 6.18)


        Diese Gleichung gilt also unabhängig von der Art der Schaltung.


        Wird ein symmetrischer Verbraucher an einem Netz in Stern- bzw. in Dreieckschaltung betrieben, so sind die jeweils aufgenommenen Leistungen unterschiedlich.

        Setzt man = / Z in die Gl. (6.27) und außer- dem = / Z in die Gl. (6.17) ein, so erhält man mit den Gln. (6.7 und 6.8):


        (6.28)

        Tabelle 6.1 Strang- und Außenleitergrößen bei symme- trischer Belastung in Stern- und in Dreieckschaltung

        wiegend aus Kabeln und in ländlichen Gebieten aus Freileitungen bestehen.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Niederspannungstransformatoren sind in Verbrauchernähe aufgestellt; sie versorgen die Verbraucher über Vierleiternetze mit der Nieder- spannung 400 V. Einphasen-Verbraucher wer- den gleichmäßig verteilt an die Außenleiter des Niederspannungsnetzes angeschlossen, wodurch sich eine angenähert symmetrische Belastung der Dreileiternetze ergibt.


        Praxisbezug 6.2

        Für die elektrische Energieübertragung sind die Spannungen der Synchrongeneratoren (10 ... 27 kV) zu niedrig, denn die hohen Ströme würden zu große Verluste auf den Leitungen hervorrufen. Deshalb ist jedem Generator ein Maschinen- transformator (primär , sekundär ) nach- geschaltet, der die Spannung auf 110, 220 oder 380 kV heraufsetzt; diese Spannungen werden in der elektrischen Anlagentechnik unter der Be- zeichnung Hochspannung zusammengefasst. Mit Dreileiternetzen dieser Spannungen wird die elek- trische Energie vorwiegend über Freileitungen zu den weit entfernten Verbrauchern transportiert.


        Die Verteilung wird im Allgemeinen in zwei Stufen, d. h. auf zwei Spannungsebenen durch- geführt (Bild 6.16). Die Hochspannung wird zunächst auf die Mittelspannung 10 ... 30 kV her- abgesetzt. Auch die Mittelspannungsnetze sind Dreileiternetze, die in städtischen Gebieten vor-


        Bei den Hochspannungs-Freileitungen wäre in- folge der unterschiedlichen Lage der Leiterseile zu Mast und Erdboden die Belastung unsymmet- risch, weil die Kapazitäten der Leiter gegen Erde unterschiedlich sind. Deshalb tauschen die Leiter jeweils nach 1/ 3 der Leitungslänge am Verdril- lungsmast die Plätze; jeder Leiter befindet sich


        Bild 6.16 Schematische Darstellung der elektrischen Energieverteilung

        also jeweils auf 1/ 3 der Leitungslänge am Platz a, b und c des Mastes. Dadurch stellt die gesamte Freileitung eine symmetrische Belastung dar.


        Der geerdete Leiter E an der Spitze jedes Mastes sorgt für den Blitzschutz; dieser Leiter ist mit je- dem geerdeten Mast leitend verbunden.

        a)

        iU


        i


        t1 t2


        iV


        t3 t4


        iW iU


        t


      3. Drehfeld


        Die günstigen Betriebseigenschaften von Dreh- b)

        strommaschinen ergeben sich durch das umlau- W2

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        fende Magnetfeld, das Drehfeld genannt wird. t1

        In Synchrongeneratoren wird das Drehfeld im U1 Wesentlichen von der gleichstromgespeisten Läu- ferwicklung erzeugt; es dreht sich mit der Winkel- geschwindigkeit des Läufers (s. Abschn. 6.1.2). V2

        In Drehstrommotoren wird das Drehfeld von

        einer Dreiphasenwicklung erzeugt, die an ein W2

        Dreileiternetz angeschlossen ist. Das Drehfeld t3


        V1 W2 V1

        t2

        U2 U1 U2

        B B


        W1 V2 W1


        V1 W2 V1

        t4

        entsteht dadurch, dass zeitlich phasenverschobene Ströme in räumlich versetzten Spulen fließen.


        Zur vereinfachten Beschreibung der Entstehung des Drehfeldes stellen wir im Bild 6.17 die auf mehrere Nuten verteilten Leiter eines Stranges der Ständerwicklung durch eine konzentrierte Spule

        U1 B


        V2

        U2 U1 B U2


        W1 V2 W1

        dar. Außerdem ersetzen wir den Läufer durch ei- nen massiven Eisenzylinder.


        Das Bild 6.17a zeigt die Liniendiagramme der Strangströme iU, iV und iW. Darunter zeigt das Bild 6.17b die Richtung des Magnetfeldes im Läufer einer zweipoligen Maschine zu den Zeit- punkten t1 . . . t4. Die unterschiedlichen Werte der Stromstärke zu den einzelnen Zeitpunkten sind durch mehr oder weniger dick gezeichnete Punkte und Kreuze in den Leitern angedeutet.

        Bild 6.17 Zur Erzeugung eines Drehfeldes: a) Zeit-

        verlauf der Spulenströme; b) magnetisches Feld


        Drehsinn

        Werden die drei Spulen der Drehfeldwicklung von einem Mitsystem gespeist, so dreht sich der Motor im Rechtslauf. Die Gln. (6.1) beschreiben das Mit- system für den Sonderfall, dass die Spannung U1 in der reellen Achse liegt. Ist dies nicht der Fall, so gilt für das Mitsystem (Index m):


        Eine genauere Untersuchung zeigt, dass sich das   Drehfeld gleichmäßig dreht. Dies hat zur Folge,

        dass auch das Drehmoment einer Drehfeldma- schine zeitlich konstant ist.

        (6.29)

        Das Prinzip des Drehfeldes wurde 1888 erstmals von G. Ferraris1) beschrieben.


        1) Galileo Ferraris, 1847 – 1897

        Werden bei einer Drehfeldwicklung, die von ei-

        nem Mitsystem gespeist wird, zwei Zuleitungen vertauscht, so entsteht ein Gegensystem mit ge- änderter Phasenfolge:


        (6.30)


        Der von einem Gegensystem gespeiste Motor hat die entgegengesetzte Drehrichtung wie der von einem Mitsystem gespeiste Motor.


        Drehfelddrehzahl

        Eine zweipolige Maschine besitzt zwei Pole, also ein Polpaar; ihre Polpaarzahl ist p = 1. Bei ihr sind die Spulen der Ständerwicklung um = 120° versetzt am Umfang angeordnet. Wie das Bild

        6.17 zeigt, hat sich das Drehfeld nach T/ 4 um 90° gedreht. In einer Periode T führt das Drehfeld eine volle Umdrehung aus; die Drehfelddrehzahl n0 ist bei einer zweipoligen Maschine gleich der Fre- quenz der Ströme in der Ständerwicklung.


        Bei einer mehrpoligen Maschine wiederholt sich die Wicklungsanordnung der zweipoligen Maschi- ne mehrfach am Ständerumfang (s. Tab. 6.2). Die Drehfelddrehzahl n0 ist dabei kleiner als die der zweipoligen Maschine:

        Praxisbezug 6.3

        Der meistverwendete Elektromotor bei Leistun- gen über 1 kW ist der Asynchronmotor mit Käfigläufer (Michael von Dolivo-Dobrowolsky, 1889). Dieser Motor besitzt im Ständer eine Drehfeldwicklung und im Läufer stabförmige Leiter aus Aluminium, die an den Stirnseiten des Läufers durch Ringe kurzgeschlossen sind.

        Ist die Läuferdrehzahl n < n0, so werden wegen der Differenz zwischen Drehfeld- und Läuferdrehzahl in der Läuferwicklung Spannungen induziert und es fließen Ströme in dieser Wicklung. Das Nennmoment ist wesentlich kleiner als das ma- ximale Drehmoment, das als Kippmoment MK bezeichnet wird.


        (6.31)


        Große, langsam laufende Generatoren für Wasser- kraftwerke haben hohe Polpaarzahlen wie z. B. p = 40; ihre Drehzahl beträgt 75 min–1 bei 50 Hz. Polumschaltbare Motoren haben eine Wicklung, deren Polpaarzahl p zwischen zwei Werten geän- dert werden kann.


        Bild 6.18


        Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie eines


        Tabelle 6.2 Drehfelddrehzahlen n0

        Asynchronmotors mit Käfigläufer


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.












        Da keine Geräteteile für die Stromzuführung im Läufer erforderlich sind, ist die Leistung je Volumen groß. Außer den Lagern gibt es keine Teile, die einem Verschleiß unterliegen.

        Die Nenndrehzahl liegt nur wenige Prozent unter der Drehfelddrehzahl. Die praktisch starre Dreh- zahl beim Betrieb an einem Netz konstanter Fre- quenz schränkt die Verwendungsmöglichkeiten ein. Häufig sollen jedoch, z. B. bei Fahrzeugantrie- ben, das Drehmoment und die Drehzahl in weiten Bereichen einstellbar sein; dies lässt sich durch Vorschalten eines Frequenzumrichters erreichen.

        Ein Beispiel hierfür ist die Lokomotive E 120 der Deutschen Bahn. Jeder ihrer insgesamt 4 Fahr- motoren hat die Nennleistung 1,4 MW; die ge- samte Antriebsleistung beträgt also 5,6 MW.


        15 kV+20 %

        16,7 Hz

        Aufgaben

        6.1(1) Ein in geschalteter Durchlauferhitzer nimmt am 400-V-Netz bei cos = 1 die Wirkleis- tung 15 kW auf. Welcher Außenleiterstrom fließt dabei? Wie groß ist der Widerstand eines Stranges? Welche Leistung nähme der Durchlauferhitzer auf, wenn die Stränge in geschaltet würden?

        G Z W

        R C 3

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        R C 3

        M 6.2(1) Ein Verbraucher mit drei komplexen D 3 Widerständen     in Dreieckschal- tung ist an ein 400-V-Drehstromnetz ange-

        schlossen. Berechnen Sie den Effektivwert des Strangstromes und den des Außenleiterstromes.

        3

        M Welche Wirk- und welche Blindleistung nimmt

        D der Verbraucher auf?

        6.3(2) Ein Drehstrommotor mit dem Leistungs-

        Je 2 Fahrmotoren sitzen in einem Drehgestell; sie werden von einem Wechselrichter W mit einer Frequenz 0 . . . 200 Hz gespeist, der seine Energie von einem Gleichrichter G erhält. Die Außenleiterspannung eines Fahrmotors be- trägt maximal 2,2 kV und die maximale Dreh- zahl ist 3600 min–1. Die Gleichspannung im Zwischenkreis Z beträgt 2,8 kV.

        Die Energie-Pulsation des Einphasen-Bahnnetzes wird durch einen LC-Reihenschwingkreis ausge- glichen. Durch den Kondensator C im Zwischen- kreis Z werden Oberschwingungen der gleichge- richteten Spannung und durch die Motorvordros- sel D werden Oberschwingungen des Drehstromes herabgesetzt. Bei großer Geschwindigkeit der Lokomotive wird D mit einem dreipoligen Schütz überbrückt.

        Wenn beim Bremsen keine Energie in den Fahrdraht eingespeist werden kann, wird auf die Bremswiderstände R umgeschaltet.


        Fragen

        • Was versteht man unter symmetrischer Belastung?

        • Warum kann ein Sternpunktleiter bei symmetrischer Belastung entfallen?

        • Zeigen Sie, dass die Wirkleistung der drei Stränge

          bei symmetrischer Belastung zeitlich konstant ist.

        • Wie lautet die Gleichung, mit der die Wirkleistung durch Außenleitergrößen beschrieben wird? Für wel- che Verbraucherschaltung gilt sie?

        • Wie erhöht sich die Leistung, wenn ein symmetri- scher Verbraucher von in umgeschaltet wird?

        • Was ist ein Drehfeld? Wie kann es mit ruhenden Wicklungen erzeugt werden?

        faktor cos Μ = 0,7 nimmt am 400-V-Netz den Nennstrom 7,7 A auf. Er soll durch drei Kon- densatoren in Stern- oder Dreieckschaltung auf cos = 0,95 kompensiert werden. Berechnen Sie die Kapazität eines Kondensators für jede Schaltung und entscheiden Sie, welche der beiden Schaltungsarten zweckmäßiger ist.


    3. Unsymmetrische Belastung

      Ziele: Sie können

      • die Voraussetzungen nennen, unter denen bei unsym- metrischer Belastung die Außenleiterspannungen an den Verbrauchersträngen symmetrisch sind.

      • für unsymmetrische Belastung im Vierleiternetz den

        Strom im Sternpunktleiter berechnen.

      • die Strangspannungen und die Strangströme bei unsymmetrischer Belastung in Sternschaltung am Dreileiternetz berechnen.

      • die Strangströme und die Außenleiterströme bei

        unsymmetrischer Belastung in Dreieckschaltung berechnen.

      • die Gleichung für die Leistung von Drehstromverbrau-

        chern nennen, die unabhängig von der Schaltung ist.

      • die Aron-Schaltung erläutern.


      In einem Drehstromsystem liegt unsymmetri- sche Belastung vor, wenn der Widerstand Z eines Stranges von dem eines anderen Stranges abweicht. Auch wenn die Erzeuger bei Leerlauf symmet- rische Spannungen bereitstellen, führt eine un- symmetrische Belastung wegen der Impedanzen von Erzeuger und Leitungen zu unsymmetrischen Strömen und Verbraucherspannungen.

      Wir nehmen im Folgenden ein starres Netz an,

      d. h. wir vernachlässigen die Impedanzen der Erzeuger und der Zuleitungen; in diesem Fall sind die Außenleiterspannungen der Verbraucher symmetrisch.

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Unsymmetrische Belastung kann in drei Schal- tungsarten vorliegen, und zwar am Vierleiternetz in Sternschaltung und am Dreileiternetz sowohl in Stern- als auch in Dreieckschaltung. Bei jeder die- ser Schaltungsarten kann die komplexe Leistung der drei Stränge mithilfe der Strangspannungen der Sternschaltung und der Außenleiterströme be- rechnet werden:


      (6.32)


      Dies wollen wir im Folgenden bei den drei mög- lichen Arten der unsymmetrischen Belastung er- läutern.


      1. Sternschaltung am Vierleiternetz


        Bei einem starren Netz sind im Vierleitersystem sowohl die Außenleiterspannungen als auch die Strangspannungen U1N, U2N und U3N symmet- risch; dies gilt auch für unsymmetrische Belas- tung.


        Nach DIN 40108 gehen von einem Sternpunkt in Anordnung und Wirkung gleichwertige Stränge aus. Dies ist bei unsymmetrischer Belastung nicht gegeben; wir dürfen daher den Knotenpunkt K (Bild 6.19) nicht als Sternpunkt bezeichnen.

        Der Sternpunktleiter N verbindet den Knoten K mit dem Sternpunkt des Erzeugers. Da bei unsymmetrischer Belastung die Strangströme unsymmetrisch sind, fließt im Allgemeinen im Sternpunktleiter ein Sternpunktleiterstrom IN. Dies ist nur dann zulässig, wenn der Sternpunkt des Erzeugers belastbar ist.

        (6.33)


        Unsymmetrische Belastung liegt auch dann vor, wenn ein Verbraucher weniger als drei Stränge, also nur zwei Stränge oder einen Strang besitzt. Im einfachsten Fall einer unsymmetrischen Belas- tung ist nur ein Eintor zwischen einem Außen- leiter, z. B. L1, und dem Sternpunktleiter ange- schlossen; dabei ist


        Auch bei unsymmetrischer Belastung kann der Sternpunktleiterstrom sein. Aus

        darf man also nicht schließen, dass eine symmet- rische Belastung vorliegt.


        Beispiel 6.2

        Am Leiter L1 eines 400-V-Vierleiternetzes ist ein Ohmscher Widerstand R = 23 , am Lei- ter L2 ein Einphasenmotor (Nennstrom 10 A; cos = 0,5) angeschlossen. Wir wollen den Sternpunktleiterstrom berechnen.


        Der Einphasenmotor wirkt induktiv:



        Bild 6.19 Unsymmetrische Belastung in Sternschaltung am Vierleiternetz

        Bei beliebiger unsymmetrischer Belastung kann der Sternpunktleiterstrom größer sein als der größte Außenleiterstrom; dabei braucht keines- wegs eine außergewöhnliche Belastung vorzulie- gen. Dies ist bei der Querschnittsbemessung des Sternpunktleiters zu beachten.

        Beispiel 6.3

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Der Widerstand aus dem Beispiel 6.2 wird am Leiter L3 angeschlossen; der Einphasenmotor bleibt an L2. Wir wollen den Sternpunktleiterstrom berechnen und in einem Zeigerdiagramm darstellen.

      2. Sternschaltung am Dreileiternetz


        Bei einer Sternschaltung am Dreileiternetz ist der Knotenpunkt K der Verbraucherstränge nicht mit dem Sternpunktleiter N des Netzes verbunden.


        Bild 6.20 Unsymmetrische Belastung in Sternschal- tung am Dreileiternetz



        In der Praxis werden bei Kabeln und Leitungen für Vierleiternetze gleiche Leiterquerschnitte für die Außenleiter und den Sternpunktleiter gewählt. Dieser Querschnitt ist für den größten Strom in einem der Leiter zu bemessen.

        Bei der Sternschaltung ist jeder Strangstrom gleich dem Außenleiterstrom. Im Vierleiternetz liegt je- der Strang zwischen einem Außenleiter und dem Sternpunktleiter. Deshalb gilt die Gl. (6.32) für die komplexe Leistung der drei Stränge:

        Bei unsymmetrischer Belastung sind nicht nur die Strangströme, sondern auch die Strangspannun- gen unsymmetrisch. Deswegen tritt zwischen dem Knotenpunkt K und dem Sternpunkt N die Spannung UKN auf, die als Sternpunktspannung bezeichnet wird. Sie kann in Sonderfällen auch bei unsymmetrischer Belastung gleich null sein; aus UKN = 0 darf man daher nicht auf eine sym- metrische Belastung schließen.


        Wenn die Außenleiterspannungen des Netzes und die komplexen Widerstände bzw. Leitwerte der Verbraucherstränge gegeben sind, müssen bei der Berechnung der Spannung UKN und der Stranggrößen sieben unbekannte Größen be- stimmt werden. Für die Strangströme und -span- nungen gilt:


        Die gesamte Wirkleistung der drei Stränge ist jedoch bei unsymmetrischer Belastung zeitlich nicht konstant.

        Für die Messung der Wirkleistung bzw. der Blindleistung sind bei unsymmetrischer Belas-   tung am Vierleiternetz drei Leistungsmesser er- forderlich.

        (6.34)


        (6.35)

        Zunächst berechnen wir die Sternpunktspannung

        UKN, indem wir in die Knotengleichung

        (6.36)


        die Gln. (6.34) einsetzen:

        (6.37)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Diese Gleichung stellt mit den Gln. (6.35) ein lineares Gleichungssystem für komplexe Größen dar, das sich mit einem Computer mit geeigneter Software lösen lässt.

        Man kann auch die Gleichungen ineinander ein- setzen und nach UKN auflösen:


        (6.38)


        Hiermit können wir die Strangspannungen mit den Gln. (6.35) und schließlich die Strangströme mit den Gln. (6.34) berechnen.


        Beispiel 6.4

        An ein 400-V-Dreileiternetz sind drei Ver- braucher in Sternschaltung angeschlossen:


        Wir wollen die Strangspannungen und die Strangströme berechnen.

        Die Spannungen U1N, U2N und U3N berech- nen wir mit den Gln. (6.4 und 6.7). Danach setzen wir diese Spannungen sowie die Leit- werte der Verbraucher in die Gl. (6.38) ein und erhalten:


        Die Berechnung der Strangspannungen und

        -ströme ist erheblich einfacher, wenn nur zwei Verbraucherstränge vorhanden sind, denn sie stellen einen Spannungsteiler dar, der an einer Außenleiterspannung liegt.


        Falls der Sternpunktleiter nicht vorhanden oder nicht zugänglich ist, kann ein Sternpunkt z. B. für Messzwecke durch drei gleiche Eintore in Sternschaltung hergestellt werden; man spricht dabei von einem künstlichen Sternpunkt.


        Die gesamte Leistung der drei Stränge ist die Summe der Strangleistungen:


        (6.39)


        In diese Gleichung setzen wir die Strangspannun- gen nach den Gln. (7.35) ein:


        (6.40)



        Damit berechnen wir die Stranggrößen:

        Aus der Knotengleichung (6.36) ergibt sich, dass auch die Summe der konjugiert komplexen Strangströme gleich null ist:


        (6.41)


        Damit erhalten wir die Gl. (6.32):


        Diese Gleichung gilt für unsymmetrische Belas- tung in Sternschaltung unabhängig davon, ob der

        Knotenpunkt K mit dem N-Leiter verbunden ist (Vierleiternetz) oder nicht (Dreileiternetz).


        Für das Dreileiternetz lässt sich die Berechnung der Leistung vereinfachen. Dazu setzen wir die Gl. (6.41) in die Gl. (6.32) ein:


        (6.42)


        In der Leistungsgleichung


        (6.43)


        treten Spannungsdifferenzen auf, die Außenleiter- spannungen gleich sind:

        (6.44)


        Zur Berechnung der Leistung bei Sternschaltung im Dreileiternetz brauchen also nur Außenleiter- größen bekannt zu sein.


      3. Dreieckschaltung


        Eine Dreieckschaltung kann lediglich an ein

        Dreileiternetz angeschlossen werden.


        Wird die Schaltung von einem starren Netz ge- speist, so sind die Außenleiterspannungen und damit die Strangspannungen des Verbrauchers symmetrisch. Bei unsymmetrischer Belastung sind dadurch die Strangströme unsymmetrisch. Wir setzen an:


        (6.45)


        Auch die Außenleiterströme sind unsymmetrisch; sie lassen sich mithilfe der Gln. (6.24) aus den Strangströmen berechnen. In Sonderfällen kön- nen die Außenleiterströme jedoch trotz unsym- metrischer Belastung symmetrisch sein.


        Nach dem Knotensatz ist die Summe der Außen- leiterströme im Dreileiternetz stets gleich null, auch wenn die Strangströme der Dreieckschaltung unsymmetrisch sind. Die Gl. (6.36) gilt also auch bei Dreieckschaltung.


        Die gesamte Verbraucherleistung können wir als Summe der Strangleistungen berechnen:

        (6.46)


        Wir wollen nun zeigen, dass die Gl. (6.32) auch bei unsymmetrischer Belastung in Dreieckschaltung gilt, und setzen die Gln. (6.5) in die Gl. (6.46) ein:


        (6.47)


        Wir fassen die Produkte mit gleichen Spannungen zusammen und erhalten mit den Gln. (6.24):


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Gl. (6.32) gilt also unabhängig von der Be- lastung sowohl im Vierleiternetz als auch im Dreileiternetz.



        Bild 6.21 schaltung


        Unsymmetrische Belastung in Dreieck-

        Die Berechnung der Leistung lässt sich für das Dreileiternetz wie im Abschnitt 6.3.2 vereinfa- chen. Wir setzen die Gl. (6.41) in die Gl. (6.32) ein und erhalten die Gl. (6.44). Diese Gleichung gilt also für die gesamte Leistung im Dreileiternetz unabhängig von der Schaltung der Verbraucher:


        (6.48)

        Praxisbezug 6.4

        Gemäß Gl. (6.48) kann die Wirkleistung im Dreileiternetz mit zwei Wattmetern in der sog. Aron-Schaltung1) gemessen werden. Auch bei Zählern für die Messung der Wirkarbeit wird die- se Schaltung verwendet.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Leistungsmesser werden entweder direkt oder über Wandler in die Stromkreise geschaltet bzw. an die Außenleiterspannungen gelegt.

        am Leiter L3 ein Einphasenmotor mit dem Leis- tungsfaktor cos = 0,7, der 9 A aufnimmt. Wel- chen Widerstand muss ein Eintor an L2 haben, damit kein Sternpunktleiterstrom fließt?

        6.5(2) Am Leiter L2 des 400-V-Dreileiternetzes mit f = 50 Hz liegt kein Verbraucher. Berechnen Sie die Ströme I1 und  I3 sowie die Spannungen U1K, U2K und U3K.



        Meist sitzen beide Messwerke auf einer Achse; die gesamte Wirkleistung im Dreileiternetz kann da- bei auf einer Skale abgelesen werden.


        Fragen

        • Was versteht man unter unsymmetrischer Belas- tung?

        • In welchen Schaltungsarten kann eine unsymmet-

          rische Belastung des Drehstromsystems vorliegen? Wie wirkt sie sich jeweils im Vergleich zur symmet- rischen Belastung aus?

        • Liegt in einem Drehstrom-Vierleitersystem sym- metrische Belastung vor, wenn kein Strom im Sternpunktleiter fließt?

        • Wie wird in der Praxis der Querschnitt für den

          Sternpunktleiter gewählt?

        • Erläutern Sie den Begriff Sternpunktspannung.

        • Wie wird ein künstlicher Sternpunkt erzeugt?

        • Mit welcher Gleichung lässt sich die Leistung bei beliebiger Belastung sowohl am Vierleiternetz als auch am Dreileiternetz berechnen?

        • Zeigen Sie, dass die Summe der Außenleiterströme

          bei unsymmetrischer Belastung in Dreieckschaltung gleich null ist.

        • Wie kann die Leistung der drei Stränge eines

        Verbrauchers im Dreileiternetz berechnet werden?


        Aufgaben

        6.4(1) In einem 400-V-Vierleiternetz werden drei Verbraucher in Sternschaltung betrieben: Am Lei- ter L1 der Ohmsche Widerstand R = 18,4 und


        6.6(2) An ein 400-V-Dreileiternetz sind drei Ver- braucher in Sternschaltung angeschlossen:


        Berechnen Sie die Strangspannungen, die Strang- ströme und die gesamte Leistung der Verbrau- chergruppe.

        6.7(2) An ein 400-V-Dreileiternetz sind drei Ver- braucher in Dreieckschaltung angeschlossen:


        Berechnen Sie die Außenleiterströme.

        6.8(3) Der Widerstand R = 100 sowie die Kon- densatoren Ca und Cb sollen am 400-V-Dreilei- ternetz ( f = 50 Hz) eine Belastung ergeben, bei der symmetrische Außenleiterströme fließen.

        Berechnen Sie Ca und Cb. Welche Spannung UR liegt am Widerstand R? Welchen Effektivwert hat ein Außenleiterstrom?


        1) Hermann Aron, 1845 – 1913

    4. Symmetrische Komponenten

      Ziele: Sie können

      • beschreiben, was man unter den symmetrischen Komponenten eines unsymmetrischen Spannungs- bzw. Stromsystems versteht.

      • die symmetrischen Komponenten berechnen.

      • die Nullspannung bzw. den Nullstrom eines unsym- metrischen Spannungs- bzw. Stromsystems ermitteln.


        Ein nicht symmetrisches Dreiphasensystem ist wenig anschaulich, denn man kann nicht ohne weiteres erkennen, wie es sich beim Betrieb einer Drehfeldmaschine auswirkt. Zur Vereinfachung der Beschreibung ersetzt man zweckmäßig das

        Wir wählen zunächst als Beispiel ein unsymmet- risches Spannungssystem und setzen für die sym- metrischen Komponenten an:


        (6.49)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        In diese Gleichungen setzen wir die Spannungen des Mitsystems (Gln. 6.29) und des Gegensystems (Gln. 6.30) ein:

        unsymmetrische Dreiphasensystem durch zwei       symmetrische Systeme, und zwar ein Mit- und

        ein Gegensystem, die als symmetrische Kompo-

        (6.50)

        nenten bezeichnet werden; in vielen Fällen ist ein zusätzliches Einphasensystem erforderlich.


        Von Bedeutung sind diese Begriffe vor allem bei Drehfeldmaschinen: Das Mitsystem erzeugt ein Drehmoment, das einen Motor im Rechtsdreh- sinn antreibt, und das Gegensystem erzeugt ein Drehmoment mit entgegengesetztem Drehsinn.


        Die Methode der symmetrischen Komponenten ist

        z. B. geeignet für die Berechnung von Störungen im Dreiphasennetz oder für die Beschreibung von Generatoren und Transformatoren bei unsym- metrischer Belastung. Die Methode bietet auch Vorteile bei der Beschreibung der Wirkungsweise und des Betriebsverhaltens von Einphasenmotoren sowie bei ihrer Berechnung.


        1. Geschlossenes Zeigerdreieck


          Bei einer unsymmetrischen Belastung eines Drei- leiternetzes ergeben die Außenleiterströme ein unsymmetrisches Dreiphasensystem. Sie bilden stets ein geschlossenes Zeigerdreieck, d. h. ihre Summe ist null.


          Die drei Zeiger eines beliebigen Dreiphasensys- tems bilden nur im Sonderfall ein geschlossenes Zeigerdreieck. In diesem Fall können die unsym- metrischen Spannungen bzw. Ströme durch zwei symmetrische Systeme ersetzt werden, und zwar durch ein Mitsystem und ein Gegensystem.

          Weil bei einem geschlossenen Zeigerdreieck die Summe von zwei Gleichungen die dritte Gleichung ergibt, ist das Gleichungssystem (6.50) überbe- stimmt. Wir lassen deshalb die dritte Gleichung weg und erhalten ein Gleichungssystem für kom- plexe Größen, das sich mit einem Mathematik- programm (z. B. MATLAB) lösen lässt.


          Beispiel 6.5

          Wir wollen die symmetrischen Komponenten der Strangströme aus dem Beispiel 6.4 be- rechnen.

          Wie die Gl. (6.36) zeigt, bilden die Strangströ- me der Sternschaltung am Dreileiternetz ein geschlossenes Zeigerdreieck.


          Mit den Ergebnissen des Beispiels 6.4 setzen wir ein komplexes Gleichungssystem an:

          6.4 Symmetrische Komponenten

          193


          Die Lösung des Gleichungssystems lautet:


          Die Zeiger dieser beiden Stromsysteme dre- hen sich mit der Winkelgeschwindigkeit im mathematisch positiven Sinn.

          Für die Methode der symmetrischen Komponenten bedeutet dies, dass zu dem Mit- und dem Gegensystem ein Nullsystem hinzukommt, wel- ches aber kein symmetrisches Dreiphasensystem, sondern nur ein Einphasensystem ist.

          Bei unsymmetrischen Spannungen wird deswegen zu jeder der Gln. (6.50) eine sog. Nullspannung U0 hinzugefügt:


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          (6.51)


          Entsprechendes gilt für unsymmetrische Ströme, deren Zeigerdreieck nicht geschlossen ist; hierbei enthält jede Gleichung einen sog. Nullstrom  I0.


          Sind drei beliebige unsymmetrische Spannungen gegeben und ihre symmetrischen Komponenten gesucht, so könnte man daran denken, das kom- plexe Gleichungssystem (6.51) zu lösen. Bildet man aber die Summe dieser Gleichungen, so erhält man das Dreifache der Nullspannung. Demnach kann man die Nullspannung von den Größen des unsymmetrischen Systems subtrahieren und braucht zur Bestimmung der symmetrischen Komponenten lediglich ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen zu lösen.



        2. Beliebige Lage der Zeiger

          Bei der unsymmetrischen Belastung eines Vierleiternetzes, bei welcher die Verbraucher in geschaltet sind, ergeben die Ströme ein unsym- metrisches Dreiphasensystem (s. Abschn. 6.3.1). Sie bilden jedoch im Allgemeinen kein ge- schlossenes Zeigerdreieck, d. h. ihre Summe ist nicht gleich null. Vielmehr fließt als Summe der Verbraucherströme ein zusätzlicher einphasiger

          Strom  IN durch den Sternpunktleiter.

          Beispiel 6.6

          In einem Drehstrom-Vierleiternetz fließen die Strangströme  I1 = 8 A + j 4 A, I2 = 2 A j 8 A und  I3 = 3 A + j 10 A. Wir wollen die sym- metrischen Komponenten dieses unsymmet- rischen Stromsystems und den Strom im Neutralleiter bestimmen.


          Zunächst bilden wir die Summe der Ströme und erhalten den Strom im Neutralleiter:


          I1 +  I2 +  I3 =  IN = 3 I0 = 3 A + j 6 A

          Damit berechnen wir den Nullstrom:


          I0 = 1 A + j 2 A


          Die Zeiger der Strangströme bilden kein ge- schlossenes Zeigerdreieck.


          Wir subtrahieren den Nullstrom von I1 und  I2, wonach wir mit


          das Gleichungssystem erhalten:


          Seine Lösung lautet:


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          Wir tragen diese Zeiger im nächsten Bild auf.


          Fragen

      • Was versteht man unter einem Mitsystem? Was ist ein Gegensystem?

      • Erläutern Sie den Begriff symmetrische Kompo-

        nenten.

      • Wie geht man bei der Bestimmung der symmetri- schen Komponenten eines unsymmetrischen Span- nungssystems vor, deren Zeiger ein geschlossenes Dreieck bilden?

      • Was ist eine Nullspannung bzw. ein Nullstrom?

      Aufgaben

      6.9(2) In einem Dreileiternetz werden die Außen- leiterspannungen U12 = 400 V ; U23 = 420 V und U31 = 380 V gemessen. Berechnen Sie die sym- metrischen Komponenten.

      6.10(2) Bei einem Gerät, das am Vierleiternetz in Sternschaltung mit der Strangspannung 230 V arbeitet, wird der Außenleiter L1 unterbrochen. Berechnen Sie die symmetrischen Komponenten des verbleibenden unsymmetrischen Spannungs- systems.

  3. Nichtsinusförmige Größen

    Bisher haben wir uns vorwiegend mit Sinusgrößen befasst. In der Elektrotechnik haben jedoch auch nichtsinusförmige Größen erhebliche Bedeutung, wofür wir einige Beispiele nennen wollen:

    Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.


    Wir wollen im Folgenden die Eigenschaften nichtsinusförmiger periodischer Größen und die Möglichkeiten für ihre rechnerische Behandlung untersuchen. Später werden wir uns auch mit nichtperiodischen Größen befassen.


    1. Harmonische Synthese


Ziele: Sie können

schreiben, die ausschließlich Teilschwingungen mit ungeraden Ordnungszahlen enthält.

hand einer Skizze erklären.


      1. Teilschwingungen


        Im Abschn. 3.3.3 haben wir gezeigt, dass die Addition zweier Sinusgrößen unterschiedlicher Frequenz einen zwar periodischen, aber nicht- sinusförmigen Verlauf ergibt.

        Wir wollen nun die Überlagerung beliebig vieler

        Sinusgrößen am Beispiel sinusförmiger Teilströme i1, i2, i3 ... in mit unterschiedlichen Frequenzen f1, f2, f3 . . . fn zu einem Gesamtstrom i betrachten (s. Bild 7.1).

        Eine solche Vereinigung einer Vielheit zu einer Einheit bezeichnet man allgemein als Synthese (synthesis).


        Bild 7.1 Synthese des Gesamtstromes i aus den Teil- strömen i1 ... in

        Bei der Synthese beschränken wir uns auf den Fall, dass die Frequenz jedes Teilstromes ein ganzzahliges Vielfaches der niedrigsten Frequenz f1 ist, die Grundfrequenz ( fundamental frequen- cy) genannt wird:


        fk = k f1 ; k = 1, 2, 3 ... n (7.1)

        Unter dieser Voraussetzung gilt:

        ik = îi k · cos (k 1 t + k) (7.2)

        Für bestimmte Ordnungszahlen k können die zu- gehörigen Teilströme die Amplitude null haben.


        Der Gesamtstrom i ist nach dem Knotensatz die Summe sämtlicher Teilströme ik mit den Frequen- zen f1 ... fn:


        (7.3)


        Jeder auf diese Weise gebildete Strom verläuft periodisch; seine Periodendauer ist gleich dem Kehrwert der Grundfrequenz f1.

        Außer den Amplituden îi k und den Frequenzen fk

        sind auch die Nullphasenwinkel k für das Linien-

        diagramm des Gesamtstromes i von Bedeutung.


        Beispiel 7.1

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wir überlagern dem Sinusstrom

        i1 = 3 A · cos 1 t mit 1 = 314 s–1 einen Strom i3 mit dreifacher Frequenz:

        i3 = 0,5 A · cos (3 1 t + 3 )

        Dabei betrachten wir zwei verschiedene Wer- te des Nullphasenwinkels:

        3a = 0 ; 3b =

        Wir wollen den Einfluss des Nullphasenwin- kels auf den durch Überlagerung gebildeten Gesamtstrom zeigen.


        Zunächst berechnen wir die Frequenz und die Periodendauer:

        f1 = 50 Hz ; T1 = 20 ms

        f3 = 150 Hz ; T3 = 6,67 ms


        Die Frequenz f3 ist ein ganzzahliges Vielfa- ches von f1; also ist f1 die Grundfrequenz des Gesamtstromes.


        Das Bild 7.2 zeigt die Liniendiagramme der Teilströme und des Gesamtstromes ia bzw. ib.

        Der Gesamtstrom wurde durch punktweise Addition der Teilströme gewonnen. Man er- kennt, dass sein Verlauf von der Phasenlage des jeweils überlagerten Teilstromes i3 ab- hängt.


        Die Periodendauer des Gesamtstromes stimmt in beiden Fällen mit der Periodendauer T1 der Grundschwingung überein.


        Bild 7.2 Überlagerung zweier Sinusströme unter- schiedlicher Frequenz bei verschiedenen Nullpha- senwinkeln


        Schwingungen, deren Frequenzen ganzzahlige Vielfache einer Grundfrequenz sind, nennt man harmonische Schwingungen (harmonic oszilla- tion). Die Synthese solcher Schwingungen zu ei- nem periodischen Vorgang wird als harmonische Synthese (harmonic synthesis) bezeichnet.

        Dabei heißen die einzelnen Schwingungen Teil- schwingungen (partial oszillation) und die Teil- schwingung mit der Ordnungszahl k wird k-te Teilschwingung oder k-te Harmonische (kth har- monic) genannt.


        Die erste Teilschwingung (k = 1) ist die Grund- schwingung ( fundamental wave); die übrigen Teilschwingungen werden auch Oberschwin- gungen (harmonics) genannt.

        Die harmonische Synthese kann nicht nur für Ströme, sondern auch für andere schwingungsfä- hige Größen durchgeführt werden, z. B. für Span- nungen oder für magnetische Flüsse.

        Die Frequenz f1 bezeichnet die Grundfrequenz auch dann, wenn sie in der harmonischen Synthese gar nicht enthalten ist.

        Beispiel 7.2

        Drei Sinusspannungen mit den Frequenzen 10 Hz, 20 Hz und 35 Hz haben jeweils die gleiche Amplitude û = 1 V. Wir wollen die Periodendauer der Gesamtspannung berech- nen, die aus der Überlagerung dieser drei Teilspannungen entsteht.


        Die Frequenz 10 Hz ist nicht die Grund- frequenz, da sie mit 35 Hz nicht über einen ganzzahligen Faktor k verknüpft ist und deshalb die Gl. (7.1) nicht erfüllt ist. Die Grundschwingung, zu der die drei gegebenen Teilschwingungen harmonisch sind, ist im Gemisch nicht enthalten.

        Der größte gemeinsame Teiler für die Zahlen 10, 20 und 35 ist 5; damit erhalten wir die Grundfrequenz f1 = 5 Hz. Die zugehörige Periodendauer ist T = T1 = 1 / f1 = 200 ms.

        Jede in der Summe enthaltene Teilschwingung yk lässt sich nach der Gl. (A1.8) in ein Cosinus- und ein Sinusglied zerlegen:


        (7.5)

        Die Faktoren dieser trigonometrischen Funktionen nennt man Fourier-Koeffizienten:

        (7.6)


        Hiermit lässt sich die Gl. (7.4) umformen:


        (7.7)


        Zwischen den Kenngrößen der Teilschwingungen und den Fourier-Koeffizienten bestehen die Zu- sammenhänge:


        (7.8)


        (7.9)



        Die 2., 4. und 7. Teilschwingung können als

        Oberschwingungen bezeichnet werden.


      2. Reelle Fourier-Reihen


        Den Teilschwingungen in der Summe der Gl. (7.3) kann ein Gleichstromanteil überlagert sein; in

        Mit den Vorzeichen von ak und bk ergeben sich Winkel im Bereich –180° k 180°.


        Mithilfe der Fourier-Reihen lassen sich peri- odische Funktionen durch eine Summe von Sinusschwingungen darstellen, auf welche die bekannten Rechenverfahren angewendet werden können.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        diesem Fall hat die Gesamtschwingung den

        Gleichwert i = i0. Die Summe kann grundsätzlich über beliebig viele Teilströme ik gebildet werden, also auch über k .

        So entsteht eine Reihe, die wir für eine belie- bige periodisch schwingende Größe mit der Zeitfunktion y(t) formulieren:


        (7.4)


        Eine solche trigonometrische Reihe wird Fourier- Reihe1) genannt.


        In der Praxis bildet man die Summe bis zu einem größten Summanden k = n und arbeitet mit einer Näherung für eine gegebene Funktion.

        Die Annäherung an diese Funktion ist umso ge- nauer, je mehr Glieder der Reihe verwendet wer- den, d. h. je höher die Zahl n ist.


        Für einige häufig gebrauchte periodische Funkti- onen y( t ) findet man ihre Fourier-Koeffizienten ak und bk in der Tabelle im Anhang A5.


        1) Joseph Baron de Fourier, 1768 – 1830

        Beispiel 7.3

        Wir wollen die gegebene Rechteckspannung mithilfe ihrer Fourier-Koeffizienten aus Teil- schwingungen aufbauen.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Spannung hat die Periodendauer T = 10 ms; die Frequenz der Grundschwingung ist also f1 = 1 / 10 ms = 100 Hz und die Kreisfrequenz ist 1 = 2 f1 = 628 s–1.

        Der Gleichspannungsanteil ist u0 = u = 5 V.

        Subtrahieren wir diesen von der gegebenen Spannung, so bleibt die Wechselgröße mit der Amplitude = 5 V übrig. Hierfür finden wir in der Tabelle im Anhang A5 die Fourier- Koeffizienten:


        Die gegebene Rechteckspannung enthält also außer dem Gleichwert ausschließlich Sinusglieder; insofern ist sie ein Sonderfall. Mit h = = 5 V erhalten wir die Fourier- Reihe:

        u = 5 V + 6,37 V · sin 1 t + 2,12 V · sin 3 1 t

        + 1,27 V · sin 5 1 t + 0,909 V · sin 7 1 t + ...

        Die Frequenzen der Teilschwingungen sind f1 = 100 Hz, f3 = 300 Hz, f5 = 500 Hz usw. Das Bild zeigt das Ergebnis der Überlagerung, wobei die Reihe jeweils bei k = 1; 3; 5 abge- brochen wurde.


        Praxisbezug 7.1

        Ein elektronisches Gerät zur Synthese von Schwingungen wird als Synthesizer bezeichnet. Es lassen sich damit spezielle Schwingungs- formen erzeugen, z. B. Dreieck- oder Rechteck- schwingungen. Solche Geräte, die auch Waveform Generator genannt werden, dienen meist der Überprüfung elektronischer Schaltungen, z. B. von Verstärkern. Da sie heute fast ausschließlich mit digitalen Bauelementen realisiert werden, be- zeichnet man sie auch als digitale Oszillatoren.


        Im engeren Sinne ist ein Synthesizer ein Tas- teninstrument, das auf elektronischem Wege Klänge erzeugt. Fast alle heutigen Synthesizer sind digital aufgebaut. Sie verwenden meist spezielle DSP-Bausteine (digital signal prozes- sor) zur Klangerzeugung, wobei verschiedene Synthesemethoden z. T. gleichzeitig angewendet werden. Bei der PM-Synthese (physical model- ling) wird z. B. versucht, die Luftschwingungen in einer Trompete mathematisch zu beschreiben und dann digital zu simulieren. Das Ziel ist stets eine möglichst naturgetreue Wiedergabe verschiedener Instrumente.

        Da die Klänge des Synthesizers denen der Instru- mente nur nahe kommen, werden Synthesizer praktisch nur in der Pop-Musik eingesetzt.


      3. Sonderfälle der Synthese


        Wenn die Teilschwingungen in einer Fourier- Reihe besondere Eigenschaften haben, vereinfacht sich die Gl. (7.4 bzw. 7.7). Wir wollen zeigen, dass sich in diesem Fall für das Liniendiagramm der Gesamtschwingung bestimmte Aussagen machen lassen.


        Überlagerung von sin-Gliedern

        Wir betrachten den Sonderfall, dass in der Summe der Teilschwingungen nach Gl.(7.7) ausschließlich sin-Glieder enthalten sind und kein Gleichanteil vorhanden ist:

        y0 = 0; ak = 0; bk 0

        In der Gl. (7.4) sind in diesem Fall nur Teilschwin- gungen mit k = / 2 oder – / 2 enthalten.

        Da Sinusschwingungen symmetrisch zum Koor- dinatenursprung verlaufen, muss auch ihre Überlagerung diese Symmetrieeigenschaft auf- weisen (Bild 7.3). Die Funktion y (t) hat also für Zeitpunkte t und –t Funktionswerte von gleichem Betrag mit unterschiedlichen Vorzeichen:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        y(t) = –y(–t) (7.10)


        Eine solche Funktion nennt man eine ungerade Zeitfunktion; für sie gilt:


        Die Fourier-Reihe einer ungeraden Zeitfunk- tion enthält stets nur sin-Glieder.


        Bild 7.3 Aus sin-Teilschwingungen bestehende unge- rade Zeitfunktion


        Überlagerung von cos-Gliedern

        Wir betrachten den Sonderfall, dass in der Summe der Teilschwingungen nach Gl. (7.7) ausschließ- lich cos-Glieder enthalten sind; außerdem kann ein Gleichanteil vorhanden sein:


        y0 0; ak 0; bk = 0

        In der Gl. (7.4) sind in diesem Fall nur Teilschwin- gungen mit k = 0 oder k = enthalten.

        Da Kosinusschwingungen und der Gleichwert symmetrisch zur Ordinate verlaufen, muss auch ihre Überlagerung diese Symmetrieeigenschaft aufweisen (Bild 7.4). Die Funktion y (t) hat also für Zeitpunkte t und –t gleiche Funktionswerte:

        Eine solche Funktion nennt man eine gerade Zeit- funktion; für sie gilt:


        Die Fourier-Reihe einer geraden Zeitfunktion enthält stets nur cos-Glieder; sie kann auch einen Gleichwert enthalten.


        Bild 7.4 Aus cos-Teilschwingungen und einem Gleich- wert bestehende gerade Zeitfunktion


        Überlagerung von sin- und cos-Gliedern mit ungeraden Ordnungszahlen

        Wir betrachten den Sonderfall, dass in der Summe der Teilschwingungen in der Gl. (7.7) ausschließ- lich cos-Glieder und sin-Glieder mit ungeraden Ordnungszahlen k enthalten sind:


        y0 = 0; ak 0; bk 0; k = 1, 3, 5 ...

        In diesem Fall überlagern sich sämtliche Teil- schwingungen im Bereich 0 t < T / 2 gegen- über dem Bereich T / 2 t < T mit umgekehrtem Vorzeichen.

        Dies bedeutet, dass die Schwingung y (t) aus nur im Vorzeichen unterschiedlichen, sonst aber glei- chen Halbschwingungen besteht (Bild 7.5):


        y(t) = –y(t T / 2) (7.12)


        Eine solche Funktion nennt man eine alternieren- de Zeitfunktion; für sie gilt:


        Die Fourier-Reihe einer alternierenden Zeit- funktion enthält stets nur Glieder mit ungera- den Ordnungszahlen.


        Wechselströme, die durch eine alternierende Zeit- funktion beschrieben werden, zeigen nach einer Zweiweggleichrichtung einen jeweils nach T / 2

        y(t) = y(–t) (7.11)

        wiederkehrenden Verlauf.


        Bild 7.5 Aus Gliedern mit ungeraden Ordnungszahlen bestehende alternierende Zeitfunktion


        Überlagerung von sin- und cos-Gliedern mit geraden Ordnungszahlen

        Wir betrachten den Sonderfall, dass in der Summe der Teilschwingungen in der Gl. (7.7) ausschließ- lich cos-Glieder und sin-Glieder mit geraden Ordnungszahlen k sowie ein Gleichwert enthalten sind:


        y0 0; ak 0; bk 0; k = 2, 4, 6 ...

        In diesem Fall ist die Grundschwingung (k = 1) mit der Grundfrequenz f1 in der entstehenden Funktion nicht enthalten.


        Auf diese Weise gebildete Fourier-Reihen haben praktische Bedeutung in der Leistungselektronik, wo die Schwingungen aus Teilen von Sinuskurven bestehen. So hat z. B. die gleichgerichtete Spannung im Bild 3.19 die Periodendauer T / 2 der Sinusspannung und daher keine Teilschwingung mit der Grundfrequenz der Sinusspannung.


        Um in Schaltungen der Leistungselektronik den Frequenzen von Strömen und Spannungen die Ordnungszahlen eindeutig zuzuordnen, bezieht man sie zweckmäßig auf die zugrunde liegende Sinusgröße. Die Ströme bzw. die Spannungen am Ausgang von Zweiweg-Gleichrichterschaltungen haben deswegen nur Teilschwingungen mit gera- den Ordnungszahlen (s. Tabelle im Anhang A5).


        Entsprechend wird der „Zündwinkel“ eines Stromes, dessen Liniendiagramm angeschnittene Sinusbögen zeigt (s. Anhang A5), auf den Winkel 2 = 1 T der Sinusspannung bezogen.

        Praxisbezug 7.2

        Synchrongeneratoren können wegen des stets von der Sinusform abweichenden Feldverlaufs keine exakten Sinusspannungen erzeugen. Der Feldverlauf ist jedoch symmetrisch, sodass sich an der an- und ablaufenden Polkante gleiche Feld- bilder ergeben.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Durch die Symmetrie des Feldbildes am Läufer ist die induzierte Spannung eine alternierende Zeitfunktion, sie enthält also nur ungeradzahlige Teilschwingungen. Dies gilt auch für den Strom in angeschlossenen Verbrauchern, sofern nur lineare Bauelemente verwendet werden.


        Auch bei Asynchronmaschinen spielen Ober- schwingungseffekte eine wichtige Rolle. Das vom Ständer erzeugte Drehfeld weicht wegen der am Umfang verteilten Wicklungen von der Sinusform stark ab. In den Läuferstäben werden daher nicht nur Ströme von der Grundschwingung des Drehfeldes erzeugt, sondern auch von seinen Oberschwingungen. Sie erzeugen u. a. stören- de Einsattlungen der Drehmoment-Drehzahl- Kennlinie bei kleinen Drehzahlen.


        Beim Anfahren unter Last kann die Maschine bei der tiefsten Einsattlung, dem Sattelmoment, stehen bleiben. Nach VDE 0530 muss daher von Motoren unter 100 kW beim Sattelmoment min- destens das 0,5-fache Nennmoment und mindes- tens das 0,5-fache Anlaufmoment erreicht werden.


        Auch von der Läuferwicklung gehen Oberschwin- gungs-Drehfelder aus. Besitzt ein solches Drehfeld im Stillstand gerade die gleiche Drehzahl wie ein Oberschwingungs-Drehfeld des Ständers, so er- zeugen beide ein so genanntes synchrones Mo- ment, das den Anlauf verhindern kann. Diesen Effekt nennen Praktiker „Läuferkleben“.


      4. Komplexe Fourier-Reihen

        Die Teilschwingungen in der Gl. (7.4) können mithilfe von Zeigern veranschaulicht werden. Bei ihrer Darstellung im Zeigerdiagramm ist je- doch zu beachten, dass sie mit unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten k = k 1 rotieren und dass sich ihre Lage zueinander deswegen dauernd ändert.

        Es ist üblich, das Zeigerdiagramm für den Zeitpunkt t = 0 darzustellen; nur in diesem Fall sind die Nullphasenwinkel k sämtlicher Teil- schwingungen erkennbar (Bild 7.6).


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 7.6 Zeigerdiagramm einer periodischen Größe y

        mit drei Teilschwingungen für t = 0


        Wegen ihrer unterschiedlichen Winkelgeschwin- digkeit beschreibt man die Zeiger mit dem voll- ständigen komplexen Symbol, das auch die jewei- lige Kreisfrequenz enthält:

        (7.13)

        Bild 7.7 Bildung des Realteils bei einem Teilschwin- gungszeiger durch die Summe zweier konjugiert komplexer Zeiger und


        Hiermit formulieren wir in Versorschreibweise den Augenblickswert yk einer Teilschwingung:


        Der Augenblickswert yk einer Teilschwingung     für einen beliebigen Zeitpunkt ist gleich dem

        (7.17)

        Realteil ihres vollständigen komplexen Symbols (s. Abschn. 3.3.5). Dies entspricht der Projektion des Zeigers auf die reelle Achse:

        Unter Berücksichtigung des Gleichanteils y0 ist

        die Summe sämtlicher k Teilschwingungen:


        (7.18)

        (7.14)


        Mithilfe der Eulerschen Gleichung (s. Anhang A2) lässt sich die cos-Funktion in zwei Exponen- tialfunktionen umformen:


        (7.15)


        Diese Gleichung lässt sich vereinfachen, wenn man die konjugiert komplexen, gegenläufigen Zeiger durch negative Ordnungszahlen (k < 0) beschreibt. Man vereinbart hierfür:


        Dies ist die Summe zweier konjugiert komplexer Zeiger vom Betrag / 2, die in entgegengesetzten Drehrichtungen mit ± k 1 rotieren (Bild 7.7). Die Summe dieser konjugiert komplexen Zeiger ergibt den Realteil yk gemäß Gl. (7.14).

        Zur vereinfachten Schreibweise der Gl. (7.14) defi-

        nieren wir ein komplexes Symbol:


        Damit lassen sich die Summen in der Gl. (7.18) zusammenfassen:


        (7.19)


        (7.16)

        Einen solchen Ausdruck nennt man eine kom- plexe Fourier-Reihe. Sie beschreibt für jede

        Teilschwingung ein Paar gegenläufiger Zeiger yk und y k, die jeweils den halben Betrag der Teilschwingungsamplitude haben.

        Dass hierbei formal negative Frequenzen auftre- ten, hat keinen physikalischen Sinn, sondern weist nur auf den negativen Drehsinn des entsprechen- den Zeigers hin.

        Für k = 0 liegt bei 0 = 0 · 1 = 0 ein stillstehen-

        der, reeller Zeiger der Länge y0 vor. Er stellt den Gleichanteil y dar, der somit als Teilschwingung der Frequenz f0 = 0 Hz aufgefasst wird.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Mithilfe der komplexen Fourier-Reihe lassen sich auch nichtsinusförmige periodische Schwingungen in linearen Netzen mit der komplexen Rechnung behandeln (s. Abschn. 7.5).


        Für eine beliebige periodische Größe y gilt:

        Im Amplitudenspektrum werden die Amplituden der Teilschwingungen bzw. die Beträge der Koeffizienten der komplexen Fourier-Reihe / 2

        über den Ordnungszahlen k aufgetragen.


        Im Phasenspektrum werden die Nullphasen- winkel k der Teilschwingungen über ihren Ord- nungszahlen k aufgetragen (Bild 7.8).


        In der Praxis stellt man die Spektren auch bei der komplexen Fourier-Reihe nur für k 0 dar, da sie für k < 0 spiegelbildlich sind (Bild 7.9).


        Das Amplitudenspektrum ist achsensymmetrisch

        und das Phasenspektrum ist punktsymmetrisch.


        Beispiel 7.4

        Für eine periodische Spannung sind die reel- len Fourier-Koeffizienten gegeben.


        (7.20)


        Für positive Ordnungszahlen k > 0 kann  yk mit den Koeffizienten ak und bk der reellen Fourier-Reihe bestimmt werden:


        (7.21)


        Für k < 0 gilt entsprechend:

        (7.22)


      5. Spektrum periodischer Größen


Die Gesamtheit der Amplituden und Nullphasen- winkel der Teilschwingungen einer periodischen Größe bezeichnet man als ihr Spektrum (spec- trum). Man spricht von einem Linienspektrum (line spectrum), wenn die Amplituden und Null- phasenwinkel mit Linien veranschaulicht werden, die senkrecht zur Frequenzachse aufgetragen werden.

Wir wollen die reelle Fourier-Reihe gemäß Gl. (7.7) aufstellen und die Linienspektren für die reelle und für die komplexe Fourier-Reihe zeichnen.


Die reelle Fourier-Reihe lautet mit der Grund- Kreisfrequenz 1 = 2 f1 = 6283 s1:

u = 3 V + 5 V · cos 1 t – 2 V · cos 2 1 t

+ 0,854 V · cos 3 1 t – 3,46 V · sin 2 1 t

+ 1,81 V · sin 3 1 t + 1 V · sin 4 1 t

Mit der Gl. (7.9) berechnen wir die Nullpha- senwinkel der Teilschwingungen:


1 = 0°; 2 = 120°; 3 = – 65°; 4 = – 90°

Die Amplituden der Teilschwingungen be- rechnen wir mit der Gl. (7.8):

û1 = 5 V; û2 = 4 V; û3 = 2 V; û4 = 1 V

Mit diesen Werten zeichnen wir das Linien- diagramm der reellen Fourier-Reihe.


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Bild 7.8 Linienspektrum der reellen Fourier-Reihe


Die Koeffizienten uk der komplexen Fourier- Reihe berechnen wir, indem wir die Amplitu- den der Teilschwingungen für k 0 halbieren;

die Glieder mit k < 0 erhalten jeweils den nega- tiven Nullphasenwinkel der Teilschwingung. Die so erhaltenen Werte tragen wir im Linien- spektrum über der Ordnungszahl k auf.

Fragen

plexen Fourier-Reihe in Tabellenform an.


7.2(2) Ermitteln Sie für das gegebene Oszillo- gramm einer Spannung die Spektren der reellen und der komplexen Fourier-Reihe bis k = 7. Benützen Sie hierfür die Tabelle im Anhang A5.


Bild 7.9 Linienspektrum der komplexen Fourier- Reihe

    1. Eigenschaften periodischer Größen


      Ziele: Sie können

      • die Wirkleistung aus den Spektren von Strom und Spannung bestimmen.

      • die Begriffe Grundschwingungs- und Oberschwin-

        gungsleistung erklären.

      • den Effektivwert einer Größe aus ihrem Spektrum berechnen.

      • den Zusammenhang zwischen Schein-, Wirk- und


        Mit den Effektivwerten erhalten wir:


        (7.26)


        (7.27)

        Blindleistung bei nichtsinusförmigen Größen ange- ben.

      • den Begriff Verzerrungsleistung erklären.

      • den Klirrfaktor einer Wechselgröße aus ihrem Spek- trum berechnen.


      1. Leistung und Effektivwert


        Verlaufen Spannung und Strom an einem Tor peri- odisch, so können sie durch Spektren mit einer ge- meinsamen Grundfrequenz beschrieben werden:


        (7.23)


        Die beiden Spektren müssen nicht dieselben Teilschwingungen enthalten. So kann z. B. die n-te Teilschwingung im Spannungsspektrum vorhan- den sein, im Stromspektrum jedoch fehlen.

        Der Augenblickswert P(t) = u i der Leistung ist das Produkt der Spektren:


        (7.24)

        Die Wirkleistung an einem Tor ist die Summe der Wirkleistungen derjenigen Teilschwin- gungen, die sowohl in der Spannung als auch im Strom enthalten sind.


        Der Anteil der Grundschwingung (k = 1) an der Wirkleistung ist die Grundschwingungsleistung:


        P1 = U1 I1 cos(u1 i1) (7.28)

        Der aus sämtlichen Oberschwingungen (k > 1) gebildete Anteil der Wirkleistung ist die Ober- schwingungsleistung.


        Der Effektivwert eines periodisch schwingenden Stromes ist über die Leistung an einem Grundeintor R definiert (s. Abschn. 3.2.3). Hierbei gehört zu je- der Teilschwingung ik des Stromes eine Teilschwin- gung uk der Spannung mit gleicher Frequenz und mit gleichem Nullphasenwinkel ik = uk.

        Für die Wirkleistung am Grundeintor R erhalten wir mit Uk = R Ik:


        Wir zerlegen diese Summen in eine zeitunabhän- gige und eine zeitabhängige Teilsumme:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Hieraus ergibt sich der Effektivwert:

        (7.29)



        (7.25)

        Die zeitunabhängige erste Teilsumme ist die Wirk- leistung P. Die Doppelsumme stellt den Wechsel- anteil der Leistung mit dem zeitlichen Mittelwert null dar.

        Zur Wirkleistung tragen nur Teilschwingungen von Strom und Spannung mit gleicher Kreisfrequenz k 1 bei. Die erste Teilsumme in der Gl. (7.25) ist daher:

        (7.30)


        Für den Effektivwert der Spannung gilt eine ent- sprechende Beziehung.


        Beispiel 7.5

        Die Rechteckspannung aus dem Beispiel 7.3 liegt an einem Grundeintor R = 200 . Wir wollen die Leistung des Gleichspannungsan- teils, die Grundschwingungsleistung und die


        Wirkleistung berechnen. Dabei sollen Teil- schwingungen bis zur Ordnungszahl k = 7 berücksichtigt werden.


        Die Gleichspannungsleistung hat den Wert:


        Die Grundschwingungsleistung entsteht durch den Effektivwert U1 = 4,5 V; damit berech- nen wir P1 = 0,101 W.

        Der Effektivwert der Teilschwingungen mit den Ordnungszahlen k = 2 … 7 ist:

        Auch der Leistungsfaktor für nichtsinusförmige Größen ist definiert wie für Sinusgrößen:


        (7.32)


        Ein Zusammenhang mit dem Kosinus eines Winkels besteht hier aber nicht.


        Die Blindleistung nichtsinusförmiger Größen

        ist:


        (7.33)



        Weil die Reihe bei k = 7 abgebrochen wird, ist P2...7 nur näherungsweise die Oberschwin- gungsleistung. Wir berechnen:


        Die Summe der berechneten Teilleistungen ist näherungsweise die Wirkleistung:

        Die Betragsstriche zeigen, dass das Vorzeichen von Q keine Aussage über die Art der Blindleistung enthält; dies ist nur bei Sinusgrößen der Fall.


      2. Leistung bei Sinusspannung und nicht- sinusförmigem Strom


        In der Leistungselektronik liegt häufig an einem Eintor eine Sinusspannung, während der Strom nicht sinusförmig ist. So kann z. B. ein Gleichrichter einen „lückenden“ Strom erzeugen.


        Den genauen Wert P = 0,25 W der Wirk- leistung erhalten wir mit dem nach Gl. (3.16) berechneten Effektivwert U = 7,07 V der Rechteckschwingung.


        Die Scheinleistung für nichtsinusförmige Grö- ßen ist wie für Sinusgrößen definiert:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (7.31)


        Bei Sinusgrößen konnte die Scheinleistung als Amplitude der Leistungsschwingung veranschau- licht werden. Dies ist bei nichtsinusförmigen Größen nicht möglich; die Scheinleistung ist bei ihnen unanschaulich.


        Die Effektivwerte in der Gl. (7.31) können Gleich- anteile enthalten; die Gleichung gilt also auch für Mischgrößen.


        Bild 7.10 Erzeugung eines nichtsinusförmigen Stro- mes durch eine Gleichrichterdiode


        Die Sinusspannung besteht hier nur aus der Grundschwingung (U1 = U); der Strom besitzt dagegen ein Spektrum von Teilschwingungen:


        (7.34)

        Bei bestimmten Stromverläufen können Teil- schwingungen mit Ordnungszahlen 0 m < 1 auftreten. Solche Unterschwingungen haben also eine kleinere Frequenz als die Netzspannung; so hat z. B. der Strom in der Schaltung 7.10 im Ge- gensatz zur Spannung einen Gleichanteil I0 (m = 0).


        Für die Wirkleistung ist nur die Grundschwingung

        I1 des Stromes maßgebend:


        P = U I1 cos 1 (7.35)

        Für die Grundschwingung I1 sind auch die Grundschwingungs-Scheinleistung S1 und die Grundschwingungs-Blindleistung Q1 definiert:

        berechnen wir den Gleichstromanteil mit der Gleichung in der Tabelle im Anhang A5:


        Der Effektivwert des Stromes ist:


        Hiermit erhalten wir die Scheinleistung: S = U I = 230 V · 108,4 mA = 24,94 VA

        S1 = U I1

        (7.36)

        Die Wirkleistung am Verbraucher ist P = I2 R

        = 17,6 W. Den gleichen Wert berechnen wir

        Q1 = U I1 sin 1 (7.37)

        Die gesamte Blindleistung Q wird im Gegensatz zur Wirkleistung durch die Oberschwingungen und die Unterschwingungen des Stromes mitbe- stimmt:


        (7.38)


        Sie enthält außer der Grundschwingungs-Blind- leistung Q1 die Verzerrungsleistung:


        (7.39)


        Aus diesen Definitionen für die Leistungen folgt:

        für die Wirkleistung der Grundschwingung, wofür wir der Tabelle im Anhang A5 den Scheitelwert îi 1 = îi / 2 = 108,4 mA der Grund- schwingung entnehmen. Es trägt also nur die Grundschwingung zur Wirkleistung bei.


        Wir erhalten die Grundschwingungs-Schein- leistung S1 = 17,6 VA mit der Gl. (7.36) und die Grundschwingungs-Blindleistung Q1 = 0 mit der Gl. (7.37). Die Verzerrungsleistung D = 17,6 var berechnen wir mit der Gl. (7.39).


        Praxisbezug 7.3

        Zur Leistungssteuerung von Verbrauchern an der Netzwechselspannung setzt man steuerbare Leistungshalbleiter (z. B. Thyristoren) ein. Diese können durch Zünd- bzw. Löschimpulse aus einem Steuergerät St ein- und ausgeschaltet werden.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (7.40)


        Beispiel 7.6

        Die Reihenschaltung aus einer idealen Diode und dem Grundeintor R = 1,5 k (s. Bild 7.10) liegt an der Netzwechselspannung U = 230 V; f = 50 Hz. Wir wollen die Leistungsgrößen berechnen.

        Mit dem Scheitelwert îi = 216,8 mA des Stro- mes, der bei der Einpuls-Gleichrichtung fließt,


        Im Verbraucher entsteht ein nichtsinusförmiger Strom, dessen Teilschwingungsspektrum von der Steuerungsart abhängt.


        Am bekanntesten sind die Phasenanschnitt- steuerung, die Pulsbreitensteuerung und die Schwingungspaketsteuerung (Bild 7.11). Bei die- ser treten neben der Grundschwingung und den Oberschwingungen auch Unterschwingungen mit kleinerer Frequenz als Netzfrequenz auf. Sie tragen – wie die Oberschwingungen – zur Blindleistung bei.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Grundschwingungs-Blindleistung tritt nur bei der Phasenanschnittsteuerung auf, die beiden anderen Verfahren erzeugen bei Ohmscher Last außer der Wirkleistung lediglich Verzerrungsleistung.

      3. Kennwerte für die Verzerrung von Wechselgrößen gegenüber der Sinusform


        In den Tabellen 3.1 und 3.2 haben wir einige Verhältniszahlen zur Beschreibung periodischer Wechselgrößen angegeben. Diese wollen wir um Kennwerte ergänzen, die sich auf das Spektrum solcher Größen beziehen.


        Der Grundschwingungsgehalt gi eines Stromes (bzw. gu einer Spannung) ist ein Maß für die Stärke der Grundschwingung mit dem Effektivwert I1 im Schwingungsgemisch mit dem Effektivwert I:


        (7.41)


        Der Oberschwingungsgehalt oder Klirrfaktor

        (harmonic factor) ki eines Stromes (bzw. ku einer Spannung) ist ein Maß für die Verzerrung (dis- tortion), d. h. für die Abweichung des Stromes von der Sinusform. Der Klirrfaktor ist der Quotient aus dem Effektivwert sämtlicher Oberschwingungen und dem Effektivwert der Gesamtschwingung:


        (7.42)



        Bild 7.11 Strom- und Spannungsverlauf bei Phasen- anschnittsteuerung (a), Pulsbreitensteuerung (b) und Schwingungspaketsteuerung (c)


        Die Oberschwingungsströme von Stromrichtern rufen im speisenden Netz Spannungsabfälle her- vor, die bei großen Leistungen zu einer Verzer- rung der Netzspannung führen können. Hierdurch treten Störungen in anderen Betriebsmitteln auf, besonders bedingt durch hohe Schaltfrequenzen und die große Flankensteilheit (z. B. 10 kV / s) der geschalteten Spannung.

        Die Norm über elektromagnetische Verträglich- keit (EMV) legt Grenzen für die Störfestigkeit und das Störvermögen für alle Betriebsmittel fest. Man unterscheidet leitungsgebundene und nicht leitungsgebundene Störungen. Erstere bekämpft man mit Filterschaltungen, letztere mit Abschir- mungen gegen elektromagnetische Strahlung.


        Zwischen dem Klirrfaktor und dem Grundschwin- gungsgehalt besteht der Zusammenhang:


        (7.43)


        Der Klirrfaktor der k-ten Teilschwingung be- schreibt den Anteil einer Teilschwingung mit der Ordnungszahl k an einem Schwingungsgemisch:


        (7.44)


        Beispiel 7.7

        Wir wollen für die „Sägezahnspannung“ den Grundschwingungsgehalt sowie die Klirrfaktoren ku und ku2 berechnen.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Zunächst berechnen wir entsprechend der Gl. (3.16) den Effektivwert der Spannung. Da sie symmetrisch zur Zeitachse verläuft, gilt:

        Aufgaben

        7.3(2) Eine Spannung mit dem Gleichspannungs- anteil 15 V hat die Fourier-Koeffizienten:


        In der Halbperiode 0 ... 1 ms ist mit û = 50 mV und T = 2 ms der Zeitverlauf der Spannung:


        Damit berechnen wir den Effektivwert U = 28,9 mV. Mithilfe der Tabelle im Anhang A5 berechnen wir û1 = 31,8 mV und û2 = 15,9 mV; die Effektivwerte sind U1 = 22,5 mV und U2 = 11,2 mV.

        Der Grundschwingungsgehalt der „Säge- zahnspannung“ ist:

        • Berechnen Sie das Amplituden- und das Pha- senspektrum sowie die Effektivwerte der Teil- schwingungen.

        • Welche Wirkleistung erzeugt die Spannung an einem Widerstand R = 150 ?

        • Welchen Klirrfaktor hat der Wechselspan- nungsanteil?

        7.4(2) An einem Tor liegt eine Rechteckspannung

        u; der Strom i verläuft dreieckförmig.


        Der Klirrfaktor hat den Wert:


        Der Klirrfaktor der 2. Teilschwingung ist:


        Fragen

        • An einem Tor haben Strom und Spannung unter- schiedliche Teilschwingungsspektren. Geben Sie die Gleichung für die Leistung P(t) an.

        • Welche Wirkleistung erzeugen eine Teilschwingung

          der Spannung mit f2 = 100 Hz und eine solche des Stromes mit f4 = 200 Hz an einem Grundeintor R?

        • Ein Strom besteht aus einem Gleichanteil, der

          Grundschwingung sowie der 3. und 5. Teilschwin- gung. Wie berechnet man seinen Effektivwert?

        • Bei einem nichtsinusförmigen Strom I = 3 A ist an

          einem Tor die Scheinleistung 150 VA. Welchen Ef- fektivwert hat die Spannung?

        • Was bedeutet der Begriff Verzerrungsleistung?

        • Von einem nichtsinusförmigen Wechselstrom und seiner Grundschwingung sind die Effektivwerte U und U1 bekannt. Wie berechnet man den Klirrfaktor?

        Berechnen Sie die Scheinleistung sowie die Wirk- und die Blindleistung. Bestimmen Sie für die Spannung den Grundschwingungsgehalt, den Klirrfaktor und den Klirrfaktor der 3. Teil- schwingung (Tab. im Anhang A5).

        7.5(3) Aus der Netzspannung 230 V (50 Hz) wird mithilfe einer Thyristorschaltung eine „lückende“ Spannung u erzeugt. Sie folgt ab dem Zündwinkel

        = 50° dem Verlauf der Netzspannung. Berechnen

        Sie den Effektivwert der Spannung u aus der Fourier-Reihe (Tabelle im Anhang A5) für k 8 sowie durch Integration des Spannungsverlaufs.

    2. Harmonische Analyse


      Ziele: Sie können

      • den Begriff harmonische Analyse erläutern.

      • die Fourier-Koeffizienten für einfache periodische Funktionen berechnen.

      • den Zeitnullpunkt für die Analyse zweckmäßig fest-

        legen.

      • den Verschiebungssatz anwenden.


        Ist die Kurvenform einer nichtsinusförmigen Schwingung bekannt, so besteht oft das Problem, das Spektrum dieser Schwingung zu bestimmen, um damit rechnen zu können.


        Das Auffinden der Teilschwingungen einer nicht- sinusförmigen Größe bezeichnet man als harmo- nische Analyse (harmonic analysis). Hierzu gibt es folgende Möglichkeiten:

      • Für mathematisch definierte Funktionen lassen sich die Fourier-Koeffizienten exakt berechnen. Für die in der Technik wichtigen Funktionen können sie Tabellen entnommen werden.

      • Funktionen, die als Liniendiagramm, z. B. als Oszillogramm, gegeben sind und für die eine mathematische Funktion nicht bekannt ist, kön- nen durch Näherungsverfahren mithilfe spezi- eller Rechenprogramme analysiert werden.

      • Bei Funktionen, die der Messung zugäng- lich sind, können Spektrum-Analysatoren die Teilschwingungen direkt anzeigen.


      1. Berechnung der Fourier-Koeffizienten


        Bei der harmonischen Synthese haben wir gezeigt, dass die Überlagerung harmonischer Schwingun- gen stets eine periodische Funktion ergibt. Dieser Satz ist umkehrbar:


        Jede periodische Zeitfunktion ist durch eine Fourier-Reihe darstellbar, deren Grund- schwingung die gleiche Periodendauer T hat wie die Funktion.


        Die Mathematik fordert, dass die Funktion im Intervall 0 t T integrierbar sein muss, was im technischen Bereich in der Regel zutrifft.

        Wir nehmen an, dass die mathematisch gegebene Funktion ein Strom i ist; sein Gleichanteil I0 lässt sich mit der Gl. (3.6) berechnen.

        Um den Fourier-Koeffizienten der k-ten cos- Teilschwingung zu ermitteln, berechnen wir die Wirkleistung Pk , die eine Spannungsschwingung

        u = û cos k 1 t mit dem nichtsinusförmigen Strom

        hat:


        (7.45)


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Zur Wirkleistung Pk kann nur die k-te cos- Teilschwingung des Stromes i beitragen; sie ist gegen die Spannung u um 0° oder um 180° phasenverschoben. Teilschwingungen mit un- gleichen Ordnungszahlen oder cos- und sin- Teilschwingungen erzeugen miteinander keine Wirkleistung (s. Abschn. 7.2.1).


        Im Folgenden bezeichnet der Index a eine cos- Teilschwingung und der Index b eine sin-Teil- schwingung (s. Tab. im Anhang A5).

        Die Wirkleistung der k-ten Teilschwingung ist:


        (7.46)


        Dabei liefert cos k = ± 1 das Vorzeichen für den Koeffizienten iak = îiak cos k.

        Wir setzen die Gl. (7.46) in die Gl. (7.45) ein und

        erhalten:


        (7.47)


        Hierin lässt sich û kürzen; die Spannung u ist also nur eine Hilfsgröße zur Berechnung der k-ten cos- Teilschwingung des Stromes:


        (7.48)


        Entsprechend verfahren wir mit den sin-Teil- schwingungen und erhalten:


        (7.49)

        Nun verallgemeinern wir diese Ergebnisse und wenden sie auf die Fourier-Koeffizienten einer beliebigen Funktion y(t) an:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (7.50)


        Diesen Wert finden wir auch in der Tabelle im Anhang A5.

        Mit der Gl. (7.52) berechnen wir die Koeffi- zienten der komplexen Fourier-Reihe:



        Den Nullpunkt t = 0 legt man – wenn möglich – so fest, dass die Funktion gerade bzw. ungerade ist. Trifft eines dieser Symmetriemerkmale zu, so braucht man nur die Koeffizienten ak bzw. bk zu berechnen. Man integriert in diesem Fall über T/ 2 und verdoppelt den Integralwert.

        Die Gln. (7.50) lassen sich in komplexer Schreib- weise zusammenfassen:


        Für gerade Ordnungszahlen gilt:


        Damit ist uk = 0 für gerade Ordnungszahlen.

        Für ungerade Ordnungszahlen ist


        und wir erhalten:


        (7.51)


        (7.52)


        Mit der Gl.(7.52) lassen sich die Koeffizienten der komplexen Fourier-Reihe für die Ordnungszahlen – < k < + unmittelbar berechnen.


        Beispiel 7.8

        Wir wollen für die Rechteckspannung mit û = 10 V im Beispiel 7.3 die Koeffizienten der reellen und der komplexen Fourier-Reihe berechnen.


        Zunächst subtrahieren wir den Gleichspan- nungsanteil U0 = 5 V von der gegebe- nen Spannung und erhalten dadurch eine Wechselspannung = u U0 mit dem Scheitelwert = û / 2 = 5 V. Da sie eine ungerade, alternierende Funktion ist, enthält sie nur sin-Teilschwingungen mit ungeraden Ordnungszahlen k = 1, 3, 5 ...

        Mit einer der Gln.(7.50) erhalten wir:


        Für k = 0 ergibt sich ein unbestimmter Aus- druck; den Gleichanteil berechnet man daher zweckmäßig mit der Gl. (3.6).


      2. Verschiebungssatz


        Vielfach sind periodische Funktionen zu analysie- ren, die durch Überlagerung von Schwingungen mit bekannten Spektren entstanden sind. In die- sem Fall kann der Zeitnullpunkt nur für eine der nichtsinusförmigen Schwingungen frei gewählt werden; für die übrigen liegt er dann i. Allg. so, dass er nicht der Nullpunktlage entspricht, für welche die Spektren angegeben sind.


        Mit der Verschiebung einer Schwingung gegen- über dem Zeitnullpunkt ist eine Änderung der Nullphasenwinkel sämtlicher Teilschwingungen verbunden.

        Wird die Schwingung z. B. um tv > 0 nach rechts verschoben (Bild 7.12), so werden die Nullpha- senwinkel kleiner. Ist dagegen tv < 0, was einer Verschiebung nach links entspricht, so werden die Nullphasenwinkel größer.



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 7.12 Zum Verschiebungssatz


        Wir nehmen an, dass die komplexen Fourier-Ko- effizienten yk einer Schwingung y bekannt sind:


        (7.53)


        Die Koeffizienten ykv einer um tv verschobenen Schwingung



        lassen sich folgendermaßen berechen:

        (7.54)


        (7.55)


        Die Koeffizienten von uB berechnen wir mit dem Verschiebungssatz. Jeder Winkel verän- dert sich um den Wert v und wir erhalten:


        Der durch diese Gleichung beschriebene Sach- verhalt wird Verschiebungssatz genannt.


        Beispiel 7.9

        Einer Rechteckschwingung uA wird eine um tv = – T1 / 4 zeitverschobene Rechteckschwin- gung uB mit gleicher Periodendauer T1 und gleichem Scheitelwert ûB = ûA = û überlagert. Wir wollen die komplexen Fourier-Koeffizi- enten für k = –1 ... 5 der Spannung u = uA + uB bestimmen.

        Die Teilschwingungen der beiden Rechteck- schwingungen haben gleiche Frequenzen und gleiche Amplituden; ihre Nullphasenwinkel sind aber verschieden.

        Im Beispiel 7.8 haben wir die komplexen Fou- rier-Koeffizienten der Rechteckschwingung für ungerade Ordnungszahlen k berechnet:


        Die Fourier-Koeffizienten der Spannung u

        bestimmen wir durch Addition.

        Praxisbezug 7.4

        Mit einem Spektrum-Analysator (spectrum ana- lyzer) können die Frequenzen und die Amplituden der Teilschwingungen einer periodischen Größe gemessen werden.


        Beim Festfrequenz-Analysator wird das ver- stärkte Eingangssignal an parallel geschaltete Bandpassfilter mit unterschiedlichen Mittenfre- quenzen gelegt. Jeder Bandpass selektiert einen Frequenzbereich, dessen Wert mit der entspre- chenden Amplitude als Balkendiagramm auf ei- nem Oszilloskop angezeigt wird.


        Der Aufwand an Bandpässen ist sehr hoch und ihre Mittenfrequenzen und Filterbandbreiten können nicht verändert werden. Vorteilhaft ist dagegen die gleichzeitige schnelle Darstellung der Signalanteile.


        Bei gleich bleibenden Anforderungen im unteren Frequenzbereich, z. B. in Tonstudios, wird diese Art von Analysatoren eingesetzt.


        Analysatoren mit abstimmbarem Filter kön- nen unterschiedliche Frequenzbereiche analy- sieren. Dabei liegt das Eingangssignal an einem variablen Bandpass, dessen Mittenfrequenz von einer Steuerschaltung eingestellt wird; der ge- messene Ausgangswert wird bei der jeweiligen Mittenfrequenz dargestellt.

        Wird das Filter kontinuierlich verstellt („gewob- belt“), so lässt sich das Spektrum des Eingangs- signals messen.


        Beim Überlagerungs-Analysator wird das Eingangssignal in einer Mischstufe mit einer Sinusspannung der Frequenz fOsz aus einem wobbelbaren Oszillator gemischt. Dabei bil- den sich mit sämtlichen k Teilschwingungen Differenzfrequenzen fk fOsz.


        Am Ausgang eines Bandpasses mit konstanter Mittenfrequenz entsteht nur dann eine Spannung, wenn die Teilschwingung, welche seiner Mitten- frequenz entspricht, im Spektrum vorhanden ist. Sie wird auf einem mit der „Suchfrequenz“ fOsz synchronisierten Oszilloskop als Linie darge- stellt.

        Mit dem Frequenzbereich des Oszillators kann bei gegebener Mittenfrequenz des Bandpasses der Analyse-Frequenzbereich eingestellt werden. Ein Vorteil des Überlagerungsverfahrens ist, dass ein Bandpass konstanter Mittenfrequenz mit sehr guten Eigenschaften bei geringem Aufwand reali- sierbar ist.


        Bei einem FFT-Analysator wird die Eingangs- spannung uE(t) in konstanten Zeitabständen ab- getastet und mit einem Analog-Digital-Umset- zer (ADU) digitalisiert. Die so gewonnenen

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        „Stützstellen“ der Eingangsspannung werden in einem Prozessor verarbeitet. Das Programm verwendet das mathematische Verfahren der schnellen Fourier-Transformation (fast Fourier transform, FFT).


        Bei vielen Digitaloszilloskopen können die ge- speicherten Messwerte mithilfe eines eingebauten FFT-Prozessors bearbeitet werden. Das Spektrum der Messspannung wird auf dem Bildschirm dar- gestellt.


        Fragen

        • Was versteht man unter dem Begriff harmonische Analyse?

        • Εrläutern Sie den Verschiebungssatz.

        • Eine periodische Wechselspannung hat die Form gleichschenkliger Dreiecke. Welche Teilschwin- gungen enthält sie, wenn der Zeitnullpunkt in einer Dreieckspitze liegt?

        • Eine periodische Funktion wird um T1 / 8 gegenüber dem Zeitnullpunkt verschoben. Wie verändert sich hierdurch der Nullphasenwinkel der 3. Teilschwin- gung?


        Aufgabe 7.6(3) Das Oszillogramm wurde mit 10 mV / div. und 0,5 ms / div. aufgenommen. Be- rechnen Sie die Fourier-Koeffizienten bis k = 9; die Reihe ist aus cos-Gliedern zu bilden.

    3. Nichtperiodische Größen


      Ziele: Sie können

      • erläutern, was ein kontinuierliches Spektrum ist.

      • das kontinuierliche Spektrum aus dem Grenzüber- gang T einer periodischen Funktion erklären.

      • den Begriff Spektraldichte erläutern.

      • die Spektraldichte für eine nichtperiodische Funktion berechnen.

      • den Begriff Fourier-Transformation erläutern.

      • die Anwendung der diskreten Fourier-Transforma- tion beschreiben.

      • das Abtasttheorem von Shannon erläutern.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      • die diskrete Fourier-Transformation eines zeitlich unbeschränkten Signals beschreiben.


      1. Fourier-Transformation


        Es wurde gezeigt, dass sich jede periodische Größe durch ein Frequenzspektrum darstellen lässt. Wir wollen nun untersuchen, ob dies auch für nichtperiodische Größen gilt.

        Hierzu betrachten wir zunächst periodische Rechteckimpulse mit der Periodendauer T ; jeder Impuls hat die Höhe und die Breite tp.

        Für eine solche Impulsfolge definiert man das

        Tastverhältnis (griech. Buchstabe beta):


        (7.56)

        ein, wobei wir zweckmäßig die Exponentialform verwenden und die Integrationsgrenzen um T / 2 verschieben:


        (7.57)


        Nach dem Integrieren und Einsetzen der Grenzen erhalten wir:


        (7.58)


        Wir wenden die Eulersche Gleichung an und er- halten mit 1T = 2 und 1tp / 2 = 1T / 2 = :

        (7.59)


        Wir setzen dies in die erste Gleichung der Gln. (7.20) ein:


        (7.60)


        Der Gleichanteil lässt sich für Rechteckimpulse problemlos berechnen:


        y0 = (7.61)

        Die Koeffizienten nach Gl. (7.59) sind sämtlich reell, d. h. es treten nur cos-Teilschwingungen auf. Beim Tastverhältnis = 1 / 3 hat der Koeffizient für k = 3, 6, 9 ... jeweils den Wert null.


        Bild 7.13 Periodische Rechteckimpulse mit dem Tast- verhältnis 1 / 3


        Jeder Impuls ist gegeben durch y(t) = für den Bereich (– tp / 2) t (+ tp / 2). Für den übrigen Teil der Periodendauer T ist y(t) = 0.


        Für die Berechnung der komplexen Fourier- Koeffizienten setzen wir dies in die Gl. (7.52)


        Bild 7.14 Amplituden- und Phasenspektrum für peri- odische Rechteckimpulse beim Tastverhältnis = 1 / 3

        Zwischen den Nullstellen wechselt jeweils das Vorzeichen; ein positiver reeller Koeffizient hat den Winkel 0°, ein negativer den Wert 180° (Bild 7.14).


        Lässt man bei gleichbleibender Impulsform die Periodendauer T anwachsen, so werden die Grund-Kreisfrequenz 1 = 2 / T sowie das Tast- verhältnis immer kleiner. Die erste Nullstelle auf der k-Achse tritt bei immer höheren Ordnungs- zahlen k auf, z. B. für = 1 / 8 bei k = 8 usw.


        Die Spektrallinien in Bild 7.14 rücken also bei wachsender Periodendauer immer enger zu- sammen; gleichzeitig nimmt der Betrag der Koeffizienten proportional zu ab. Die um das Spektrum gestrichelt eingezeichnete Hüllkurve bleibt dabei erhalten, wenn auf der Abszisse k und auf der Ordinate  yk / aufgetragen wird.

        Machen wir nun den Grenzübergang T bzw.

        0, so ist nur noch ein einziger Rechteckimpuls vorhanden; der nächste käme erst nach unendlich langer Zeit. Die Grund-Kreisfrequenz strebt ge- gen null und damit auch der Abstand zweier be- nachbarter Frequenzen im Spektrum:


        (7.62)


        Wir wollen diese Erkenntnisse nun auf eine be- liebige nichtperiodische Funktion f (t) übertragen; diese Schreibweise ist in der Literatur üblich.

        Wir gehen von der Gl. (7.52) aus und verschieben zweckmäßig die Integrationsgrenzen um T / 2:


        (7.63)


        Auch hier rücken beim Grenzübergang T die Spektrallinien wegen 1 = 2 / T beliebig eng zusammen; man spricht hierbei von einem kon- tinuierlichen Spektrum (continuous spectrum). Allgemein gilt:


        Eine nichtperiodische Funktion besitzt ein kontinuierliches Spektrum aus unendlich vie- len Frequenzen.

        Beim Grenzübergang T streben in der Gl. (7.63) die Koeffizienten fk 0. Man erweitert deshalb die Gleichung mit T und führt den Grenz- übergang für die so geänderte Gleichung aus.

        Der Faktor k 1 ist nur für k ungleich null und wird beim Grenzübergang zur kontinuierlich veränderlichen Größe .

        Als Ergebnis erhält man für die Zeitfunktion f (t) ihre Spektraldichte (spectrum density) F ( j ), die auch als Fourier-Transformierte oder kurz als Spektrum bezeichnet wird:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (7.64)


        Ist die Zeitfunktion z. B. eine nichtperiodische Spannung u, so hat ihre Spektraldichte U ( j ) die Einheit 1 V / Hz; für einen entsprechenden Strom i hat die Spektraldichte  I (j ) die Einheit 1 A / Hz.


        Für die Rücktransformation der Spektraldichte in den Zeitbereich gehen wir von der komple- xen Fourier-Reihe in der Gl. (7.19) aus. Zur Vorbereitung des Grenzüberganges erweitern wir wie oben mit der Periodendauer T und ersetzen sie im Nenner dann durch 2 / 1:


        (7.65)

        Beim Grenzübergang T wird aus fk T die Spektraldichte F ( j ); außerdem wird k 1 zu und 1 zu d. Aus der Summe wird das Integral:


        (7.66)


        Es ist üblich, die Gl. (7.64) mit 1 / zu erwei- tern und für den erweiterten Ausdruck ebenfalls die Bezeichnung Spektraldichte mit dem Symbol F(j ) zu verwenden. Man erhält so die symmetri- sche Form der Transformationsgleichungen:


        (7.67)

        Diese durch die Fourier-Transformation be- schriebene Abhängigkeit zwischen der Original- funktion f (t) und ihrer Bildfunktion F(j ) wird durch das Symbol f (t)  F(j ) dargestellt.


        Der Betrag F () der Spektraldichte wird als Amplitudendichte und der Winkel arg F ( j ) als Phasendichte bezeichnet.


        Die Fourier-Transformation besitzt folgende Ei- genschaften:

        Ist f (t) eine gerade Funktion, so ist F ( j ) eine

        gerade und reelle Funktion.

      2. Diskrete Fourier-Transformation eines zeitbeschränkten Signals

        Die Spektraldichte einer Funktion f(t) kann nur dann berechnet werden, wenn das Integral in der Gl. (7.67) einen endlichen Grenzwert hat. Dies ist

        z. B. dann der Fall, wenn die Funktion f(t) be- schränkt ist und nur in einem endlichen Intervall T Werte ungleich null annimmt, im übrigen Zeitbereich jedoch null ist.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wir wollen annehmen, dass dieser Fall vorliegt. Die Integration ist dann nicht mehr über einen un- endlichen Zeitbereich zu erstrecken und es gilt:

        • Ist f (t) eine ungerade Funktion, so ist F ( j )   eine ungerade und imaginäre Funktion.

          (7.68)


          Beispiel 7.10

          Wir wollen die Spektraldichte für einen ein- zelnen Spannungsimpuls entsprechend Bild

          7.13 für T berechnen und grafisch dar-

          stellen.

          Wir formen die erste Gleichung der Gln. (7.67) mit der Eulerschen Gleichung (A2.6) um und setzen die gegebenen Werte ein:


          Da u(t) eine gerade Funktion ist, muss die Spektraldichte U ( j ) eine gerade, reelle Funktion sein. Als Ergebnis erhalten wir:


          Die Einheit der Spektraldichte ist 1 V/ Hz. Ab- schließend stellen wir U ( j ) mit p = 2 / tp grafisch dar.


          Vielfach ist die Funktion f(t) nicht als mathema- tischer Ausdruck gegeben, sondern wird nur durch eine Menge von Funktionswerten zu bestimmten Zeitpunkten beschrieben. Die Gl. (7.68) kann in diesem Fall nicht angewendet werden; mithilfe der diskreten Fourier-Transformation (DFT) lässt sich das Spektrum jedoch punktweise be- stimmen.


          Wir bezeichnen die Spektraldichte der DFT mit Fd ( j ). Zu ihrer Berechnung ermittelt man (2 N + 1) Funktionswerte fn zu den äquidistanten Zeitpunkten tn.

          Geschieht dies durch Messung, so spricht man von

          Abtastung und bezeichnet die Funktionswerte fn als Abtastwerte. Die Zahl 2 N und das Abtast- intervall TA ergeben die Beobachtungsdauer T = (2 N + 1) TA mit den Zeitpunkten tn = n TA.

          Die kleinste Kreisfrequenz des Spektrums ist

          1 = 2 / T. Die Abtastkreisfrequenz ist:

          A = (2 N + 1) 1 = 2 / TA (7.69)

          Wir legen den Zeitnullpunkt in die Mitte der Beobachtungsdauer; in diesem Fall sind die Abtastwerte:

          fn = f (tn) = f (n TA) ; –N n N (7.70)

          Das Integral in der Gl. (7.68) wird mit einer ge- wichteten Summe dieser Abtastwerte angenähert

          und zur Berechnung von (2 N + 1) Werten der Spek- traldichte bei den Kreisfrequenzen k = k 1 für –N k N verwendet:


          (7.71)


          Mit (2 N + 1) Abtastwerten lassen sich die Werte der komplexen Spektraldichte Fd(j k) für 0 k N berechnen. Für die übrigen N Werte gilt:

          (7.72)

          Die Spektraldichte Fd ( j k ) ist mit A peri- odisch. Aufgrund dieser Redundanz lassen sich ihre Werte nur für – A / 2 k A / 2 berech- nen. Hieraus ergibt sich die Forderung, dass die Spektraldichte F ( j ) der Funktion f(t) keine Kreisfrequenzen enthalten darf, die größer als

          A/ 2 sind.

          Ist diese Forderung nicht erfüllt, so kommt es zu einer Verfälschung der Spektraldichte Fd, die als Unterabtastung oder Aliasing bezeich- net wird. Das Bild 7.15 zeigt am Beispiel einer Sinusschwingung mit der Kreisfrequenz S, die mit A = 0,95 S abgetastet wird, dass das Spek- trum eine Kreisfrequenz von ca. 0,18 S enthält, die tatsächlich nicht vorhanden ist.

          In der Praxis filtert man das Originalsignal des- wegen mit einem Antialiasingfilter, bevor man es abtastet. Dies ist ein Tiefpass mit einer Grenz- kreisfrequenz kleiner als A / 2.

          Für die Rücktransformation in den Zeitbereich sind nur die (2 N + 1) Werte der Spektraldichte von Bedeutung, die zu den Kreisfrequenzen – N k N gehören. Die Rücktransformation ergibt, wenn wir alle ganzen Zahlen n zulassen, eine mit T periodische Zeitfunktion:


          (7.73)


          Ist das abgetastete Signal nicht periodisch, wie wir angenommen haben, so sind nur die Werte fn mit – N n N von Bedeutung.

          Mithilfe der DFT kann jedoch auch das Spek- trum eines periodischen Signals berechnet wer- den. Hierbei muss die Beobachtungszeit T mit der Periodendauer übereinstimmen oder ein ganzzah- liges Vielfaches von ihr sein.

          Setzt man im Exponenten der Gln. (7.71; 7.73) in

          1 tn die Beobachtungszeit T ein, so erhält man die Transformationsgleichungen der DFT in der Form:



          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          Bild 7.15 Unterabtastung einer Sinusschwingung


          Die oben formulierte Forderung ist als Abtast- theorem von Shannon1) bekannt:


          Um ein Signal mithilfe des diskreten Spek- trums genau rekonstruieren zu können, muss die Abtastfrequenz mindestens doppelt so groß sein wie die höchste im abgetasteten Signal enthaltene Frequenz.


          1) Claude Elwood Shannon, 1916 2001

          (7.74)

          Die Gleichungen der DFT können auch für eine gerade Anzahl von Abtastwerten formuliert wer- den.


          In der Literatur findet man auch Gleichungen, in denen die konstanten Faktoren TA / und

          1 / durch andere ersetzt sind.

          Beispiel 7.11

          Das Liniendiagramm einer Spannung u ist eine Sinuskurve. Außerhalb des Zeitbereichs – 1 s t 1 s ist der Wert der Spannung gleich null.

          Das Linienspektrum enthält fünf relevante Spektrallinien; es wiederholt sich mit A = 5 1.


          Wir wollen die minimale Abtastfrequenz

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          A min ermitteln. Für eine doppelt so hohe Abtastfrequenz wollen wir die Anzahl der Abtastwerte (2 N + 1), die Beobachtungszeit T sowie die Werte der Spektraldichte Ud für = 0 und die positiven Frequenzen bestimmen.


          Die gegebene Kurve weicht 2 s lang von dem Wert u = 0 ab, was auf Signal = s –1 führt. Die minimale Abtastfrequenz muss 2 fSignal betragen; damit ist A min = 2 s–1.

          Wir wollen die doppelt so hohe Kreisfrequenz

          A = 4 s–1 verwenden; das Abtastintervall ist demnach TA = 0,5 s. Die Beobachtungszeit muss den Zeitbereich mit u 0 überdecken und ein ungerades Vielfaches von TA sein; dies ist für N = 2 gegeben.

          T = (2 N + 1) TA = 2,5 s

          Damit ist 1 = (2 / 2,5) s –1 die niedrigste Kreisfrequenz des Spektrums. Wir verwen- den die Abtastwerte:


          Für = 0 ist k = 0 und die zugehörige Spek- traldichte hat den Wert:


          Für = 1 ist k = 1 und die zugehörige Spek- traldichte hat den Wert:


          Zur Kontrolle führen wir die Rücktransfor- mation für t = 0 durch; sie ergibt u(0) = 1 V.


          Praxisbezug 7.5

          Für die Berechnung der Spektraldichte und für die Rücktransformation der DFT wird heute meist die schnelle Fourier-Transformation (fast Fourier transform, FFT) verwendet. Dieser Algorithmus wurde in seiner Grundform bereits 1805 von Gauss1) zur Berechnung der Flugbahnen von Asteroiden verwendet und seitdem mehrfach verbessert.

          Die Steigerung der Rechengeschwindigkeit beruht auf der Vermeidung der Mehrfachberechnung von Ausdrücken, die sich gegenseitig aufheben.

          Bei einem vielfach verwendeten Algorithmus der FFT ist die Anzahl Z der Abtastwerte eine Potenz der Zahl 2. Die Abtastwerte werden in zwei Teil- mengen mit geradem bzw. mit ungeradem Index n aufgeteilt. Die DFT wird für jede Teilmenge berechnet und die Teilergebnisse werden zum Gesamtergebnis zusammengefügt.

          Da diese Methode rekursiv angewendet wird, ist der Rechenaufwand nicht mehr durch Z 2, sondern nur noch durch Z · log2 (Z) bestimmt.


      3. Diskrete Fourier-Transformation eines zeitlich unbeschränkten Signals


        Wir betrachten nun die Transformation eines Sig- nals, dessen künftiger Verlauf nicht bekannt ist. Auch die Beobachtungszeit T, außerhalb der das Signal den Wert null annimmt, ist nicht bekannt. In diesem Fall definiert man die Beobachtungszeit T willkürlich mithilfe einer Fensterfunktion w(t), die aus der Funktion f(t) das zeitbeschränkte Signal fw(t) herausschneidet:

        1) Carl Friedrich Gauß, 1777 1855

        fw(t) = f(t) · w(t) (7.75)

        Eine besonders einfache Fensterfunktion zeigt das Bild 7.16; dabei gilt:

        w(t) = 1 für –T / 2 t T / 2

        w(t) = 0 für t < –T / 2 und für t > T / 2


        Bild 7.16 Bildung einer zeitbegrenzten Funktion mit einer Fensterfunktion


        Auf die Funktion fw(t) kann nun die Fourier- Transformation angewendet und das zugehörige Spektrum gefunden werden. Auf dieses hat die verwendete Fensterfunktion allerdings Einfluss: Der Multiplikation der beiden Zeitfunktionen ent- spricht im Bildbereich eine Faltung der beiden Spektralfunktionen.

        Ist F ( j ) das Spektrum von f(t) und W ( j ) das von w(t), so erhält man das Spektrum Fw(j ) von fw(t) mit dem Faltungsintegral:


        (7.76)


        Für die diskreten Spektren der DFT gilt:


        (7.77)

        Bei der Anwendung der Gl. (7.77) ist die Summe tatsächlich nur über endlich viele Summanden zu erstrecken, weil einer der beiden Faktoren ab einer bestimmten Zahl m null wird.

        Sowohl Fw ( j ) als auch Fw,d ( j k) können auch ohne Anwendung der Faltung direkt durch Transformation von fw(t) bestimmt werden. Die Gln. (7.76 und 7.77) zeigen lediglich, dass das Spektrum durch die Fensterfunktion beeinflusst wird.

        Bei der Anwendung der DFT darf die Fenster- funktion nicht so einfach sein wie im Bild 7.16: Der Übergang von 1 auf 0 darf nicht sprunghaft sein, sondern er muss „glatt“ (stetig differenzier- bar) verlaufen. Nur dann kann die höchste in w(t) enthaltene Kreisfrequenz kleiner als A / 2 sein.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Das diskrete Spektrum Fw,d ( j k) stellt die Funk- tion f(t) im gewählten Zeitfenster nur dann richtig dar, wenn sich f(t) außerhalb des Fensters peri- odisch fortsetzt.

        Ist dies nicht der Fall, so stellt  Fw,d ( j k) nur eine Näherung des tatsächlichen Spektrums dar. Für Spannungs- und Stromsignale gilt, dass ihre Leistung, die über das tatsächliche Spektrum verteilt ist, näherungsweise den Frequenzen des diskreten Spektrums zugeordnet wird. Dies be- zeichnet man als Leckeffekt (leakage effect).


        Praxisbezug 7.6

        Die DFT ist in Verbindung mit der FFT die Basis der digitalen Signalverarbeitung. Sie ermöglicht

        z. B. die Realisierung von Filtern durch Rechen- programme und die komprimierte, d. h. Platz spa- rende Darstellung von Analogsignalen.


        Eine Methode zur Datenkompression ist z. B. das von K. Brandenburg1) entwickelte MP3-Ver- fahren. Dies ist eine Abkürzung für die Norm ISO MPEG Audio Layer 3. Das Verfahren dient dazu, Musik, Sprachsignale und Geräusche mit binären Datenworten so zu beschreiben, dass die Datenmenge dabei möglichst klein bleibt.


        Da der Mensch nur Töne mit einer Frequenz bis zu 20 kHz hört, wird das Audiosignal zunächst mit einem Tiefpass bandbegrenzt. Das entstandene Signal wird z. B. mit 44 kHz abgetastet; anschlie- ßend wird sein diskretes Spektrum bestimmt. Dieses wird hinsichtlich des menschlichen Hör- vermögens bearbeitet und die Datenmenge dabei reduziert. Hierfür nur zwei Beispiele:

        1) Karlheinz Brandenburg, *1954

        • Man kann zwei Töne nur dann unterschei- den, wenn ihre Frequenzen einen gewissen Mindestabstand aufweisen.

        • Nach sehr lauten Geräuschen kann man viel lei- sere kurze Zeit danach nicht wahrnehmen.

          Die so reduzierten Daten des momentanen Spek- trums werden mit einem Huffman-Code1) codiert. Dies ist ein Code mit variabler Wortlänge, die um- so kürzer ist, je häufiger ein Zeichen vorkommt.

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          Der MP3-Decoder führt die Rücktransformation aus dem Frequenz- in den Zeitbereich durch. Das entstehende Audiosignal klingt für die meisten Hö- rer wie das Originalsignal. Es unterscheidet sich jedoch von diesem, denn schließlich sind Infor- mationen entfernt worden. Ob dies bemerkt wird, hängt vom Hörvermögen des Einzelnen ab.


          Fragen

        • Was versteht man unter dem Begriff kontinuierliches Spektrum?

        • Aus welchem Grenzübergang erhält man das

          Spektrum einer nichtperiodischen Funktion?

        • Wie ist die Spektraldichte definiert?

        • Welche Rechenoperation bezeichnet man als Fou- rier-Transformation?

        • Was bedeuten die Abkürzungen DFT und FFT ?

        • Welche Bedingungen muss eine Funktion f (t) erfül- len, damit die DFT angewendet werden kann?

        • Wie kann die DFT auf ein zeitlich unbeschränktes

          Signal angewendet werden?

        • Was besagt das Abtasttheorem von Shannon?

        • Wodurch ist der Frequenzabstand zwischen zwei Spektrallinien bei der DFT bestimmt?

        • Welcher Bedingung muss die Anzahl der Abtastwerte

          bei der FFT genügen?

        • Wodurch entsteht bei der DFT der als Aliasing be- zeichnete Fehler?

        • Welchem Zweck dient die Fensterfunktion?


        Aufgabe 7.7(3) Berechnen Sie die Spektraldichte des Dreieckimpulses und stellen Sie diese grafisch dar.


        1) David A. Huffman, 1925 1999

    4. Nichtsinusförmige Schwingungen in linearen Netzen


      Ziele: Sie können

      • nichtsinusförmige Größen mithilfe des Überlage- rungsprinzips auf Sinusgrößen zurückführen.

      • die Begriffe ideale und verzerrungsfreie Übertragung

        mithilfe des Frequenzgangs erklären.

      • die Bedingungen erläutern, unter welchen eine line- are Verzerrung entsteht.


      1. Überlagerungsprinzip


        Werden lineare Netze an Quellen mit nichtsinus- förmigen, periodischen Quellengrößen betrieben, so lassen sich die Ströme und Spannungen mithil- fe des Überlagerungsprinzips berechnen.


        Dabei ersetzt man eine ideale Spannungsquelle mit nichtsinusförmiger Quellenspannung durch eine Reihenschaltung von Sinusspannungsquellen, deren Amplituden und Nullphasenwinkel dem Spektrum der ursprünglichen Quellenspannung entsprechen.

        Eine ideale Stromquelle mit nichtsinusförmigem Quellenstrom ersetzt man durch eine entsprechen- de Parallelschaltung von Sinusstromquellen.


        Für sämtliche Teilschwingungen werden nun ge- trennte Netzberechnungen durchgeführt. Dabei werden sämtliche Spannungsquellen mit ande- ren Frequenzen als die der jeweils betrachteten Teilschwingung durch Kurzschlüsse ersetzt; die entsprechenden Stromquellen ersetzt man durch Unterbrechungen.


        Sämtliche im Netz noch wirksamen Quellen schwingen nun mit der gleichen Frequenz; für diese werden die Fourier-Koeffizienten der Ströme und Spannungen bestimmt. Das Ergebnis der Berechnung für sämtliche Teilschwingungen ist das Spektrum der Ströme und Spannungen im linearen Netz. Es kann zu einer Fourier- Reihe zusammengefasst werden, wobei man die Zeitfunktion der jeweiligen Größe erhält.


        Für die komplexen Teilspannungen am Eingang und am Ausgang eines linearen Netzes mit dem Frequenzgang T(j ) des Übertragungsfaktors gilt:



        Die Teilspannungen


        überlagert man nach dem

        Auch die hiermit berechneten Werte tragen wir in die Tabelle ein.

        Überlagerungsprinzip am Ausgang zur Gesamt- spannung uA, indem man für jeden Augenblicks- wert den Wert der komplexen Fourier-Reihe be- rechnet.

        Der Vorgang wird besonders anschaulich, wenn man das Eingangsspektrum in die Frequenzgang- darstellung hineinzeichnet und für jede Frequenz die zugehörige Ausgangsgröße bildet.


        Beispiel 7.12

        Eine lineare Quelle, die im Leerlauf die in den Beispielen 7.3 und 7.8 untersuchte Rechteck- spannung abgibt, liegt an einem RC-Glied.

        Wir wollen das Spektrum der Ausgangs- spannung u mithilfe des Übertragungsfaktors berechnen.

        Zur Veranschaulichung stellen wir den Betrag und den Winkel des Übertragungsfaktors über der Frequenz grafisch dar. In diese Dar- stellung tragen wir auch das Spektrum der Quellenspannung ein.

        Die Produkte Tk u qk und die Summen

        Tk + qk ergeben das Linienspektrum der

        Ausgangsspannung, das wir ebenfalls gra- fisch darstellen.


        Aus dem Beispiel 7.8 übernehmen wir die Koeffizienten für die komplexe Fourier- Reihe der Quellenspannung uq und tragen ihre Beträge und Winkel in eine Tabelle ein. Der Frequenzgang des Übertragungsfaktors T( j ) = U(j ) / Uq(j ) lautet:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Hierfür berechnen wir den Betrag und den Winkel:


        Nun berechnen wir die Teilschwingungen der Ausgangsspannung u:

        Der Übertragungsfaktor eines idealen Übertra- gungsnetzes hat den Betrag T = 1 und den Winkel

        T = 0. Ein solches Netz ist wegen der unvermeid-

        lichen Laufzeiten der Signale nicht realisierbar. Man braucht es auch nicht, um eine Nachricht verzerrungsfrei zu übertragen.



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Ausgangsspannung enthält kein Gleich-

        Ist das Eingangssignal z. B. eine Rechteck- schwingung, so erkennen wir diese am Ausgang auch dann, wenn die Scheitelwerte A und E ver- schieden sind und wenn yA(t) gegenüber yE(t) um

        spannungsglied (k = 0). Man erkennt, dass die höheren Teilschwingungen stärker hervor- treten. Die Ausgangsspannung hat also einen höheren Klirrfaktor als der Wechselanteil der Eingangsspannung.


      2. Verzerrungsfreie Übertragung


        Durch den Zeitverlauf elektrischer Signale kön- nen Nachrichten dargestellt werden, die von ei- nem Sendeort zu einem Empfangsort übertragen werden. Dabei soll das empfangene Signal mög- lichst genau mit dem gesendeten übereinstimmen, denn es darf bei der Übertragung nicht verzerrt werden.


        Um dies zu erreichen, muss der Übertragungs- faktor des Übertragungsnetzes Eigenschaften auf- weisen, die man aus den Spektren von Eingangs- und Ausgangssignal bestimmen kann. Wir ver- wenden dazu periodisch schwingende Signale, obwohl diese zur Darstellung einer Nachricht un- geeignet sind. Die gefundenen Ergebnisse gelten jedoch auch für nichtperiodische Signale.


        Wir betrachten als Eingangssignal eine periodi- sche Schwingung yE(t), die durch das Spektrum yEk mit – < k < + beschrieben wird. Bei einem idealen Übertragungsnetz ist das Spektrum des Ausgangssignals yA(t) identisch mit dem Spek- trum des Eingangssignals:


        yAk = yEk ; – < k < +

        In diesem Fall sind auch die Liniendiagramme der Funktionen von Eingangs- und Ausgangssignal gleich.

        die Zeit tv verschoben ist (Bild 7.17).

        In diesem Fall enthalten das Ausgangs- und das Eingangssignal die gleichen Teilschwingungen. Allerdings sind sämtliche Amplituden Ak um den Faktor T = A / E gegenüber den Amplituden Ek verändert und die Nullphasenwinkel Ak un- terscheiden sich von Ek um den Winkel – k 1 tv. Es gilt also:


        (7.78)


        Ist diese Gleichung erfüllt, so spricht man von einer verzerrungsfreien Übertragung (distor- tionless transmission).


        Bild 7.17 Verzerrungsfreie Übertragung einer Recht- eckschwingung


        Ein Netz, das unabhängig von der Grundkreis- frequenz ein verzerrungsfreies Ausgangssignal liefert, wird als verzerrungsfreies Netz bezeich- net. Sein Übertragungsfaktor ist:


        (7.79)

        Die Spektren beider Signale enthalten jedoch bei linearen Netzen ausschließlich gleichfrequente Teilschwingungen. Man spricht dabei von line- aren Verzerrungen (linear distortion).



        Bild 7.18 Übertragungsfaktor eines verzerrungsfreien

        Praxisbezug 7.7

        Ein Netz aus Grundeintoren R ist stets ver- zerrungsfrei. Das Gleiche gilt für homogene Leitungen, wenn sowohl der Eingang als auch der Ausgang mit dem Wellenwiderstand abgeschlos-

        Netzes

        sen sind und die Bedingung R, / L,

        ,

        = G, /

        C, erfüllt

        ist. Der Index ( ) kennzeichnet Größen, die auf die

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      3. Lineare Verzerrungen

        Leitungslänge bezogen sind. Die Formelzeichen bedeuten:

        Sind die Bedingungen für eine verzerrungsfreie

        Übertragung nicht erfüllt, so kommt es zu Über- tragungsverzerrungen. Dabei unterscheidet man in linearen Netzen zwei Fälle:

        • R,

        • G ,

          Leitungswiderstand / Länge

          Leitwert zwischen Hin- und Rückleitung, bezogen auf die Leitungslänge

        • Amplitudenverzerrungen (amplitude distor- tion) entstehen, wenn der Betrag des Übertra- gungsfaktors frequenzabhängig ist.

        • Phasenverzerrungen (phase distortion) entste- hen, wenn der Winkel T des Übertragungsfak- tors nicht die in der Gl. (7.79) beschriebene Fre- quenzabhängigkeit hat.


        Sowohl die Amplituden- als auch die Phasenver- zerrungen verändern das Ausgangssignal gegen- über dem Eingangssignal in seiner Form; das Bild

        7.19 zeigt hierfür ein Beispiel.


        Bild 7.19 Lineare Verzerrungen

        • L, Induktivität / Länge

        • C, Kapazität / Länge

          Für die verzerrungsfreie, homogene Leitung gilt:


          Der Ausdruck ist die für sämtliche Teil- schwingungen gleiche Laufzeit tv über die Lei- tung.  

          Entsprechend ist 1 / die für alle Teilschwin- gungen gleiche Phasengeschwindigkeit (Aus- breitungsgeschwindigkeit) längs der Leitung. Sie ist in Kabeln stets kleiner als die Vakuum- Lichtgeschwindigkeit. Reale Leitungen lassen sich nur näherungsweise verzerrungsfrei aufbauen.

          Die Nachrichtenübertragung mit elektromagne- tischen Wellen im freien Raum ist praktisch verzerrungsfrei. Die für sämtliche Frequenzen gleiche Phasengeschwindigkeit ist dabei die Licht- geschwindigkeit.


          Beispiel 7.13

          Der Sägezahnspannung aus dem Beispiel 7.7 ist die Gleichspannung U0 = 20 mV überlagert. Die Gesamtspannung liegt als Quellenspan- nung an einem RC-Glied.

          Wir wollen das Spektrum der Ausgangsspan- nung u bis zur Ordnungszahl k = 6 berech- nen.


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          Wir beschreiben die Quellenspannung mit der komplexen Fourier-Reihe:



          Nun berechnen wir in Tabellenform nur die Koeffizienten mit k > 0; die Koeffizienten mit k < 0 sind zu diesen konjugiert komplex. Die Werte für


          ermitteln wir mit der Tabelle im Anhang A5; dabei ist:


          Für den Koeffizienten der k-ten Teilschwin- gung der Spannung u gilt:


          Mit den Bauelementewerten erhalten wir:


          Das Spektrum der Ausgangsspannung folgt aus:

          Die Ausgangsspannung (Bild 7.20) wurde mit einem Computer ermittelt; dabei wurde die Fourier-Reihe nach der Teilschwingung mit k = 50 abgebrochen. Man erkennt, dass das Netz als Tiefpass wirkt.











































          Bild 7.20 Lineare Verzerrung einer Sägezahn- spannung

          Fragen

          • Wie wird das Überlagerungsprinzip bei der Netzbe- rechnung angewendet?

          • Welchen Übertragungsfaktor hat ein ideales Übertra-

            gungsnetz?

          • Skizzieren Sie den Frequenzgang für den Übertra- gungsfaktor eines verzerrungsfreien Netzes.

          • Zeichnen Sie Liniendiagramme für die Ein-

            gangs- und die Ausgangsspannung eines verzer- rungsfreien Netzes. Welche Unterschiede können zwischen ihnen bestehen?

          • Woran erkennen Sie Amplituden- bzw. Phasen- verzerrungen im Frequenzgang des Übertragungs- faktors eines linearen Netzes?

          • Was versteht man unter linearen Verzerrungen?

        Aufgabe 7.8(2)

        Ein Verbraucher RV = 50 ist über eine Drossel- spule (L = const. = 0,7 H; RW = 2  an eine Gleichrichterschaltung mit idealen Dioden ange- schlossen.

        Berechnen Sie die Spektren der Teilschwingungen für die Spannung u und für den Strom i.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Welchen Schwingungsgehalt hat der Strom mit und ohne Drosselspule?

        mige Ausgangsgröße unter Umständen mithilfe der Übertragungskennlinie des Netzes grafisch bestimmt werden. Dies wollen wir am Beispiel ei- ner Spule mit Eisenkern zeigen.


            1. Spulenstrom bei verlustfreiem Eisenkern


              Wir betrachten eine Spule mit ungesättigtem Eisenkern ohne Luftspalt. Die Wicklungs- und Kernverlustwiderstände vernachlässigen wir ge- genüber dem induktiven Widerstand. In diesem Fall ist die angelegte Sinusspannung u gleich der selbstinduktiven Spannung uL:


              (7.80)


              Der Fluss im Eisenkern ist damit sinusförmig:



    5. Nichtlineare Verzerrungen


Ziele: Sie können


Wir haben am Beispiel der Diode gezeigt, dass eine Sinusspannung an einem Bauelement mit nichtli- nearer I-U-Kennlinie einen nicht sinusförmigen Strom erzeugt (s. Abschn. 7.2.2). Allgemein gilt:


An einem nichtlinearen Netz erzeugt eine si- nusförmige Eingangsgröße eine nicht sinus- förmige Ausgangsgröße.


Im Gegensatz zur linearen Verzerrung besitzen die Spektren von Eingangs- und Ausgangsgröße in nichtlinearen Netzen Teilschwingungen unter- schiedlicher Frequenz.


In diesem Fall bezeichnet man die Verzerrung der Ausgangsgröße als nichtlineare Verzerrung (non-linear distortion). Für ihre Berechnung muss das mathematische Modell des Netzes bekannt sein.

Bei sinusförmigen Eingangsgrößen mit hinrei- chend kleiner Frequenz kann die nichtsinusför-

(7.81)


Wir betrachten nur den Fall 0 = 0 und er- mitteln den Verlauf des Stromes mithilfe der Magnetisierungskurve = f ( ) (s. Band 1, Abschn. 7.7). Hierzu ist auf der -Achse ein Maßstab für I = / N anzubringen.


Zunächst berechnet man mit der Gl. (7.81) den Maximalwert des Flusses:


(7.82)


Bild 7.21 Konstruktion des Spulenstromes bei verlust- losem Eisenkern

7.6 Nichtlineare Verzerrungen


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Nun kann man (t) zeichnen und aus dem Dia- gramm = f (I) Punkt für Punkt den zu jedem


Die Grundschwingungs-Blindleistung ist:

225

Fluss gehörenden i -Wert bestimmen. Die i -Werte werden ins Liniendiagramm übertragen, sodass die Funktion i (t) entsteht (Bild 7.21).


Der nichtsinusförmige Strom enthält nur sin-Teil- schwingungen mit ungeraden Ordnungszahlen (s. Abschn. 7.1.3). Er ist umso stärker gegenüber der Sinusform verzerrt, je höher der Eisenkern in die Sättigung gebracht wird.


Da die Spannung cos-förmig verläuft, der Strom jedoch nur sin-Teilschwingungen enthält, nimmt die Spule keine Wirkleistung auf (wir haben die Verlustwiderstände vernachlässigt).


Außer der Grundschwingungs-Blindleistung


Q1 = U I1 (7.83)


tritt infolge der Strom-Oberschwingungen Ver- zerrungsleistung auf.


      1. Spulenstrom beim Kern mit Eisenverlusten


Entstehen im Kern Hystereseverluste, so ist die Kennlinie = f (I) eine Hystereseschleife. Das oben beschriebene Verfahren lässt sich auch hier- bei anwenden.


Verwendet man für die Konstruktion des Stromes die mit Sinusspannung der gleichen Amplitude und Frequenz auf dem Oszilloskop aufgezeich- nete dynamische Hystereseschleife, so enthält diese auch die Wirbelstromverluste.


Der Strom nach Bild 7.22 enthält sowohl cos- als auch sin-Teilschwingungen ungerader Ordnungs- zahl (s. Abschn. 7.1.3). Der Phasenverschiebungs- winkel von der Grundschwingung der Spannung zu der des Stromes ist 1 < 90°. Damit entsteht die Wirkleistung:


P = U I1 cos 1 (7.84)

Diese Wirkleistung deckt sowohl die Hysterese- als auch die Wirbelstromverluste (den Wicklungs- widerstand haben wir vernachlässigt).

Q = U I1 sin 1 (7.85)

Die Strom-Oberschwingungen verursachen au- ßerdem Verzerrungsleistung.


Bild 7.22 Konstruktion des Spulenstromes bei einem Eisenkern mit Verlusten


Fragen

  1. Schaltvorgänge

    1. Netz an Gleichspannung


      Ziele: Sie können

      • Ströme und Spannungen bei einem Schaltvorgang in einem Netz berechnen, das ein kapazitives Eintor enthält.

      • Die Begriffe Übergangsvorgang, Zeitkonstante, An-

        stiegszeit und stationärer Endwert erläutern.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      • Ströme und Spannungen bei einem Schaltvorgang in einem Netz berechnen, das ein induktives Eintor ent- hält.

      • Ströme und Spannungen bei einem Schaltvorgang

      in einem Netz berechnen, das zwei Energiespeicher enthält.


      Für die Energieänderung eines beliebigen Systems ist stets eine endliche Zeitspanne erforderlich. So enthält z. B. ein fahrendes Auto die kinetische Energie Wkin = 0,5 m 2; es kann nicht plötzlich anhalten, da bis zum Stillstand die kinetische Energie in andere Energieformen (z. B. Wärme) umgewandelt werden muss.


      Diejenige physikalische Größe, die den Inhalt ei- nes Energiespeichers beschreibt, wird Zustands- größe (state variable) genannt. Beim Energie- speicher Masse ist die Geschwindigkeit die Zustandsgröße.


      Den zeitlichen Übergang eines Systems von ei- nem stationären Zustand in einen anderen nennt man Übergangsvorgang (transient). Je schneller er bei gleichem Energieumsatz abläuft, desto grö- ßer ist die dabei auftretende Leistung.


      1. Netz mit einem Grundeintor C


        Ein Grundeintor C ist ein Energiespeicher mit der Energie W = 0,5 C u2 (für C = const.). Jede Spannungsänderung an diesem Eintor bedeutet einen Übergang von einem Energiezustand zu einem anderen. Deshalb kann sich die Spannung an einem Grundeintor C nicht sprunghaft ändern, denn sie ist die Zustandsgröße dieses Eintors.


        Wir wollen den Zeitverlauf der Spannung uC an einem Grundeintor C in einem linearen Netz be- rechnen. Die Änderung der Spannung wird zum

        Schaltzeitpunkt t = 0 durch einen Schaltvorgang (switching operation) hervorgerufen; dadurch tritt eine plötzliche Änderung der Struktur des Netzes auf.


        Im einfachsten Fall ist das Eintor C zum Zeit- punkt t = 0 ungeladen und es ist uC = 0. Wir stel- len fest:


        Ein ungeladenes Grundeintor C wirkt im Schaltzeitpunkt wie ein Kurzschluss.


        Wir wollen nun den Schaltvorgang in einem Netz mit einem Grundeintor C, das zum Schaltzeitpunkt auch eine Ladung enthalten kann, allgemein un- tersuchen. Dabei soll es unerheblich sein, ob die Änderung der Netzstruktur durch das Öffnen oder das Schließen des Schalters verursacht wird.


        Auch wenn andere Größen des Netzes gesucht sind, muss zunächst stets der Zeitverlauf der Zustandsgröße – hier die Spannung uC – ermittelt werden.


        Für den Übergangsvorgang sind weder der Zeitverlauf der Zustandsgröße noch die Struktur des Netzes vor dem Schaltzeitpunkt von Bedeutung. Wir benötigen jedoch den Wert der Zustandsgröße zum Schaltzeitpunkt t = 0; dieser Wert wird als Anfangswert (Index A) bezeich- net.


        Das lineare Netz, mit dem das Grundeintor C nach dem Schaltzeitpunkt bis t (Index E: Endzustand) verbunden ist, kann durch eine line- are Quelle ersetzt werden; dabei verwenden wir zweckmäßig die lineare Spannungsquelle.


        Bild 8.1 Allgemeine Darstellung eines linearen Netzes mit einem Grundeintor C und einem Schalter

        Zur Berechnung der Zeitabhängigkeit der Span- nung uC stellen wir die Maschengleichung für t 0 auf:


        RE iC + uC = UE (8.1)

        In diese Gleichung setzen wir die Gl. (1.5) ein und erhalten eine Differenzialgleichung 1. Ordnung,


        (8.8)


        Nun integrieren wir und wählen als Integrations- konstante zweckmäßig ln K:

        bei der außer der Spannung uC auch die erste Ableitung dieser Spannung vorkommt:

        Diese Gleichung lösen wir nach uC

        auf:


        (8.2)


        Die Spannung UE wird als stationärer Endwert

        (8.9)


        Die Konstante K bestimmen wir mit dem An- fangswert UA der Spannung uC: Für den Zeitpunkt

        von uC bezeichnet, weil sie sich dann einstellt,

        wenn sich die Spannung uC nicht mehr ändert und der Differenzialquotient duC / dt = 0 ist.

        Das Produkt RE · C hat die Dimension der Zeit:


        (8.3)


        Man bezeichnet es daher als Zeitkonstante (time constant) (griech. Buchstabe tau):

        (8.4)


        Damit lautet die Differenzialgleichung:


        (8.5)


        Sie kann nach der Trennung der Veränderlichen

        t = 0 muss die Lösung der Differenzialgleichung uC = UA lauten. Dieses Wertepaar setzen wir in die Gl. (8.9) ein:

        UA = UE K · e0 ; K = UE UA (8.10)

        Damit erhalten wir als Lösung der Differenzial- gleichung die Spannung uC für t 0:


        (8.11)


        Dem stationären Endwert UE der Spannung uC ist nach dem Schalten für t 0 die Ausgleichspan- nung (transient voltage) utrt überlagert, die nach einer e-Funktion abnimmt:


        (8.12)

        durch Integration gelöst werden:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (8.6)

        uC = UE + utrt

        Tabelle 8.1 Werte der e-Funktion

        (8.13)






        Für die rechte Seite dieser Gleichung gewinnen wir aus



        den Zusammenhang:


        duC = d(UE uC) (8.7)

        Dies setzen wir in die Gl. (8.6) ein:

        Die Tabelle zeigt, dass die Ausgleichspannung bei t = 4 weniger als 2 % ihres Anfangswertes be- trägt. Man sagt daher, dass die Spannung uC nach vier Zeitkonstanten den stationären Endwert UE praktisch erreicht hat. Theoretisch erreicht aber die Spannung uC den stationären Endwert UE erst für t .

        Im Bild 8.2 sind die Liniendiagramme von uC(t) für UE > UA bzw. UE < UA dargestellt. Die Tan- gente an die Kurve uC(t) im Zeitpunkt t = 0 schneidet die achsparallele Gerade durch UE zum Zeitpunkt t = .

        einem prellfreien Schalter erfolgt. Dabei müs- sen die Schaltkontakte zum Zeitpunkt t = 0 eine ideal leitende Verbindung bilden, die im Verlauf des Übergangsvorgangs nicht mehr unterbrochen wird.


        Wenn der Zeitverlauf der Zustandsgröße bekannt ist, kann man damit den Zeitverlauf der übri-gen Größen des Netzes mithilfe algebraischer Gleichungen ermitteln. Als Beispiel wollen wir den Strom iC für t 0 berechnen; dazu lösen wir die Gl. (8.1) nach iC auf und erhalten mit den Gln.(8.11 und 8.12):


        (8.15)


        Der Zeitverlauf des Stromes iC ist zum Schalt-zeit- punkt unstetig; es tritt ein Sprung auf. Dies ist nur möglich, wenn induktive Grundeintore unberück- sichtigt bleiben können.

        Man bezeichnet die Grenzwerte t 0 für t < 0 mit t = 0 und für t > 0 mit t = + 0. Der Strom nimmt für t 0 folgende Werte an:

        t = 0 : iC = 0 (für UA = const.) (8.16)


        t = + 0 : (8.17)



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 8.2 Liniendiagramme der Spannung uC (t) für

        Beispiel 8.1

        In dem Netz wird der Schalter zum Zeitpunkt t = 0 geschlossen. Der Kondensator ist vor dem Schaltzeitpunkt ungeladen. Wir wollen den Zeitverlauf der Ströme iC und i ermitteln.

        UE > UA bzw. UE < UA


        In der Nachrichtentechnik werden häufig auch die Begriffe Anstiegszeit (rise time) tr und Abfallzeit (fall time) tf verwendet. Man versteht darunter die Zeitspanne, in welcher die Ausgleichspannung utrt von 90 % auf 10 % ihres Anfangswertes UA UE absinkt. Aus der Tab. 8.1 entnehmen wir:


        tr = tf = 2,2 (8.14)

        Ein Zeitverlauf der Spannung uC nach Bild 8.2 ergibt sich nur dann, wenn der Schaltvorgang mit


        Wir können die Ströme erst dann berechnen, wenn der Zeitverlauf der Zustandsgröße uC bekannt ist. Deshalb ermitteln wir zunächst die Ersatzspannungsquelle für t 0:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Damit können wir die Zeitkonstante berech- nen:

        = RE C = 10 ms

        Der stationäre Endwert der Kondensator- spannung ist UE = 10 V. Da der Kondensator zum Zeitpunkt t = 0 ungeladen ist, setzen wir UA = 0 in die Gl. (8.11) ein:


        Im Gegensatz zur Spannung ändert sich der Strom i sprunghaft, weil im Netz keine induk- tiven Eintore vorhanden sind. Der größte Wert von iC ist umso höher, je kleiner RE ist; der Widerstand RE begrenzt also den Strom iC.

        Mit dem Knotensatz erhalten wir den Strom

        i = i2 + iC nach dem Schalten:


        Vor dem Schalten ist i = 0 und iC = 0. Den Strom

        iC berechnen wir mit der Ausgleichspannung:


        Mit der Gl. (8.15) erhalten wir:


        Praxisbezug 8.1

        Ein astabiler Multivibrator ist eine selbstschwin- gende Kippschaltung, die eine rechteckförmige Spannung erzeugt.

        Die im Folgenden dargestellte einfache Multivibra- torschaltung enthält einen Kondensator C, der von dem Operationsverstärker über den Widerstand R ständig umgeladen wird. Die Widerstände R1 und R2 bilden einen Spannungsteiler und es ist u2 < uA.

        Aufgaben

        8.1(2) Der entladene Kondensator wird zum Zeit- punkt t = 0 zugeschaltet. Berechnen Sie den Zeit- verlauf der Spannung u2(t).


        Für uC < u2 ist die Eingangsspannung uE und damit auch die Ausgangsspannung uA = Umax positiv; der Operationsverstärker ist bis in die Sättigung ausgesteuert, weil seine Verstärkung sehr groß ist ( > 105). Der Kondensator wird geladen, bis uC = u2 ist. Sobald uC > u2 wird, ändert sich die Polari- tät der Eingangsspannung und die Ausgangs- spannung wird uA = – Umax. Dann wird der Kon- densator umgeladen, bis wieder uC = u2 ist; bei uA = Umax wiederholt sich der Vorgang.


        8.2(2) Der Schalter wird zum Zeitpunkt t = 0 geschlossen. Berechnen Sie den Zeitverlauf des Stromes i3 und zeichnen Sie das Liniendiagramm für – t 5 .



        Fragen

        • Was ist ein Übergangsvorgang?

          8.3(2) Der Zeitverlauf der Spannung u2(t) soll be- rechnet und für – t 5 maßstäblich darge- stellt werden.

        • Βei einem Schaltvorgang in einem Netz mit einem Grundeintor C ändern sich die Spannung uC und der Strom iC. Erläutern Sie, welche dieser Größen sich

          nicht sprunghaft ändern kann.

        • Geben Sie die Zeitkonstante für einen Schaltvorgang an einer Reihenschaltung aus R und C an und leiten Sie ihre Einheit her.

        • Εine Reihenschaltung aus R und C wird an Gleich-

          spannung geschaltet. Stellen Sie die Differenzial- gleichung auf. Wie lautet ihre Lösung?

        • Εrläutern Sie die Begriffe Ausgleichspannung und

          Anstiegszeit.

        • Wie groß ist der Höchstwert der Stromstärke beim Einschalten einer Reihenschaltung aus R und C an eine ideale Gleichspannungsquelle mit der Quellen- spannung Uq? Zu welchem Zeitpunkt tritt er auf?


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        8.4(3) Ein leer laufendes Koaxialkabel, dessen Isolation aus Polyethylen (r = 2,3; = 1015 cm) besteht, wird bei der Spannung 14,15 kV abge- schaltet. Nach welcher Zeit ist die Spannung durch Selbstentladung des Kabels auf den unge- fährlichen Wert 50 V abgesunken?

      2. Netz mit einem Grundeintor L


        Ein Grundeintor L ist ein Energiespeicher mit der Energie W = 0,5 L i 2 (für L = const.). Die Strom- stärke i ist die Zustandsgröße dieses Eintors. Eine Stromänderung bedeutet einen Übergang von ei- nem Energiezustand zu einem anderen; deshalb kann sich die Stromstärke des Grundeintors L nicht sprunghaft ändern.

        Wir wollen den Zeitverlauf der Stromstärke iL in einem linearen Netz mit einem Grundeintor L be- rechnen, dessen Struktur durch einen Schaltvor-

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        gang geändert wird.


        Im einfachsten Fall ist das Eintor L zum Zeit- punkt t = 0 stromlos und es ist iL = 0. Wir stellen fest:


        Ein stromloses Grundeintor L wirkt im Schaltzeitpunkt wie eine Unterbrechung des Leiterweges.


        Wir wollen nun den Schaltvorgang in einem Netz mit einem Grundeintor L, das zum Schaltzeitpunkt auch von einem Strom durchflossen sein kann, allgemein untersuchen. Dabei soll es unerheblich sein, ob die Änderung der Netzstruktur durch das Öffnen oder das Schließen des Schalters verur- sacht wird.


        Auch wenn andere Größen des Netzes gesucht sind, muss zunächst stets der Zeitverlauf der Zustandsgröße – hier der Strom iL – ermittelt werden.


        Für den Übergangsvorgang sind weder der Zeitverlauf der Zustandsgröße noch die Struktur des Netzes vor dem Schaltzeitpunkt von Bedeu- tung. Wir benötigen jedoch den Anfangswert der Zustandsgröße zum Schaltzeitpunkt t = 0.


        Das lineare Netz, mit dem das Grundeintor L nach dem Schaltzeitpunkt bis t (Index E: Endzustand) verbunden ist, kann durch eine li- neare Quelle ersetzt werden; dabei verwenden wir zweckmäßig die lineare Stromquelle, weil die Differenzialgleichung für den Strom iL zu lösen ist. Für t +0 entsprechen die Schaltungen 8.1 und

        8.3 einander dual.


        Bild 8.3 Allgemeine Darstellung eines linearen Netzes mit einem Grundeintor L und einem Schalter


        Zur Berechnung des Zeitverlaufes von iL wenden wir den Knotensatz an. Für t 0 gilt:


        GE uL + iL = IE (8.18)

        Mit der Gl. (1.59) erhalten wir:


        (8.19)


        Der Strom IE wird als stationärer Endwert des Stromes iL bezeichnet, weil er sich dann einstellt, wenn sich der Strom im Grundeintor L nicht mehr ändert und diL / dt = 0 ist.

        Das Produkt GE · L ist die Zeitkonstante :

        (8.20)


        (8.21)


        Die Differenzialgleichung (8.19) hat damit densel- ben Aufbau wie die Gl. (8.5):


        (8.22)


        Der Lösungsweg wurde im Abschn. 8.1.1 be- schrieben. Wir erhalten hier entsprechend Gl. (8.9) den Lösungsansatz:


        (8.23)


        Die Konstante K bestimmen wir mit dem An- fangswert IA des Stromes iL. Für t = 0 muss die Lösung der Differenzialgleichung iL = IA lauten.

        Wir setzen dieses Wertepaar in die Gl. (8.23) ein und erhalten mit K = IE IA die Lösung der Differenzialgleichung (8.19) für t 0:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (8.24)


        Dem stationären Endwert IE des Stromes ist nach dem Schalten für t 0 der Ausgleichstrom (transient current) itrt überlagert, der nach einer e-Funktion abnimmt:


        (8.25)


        Bild 8.4 Kurzschließender Schalter


        Beispiel 8.2

        Zum Zeitpunkt t = 0 wird die Spule mit der Induktivität L = 30 mH und dem Widerstand

        iL = IE + itrt

        (8.26)

        R = 5 von der Quelle getrennt; gleichzeitig wird ihr der Widerstand RP parallel geschal-

        Wenn der Zeitverlauf der Zustandsgröße bekannt

        ist, kann man damit den Zeitverlauf der übrigen Größen des Netzes ermitteln. Als Beispiel wollen wir die Spannung uL berechnen; dazu lösen wir die Knotengleichung


        GE uL + iL = IE (8.27)

        auf und erhalten mit der Gl. (8.26):

        tet. Wir wollen den Zeitverlauf der Spannung

        u berechnen.


        (8.28)


        Der Leiterweg für den Strom iL darf beim


        Wir ermitteln zunächst den Zeitverlauf der Zustandsgröße iL. Der Anfangswert ist:

        Schaltvorgang nicht unterbrochen werden, weil sonst die selbstinduktive Spannung uL = L di / dt beliebig hohe Werte annimmt. Dadurch kann z. B.

        bei einer Spule die Isolation der Wicklung durch- schlagen und beschädigt werden; elektronische Bauteile im Netz könnten so zerstört werden. Es kann aber auch ein Durchschlag zwischen den Kontakten des Schalters entstehen, der einen Lichtbogen zur Folge hat; dadurch können die Kontakte des Schalters verschweißen.


        Der Strom iL wird beim Schaltvorgang nicht unterbrochen, wenn z. B. mit einem sog. kurz- schließenden Schalter geschaltet wird, der den einen Kontakt erst dann freigibt, wenn der andere geschlossen ist (Bild 8.4). Bleibt der Schalter nur kurzzeitig in der Mittelstellung, so ist der Strom iL IA gleich dem Anfangswert für t = 0.


        Für die Ersatzstromquelle nach dem Schalt- zeitpunkt ergibt sich:


        Damit erhalten wir die Zeitkonstante:

        = GE L = 1,5 ms

        Wir setzen IA, IE und in die Gl. (8.24) ein und erhalten für t 0:


        Damit berechnen wir die Spannung u:


        Vor dem Schalten ist u = R IA = 50 V. Zum Zeitpunkt t = 0 ändert sich die Spannung u an der Spule um 200 V.

        ta ausgeschaltet. Diese Schaltfolge wird kontinu- ierlich wiederholt.



        Praxisbezug 8.2

        Statt eines Spannungsteilers wird in der Energie- technik ein sog. Gleichstromsteller verwendet, der die Gleichspannung einer gegebenen Polarität und Höhe in eine Gleichspannung gleicher Pola- rität, aber unterschiedlicher Höhe umwandelt.


        Beim Tiefsetzsteller ist die Ausgangsspannung uA kleiner als die Eingangsspannung uE. Er be- steht aus der Eingangsspannungsquelle UE, dem Leistungshalbleiter IGBT als Schalter und der Glättungsdrossel L. Die Freilaufdiode D schließt den Stromkreis für iA, wenn der IGBT sperrt.


        Bild 8.6 Liniendiagramm der Ströme und Spannungen beim Tiefsetzsteller im stationären Betrieb


        Ist der Leistungshalbleiter eingeschaltet, so ist die Ausgangsspannung uA gleich der Eingangsspan- nung UE und die Diode D sperrt. Der Ausgangs- strom iA ist dabei gleich dem Eingangsstrom iE.

        Die Induktivität L nimmt die Spannungsdifferenz zwischen uA und A auf. Gemäß Gl. (1.59) gilt:



        Bild 8.5 Gleichstromsteller als Tiefsetzsteller


        Die Spannungseinstellung erfolgt nach dem Prinzip der Puls-Weiten-Modulation PWM. Dabei wird der Leistungshalbleiter für die Ein- schaltzeit te ein- und danach für die Ausschaltzeit

        Daraus ergibt sich, dass der Strom iA während der Einschaltzeit te linear ansteigt.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wenn der Leistungshalbleiter ausgeschaltet ist, sperrt dieser und der Eingangsstrom iE ist gleich null. Da der Ausgangsstrom wegen der Indukti- vität weiterfließt, arbeitet die Diode D im Durch- lassbereich und führt den Strom iA. Dieser sinkt während der Ausschaltzeit ta bei ausreichend gro- ßer Induktivität nahezu linear ab. Der Mittelwert A UE te / (ta + te) der Gleichspannung kann durch Verändern der Schaltzeiten eingestellt werden.

        Fragen

        • Βei einem Schaltvorgang in einem Netz mit einem Grundeintor L ändern sich die Spannung uL und der Strom iL. Erläutern Sie, welche dieser Größen sich

          nicht sprunghaft ändern kann.

        • Eine Reihenschaltung aus R und L wird an eine Gleichspannung geschaltet. Stellen Sie die Differen- zialgleichung auf. Wie lautet ihre Lösung?

        • Wie kann die Zeitkonstante bei einem Schaltvorgang

          in einem Netz mit einem Grundeintor L ermittelt werden?

        • Erläutern Sie, wie ein stromloses Grundeintor L im

          Schaltzeitpunkt wirkt.

        • Welche Größe ist die Zustandsgröße des Grundein- tors L?

        • Erläutern Sie den Begriff Ausgleichstrom.

        • Durch welche algebraische Gleichung lässt sich die Spannung an einem Grundeintor L bei einem Schaltvorgang in einem linearen Netz berechnen?

        • Warum darf der Strom, der durch ein induktives

          Eintor fließt, nicht plötzlich unterbrochen werden?

        • Erläutern Sie das Prinzip des kurzschließenden Schalters.


        Aufgaben

        8.5(2) Berechnen Sie den Zeitverlauf des Stromes

        i, der nach dem Schließen des Schalters fließt.


        8.6(2) In einem Netz mit zwei Spulen, die sich mit ihren magnetischen Flüssen nicht gegenseitig durchsetzen, wird der Widerstand Rvor = 8 zum Zeitpunkt t = 0 kurzgeschlossen. Berechnen Sie den Zeitverlauf des Stromes iL. Zu welchem Zeit- punkt ist iL = 2,6 A?

      3. Laplace-Transformation


        Ist in einem linearen Netz mehr als ein Energie- speicher vorhanden, so sind die Ströme und Spannungen in diesem Netz von entsprechend vie- len Zustandsgrößen abhängig. Diese werden durch ein lineares System von Differenzialgleichungen beschrieben, das sich vorteilhaft mit der Laplace- Transformation1) lösen lässt.


        Bei einer Transformation wird ein Term oder eine Gleichung aus dem Originalraum in den Bildraum übertragen; diesen Vorgang bezeich- net man als Hintransformation. Im Bildraum lässt sich das Problem nach einfacheren Regeln als im Originalraum behandeln. Schließlich wird die Lösung des Problems aus dem Bildraum in den Originalraum übertragen; diesen Vorgang bezeichnet man als Rücktransformation.


        Ein Beispiel für eine Transformation ist die im Kap. 3 beschriebene symbolische Methode, mit der eine Sinusspannung u(t) in die komplexe Ebene übertragen wird, die den Bildraum darstellt; dort können problemlos Rechenoperationen auf die komplexen Zeiger angewendet werden. Auf eine Rücktransformation wird im Allgemeinen ver- zichtet, weil man die Kenngrößen des Ergebnisses auch im Bildraum erhält.


        Wird eine Differenzialgleichung mit der Laplace- Transformation in den Bildraum transformiert, so entsteht eine algebraische Gleichung. Wird ihre Lösung in den Originalraum zurücktrans- formiert, so erhält man die Lösung der Differen- zialgleichung.



        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 8.7 Prinzip der Lösung einer Differenzialglei- chung mithilfe der Laplace-Transformation

        1) Pierre Simon Marquis de Laplace, 1749 1827


        Die Hintransformation wird durch folgende Gleichung beschrieben:


        (8.29)


        Aus der Variablen t im Originalraum wird im Bildraum die komplexe Variable s ; es ist aber nicht üblich, die Variable s zu unterstreichen. Die Variablen des Bildraumes werden mit Großbuch- staben geschrieben und erhalten den Zusatz (s).

        Die Einheit der Variablen s ergibt sich aus der Gl. (8.29), weil das Argument der e-Funktion di- mensionslos sein muss:


        (8.30)


        Durch die Integration über die Zeit kommt zur Dimension der Originalfunktion f(t) im Bildraum die Dimension der Zeit hinzu. Die Laplace-Trans- formierte einer Spannung

        • Besteht die zu transformierende Funktion aus ei- ner Summe, so werden die Summanden einzeln transformiert.

        • Enthält die zu transformierende Funktion ei- nen konstanten Faktor, so bleibt dieser bei der Transformation erhalten.

        Weitere Regeln und die Transformation einiger Funktionen sind in der Tabelle im Anhang A6 zu- sammengestellt. Hinweise auf diese Tabelle geben wir im Folgenden mit dem Großbuchstaben T und einer Zahl; so ist z. B. mit T8 die Nr. 8 im Anhang A6 gemeint.

        Vor einer Rücktransformation formt man zweck- mäßig die Funktion F(s) so um, dass die höchste Potenz von s im Nenner den Koeffizienten 1 erhält.


        Beispiel 8.4

        Wir wollen die Gl. (8.5) mit der Laplace- Transformation lösen.

        Die Hintransformation mit T8 und T10 ergibt:


        (8.31)


        hat demnach die Einheit Vs. Entsprechend hat die Laplace-Transformierte I(s) eines Stromes i(t) die Einheit As.


        Beispiel 8.3

        Wir wollen die Spannung einer idealen Span- nungsquelle in den Bildraum transformieren. Für die Zeitfunktion im Originalraum setzen wir an:


        Dabei ist UC(s) die in den Bildraum transfor- mierte Spannung uC(t). In T8 ist f(+0) der Anfangswert UA der Kondensatorspannung. Wir lösen nach UC(s) auf:


        Zur Rücktransformation suchen wir in der Tabelle im Anhang A6 Funktionen des Bild-

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        f(t) = Uq = const.

        Dies setzen wir in die Gl. (8.29) ein und be- rechnen:

        raumes, die im Zähler und im Nenner den gleichen Aufbau wie die zu transformieren- den Funktionen haben.

        Für die Rücktransformation des 1. Terms eignet sich T14 und für die des 2. Terms T13. Dabei ergibt ein Koeffizientenvergleich:


        Das Integral in der Gl. (8.29) braucht bei den üb- lichen technischen Anwendungen nicht gelöst zu werden, denn die Hin- und Rücktransformation lassen sich mithilfe einer Tabelle durchführen. Dabei gilt:

        Die Rücktransformation ergibt einen Aus- druck, der sich in die Form der Gl. (8.11) um- wandeln lässt. Mit den tabellierten Funktionen kann eine Differenzialgleichung problemlos gelöst werden.

        Wie bei den bisher behandelten Schaltvorgängen ist auch bei der Berechnung eines Schaltvorganges mit der Laplace-Transformation die Struktur des Netzes vor dem Schaltzeitpunkt nicht von Bedeu- tung. Entsprechendes gilt auch für die Funktion f(t) im Originalraum: Ihr Zeitverlauf ist für t < 0 ohne Bedeutung.


        Vor allem bei der Rücktransformation ist zu be- achten:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Die Funktion f(t) im Originalraum ist lediglich für t 0 definiert.


        Mit der Angabe t = 0 ist im Folgenden stets der Zeitpunkt t = + 0 gemeint, also der Grenzwert t 0 für t > 0.


        Während bei dem in den Abschnitten 8.1.1 und 8.1.2 beschriebenen Verfahren stets die Differenzialgleichung für die Zustandsgröße ge- löst werden muss, kann bei der Laplace-Transfor- mation auch eine andere Größe bearbeitet werden. Außerdem wird die Anfangsbedingung gleich bei der Transformation berücksichtigt und braucht nicht nachträglich in einen Lösungsansatz einge- arbeitet zu werden.


        In vielen Fällen kann man sich die Hintransfor- mation ersparen, weil die Gleichungen für den Bildraum direkt anhand des Netzes aufgestellt werden können, das nach dem Schaltzeitpunkt vorliegt. Dies ist besonders einfach, wenn die Energiespeicher C und L im Schaltzeitpunkt leer sind. Die mit T2 bzw. T8 transformierten Eintorgleichungen sind in der Tab. 8.2 zusammen- gestellt; sie sind entsprechend aufgebaut wie die Eintorgleichungen der komplexen Wechsel-strom- technik, wobei hier die komplexe Variable s an Stelle der Variablen j steht.


        In der Tab. 8.2 sind auch die idealen Quellen mit zeitlich konstanter Quellengröße enthalten. Die Transformation einer idealen Spannungsquelle haben wir bereits im Beispiel 8.3 beschrieben. Entsprechend lässt sich die Eintorgleichung einer idealen Stromquelle in den Bildraum transformie- ren.

        Tabelle 8.2 Transformierte Eintorgleichungen für R, L, C = const. (die Energiespeicher sind im Schaltzeit- punkt ungeladen)





















        Nun wollen wir untersuchen, wie wir die Glei- chung eines geladenen Energiespeichers für den Bildraum erhalten können, und transformieren zunächst mit T8 die Gl. (1.5) eines Grundeintors C, das bei t = 0 an der Spannung uC = UA liegt, in den Bildraum:


        (8.32)


        Damit berechnen wir:


        (8.33)


        Der erste Term ist die Spannung des zum Schalt- zeitpunkt ungeladenen Grundeintors C.

        Der zweite Term beschreibt eine ideale Span- nungsquelle mit der zeitlich konstanten Quellen- spannung UA.

        Wir können uns also ein zum Schaltzeitpunkt stromdurchflossenes Grundeintor L im Bildraum ersetzt denken durch ein zum Schaltzeitpunkt stromloses Grundeintor L, zu dem eine ideale Gleichstromquelle parallel geschaltet ist (Bild

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        8.9). An dieser Ersatzschaltung lässt sich die Gl. (8.35) mit den Eintorgleichungen aus der Tab. 8.2 direkt für den Bildraum aufstellen.


        Bild 8.8 Zum Schaltzeitpunkt geladenes Grundeintor C im Originalraum (a) und seine Ersatzschaltung für den Bildraum (b)


        Wir können uns also ein zum Schaltzeitpunkt geladenes Grundeintor C im Bildraum ersetzt denken durch ein zum Schaltzeitpunkt unge- ladenes Grundeintor C, zu dem eine ideale Gleichspannungsquelle in Reihe geschaltet ist (Bild 8.8). An dieser Ersatzschaltung lässt sich die Gl. (8.33) mit den Eintorgleichungen aus der Tab.

        8.2 direkt für den Bildraum aufstellen. Entsprechend lässt sich für ein zum Schaltzeit- punkt stromdurchflossenes Grundeintor L eine Ersatzschaltung angeben. Wir transformieren die Gl. (1.59) für ein induktives Eintor, dessen Strom zum Schaltzeitpunkt den Anfangswert IA hat, mit T8 in den Bildraum:

        (8.34)

        Die Transformation der Maschen- bzw. der Kno- tengleichung mit T1 führt auf entsprechende Glei- chungen für die Laplace-Transformierten:


        (8.36)


        (8.37)


        Die Gleichungen eines linearen Netzes erge- ben also im Bildraum ein System algebraischer Gleichungen, das analog zu den Methoden der komplexen Wechselstromrechnung direkt für den Bildraum aufgestellt werden kann.


        Beispiel 8.5

        In dem Netz wird der Schalter zum Zeitpunkt t = 0 geöffnet. Wir wollen den Zeitverlauf der Spannung u berechnen.


        Damit berechnen wir:


        (8.35)


        Der erste Term ist die Stromstärke des zum Schalt- zeitpunkt stromlosen Grundeintors L. Der zweite Term beschreibt eine ideale Stromquelle mit dem zeitlich konstanten Quellenstrom IA.


        In dem Netz, das vor dem Schaltzeitpunkt vorliegt, fließt ein zeitlich konstanter Strom:


        Bild 8.9 Zum Schaltzeitpunkt stromdurchflossenes Grundeintor L im Originalraum (a) und seine Ersatz- schaltung für den Bildraum (b)

        In dem Netz, das nach dem Schaltzeitpunkt vorliegt, ersetzen wir das Grundeintor L durch seine Ersatzschaltung (Bild 8.9).


        Aus den Maschengleichungen

      4. Schwingkreis

        Ein elekrischer Schwingkreis enthält zwei Ener- giespeicher unterschiedlicher Art, also ein induk- tives und ein kapazitives Grundeintor.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Wir untersuchen den Schaltvorgang am Beispiel des Reihenschwingkreises (Bild 8.10). Im Wider- stand R können z. B. der Wicklungswiderstand ei- ner Spule und der Innenwiderstand einer linearen Quelle zusammengefasst sein.


        eliminieren wir  IL(s) und erhalten mit der Summe R = Rvor + RL der Widerstände:


        Ein Koeffizientenvergleich mit T13 bzw. T14 ergibt:


        Durch Rücktransformation erhalten wir:


        Bild 8.10 Einschalten eines Reihenschwingkreises


        Obwohl wir eine Gleichspannungsquelle an den Schwingkreis schalten, können der Strom und die Spannungen an R, L und C Schwingungen ausführen. Da die Frequenz dieser Schwingungen nicht von der Quelle bestimmt wird, spricht man von freien Schwingungen (free oscillation) oder Eigenschwingungen (self-oscillation).


        Für t < 0 ist u = RL IA = 50 V; für t > 0 ist:



        Bild 8.11 Gedämpfte Schwingungen beim Einschalten des Reihenschwingkreises

        Mit einem schreibenden Messgerät zeichnen wir die Liniendiagramme von uC , uL und i auf. Wenn der Widerstand nicht zu hochohmig ist, schwin- gen uC , uL und i mit abnehmender Amplitude um ihren Endwert (Bild 8.11). Man bezeichnet eine solche Schwingung als gedämpfte Schwingung (damped oscillation).


        Wie können wir uns das Zustandekommen die- ser Schwingungen erklären? Im Schaltzeitpunkt wirken das induktive Eintor als Unterbrechung und das kapazitive als Kurzschluss; die Spannung Uq liegt daher bei t = 0 am induktiven Eintor. Die Spannung uL > 0 bedingt wegen Gl. (1.59) einen Anstieg des Stromes i, der das Eintor C auflädt; dadurch steigt uC an.

        Zum Zeitpunkt t1 ist das kapazitive Eintor auf Uq aufgeladen. Dabei fließt ein Strom i 0; da er sich nicht sprunghaft ändern kann, fließt er in der Zeitspanne t1 ... t2 weiter und lädt das Eintor C auf Spannungswerte uC > Uq auf. Der Strom nimmt dabei ab, wobei die Spannung uL negativ ist.

        Zum Zeitpunkt t2 ist i 0; die Spannung am kapa- zitiven Eintor hat dabei ihren Höchstwert uC > Uq erreicht. Die negative Spannung uL < 0 des induk- tiven Eintors bedingt eine weitere Abnahme des Stromes, wodurch C entladen wird.


        Die Schwingungen werden also durch das unter- schiedliche Verhalten der Energiespeicher verur- sacht. Wenn die Spannung uC ihrem Endwert Uq gleich ist (z. B. zum Zeitpunkt t3), dann fließt ein Strom i 0. Infolge der magnetischen Energie im induktiven Eintor fließt dieser Strom weiter; je nach seinem Vorzeichen wird dadurch das kapa- zitive Eintor ge- oder entladen.


        Die Energie pendelt nicht nur zwischen den

        Zunächst setzen wir in die Maschengleichung


        (8.38)

        die Gleichungen der Eintore L und C ein und lösen nach der Spannung UC(s) auf:


        (8.39)


        Die Übertragungsfunktion T(s) = UC(s) / Uq(s) hat zwei Pole, deren Werte den Nullstellen des Nennerpolynoms entsprechen.

        Wir betrachten den Sonderfall, dass Uq eine Gleichspannung ist, und setzen die Gleichung der Quelle aus der Tab. (8.2) in die Gl. (8.39) ein:


        (8.40)


        Für die Rücktransformation eignet sich T48. Durch einen Koeffizientenvergleich erhalten wir:


        (8.41)


        (8.42)


        Der Koeffizient a wird als Abklingkonstante

        (griech. Buchstabe delta) bezeichnet:


        (8.43)


        Der Koeffizient b ist die Resonanz-Kreisfrequenz des Schwingkreises:

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Eintoren L und C, auch die Quelle ist beteiligt.   Im Widerstand R wird die hin- und herpendelnde

        (8.44)

        Energie zum Teil in Wärme umgewandelt und dem Stromkreis entzogen; dadurch werden die Amplituden der Schwingungen allmählich klei- ner.

        Wir wollen nun den Zeitverlauf der Spannung uC

        mithilfe der Laplace-Transformation berechnen.

        Dabei nehmen wir an, dass L und C zum Schalt- zeitpunkt keine Energie enthalten.

        Das Verhalten des Netzes wird durch die Pole der Übertragungsfunktion bestimmt, d. h. durch die Lösungen der Gleichung:

        s2 + 2 a s + b2 = 0 (8.45)

        Wir unterscheiden dabei die drei Fälle a < b, a = b

        und a > b.


























        1. Periodischer Fall (a < b)

          Die Pole sind konjugiert komplex. Die Bedingung

          a < b bedeutet:


          (8.46)


          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          Der Widerstand R ist also kleiner als der Grenz- widerstand RGrenz:


          (8.47)


          Der Quotient aus R und RGrenz wird als Dämp- fungsgrad (griech. Buchstabe theta) bezeich- net:


          (8.48)


          Für a < b ist < 1. Die Rücktransformation der Gl. (8.40) in den Originalraum mit T48 ergibt:


          Bild 8.12 Eigenfrequenz des Reihenschwingkreises als Funktion des Dämpfungsgrades


        2. Aperiodischer Fall (a > b)

          Die Pole haben unterschiedliche reelle Werte. Für a > b ist R > RGrenz und > 1. Die Bezeichnung aperiodisch bedeutet, dass keine periodische Schwingung entsteht.

          Die Rücktransformation führen wir mit T48 für


          (8.49)

          (8.51)



          Die Spannung uC(t) schwingt periodisch um den stationären Endwert Uq, wobei die Amplitude der Schwingungen exponentiell abnimmt; es liegt also eine gedämpfte Schwingung vor. Je niedriger der

          durch und erhalten die Spannung uC(t):


          (8.52)

          Widerstand R des Schwingkreises ist, desto höher schwingt uC über Uq hinaus, wobei aber uC Uq bleibt.

          Die Kreisfrequenz d wird als Eigen-Kreisfre- quenz des Schwingkreises bezeichnet:


          (8.50)


          Die Eigenfrequenz (natural frequency) fd des Schwingkreises ist im Allgemeinen kleiner als die Resonanzfrequenz fr und nimmt mit wachsendem Widerstand R ab (Bild 8.12); für R = RGrenz ist der aperiodische Grenzfall erreicht.


          Im Sonderfall R = 0 und damit = 0 sind die Schwingungen mit der Frequenz f = fd = fr unge- dämpft, wobei ihre Amplituden konstant sind und nicht abnehmen.

          Die Kondensatorspannung nähert sich dem stati- onären Endwert Uq umso schneller, je kleiner der Widerstand R ist.


        3. Aperiodischer Grenzfall (a = b)

          Die Pole haben denselben reellen Wert. Für a = b

          ist R = RGrenz und = 1. Hierfür erhalten wir:

          (8.53)


          Die Spannung uC(t) nähert sich dem stationären Endwert Uq schneller als bei jedem aperiodischen Verlauf, schwingt aber nicht über.


          Beispiel 8.6

          Wir wollen einen Reihenschwingkreis un- tersuchen, der eine Luftspule (RL; L), einen Kondensator C = 3,3 F und einen einstellba- ren Widerstand Rvor enthält.

          Praxisbezug 8.3

          In der Leistungselektronik macht man häufig von der Schwingkreisaufladung eines Kondensators Gebrauch. Dabei bildet ein Kondensator mit einer Spule (RSp; LSp) einen Reihenschwingkreis, der

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          z. B. von einem IGBT eingeschaltet wird.


          Der Schwingkreis wird bei entladenem Kon- densator an eine Konstantspannungsquelle ge- schaltet. Im Reihenschwingkreis ist der Wi- derstand R = Rvor + RL wirksam.

          Mit der Gl. (8.47) berechnen wir den Grenz-

          widerstand RGrenz = 603 . Wir tragen die auf Uq bezogene Kondensatorspannung uC für folgende Fälle über der Zeit auf:

          1. Aperiodischer Fall

            1. R = 1,8 k 3 RGrenz

            2. R = 6 k 10 RGrenz

          2. Aperiodischer Grenzfall

            Wir stellen Rvor auf den Wert 453 ein, so- dass R = RGrenz = 603 beträgt.

          3. Periodischer Fall

            1. Für Rvor = 0 ist R = 150 . Die Eigen- frequenz beträgt fd = 155 Hz.

            2. Wir tauschen den Kondensator aus:

        C = 0,13 F. Mit R = 150 ist hierbei die Eigenfrequenz fd = 796 Hz.


        Beim Nulldurchgang des Stromes i wird der IGBT abgeschaltet. Die Kondensatorspannung hat zu diesem Zeitpunkt (t2 im Bild 8.11) ihr Maximum erreicht, welches etwa das 1,5- . . . 1,8-fache der Spannung Uq beträgt.

        Fragen

        • Was ist eine gedämpfte Schwingung?

        • Erläutern Sie die Begriffe Abklingkonstante, Dämp- fungsgrad und Eigenfrequenz.

        • Skizzieren Sie den Zeitverlauf der Kondensatorspan-

          nung eines Reihenschwingkreises für den periodi- schen und den aperiodischen Fall.

        • Welche Bedeutung kommt dem Widerstand RGrenz

        bei einem Schwingkreis zu?






































































































        Aufgaben

        8.7(2) Eine Spule, zu der ein Kondensator parallel geschaltet ist, wird zum Zeitpunkt t = 0 an eine li- neare Spannungsquelle geschaltet. Berechnen Sie den Zeitverlauf der Spannung uC.

        Der Schalter wird zum Zeitpunkt t = 0 geschlos- sen; dabei liegt am Kondensator C1 die Spannung UA1 und der Kondensator C2 ist entladen.

        Zur Berechnung der Spannung u2(t) verwenden

        wir im Bildraum für den Kondensator C1 die Ersatzschaltung 8.8 und setzen die Eintorglei- chungen


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (8.54)



        8.8(2) Eine an Gleichspannung betriebene Spule (RL; L) wird zum Zeitpunkt t = 0 abgeschaltet; da- bei sollen der Widerstand RC und der Kondensator eine zu hohe Spannung verhindern. Wie ist RC zu wählen, damit der Strom iL ohne Überschwingen möglichst schnell abnimmt?


        in die Knotengleichung


        und die Maschengleichung


        ein und erhalten:

        (8.55)


        (8.56)


        (8.57)


        (8.58)


        (8.59)


      5. Netz mit zwei gleichartigen Energiespeichern


        Eine Eigenschwingung kann nur dann entstehen, wenn im Netz eine Energiespeicherung in zwei un- terschiedlichen Formen möglich ist. In einem Netz mit zwei gleichartigen Energiespeichern können keine Eigenschwingungen entstehen. Wir wollen dies am Beispiel der Schaltung untersuchen, bei der zwei Kondensatoren umgeladen werden.


        Bild 8.14 Umladung von zwei Kondensatoren, Ersatz- schaltung für den Bildraum (t 0)


        Nun eliminieren wir aus dem Gleichungssystem (8.59) die Spannung U1(s) und formen die Glei- chung für U2(s) so um, dass die höchste Potenz von s den Koeffizienten 1 hat:



        Bild 8.13 Schaltung mit zwei Kondensatoren

        (8.60)

        Vor der Rücktransformation mit T46 nehmen wir einen Koeffizientenvergleich vor:


        (8.61)


        (8.62)


        Zur Untersuchung, welcher der drei Fälle a2 > b2, a2 = b2 oder a2 < b2 vorliegt, bilden wir den Aus- druck:


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        (8.63)


        Mit den Gln. (8.61 und 8.62) erhalten wir:


        (8.64)

        Der Radikand lässt sich folgendermaßen umfor- men:


        Der Radikand ist stets positiv und es ist a2 > b2. Die Spannung u2(t) kann keine Schwingungen ausführen. Mit


        (8.65)


        erhalten wir für den Originalraum:


        (8.66)


        Beispiel 8.7

        Wir wollen den Zeitverlauf der bezogenen Spannung u2(t) / UA1 für einen Schaltvorgang nach Bild 8.13 berechnen und auftragen.

        C1 = 10 nF; C2 = 1,2 nF; R2 = 375 ; R3 = 6,1 k

        Mit den Gln. (8.64 und 8.65) berechnen wir:

        W = 1,238 · 106 s–1


        Die normierte Spannung ist:

        Bild 8.15 Liniendiagramm der bezogenen Span- nung


        Praxisbezug 8.4

        Ein Blitzeinschlag in eine Freileitung stellt für den angeschlossenen Transformator in zwei- facher Hinsicht eine besondere Belastung dar. Zum einen beträgt die maximale Spannungshöhe etwa das 1,5- . . . 2,3-fache des Scheitelwertes der Nennspannung; durch Überspannungsableiter wird verhindert, dass die Spannung noch höhere Werte erreicht.

        Zum anderen wird die Spannungsaufteilung im Transformator bei einer sehr schnell ansteigenden Spannung wesentlich durch die Kapazitäten der Windungen gegeneinander und gegen Erde mit- bestimmt. Bei ungleichmäßiger Aufteilung die- ser Kapazitäten kann die Isolation der Wicklung durch einen Blitzeinschlag beschädigt werden.

        Transformatoren werden deshalb einer Blitzstoß- spannungsprüfung unterzogen. Dabei wird zwei- mal eine Stoßspannung mit dem im Bild 8.15 ge- zeigten Zeitverlauf auf jeden Leiter gegeben. Der Scheitelwert der Stoßspannung richtet sich nach der Nennspannung des Transformators und die Polarität ist negativ.

        Die Schaltung 8.16 zur Erzeugung der Stoßspan- nung wird als Stoßgenerator bezeichnet; sie enthält als Schalter eine Kugelfunkenstrecke K, die bei ausreichender Spannung an C1 durchzün- det. Der hochohmige Widerstand Rvor begrenzt die Stoßfolge und verhindert, dass der speisende Transformator T überlastet wird.

    2. Netz an Sinusspannung

      Ziele: Sie können

      • die Ströme und die Spannungen in einem Netz an Sinusspannung, das ein kapazitives oder induktives Eintor enthält, nach einem Schaltvorgang berech- nen.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      • Ströme und Spannungen in einem Schwingkreis nach einem Schaltvorgang an Sinusspannung berechnen.



      Bild 8.16 Stoßgenerator


      Der Zeitverlauf der Stoßspannung wird mit einem Speicheroszillograf oder einem Transientenrekor- der aufgenommen. Bei einer deutlich erkennbaren Abweichung der aufgenommenen Spannung vom Liniendiagramm nach Bild 8.15 liegt ein Fehler

      Auch in einem Netz mit periodisch schwingen- den Quellen läuft ein Übergangsvorgang ab, wenn durch einen Schaltvorgang die Struktur des Netzes geändert wird. Wir untersuchen im Folgenden Schaltvorgänge, bei denen im Netz nach dem Schaltzeitpunkt eine Sinusquelle wirkt.


          1. Netz mit einem Grundeintor C


            Wir ermitteln zunächst die Ersatzquelle des

            im Prüfling P vor.


            Aufgaben

            8.9(2) Der Schalter wird bei t = 0 betätigt. Be- rechnen Sie die bezogene Spannung u2(t) / Uq.

            Netzes, mit dem das Grundeintor C nach dem Schaltzeitpunkt (Index E: Endzustand) verbun- den ist. Analog zum Schaltvorgang an Gleich- spannung verwenden wir hierbei die lineare Spannungsquelle.


            8.10(2) Zu welchem Zeitpunkt t1 hat bei der Umladung von zwei Kondensatoren nach Schal- tung 8.13 der Strom i2 den Wert i2 = 0?

            C1 = 10 nF; C2 = 1,2 nF; R2 = 375 ; R3 = 6,1 k

            8.11(3) Berechnen Sie den Zeitpunkt, zu dem die Spannung u2 den Wert 5,9 V erreicht hat.

            Bild 8.17 Schaltvorgang an Sinusspannung in einem Netz mit einem Grundeintor C zum Zeitpunkt t = 0


            Für die Berechnung des Übergangsvorgangs be- nötigen wir außerdem den Anfangswert UA der Spannung uC , welcher zum Zeitpunkt t = 0 vor- liegt.

            Für den Übergangsvorgang sind weder der Zeit- verlauf der Spannung uC noch die Struktur des Netzes vor dem Schaltzeitpunkt von Bedeutung.

            Im Schaltzeitpunkt hat die Quellenspannung der Ersatzquelle den Nullphasenwinkel uE:

            uE = ûE · cos(E t + uE) (8.67)

            So bedeutet z. B. die Angabe uE = 0, dass der Schalter im Maximum der Spannung uE ge- schlossen wird; uE = – / 2 bedeutet Schalten im Nulldurchgang der Spannung uE bei positivem Anstieg.


            (8.73)


            (8.74)


            Die Rücktransformation ergibt:



            Bild 8.18 Schaltvorgang an Sinusspannung in einem Netz mit einem Grundeintor C: Ersatzschaltung für den Bildraum


            Wir wollen im Folgenden den Zeitverlauf der Spannung uC (t) berechnen. Hierzu stellen wir anhand der Ersatzschaltung 8.18 die Maschen- gleichung auf:

            (8.68)


            Die Hintransformation der Spannung uE (t) neh- men wir mit T38 vor:

            (8.75)


            Der erste Term in dieser Gleichung ist der peri- odische Endwert uC, der sich für t einstellt; man sagt, dass dabei der eingeschwungene Zu- stand vorliegt.


            Zur Überprüfung der Gl. (8.75) wollen wir die Spannung uC im eingeschwungenen Zustand mit- hilfe der komplexen Rechnung ermitteln; dazu wenden wir die Spannungsteilerregel an:


            (8.76)


            (8.69)


            Wir setzen dies und die Gl. (8.32) in die Maschen- gleichung ein:


            Wir erweitern den Bruch mit j E C und erhalten mit Gl. (8.71):


            (8.77)



            Mit der Abkürzung


            (8.70)


            (8.71)

            Der Scheitelwert von uC ist:


            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            (8.78)


            lösen wir die Gl. (8.70) nach UC (s) auf:


            (8.72)



            Die Rücktransformation nehmen wir mit T13 und T45 vor; dabei ist:


            Bild 8.19 Zeigerdiagramm für den eingeschwungenen Zustand bei einem Schaltvorgang nach Bild 8.17

            Den Winkel können wir dem Zeigerdiagramm

            8.18 entnehmen:


            (8.79)


            Mit IC = E C UC und Gl. (8.71) erhalten wir:

            (8.80)

            Wir wollen den Zeitverlauf der Kondensator- spannung für UA = 0 im günstigsten und im ungünstigsten Schaltzeitpunkt ermitteln.

            ûE = 141,4 V; E = 2 f = 314 s1

            = RE C = 72,6 ms

            =arctan E = 87,5°


            Mit dem Nullphasenwinkel

            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            (8.81)


            sowie ûC nach Gl.(8.78) und utrt nach Gl.(8.83)

            formen wir die Gl. (8.75) um:

            (8.82)


            Dem periodischen Endwert ist die exponentiell abklingende Ausgleichspannung


            (8.83)


            überlagert, deren Maximalwert nicht nur vom Anfangswert UA, sondern auch vom Nullphasen- winkel uE der Spannung uE abhängt.

            Der Schaltzeitpunkt, zu dem utrt ein Minimum auf- weist, wird als günstigster Schaltzeitpunkt bezeich- net. Dementsprechend ist die Ausgleichspannung utrt im ungünstigsten Schaltzeitpunkt maximal.


            Beispiel 8.8

            Eine Reihenschaltung aus C = 2,2 F und RE = 33 k wird an eine Sinusquelle geschal- tet: UE = 100 V; f = 50 Hz.

            1. Im günstigsten Schaltzeitpunkt ist die Ausgleichspannung utrt = 0; dabei liegt der eingeschwungene Zustand sofort vor. Mit cos uC = 0 erhalten wir z. B.:

              uC = 90° ; uE = uC + = 2,5°

              Der Schalter wird geschlossen, wenn die Spannung uE ihr Maximum praktisch er- reicht hat. Aus Gl. (8.82) ergibt sich:


            2. Im ungünstigsten Schaltzeitpunkt hat die Ausgleichspannung ein Maximum. Mit cos uC = 1 erhalten wir z. B.:

              uC = 180° ; uE = uC + = 92,5°

              Der Schalter wird kurz vor dem Null- durchgang bei ansteigender Spannung uE geschlossen. Im ersten Maximum nach dem Schaltzeitpunkt ist die Spannung uC fast doppelt so hoch wie der Scheitelwert im eingeschwungenen Zustand.

              Fragen

              • Zeichnen Sie für einen Schaltvorgang an Sinusspan- nung in einem Netz mit einem geladenen Grundeintor C die Ersatzschaltung für den Bildraum.

              • Aus welchen Anteilen setzt sich der Zeitverlauf der

                Spannung uC bei einem Schaltvorgang an Sinusspan- nung in einem Netz mit einem Grundeintor C zusam- men?

              • Erläutern Sie den Begriff eingeschwungener Zustand.

                Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

              • Skizzieren Sie den Zeitverlauf der Kondensatorspan- nung beim Einschalten eines ungeladenen Konden- sators an Sinusspannung für den günstigsten und den ungünstigsten Schaltzeitpunkt.


              Aufgabe 8.12(2) Der Schalter wird im Maximum der Spannung uC geschlossen. Berechnen Sie den Zeitverlauf der Spannung u2.

              Im Schaltzeitpunkt hat der Quellenstrom der Er- satzquelle den Nullphasenwinkel iE:

              iE = îi E · cos(E t + iE) (8.84) Die Hintransformation mit T38 ergibt:

              (8.85)


              Wir wollen den Zeitverlauf des Stromes iL nach dem Schaltzeitpunkt berechnen. Dazu stellen wir die Knotengleichungen für den Bildraum auf:


              (8.86)


              (8.87)



              Dieses Gleichungssystem lösen wir nach IL(s) auf. Mit


              (8.88)



          2. Netz mit einem Grundeintor L


            Wir ermitteln zunächst die Ersatzquelle des


            und Gl. (8.85) erhalten wir:


            (8.89)

            Netzes, mit dem das Grundeintor L nach dem Schaltzeitpunkt (Index E: Endzustand) verbunden ist. Analog zum Schaltvorgang an Gleichstrom verwenden wir hierbei die lineare Stromquelle.


            Der Anfangswert IA des Stromes iL zum Schalt- zeitpunkt t = 0 wird in der Schaltung 8.20 durch eine Gleichstromquelle berücksichtigt.

            Diese Gleichung hat denselben Aufbau wie die Gl. (8.72). Der Lösungsweg ist im Abschn. 8.2.1 beschrieben. Wir erhalten hier entsprechend mit dem Scheitelwert


            (8.90)


            des Stromes und seinem Nullphasenwinkel



            den Zeitverlauf von iL für t 0:

            (8.91)


            (8.92)



            Bild 8.20 Schaltvorgang an Sinusstrom in einem Netz mit einem Grundeintor L: Ersatzschaltung für den Bildraum

            Dem periodischen Endwert ist der exponentiell abklingende Ausgleichstrom itrt überlagert, des- sen Maximalwert vom Schaltzeitpunkt und vom Anfangswert IA abhängt:


            Für iL


            / îi L


            (8.93)


            ergibt sich das gleiche Liniendiagramm

            Aufgabe 8.14(2) Beim Maximum der Spannung uq wird der Schalter geschlossen. Berechnen Sie den Zeitverlauf des Stromes iL.

            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            wie für uC / ûC (s. Beispiel 8.8).

            Praxisbezug 8.5

            Ähnlich wie beim Grundeintor L kann auch beim Einschalten eines leer laufenden Transformators ein hoher Strom fließen. Wegen des magnetischen Kreises aus Eisen liegt ein nichtlineares Problem vor, das der Berechnung nicht direkt zugänglich ist. Besonders bei kaltgewalzten Blechen ergibt sich je nach der Form der Hystereseschleife und nach dem magnetischen Zustand des Kreises im Schaltzeitpunkt ein Strom, dessen höchster Scheitelwert beim ungünstigsten Schaltzeitpunkt mehr als das Zehnfache des Nennstromscheitel- wertes betragen kann. Der Vorgang wird als Rush- effekt, der Einschaltstrom auch als Rushstrom bezeichnet; er stellt eine starke Belastung für das Netz dar und ist die Ursache großer Kräfte auf die Leiter der Wicklungen.

            Der Rushstrom kann bei kleineren Transformato- ren durch ein Vorschaltgerät herabgesetzt wer- den, das auf den Nennstrom des Transformators abgestimmt sein muss. Es besteht aus einem Vorwiderstand für jeden netzseitigen Strang der Transformatorwicklung und einem Relais, das diese Vorwiderstände nach dem Einschalten ver- zögert kurzschließt.

            Fragen

              • Zeichnen Sie für einen Schaltvorgang an Sinusspan- nung in einem Netz mit einem Grundeintor L die Ersatzschaltung für den Bildraum.

              • Aus welchen Anteilen setzt sich der Zeitverlauf des

            Stromes iL bei einem Schaltvorgang an Sinusspan- nung in einem Netz mit einem Grundeintor L zusam- men?

            Aufgabe 8.13(2) Eine stromlose Spule wird bei t = 0 an eine ideale Sinusspannungsquelle geschal- tet. Berechnen Sie den maximalen Strom für den günstigsten und den ungünstigsten Schaltzeitpunkt.


          3. Schwingkreis


      Wenn nach dem Schaltzeitpunkt eine Sinusquelle im Schwingkreis wirksam ist, wird der netz- frequenten Schwingung von iL bzw. uC eine Schwingung mit der Eigenfrequenz des Schwing- kreises überlagert.

      Wir betrachten als Beispiel einen Reihen- schwingkreis, dessen Energiespeicher L und C im Schaltzeitpunkt stromlos bzw. ungeladen sind; er wird zum Zeitpunkt t = 0 an eine ideale Sinus- spannungsquelle geschaltet (Bild 8.21):


      uq = ûq · cos( t + uq) (8.94)

      Diese Spannung transformieren wir mit T38 in den Bildraum. In die Maschengleichung

      (8.95)


      setzen wir die transformierte Eintorgleichung I(s) = s C UC(s) ein; anschließend lösen wir nach UC(s) auf:


      (8.96)


      Ein Koeffizientenvergleich mit T49 ergibt:



      Bild 8.21 Einschalten eines Reihenschwingkreises an Sinusspannung


      (8.97)


      (8.98)


      Bei der Rücktransformation müssen wir die drei Fälle a2 > b2 (aperiodischer Fall), a2 = b2 (aperi- odischer Grenzfall) und a2 < b2 (periodischer Fall) unterscheiden.


      Beispiel 8.9

      Ein Transformator T speist über eine Kabel- strecke K einen idealen Kurzschluss (uAB = 0), der von einem Leistungsschalter LS im Null- durchgang des Kurzschlussstromes ik abge- schaltet wird.

      Nach dem Schalten ist uS = uC; die Gl. (8.96) beschreibt diese Spannung im Bildraum.

      Der Anfangswert der Spannung uC ist UA = 0, da das Eintor C vor dem Öffnen des Schalters ideal kurzgeschlossen ist. Für die Zeit t = 0 ist iL = ik = 0 und damit IA = 0.

      Aus iL = îi L · cos ( t + i ) ergibt sich z. B. der Nullphasenwinkel i = 90°. Mit dem Pha- senverschiebungswinkel = arctan ( L / R)

      = uq i berechnen wir den Nullphasen- winkel der Quellenspannung:

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      uq = arctan ( L / R) 90° = 32,5° Die Gln. (8.97 und 8.98) ergeben:

      a = 100 s1 ; b = 2752 s1

      Wegen a2 < b2 liegt der periodische Fall vor. Die Eigenkreisfrequenz ist:


      Durch die Rücktransformation der Gl. (8.96) mithilfe von T49 erhalten wir mit


      Wir wollen dieses nichtlineare Problem nä- herungsweise anhand einer linearen Ersatz- schaltung untersuchen und dabei den Zeitver- lauf der Schalterspannung uS berechnen.

      den Zeitverlauf:


      uC = 33° ; k = 0,844 ; = 6,3°

        1. Transientanalyse

          Ziele: Sie können

          • beschreiben, was man unter dem Begriff Transient- analyse versteht.

          • das implizite EULER-Verfahren erläutern.

          • beschreiben, welches mathematische Verfahren von Programmen, die auf Spice basieren, zur Lösung von

            Wir setzen die Steigung (uj+1 uj ) / h der Nähe- rungsgeraden in die Gl. (1.5) ein und berechnen den Strom ij+1, der zum Zeitpunkt tj+1 fließt:


            (8.100)


            Diese Gleichung scheint unlösbar zu sein, weil in

            Differenzialgleichungen verwendet wird.

            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          • den Begriff Anfangsbedingung erläutern.

          ihr mit dem Strom ij+1

          und der Spannung u


          j+1

          zwei


          1. BDF-Verfahren

            Mit einem auf Spice basierenden Programm wie

            z. B. Micro-Cap kann auch die Analyse eines Netzes nach einem Schaltvorgang durchgeführt werden. Diese Art der Analyse wird als Trans- ientanalyse (transient analysis) bezeichnet.

            Die Transientanalyse läuft im Zeitbereich ab, wo- bei für jeden Zeitpunkt ein System von Differen- zialgeichungen gelöst wird. Dabei wird von Spice ein Verfahren verwendet, das den Namen BDF- Verfahren (backward differentiation formula) erhalten hat. Es baut auf dem impliziten EULER- Verfahren1) auf, dessen Anwendung auf ein Grundeintor C wir zunächst erläutern wollen.


            Wir gehen davon aus, dass die Spannung uj zum Zeitpunkt tj bekannt ist und die Spannung uj+1 zum Zeitpunkt tj+1 gesucht wird. Die Differenz der Zeitwerte tj+1 und tj wird als Schrittweite h bezeichnet:

            unbekannte Größen stehen. Die Lösung gelingt je- doch mit einer Ersatzschaltung: Der Quotient C / h ist ein Leitwert, der an der Spannung uj+1

            liegt, und der Ausdruck uj C / h beschreibt eine

            Stromquelle, deren Quellenstrom Iq mit der be- kannten Spannung uj berechnet werden kann:


            (8.101)


            Bild 8.23 Grundeintor C und Ersatzschaltung für das implizite EULER-Verfahren


            Die Ersatzschaltung 8.23 wird anstelle des Grund- eintors C in die Schaltung eingefügt.

            Auch für ein Grundeintor L lässt sich eine entspre-

            h = tj+1

            tj

            (8.99)

            chende Ersatzschaltung angeben. Wir setzen die Steigung (ij+1 ij) / h der Näherungsgeraden in die

            Zwischen den Zeitwerten tj+1 und tj verläuft die Spannung u am Grundeintor C nicht linear. Beim impliziten EULER-Verfahren wird diese nichtlinea- re Kurve durch eine Gerade angenähert.

            Gl.(1.78) ein und berechnen die Spannung uj+1, die zum Zeitpunkt tj+1 anliegt:


            (8.102)


            Der Quotient L / h ist ein Widerstand, der vom Strom ij+1 durchflossen wird, und der Ausdruck ij L / h beschreibt eine Spannungsquelle, deren Quellenspannung Uq mit dem bekannten Strom ij berechnet werden kann:


            (8.103)


            Bild 8.22 Näherungsgerade beim EULER-Verfahren

            1) Leonhard Euler, 1707 1783


            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            Bild 8.24 Grundeintor L und Ersatzschaltung für das implizite EULER-Verfahren


            Wird auch die Ersatzschaltung 8.24 anstelle jedes Grundeintors L in die Schaltung eingefügt, so kann das gesamte Netz für den Zeitpunkt tj+1 mit dem Knotenpotenzialverfahren analysiert werden.

            Das Euler-Verfahren hat den Nachteil, dass die Steigung nur grob angenähert wird. Für eine brauchbare Genauigkeit muss die Schrittwei- te h sehr klein gewählt werden, was eine lange Rechenzeit bedingt.

            Beim BDF-Verfahren geht man daher nach der Anlaufrechnung mit dem Euler-Verfahren dazu über, eine Kurve höherer Ordnung (z. B. eine Parabel oder eine kubische Parabel) durch meh- rere schon berechnete Kurvenpunkte zu legen und damit den nächsten unbekannten Kurvenpunkt zu berechnen. Dabei wird die Schrittweite erhöht und die Rechenzeit verringert.


            Im Gegensatz zu früher verwendeten Verfahren zur Lösung von Differenzialgleichungssystemen ist das BDF-Verfahren stabil, denn es neigt auch bei ungünstig gewählten Zeitintervallen nicht zu Schwingungen. Dieser Vorteil des Verfahrens hat entscheidend zum Erfolg von Spice beigetragen.


          2. Netz an Gleichspannung


            Mit der Quelle Voltage Source lässt sich eine Gleichspannung simulieren, die eingeschaltet und dann wieder ausgeschaltet wird. Folgende Größen


            Bild 8.25 Zeitdiagramm der Pulsquelle


            Die Anstiegszeit TR und die Abfallzeit TF dürfen beliebig klein gewählt werden, aber diese Werte dürfen nicht null sein. Im Tableau der Quelle wer- den außerdem die Attribute DC und AC angebo- ten; für eine Pulsquelle werden hierbei zweckmä- ßig die Werte 0 eingetragen .


            Ist die Schaltung gezeichnet, so kann bei einem Grundeintor C bzw. L eine Anfangsbedingung (initial condition, IC) eingetragen werden; beim Grundeintor C handelt es sich um die Ladung, die zum Zeitpunkt t = 0 vorliegt, und beim Grundeintor L um den Fluss, der zum Zeitpunkt t = 0 fließt. Im Tableau des jeweiligen Elements kann entweder beim Grundeintor C unter CHARGE oder beim Grundeintor L unter FLUX ein Wert eingetragen werden. Ist kein Wert einetragen, so nimmt Micro- Cap automatisch den Wert 0 an.


            Beispiel 8.10

            Wir wollen die Spannung uC der Schaltung aus dem Beispiel 8.6 für R = 150 sowie L = 0,3 H und C = 0,13 F mit Micro-Cap berech- nen und zeichnen zunächst die Schaltung mit der Pulsquelle.

            können bei dieser Quelle eingestellt werden:

            • V1: Spannung während der Pausen

            • V2: Pulshöhe

            • TD: Verzögerungszeit (time delay)

            • TR: Anstiegszeit (rise time)

            • TF: Abfallzeit ( fall time)

            • PW: Pulsweite ( pulse width)

            • PER: Periodendauer ( period)


            V1 +

            R1 150

            L1 0.3


            C1


            130n

            Beim Bauteil L1 tragen wir den Wert 0.3 ein; die Einheit H kann man (ohne Zwischen- raum!) dazuschreiben, sie wird von Micro- Cap ignoriert. Beim Bauteil C1 gehen wir ent-

            Wird ein Kondensator zur Rückkopplung eines Operationsverstärkers verwendet, so entsteht eine Schaltung, die man als Integrierer bezeichnet.

            sprechend vor und tragen den Wert 130n ein. Bei der Voltage Source tragen wir bei DC, AC Magnitude und AC Phase jeweils den Wert 0 an, denn wir benötigen diese Werte nicht. In den Zeilen darunter geben wir folgende Werte ein:

            V1 = 0


            i1 R

            u

            u1

            D

            uC

            i1 C


            

            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            V2 = 1 + u

            TD = 0.0 2

            TR = 0.1e-6 TF = 0.1e-6 PW = 0.02

            PER = 0.03

            Nach einem Klick auf (OK) sind alle Bauteile konfiguriert. Nun klicken wir im Menü auf (Analysis) und dann auf (Transient). Es öffnet sich ein Fenster, in dem wir folgende Werte eintragen:

            Bild 8.26 Integrierer mit idealem Operationsverstärker

            Wird der Operationsverstärker als ideal angenom- men, so ist wegen uD = 0 der Strom i1 = u1 / R und am Kondensator liegt die Spannung uC = u2. Wir setzen mithilfe der Gl. (1.5) an:

            Maximum Run Time: 16m Output Start Time: 0 Maximum Time Step: 0.01m Number of Points: 16001

            X Expression: T

            C du2 = u1

            dt R


            1

            Durch Integration ergibt sich:

            (8.104)

            Y Expression: v(3) X Range: 16m,0,1m Y Range: 2,0,0.1

            u2 =

            R C u1 dt

            + u20

            (8.105)

            Schließlich klicken wir auf (Run) und erhal- ten das Ergebnis.

            Dabei ist u20 die Spannung am Ausgang zu Beginn der Integration.



            2.0V



            1.5V



            1.0V



            0.5V



            0V

            0s V(vL(13:2))(V)


            2ms


            4ms


            6ms


            8ms

            Time T(Secs)


            10ms


            12ms


            14ms


            16ms

            Beispiel 8.11

            Wir ergänzen die Schaltung 8.26 durch ei- nen Schalter, der zunächst geschlossen ist; dabei ist der Kondensator entladen und sei- ne Spannung ist u20 = 0. Nach dem Öffnen des Schalters zum Zeitpunkt 0,2 s beginnt die

            Beispiel 8.12

            Wie im Beispiel 8.8 wird die Reihenschaltung aus C = 2,2 F und R = 33 k im ungüns- tigsten Schaltzeitpunkt an eine Sinusquelle geschaltet.

            SW1

            Integration. Den Eingangsknoten bezeichnen wir mit E und den Ausgang mit A; damit ist für uns ohne Bedeutung, wie Micro-Cap die Knoten nummeriert.


            SW1 T,0.2s,4s,1G,1m

            R1


            33k

            +

            V1

            T,20ms,100s,1m,1G


            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            C1 2.2u



            E R1

            + 20k V3


            C1

            10u


            LM207

            +

            +


            A


            15 V1 X1

            V2 15

            Bei der Sinusquelle stellen wir die Amplitude

            141.4V und die Frequenz 50Hz sowie den Nullphasenwinkel -92.5*PI/180 ein. Nach dem Start der Transientanalyse erhalten wir das im Beispiel 8.8 gezeigte Ergebnis.


            Beispiel 8.13

            Wir wollen die Ersatzschaltung des Beispiels

            8.9 mit Micro-Cap analysieren.

            SW1

            Die Pulsquelle stellen wir so ein, dass sie von 0,2 s bis 1,2 s die konstante Spannung 2,0 V abgibt. Die Integration beginnt zum Zeitpunkt t = 0,2 s. Wegen u20 = 0 wird am

            Ausgang des Operationsverstärkers nach 1,2 s

            die Spannung u2 = 10 V erreicht, die danach wegen v(E) = 0 konstant bleibt.

            R1


            + 22

            V1

            L1 0.11

            T,23.24m,100,1G,1m


            C1 1.2u











            v(E)(V)

























            v(A)(V)







            4

            2

            0

            2

            4

            6

            8

            10

            12

            0 0.4 0.8 1.2 1.6 T(Secs)


          3. Netz an Sinusspannung

      Mit dem zeitgesteuerten Schalter können auch die Schaltungen der Beispiele 8.8 und 8.9 analysiert werden.

      Zunächst stellen wir fest, dass bei geschlos- senem Schalter der Nulldurchgang des Stromes durch L1 zum Zeitpunkt 23,24 ms stattfindet. Deshalb konfigurieren wir den Schalter so, dass er zunächst geschlossen ist und zum Zeitpunkt t = 23,24 ms öffnet.

      Nach einer Transientanalyse erhalten wir das Bild, das im Beispiel 8.9 gezeichnet ist.


      Fragen

      • Was versteht man unter dem Begriff Transientana- lyse?

      • Erläutern Sie den Begriff Anfangsbedingung.

      • Mit welchem Verfahren wird die Transientanalyse bei einem auf Spice basierenden Netzwerkanalyse- programm durchgeführt?

  2. Lineare Übertragungssysteme

    Im Abschnitt 5.2.2 haben wir ein lineares Über- tragungssystem mit dem Übertragungsfaktor be- schrieben und dabei eine sinusförmige Aussteue- rung vorausgesetzt. Anschließend haben wir im Kap. 8 transiente Vorgänge betrachtet und dabei insbesondere die LAPLACE-Transformation vorge- stellt und angewendet. Als Erweiterung wollen wir

        1. Grundlegendes Stabilitätskriterium


          Dividiert man die LAPLACE-Transformierte eines Ausgangssignals durch die LAPLACE-Transfor- mierte des Eingangssignals, so erhält man die Übertragungsfunktion (transfer function) T(s), die bei einer linearen Schaltung stets eine rationale Funktion der Variablen s mit reellen Konstanten an und bm ist:

          in diesem Kapitel untersuchen, wie sich die bisher

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          betrachteten Fälle Sinusaussteuerung und trans- iente Vorgänge kombinieren lassen. Dazu beschrei-


          T (s) =

          b0 + b1s + . . . + bm sm a0 + a1s + . . . + an sn

          (9.1)

          ben wir zunächst das lineare Übertragungssystem mithilfe der LAPLACE-Transformation. Diese neue Betrachtung führt an eine allgemeine System- beschreibung heran, die z. B. in der Signal- und Systemtheorie angewendet wird.

          1. Stabilität

            Ziele: Sie können

            • den Begriff Übertragungsfunktion erläutern und den Unterschied zum Übertragungsfaktor beschreiben.

            • erläutern, was die Pole einer Übertragungsfunktion

              sind.

            • das grundlegende Stabilitätskriterium nennen.

            • beschreiben, wie man feststellen kann, ob eine line- are Schaltung mit einemVerstärker stabil arbeitet.

            • erläutern, welche Eigenschaften eine Schaltung mit

            zwei konjugiert komplexen Polen aufweist.


            Eine Schaltung, die nur unabhängige Quellen und Grundeintore R, L und C enthält, arbeitet stets sta- bil. Enthält die Schaltung aber einen Verstärker, also eine gesteuerte Quelle, so kann es sein, dass sie nicht stabil arbeitet. Wir definieren:


            Ein System ist stabil, wenn die Systemgrößen aus einem beliebigen Anfangszustand heraus oder nach einem beliebigen Anstoß innerhalb bestimmter Grenzen bleiben.


            Bei der Untersuchung der Stabilität betrachten wir die elektrische Schaltung als Zweitor, an dessen Eingang wir einen Sprung der Spannung bzw. des Stromes geben, und stellen fest, wie der Ausgang darauf reagiert: Das System ist stabil, wenn die

            Setzt man den Zähler gleich null, so entsteht eine Gleichung, deren Lösungen die Nullstellen der Übertragungsfunktion sind.

            Setzt man den Nenner des Bruches in der Gl. (9.1) gleich null, so entsteht eine Gleichung, de- ren Lösungen die Pole der Übertragungsfunktion sind. Zur Bestimmung der Pole muss man also die Nullstellen der charakteristischen Gleichung berechnen:


            a0 + a1 s + . . . + an sn = 0 (9.2) Das grundlegende Stabilitätskriterium lautet:

            Die lineare Schaltung ist genau dann stabil, wenn sämtliche Pole der Übertragungsfunk- tion T(s) links der imaginären Achse der kom- plexen Ebene liegen.


            Die Pole bestimmen also das Zeitverhalten des Zweitors: Das System ist stabil, wenn alle Pole in der linken Halbebene liegen.


            Beispiel 9.1

            Wir wollen die Pole der Übertragungsfunk- tion berechnen und mithilfe des grundlegen- den Stabilitätskriteriums entscheiden, unter welchen Bedingungen die Schaltung stabil arbeitet.

            I1 CK

            R1 UK

            Sprungantwort, also das Ausgangssignal, für U

            Zeitwerte t einem endlichen Wert zustrebt; 1

            ist dies nicht der Fall, so ist das System instabil.

            Su UD

            UD U2

            9.1 Stabilität


            Wir geben einen Spannungssprung auf den Eingang und nehmen den Kondensator CK


            G

              1

            U2 2 G

            255

            zum Zeitpunkt t = 0 als ungeladen an. Dann

            Tu (s) = =        2   

            U s C G + G

            2

            2

            setzen wir die Eintorgleichungen  I1 = s CK UK

            1 1 + +   1   3

            und Su UD = U2 in die Maschengleichungen

            G s C

            2


            R1 I1 + UD = U1 UD = UK + U2

            Wir sortieren den Nenner nach aufsteigen- den Potenzen der Variablen s, indem wir den Bruch mit 2 s C erweitern:

            ein und berechnen die Übertragungsfunktion:


            Tu (s) =

            G R C s

            2

            1

            U Su

            C 2R2 s2 + 2 C s + G + G

            Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

            Tu(s) =  2 =

            U1

            1 + s CK

            R1(1 Su

            1 3


            Dann setzen wir die charakteristische Glei- chung zur Bestimmung der Pole an:

            Die charakteristische Gleichung

            1 + s CK R1(1 Su = 0

            C 2R2 s2 + 2 C s + G1 + G3 = 0

            Diese Gleichung hat die Lösungen:

            1

            3

            hat die Lösung:

            s  1

            +

            =

            1,2 C R

            [ 1 +


            1. R

            2. (G G

            s =     –1    CK R1(1 Su

            2


            Für R2 (G1 + G3 ) < 1 hat diese Gleichung


            Für Su > 1 liegt die (komplexe) Variable s > 0 rechts der imaginären Achse der komplexen Ebene; die Schaltung ist dabei nicht stabil. Für Su < 1 liegt die Variable s < 0 links der imagi- nären Achse und die Schaltung ist stabil.

        2. System mit konjugiert komplexen Polen

    Sind alle Pole der Übertragungsfunktion reell und negativ, so erreicht das System den stationären Zustand ohne Schwingung. Zwei konjugiert kom- plexe Pole mit negativem Realteil zeigen an, dass der stationäre Zustand nach einer abklingenden Schwingung erreicht wird.


    Beispiel 9.2

    Wir wollen untersuchen, ob der Bandpass nach Bild 5.22 stabil arbeitet.

    Wir sehen den Operationsverstärker als ideal an und geben einen Spannungssprung auf den Eingang der Schaltung 5.23. Da wir die Kondensatoren zum Zeitpunkt t = 0 als un- geladen ansehen, erhalten wir die Übertra- gungsfunktion ganz einfach dadurch, dass wir jeden Faktor j in der Gl. (5.94) durch die komplexe Variable s ersetzen:

    zwei reelle Lösungen, die beide negativ sind. Die Spannung u2 erreicht ihren Endwert U2 ohne Schwingung und die Schaltung arbeitet

    stabil. Dieses Ergebnis gilt auch für die reelle Doppellösung, die bei R2 (G1 + G3 ) = 1 vor- liegt.

    Für R2 (G1 + G3 ) > 1 hat die charakteristi- sche Gleichung zwei konjugiert komplexe Lösungen mit negativem Realteil. Die Schal- tung erreicht den stationären Zustand erst nach einer abklingenden Schwingung.


    Die Untersuchung der Stabilität mit der Übertra- gungsfunktion ist aufwendig, wenn mehrere Gleichungen ineinander eingesetzt werden müs- sen. In vielen Fällen lässt sich die Stabilitätsun- tersuchung mit Micro-Cap einfacher durchführen.

    Fragen

    1. Hoch- und Tiefpass 2. Ordnung

      Ziele: Sie können

      • erläutern, welche Eigenschaften ein Hoch- bzw. Tiefpass 2. Ordnung hat.

      • den Begriff Welligkeit erklären.

      • den Betragsgang eines TSCHEBYSCHEW-Tiefpasses beschreiben.

      • die Besonderheiten eines Hochpasses beschreiben,

        der einen realen Operationsverstärker enthält.

      • die Tiefpass-Hochpass-Transformation erläutern.


      1. Tiefpass 2. Ordnung


        Wie die Gln. (5.80 und 5.85) zeigen, sind die Pole eines Filters 2. Ordnung durch die Polgüte QP und die Polfrequenz fP bestimmt. Für einen Tiefpass

        2. Ordnung gilt:


        T0

        Freiheitsgrad

        Sind beim Bandpass und bei der Bandsperre z. B. die Grenzfrequenzen vorgegeben, so sind die Pol- güte und die Polfrequenz festgelegt. Der Tiefpass

        2. Ordnung hat jedoch nur eine Grenzfrequenz, wodurch sich ein Freiheitsgrad ergibt; man kann

        z. B. die Polgüte frei wählen. Hierfür gibt es drei unterschiedliche Vorgehensweisen, mit denen wir uns im Folgenden befassen wollen:

        1. Man betrachtet das Einschwingverhalten und wählt die Polgüte QP so, dass die Ausgangs- spannung den stationären Endwert ohne Überschwingen möglichst schnell erreicht.

        2. Man wünscht einen möglichst steilen Abfall des Betragsganges bei der Grenzfrequenz und nimmt eine parasitäre Betragsüberhöhung im Durchlassbereich in Kauf.

        3. Man fordert, dass die zeitabhängige Ausgangs-

        (

        Tu =


        1 + j

        f f 2

        Q P fP fP

        (9.3)

        spannung u2(t) gegenüber der Spannung u1(t) am Eingang des Filters im Durchlassbereich möglichst wenig verzerrt ist.


        Grenzfrequenz

        Zur Berechnung der Grenzfrequenz bilden wir zunächst den Betrag des komplexen Spannungs- Übertragungsfaktors:

        Einschwingverhalten

        An den Eingang des Filters wird zum Zeitpunkt t = 0 die Gleichspannung u1 = Uq geschaltet, die vom Tiefpass unverändert übertragen werden soll. Wir wollen dies mit der Laplace-Transformation

        Tu =

        [ ( f

        T0

        2 2 ( f 2

        (9.4)

        untersuchen und berechnen mit U1(s) aus dem Beispiel 8.3 die Spannung U2(s) für den Bildraum.

        1 +

        fP Q P fP

        Den Spannungs-Übertragungsfaktor Tu(s) erhalten wir dadurch, dass wir in der Gl. (9.3) die Variable j durch die komplexe Variable s ersetzen.

        Bei der Grenzfrequenz fg nimmt der Nenner des Bruches den Wert an. Der Zusammenhang zwischen der Grenzfrequenz und der Polfrequenz


        U2(s) = Tu(s) · U1(s) =


        T0 Uq

        1 1

        wird durch folgende biquadratische Gleichung be- schrieben:

        s (1 +

        s +

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        P QP

        s2

        2

        P

        P

        (9.6)


        (9.5)


        Der Ausdruck in der eckigen Klammer nimmt für

        P

        Q 2= 0,5 den Wert null an; dies bedeutet, dass die

        Wir erweitern den Bruch mit 2 und nehmen die Rücktransformation mit T48 aus der Tabelle A6 vor. Mit einem Koeffizientenvergleich erhalten wir die Koeffizienten:

        Grenzfrequenz fg lediglich für QP = 0,707 mit der

        a = P ; b2 = 2

        (9.7)

        Polfrequenz fP übereinstimmt. Für alle übrigen

        2 QP P

        Werte der Polgüte QP muss der Zusammenhang von fg und fP durch Lösen der Gl. (9.5) ermittelt werden.


        Für die Spannung u2(t) ergeben sich drei unter- schiedliche Arten der Zeitabhängigkeit:

        1. Im aperiodischen Fall (a2 > b2 ) ist QP < 0,5; die Spannung u2(t) nähert sich allmählich dem sta- tionären Endwert U2 = T0 Uq.

          Der Betrag Tu des Spannungs-Übertragungsfak- tors erreicht bei der Frequenz fmax das Maximum:

          2 2 T0 · 2 Q 2

          T

        2. Im aperiodischen Grenzfall (a

          = b ) ist die

          =       P ; f

          = f 1  1

          Polgüte QP = 0,5; die Spannung u2(t) nähert sich

          max 2

          max P

          2 Q 2

          dem stationären Endwert U2 = T0 Uq schneller

          4 Q P 1

          P

          (9.10)

          als bei jedem aperiodischen Verlauf, schwingt aber nicht über. In der Literatur wird dies auch als kritische Dämpfung bezeichnet.

          Der Quotient aus Tmax und wird als Welligkeit

          (ripple factor) w bezeichnet:

        3. Im periodischen Fall (a2 < b2 ) ist QP > 0,5; T

        2 Q 2

        die Spannung u2(t) erreicht den stationären

        w =  max =     P

        (9.11)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        P

        Endwert U2 = T0 Uq erst nach dem Abklingen einer gedämpften Schwingung mit der Eigen-

        T0

        4 Q 2 1

        d

        Kreisfrequenz d:

        d

        2 0 q d

        u = T U [1 (cos t + a


        · sin t ·e a t

        Ein Tiefpass mit der Polgüte QP = = 0,7071 hat die Welligkeit w = 1; er wird als BUTTERWORTH- Tiefpass1) bezeichnet. Ein Tiefpass mit der Polgüte QP > 0,7071 und damit einer Welligkeit w > 1 wird TSCHEBYSCHEW-Tiefpass2) genannt.

        d = b 2 a2

        P

        P

        = 2 Q P

        • 4 Q 2 1


        (9.8)


        Das Bild 9.1 zeigt in logarithmischer Darstel- lung den bezogenen Betragsgang vonTiefpässen

        Zum Zeitpunkt t = / d erreicht die Spannung

        u2(t) das Maximum u2max. Mit cos d t = 1 und sind t = 0 erhalten wir nach einigen Umfor-

        2. Ordnung unterschiedlicher Polgüte. Das Amplitudenmaß

        mungen:

        u2max


         / 4 Q 2 1

        T

        T

        au = 20 lg

        0

        (9.12)

        U2

        = 1 + e P

        (9.9)


        jedes Tiefpasses 2. Ordnung nimmt für f >> fg um 40 dB je (Frequenz-)Dekade ab.

        dB

        Je größer die Polgüte QP ist, desto stärker schwingt die Spannung u2(t) über den Wert U2 10

        a

        hinaus. 0

        u

        Betragsgang 10

        Für QP = 0,5 geht der in der Gl. (9.4) beschrie- 20

        bene Betrag Tu des komplexen Spannungs-Über-

        tragungsfaktors im Bereich der 3-dB-Grenz- 30

        frequenz mit relativ schwacher Neigung vom 40

        Durchlassbereich in den Sperrbereich über (Bild


        a

        b


        c


        = f /fg

        9.1).

        Durch Erhöhen der Polgüte auf Werte QP > 0,5 kann man eine stärkere Neigung erreichen. Dies hat jedoch außer dem bereits beschriebenen Überschwingen bei der Sprungantwort für Werte QP > zur Folge, dass der Betrag Tu des Spannungs-Übertragungsfaktors in Teilbereichen größer als der Wert ist, der bei der Frequenz f 0 vorliegt.

        502 1 0 1 2

        lg


        Bild 9.1 Betragsgang von Tiefpässen 2. Ordnung:

        1. kritische Dämpfung QP = 0,5

        2. BUTTERWORTH-Tiefpass QP = 0,707

        3. TSCHEBYSCHEW-Tiefpass QP = 1,305


          1. Stephen Butterworth, 1885 – 1958

          2. Pafnutij Lwowitsch Tschebyschew, 1821 – 1894

        Lineare Verzerrungen

        Bei der Festlegung des Freiheitsgrades kann  1


         2

        1 + (

        P

        man auch die Forderung stellen, dass die Aus- gangsspannung u2(t) gegenüber der Spannung

        tG = 

        P QP

        1 + [ 1 2

         2

        ·(

        ·

        

         4

        + (

        

        Q 2

        u1(t) möglichst wenig verzerrt sein soll: Die Ausgangsspannung des Tiefpasses darf der

        P P P

        (9.18)

        Eingangsspannung lediglich um die Laufzeit

        (griech. Buchstabe tau) nacheilen und sich um ei- nen konstanten Faktor K von dieser unterscheiden.

        Für

        u (t) = K u (t ) (9.13)

        Die Gruppenlaufzeit zeigt für ( / P) << 1 die ge- ringste Abhängigkeit von der bezogenen Kreisfre- quenz / P, wenn die Koeffizienten von gleichen Potenzen der bezogenen Kreisfrequenz /P in Zähler und Nenner gleich sind. Dies führt auf die

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        2 1 Bedingung:

        lautet der Übertragungsfaktor des verzerrungs- freien Tiefpasses:

        1 2 = 1

        Q 2

        P


        (9.19)

        T ( j

        = K ·e– j

        (9.14)


        Hieraus ergibt sich die Polgüte QP = 0,577. Ein Tiefpass 2. Ordnung mit dieser Polgüte wird meist

        Wir zerlegen diesen Übertragungsfaktor in den Amplitudengang T() = K und den Phasengang

        () = . Für eine unverzerrte Übertragung muss der Quotient () / konstant sein; in die- sem Fall gilt für die Laufzeit:

        als BESSEL-Tiefpass1), manchmal aber auch als THOMSON-Tiefpass2) bezeichnet. Der Amplitu- dengang dieses Tiefpasses liegt zwischen dem mit kritischer Dämpfung und dem BUTTERWORTH- Tiefpass; die Sprungantwort zeigt ein sehr gerin- ges Überschwingen.

        =

        (9.15)


        1,2

        Wie sich zeigen lässt, ist die Übertragung

        QP = 0,707

        auch dann verzerrungsfrei, wenn lediglich der Differenzialquotient d / d in dem Frequenz-

        1,0

        QP = 0,577

        bereich konstant ist, in dem die Spektral- anteile des Eingangssignals liegen. Da es sich beim Eingangssignal in diesem Fall um eine Frequenzgruppe handelt, wird dieser Differen- zialquotient als Gruppenlaufzeit tG bezeichnet:

        d


        0,8

        tG



        0 0,2 0,4

        QP = 0,5


        tG =

        d = 

        (9.16) P


        Bei unverzerrter Übertragung muss die Grup- penlaufzeit konstant sein. Diese Forderung lässt sich mit einem realen Tiefpass nur angenähert erfüllen. Um dies zu zeigen, differenzieren wir den Phasengang

        Bild 9.2 Gruppenlaufzeit als Funktion der bezogenen Frequenz


        Filtertabelle

        Beim Entwurf eines Filters geht man gewöhn- lich von der Polgüte QP und der Grenzfrequenz fg aus. Da z. B. in der Gl. (9.3) die Frequenz auf die

         ( = arctan

        2

        (

        [

        P Q P 1

        P

        (9.17)

        Polfrequenz bezogen wird, muss zu Beginn des Filterentwurfs erst die Polfrequenz mithilfe der


        des durch Gl. (9.3) beschriebenen Tiefpasses und berechnen seine Gruppenlaufzeit:

        1. Friedrich Wilhelm Bessel, 1784 – 1846

        2. W. E. Thomson

        Tabelle 9.1 Polgüte, Welligkeit, Grenz-Kreisfrequenz und Überschwingen von Tiefpässen 2. Ordnung


        Filterart

        Polgüte QP

        Welligkeit w

        g /P

        u2max / U2

        kritische Dämpfung

        0,5

        1

        0,6436

        1

        BESSEL (bzw. THOMSON)

        0,5774

        1

        0,7862

        1,0043

        Butterworth

        0,7071

        1

        1

        1,0432

        TSCHEBYSCHEW (w = 0,5 dB)

        0,8637

        1.059

        1,1759

        1,1075

        TSCHEBYSCHEW (w = 1 dB)

        0,9565

        1.122

        1,2456

        1,1457

        TSCHEBYSCHEW (w = 2 dB)

        1,1287

        1.259

        1,3332

        1,2117

        TSCHEBYSCHEW (w = 3 dB)

        1,3047

        1.413

        1,3894

        1,2716


        Gl. (9.5) berechnet werden. Um dies zu vermei- den, arbeiten wir zweckmäßig mit der auf die Grenzfrequenz bezogenen Frequenz = f / fg und mit den Koeffizienten:

        fg ( fg 2

      2. Hochpass 2. Ordnung


        Im Abschnitt 5.3.3 haben wir einen Hochpass 1. Ordnung beschrieben. Sein bezogener Spannungs- Übertragungsfaktor geht aus dem des Tiefpasses dadurch hervor, dass die bezogene Frequenz

        Q

        f

        f

        A1 = ;

        P P

        A2 =

        P

        (9.20)

        j = j f / fg

        durch ihren Kehrwert ersetzt wird.


        Damit lautet die Gl. (9.3):


        T = T0

        u 1 + A · ( j + A · ( j 2


        (9.21)

        Man bezeichnet diesen Übergang als Tiefpass-

        Hochpass-Transformation.

        Wir wenden diese Transformation auf die Gl. (9.21) an und berücksichtigen, dass der Spannungs- Übertragungsfaktor eines Hochpasses bei hohen

        1 2


        Tabelle 9.2 Koeffizienten von Hoch- und Tiefpässen

        Frequenzen f den Betrag T aufweist. Für den Hochpass 2. Ordnung gilt:

        2. Ordnung

        Tu =

        T

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        A1 A2

        (9.22)

        Filterart

        A1

        A2

        kritische Dämpfung

        1,2872

        0,4142

        Bessel

        1,3617

        0,6180

        Butterworth

        1,4142

        1,0000

        TSCHEBYSCHEW 0,5 dB

        1,3614

        1,3827

        TSCHEBYSCHEW 1 dB

        1,3022

        1,5515

        TSCHEBYSCHEW 2 dB

        1,1812

        1,7774

        TSCHEBYSCHEW 3 dB

        1,0649

        1,9304

        1 + +

        j ( j 2


        Die Koeffizienten A1 und A2 in der Tab. 9.2 gelten damit sowohl für Tiefpässe als auch für Hochpässe

        2. Ordnung.


        Der Hochpass hat ein anderes Einschwingverhal- ten als der Tiefpass. So zeigt zum Beispiel der Hochpass 2. Ordnung auch bei der kritischen Dämpfung ein schwaches Überschwingen. Dieses Verhalten wollen wir im folgenden Beispiel unter- suchen.

        Beispiel 9.3

        Wir wollen das Einschwingverhalten des Hochpasses 2. Ordnung mit kritischer Dämp- fung untersuchen.

        Dazu denken wir uns an den Eingang des Hochpasses zum Zeitpunkt t = 0 die Gleich- spannung Uq gelegt. Da wir für t = 0 sämtliche

        Energiespeicher-Eintore L und C als leer an-

        nehmen, erhalten wir die Übertragungsfunk- tion T(s) dadurch, dass wir beim Spannungs- Übertragungsfaktor  Tu ( j ) die Variable j

      3. Realisierung von Hoch- und Tiefpass


        Wir wollen uns lediglich mit Schaltungen be- fassen, die einen einzigen Operationsverstärker enthalten. Dabei gibt es zwei Schaltungsarten: Dem Filter mit Mehrfach-Gegenkopplung liegt der invertierende Verstärker zugrunde, während das Filter mit Einfach-Mitkopplung auf dem nicht invertierenden Verstärker basiert.


        a)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        durch die komplexe Variable s ersetzen. Mit

        U1(s) aus dem Beispiel 8.3 berechnen wir die Ausgangsspannung für den Bildraum:

        T Uq s

        Z3 Z5

        Z1 Z2

        

        U2(s) = Tu(s) ·U1(s) =

        s2 + A1

        g s + A2 2 Z

        g

        U1 4

        + U2

        Für die Rücktransformation eignet sich T47 aus der Tabelle A6 mit den Koeffizienten:

        A1 g

        a = 2 ;

        b2 = A2 2

        1. Z3

          Z1 Z2

          g

          Im aperiodischen Grenzfall ist a2 = b2. Für

          + 

          1

          A 2 = 4 A2 berechnen wir mit den Gln. (9.20), Z

          4

          dass die Polgüte QP = 0,5 ist. Die Spannung U2

          a t

          u2(t) = T Uq (1 a t) ·e

          U


          (1 ) R5 R5

          1

          fällt vom Maximum u2max = T Uq auf ein

          Minimum u2min < 0, welches zum Zeitpunkt

          t = 1/ a erreicht wird:

          u2min = 0,368 T Uq

          Nach diesem Zeitpunkt t = 1/ a steigt u2 und nähert sich schließlich für t dem Wert u2 = 0 an.

          Das Beispiel zeigt, dass der Hochpass 2. Ord- nung mit kritischer Dämpfung dieselbe Polgüte


          Bild 9.3 Hoch- und Tiefpass 2. Ordnung mit Mehr- fach-Gegenkopplung (a) und Einfach-Mitkopplung (b)


          Mit jeder der im Bild 9.3 dargestellten Schaltun- gen lässt sich sowohl ein Hochpass als auch ein Tiefpass 2. Ordnung realisieren. In der Tab. 9.3 ist die Art der Bauelemente angegeben.

          besitzt wie der Tiefpass 2. Ordnung mit kri- tischer Dämpfung. Entsprechendes gilt für den BUTTERWORTH-Hochpass 2. Ordnung, die TSCHEBYSCHEW-Hochpässe und den BESSEL- Hochpass, der ein Signal, das lediglich aus hohen Frequenzanteilen besteht, möglichst wenig ver- zerrt.

          Vor der Dimensionierung einer Schaltung nach Bild 9.3 ermitteln wir zweckmäßig den Spannungs-Übertragungsfaktor, wobei wir den Operationsverstärker als ideal annehmen.

          Wir beginnen mit der Schaltung mit Mehrfach- Gegenkopplung (Bild 9.3a) und setzen zwei Knoten- und zwei Maschengleichungen an, die

          Tabelle 9.3 Art der Bauelemente für die Filterschal- tungen nach Bild 9.3


          R3 C5

          I1 R1 R2

          


          C4

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          U1 + U2



          Eintor

          Tiefpass 9.3a

          Hochpass 9.3a

          Tiefpass 9.3b

          Hochpass 9.3b

          Z1

          R1

          C1

          R1

          C1

          Z2

          R2

          C2

          R2

          C2

          Z3

          R3

          C3

          C3

          R3

          Z4

          C4

          R4

          C4

          R4

          Z5

          C5

          R5



          Zunächst setzen wir die komplexen Wider- stände und Leitwerte in die Gl. (9.23) ein:


          wir so ineinander einsetzen, dass eine ein-

          G R

          3

          Tu= 1

          1. 2C C R R +jC (R +R

            +G R R

            zige Gleichung für die Spannungen U1 und

            U2 übrig bleibt, mit der wir den Spannungs-

            4 5 2 3

            5 2 3

            1 2 3

            Übertragungsfaktor berechnen:

            Der Koeffizientenvergleich mit der Gl. (9.21) ergibt:

            U2 Y Z

            Tu = =

                       1 3      

            T = G R

            U1 1 + Y Z + ( Y + Y + Y

            Z Z Y

            0 1 3

            5 3 1 3 4

            2 3 5

            (9.23)

            A1 = C (R + R + G R R

            g 5 2 3 1 2 3

            Durch entsprechendes Vorgehen erhalten wir den Spannungs-Übertragungsfaktor der Schaltung mit Einfach-Mitkopplung (Bild 9.3b):

            2 C C R R

            A2 = 3

            g 4 5 2

            Tu =

            U2 Y1 Z3

            1

            2

            3 4 1

            U = 1 + (Z + Z Y + Y

            Z3(1+ Z2 Y4

            Bei den übrigen Hoch- und Tiefpässen nach Schaltung 9.3a bzw. 9.3b gehen wir entsprechend vor. Die Ergebnisse sind in der Tab. 9.4 zusam- mengestellt.

            (9.24)

            Bei der Dimensionierung der Schaltung ge- hen wir davon aus, dass der Betrag T0 bzw. T des Spannungs-Übertragungsfaktors und die Grenzfrequenz fg gegeben sind. Aus der Tab.

    2. entnehmen wir für das betreffende Filter die Bauelemente und setzen die komplexen Widerstände bzw. Leitwerte in die Gl. (9.23 bzw. 9.24) ein. Anschließend führen wir einen Koeffizientenvergleich mit der Gl. (9.21 bzw. 9.22) durch und erhalten dadurch die Koeffizi- enten A1 und A2 sowie den Betrag T0 bzw. T des Spannungs-Übertragungsfaktors.

      Beispiel 9.4

      Wir wollen den Zusammenhang zwischen den Widerständen und den Kondensatoren für den Tiefpass 2. Ordnung mit Mehrfach- Gegenkopplung herleiten.

      Da nur drei Bestimmungsgleichungen zur Verfü- gung stehen, können zwei Bauelemente frei gewählt werden. Wir wollen an einem Beispiel zeigen, wie man dabei vorgeht.


      Beispiel 9.5

      Ein Tiefpass 2. Ordnung soll als BUTTER- WORTH-Filter mit T0 = 1 für die Grenzfrequenz

      60 Hz realisiert werden. Der Kondensator C4 = 100 nF ist vorgegeben, der andere Kondensator soll den kleinstmöglichen Wert aus der E6-Reihe erhalten. Wir wollen eine geeignete Schaltung auswählen und die Bau- elemente dimensionieren.

      Zunächst stellen wir fest, dass nur die Schaltung mit Einfach-Mitkopplung infrage kommt, weil bei der Schaltung mit Mehrfach- Gegenkopplung T0 negativ ist.

      Tabelle 9.4 Bestimmungsgleichungen für die Filterschaltungen nach Bild 9.3


      Schaltung

      Bestimmungsgleichungen

      Tiefpass 9.3a

      T0 = G1 R3 ; A1 = C (R + R3 + G R R3 ; A2 = 2 C C R R3

      g 5 2 1 2 g 4 5 2


      Hochpass 9.3a

      C 1 1 1 C1 1

      T = C1 ; A = (C R + C R + C C R ; A =

      3 1 g 2 5 3 5 2 3 5 2 2 C C R R

      g 2 3 4 5

      Tiefpass 9.3b

      T0 = ; A1 = [C (R + R +(1 C R ; A2 = 2 C C R R2

      g 4 1 2 3 1 g 3 4 1


      Hochpass 9.3b

      T = ; A = 1 (1 + 1 + 1 ; A = 1

       1 g C R C R C R 2 2 C C R R

      1 3 1 4 2 4 g 1 2 3 4


      Wegen T0 = 1 ist auch = 1. Der Tab. 9.2 ent- nehmen wir die Werte für die Koeffizienten A1 und A2. Damit erhalten wir aus der Tab. 9.3 zwei Bestimmungsgleichungen:

      Das Betriebsverhalten eines Hochpasses mit einem realen Operationsverstärker kann nicht aus dem Betriebsverhalten des Hochpasses mit einem idealen Operationsverstärker hergelei-

      A1 = g C4(R1+ R2

      = 1,4142 = 2

      tet werden, da der Operationsverstärker selbst Tiefpasseigenschaften aufweist. Es ist stets eine

      g

      A2 = 2 C3 C4 R1 R2 = 1,0

      Wir lösen die erste Gleichung nach R2 auf und setzen in die zweite Gleichung ein:

      Simulation mit einem Netzwerkanalyseprogramm erforderlich.


      Beispiel 9.6

      Ein Hochpass 2. Ordnung mit Einfach-Mit-

      R 2

      ✓ 2 R

      +   1 = 0

      kopplung besteht aus den Kondensatoren

      1 C 1

      2 C C

      C = C1 = C2 = 100 nF und den Widerständen

      g 4 g 3 4

      R = R3 = R4 = 10 k. Für T = 1 ist = 1

      Diese quadratische Gleichung hat zwei Lö- sungen:


      (R = 2 +  1  2  4

      festgelegt. Wir wollen die Polgüte und die Grenzfrequenz bestimmen. Außerdem wol- len wir mit Micro-Cap den Spannungs-Über- tragungsfaktor mit einem idealen und einem

      realen Operationsverstärker auftragen.

      2

      2

      C

      g

      1 1,2 C

      g 4

      2 C C

      4 3 4


      Zunächst setzen wir die Gl. (9.20) in die

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Beide Lösungen sind reell, wenn der Radi-

      Bestimmungsgleichungen (Tab. 9.4) ein:

      2

      kand, also der Ausdruck unter der Wurzel, einen Wert größer null annimmt. Für reelle

        1. fg

          = ;

          1 = ( fg

          Lösungen gilt also die Bedingung:

          g C R

          Q P fP

          (g CR 2 fP

          2 > 4

          C4 C3

          Die Bedingung für reelle Lösungen ist er- füllt, wenn C3 > 200 nF ist. Wir wählen C3 = 220 nF aus der Reihe E6 und erhalten für die Widerstände die Werte 13,1 k und 24,4 k.


          Damit berechnen wir QP = 0,5 und stellen fest, dass der Hochpass 2. Ordnung mit kri- tischer Dämpfung arbeitet. Dann setzen wir den Koeffizienten A1 = 1,2872 aus der Tab.

          9.2 in die erste Bestimmungsgleichung ein und berechnen die Grenzfrequenz:

          Wird für R1 der eine Wert gewählt, so gilt für

          R2 der andere.

          2

          g C R

          = A1

          = 1,2872 ;

          fg = 247,3 Hz


          a) R3 b) R3



          C1 100n

          E


          +


          R4

          10k


          C2 100n

          10k

          A


          +

          E1


          C1 100n

          E


          +


          R4

          10k


          C2 100n

          10k


          +


          +


          X1


          LM207


          + V2 15

          A


          + 15

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          V1 V1 V3


          Wir führen mit Micro-Cap eine Sinusanalyse durch und tragen das Maß au = 20 lg (Tu ) des Spannungs-Übertragungsfaktors über der Frequenz auf. Beim idealen Operationsverstärker (a) bleibt das Maß au für f > fg auf dem Wert 20 lg (T ). Beim realen Operationsverstärker (b) sinkt au bei sehr hohen Frequenzen ab.








          a

          b































          0


          10


          20


          30


          40


          50


          60

          10

          dB(v(A)/v(E))


          100 1K 10K


          F(Hz)


          100K 1M 10M


          Fragen

          • Welche Eigenschaften hat ein Hoch- bzw. Tiefpass

            2. Ordnung?

          • Was versteht man unter dem Begriff Welligkeit?

          • Beschreiben Sie den Amplitudengang eines TSCHE-

            BYSCHEW-Tiefpasses.

          • Welche Besonderheiten weist ein Hochpass auf, der einen realen Operationsverstärker enthält?

          • Erläutern Sie die Tiefpass-Hochpass-Transformation.

          • Welche Polgüte hat ein Tiefpass 2. Ordnung mit kri- tischer Dämpfung?

          • Erläutern Sie den Begriff Gruppenlaufzeit.

  3. Reale Bauelemente

    1. Bauformen


      Zweipolige Bauelemente, Transistoren und inte­ grierte Schaltungen werden heute in einer Viel­ zahl von Bauformen erzeugt, die sich mit wenigen Ausnahmen in die beiden Gruppen steckbare Bauelemente (pluggable device, PD) und ober- flächenmontierte Bauelemente (surface moun­ ted device, SMD) einordnen lassen.


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Steckbare Bauelemente besitzen Anschlussdrähte, die bei der Montage durch Löcher der Leiterplatte gesteckt werden (Bild 10.1a). Der Bauelementekör­ per befindet sich danach auf der „Vorderseite“ der Leiterplatte; die Verbindung der Anschlussdrähte mit Leiterbahnen auf der Leiterplatte erfolgt durch Lötstellen auf der „Rückseite“ der Leiterplatte.

      a) b)

      Widerstandskörper Lötzinn Lötauge

      Bauelementen statt mit steckbaren Bauelementen aufgebaut wird. Teilweise werden Leiterplatten auch mit beiden Bauelementarten bestückt.


    2. Widerstand


      Ziele: Sie können

      • die wichtigsten Bauformen von Widerständen nen­ nen und beschreiben.

      • Ursachen für das Abweichen des Bauelements Wider­ stand vom Verhalten des Grundeintors R angeben.

      • eine Wechselstromersatzschaltung für das Bauele­ ment Widerstand skizzieren.

      • den Zusammenhang zwischen Bauform eines Wider­ stands und überwiegendem Störeinfluss darstellen.

      • den Begriff Grenzfrequenz des Widerstands erläutern.

      • die Wirkung des Skineffekts beschreiben.

      • den Begriff thermischer Widerstand und die Bedeu­ tung der Lastminderungskurve erläutern.


      Der Widerstand (resistor) ist ein Bauelement, das die Wirkung des Grundeintors R ergeben soll. Je nach Bauform und Betriebsfrequenz wird dieses Ziel mehr oder minder gut erreicht. Abweichungen entstehen durch die Temperatur­ und Frequenzab­ hängigkeit des Widerstandswertes sowie durch Verschiebungsströme und induktive Spannungen zwischen den Teilen des Bauelements. Bei der

      Anschlussdraht

      Lötzinn

      Leiterplatte

      Analyse und beim Entwurf von Schaltungen kann man diese Abweichungen mithilfe einer

      Bild 10.1 Widerstand (0,25 W) in PD­Ausführung (a)

      und SMD­Ausführung (b) auf einer Leiterplatte


      SMD-Bauelemente besitzen keine Anschluss­ drähte, die durch Löcher in der Leiterplatte ge­ steckt werden müssen. Sie haben entweder beson­ ders geformte Anschlussdrähte oder Kontaktflä­ chen, die mit Kontaktflächen an der Oberfläche der Leiterplatte verlötet werden, die sich auf der gleichen Seite wie der Bauelementekörper befin­ den (Bild 10.1b). Der Platzbedarf von SMD­Bauele­ menten ist bei gleichen Eigenschaften kleiner als jener der steckbaren Bauelemente und sie können auf beiden Seiten der Leiterplatte montiert wer­ den. Dadurch sind kleinere Leiterplatten möglich als bei steckbaren Bauelementen. Ferner entfällt das Bohren der Löcher für die Anschlussdrähte der PD­Elemente.

      Die Herstellungskosten für eine Schaltung sind deshalb in der Regel geringer, wenn sie mit SMD­

      Wider­stands­Ersatzschaltung beschreiben.


      1. Nenndaten


        Widerstände werden mit ihrem Nennwiderstand (nominal resistance) RN bezeichnet. Dieser Wi­ derstandswert ist, meist in einem Farbcode ver­ schlüsselt (s. Band 1, S. 46), auf dem Bauelement aufgedruckt. Bei der Betriebstemperatur 20° C kann der Gleichstromwiderstand R= größer oder kleiner als der Nennwiderstand sein. Der zulässige Maximalbetrag der Abweichung wird als Toleranz in Prozent vom Nennwert angegeben. Die Toleranz wird im Farbcode verschlüsselt aufgedruckt oder kann dem Datenblatt der Typenreihe, der das Bau­ element angehört, entnommen werden.


        Die Widerstände einer Typenreihe haben dieselbe Bauform und Größe und bis auf den Nennwider­ stand auch gleiche physikalische Eigenschaften.

        Die Nennwiderstände einer Typenreihe sind nach einer der in DIN 41426 genormten Nennwertreihen gestuft (s. Band 1, S. 46).

        Abhängigkeit wird durch den thermischen Wi- derstand (thermal resistance) beschrieben:

        Jeder Widerstand ist für eine bestimmte Nenn-

        B U

        R

        =

        R  K

        (10.1)

        spannung (rated voltage) UN ausgelegt, die beim Betrieb nicht überschritten werden darf.

        th P

        [ th

        = 1 W


        Die Nennleistung (rated power) PN ist die maxi­ mal zulässige Wirkleistung, die am Widerstand auftreten darf, sofern eine höchstzulässige Umge­ bungstemperatur nicht überschritten wird. Genau­

        Löst man diese Gleichung nach P auf und setzt für B die maximal zulässige Betriebstemperatur ein, so erhält man eine Gleichung für die zulässige Leistung:

        ere Angaben über die zulässige Wirkleistung kön­ nen der Lastminderungskurve entnommen wer­ den, für die das Bild 10.2 ein Beispiel zeigt.

        Pzul =

        Bmax U

        Rth

        (10.2)

        Diese Gleichung beschreibt eine fallende Gerade,

        P deren Abschnitt zwischen 1 und 2 im Bild 10.2

        N ein Teil der Lastminderungskurve ist.



        Pzul


        0 1


        2

        Beispiel 10.1

        Einem Widerstand wird bei der Umgebungs­ temperatur U = 35 °C die Leistung P = 0,4 W zugeführt. Sein thermischer Widerstand ist Rth = 215 K / W. Wir wollen seine Betriebs­

        Bild 10.2 Lastminderungskurve eines Widerstandes

        temperatur berechnen.

        Aus der Gl. (10.1) ergibt sich:

        Bis zur Umgebungstemperatur U = 1 ist die zu­ lässige Leistung gleich der Nennleistung. Oberhalb

        B = Rth

        P + U

        = 121 °C

        dieser Temperatur nimmt die zulässige Leistung li­ near mit steigender Umgebungstemperatur ab und erreicht bei U = 2 den Wert null. Die Tempe­ ratur 2 ist die maximal zulässige Betriebstempe­

        ratur Bmax des Bauelements. Überschreitet die

      2. Temperatureinfluss


        Die Temperaturabhängigkeit des Gleichstromwi­ derstandes R= ist durch den Temperatureinfluss

        Betriebstemperatur B diesen Wert, so kann dies zur Zerstörung des Bauelements führen.


        Die Verminderung der zulässigen Leistung bei

        auf den spezifischen Widerstand des verwendeten

        0

        1/K

        steigender Temperatur wird verständlich, wenn man den Energiefluss am Bauelement betrachtet. Im thermischen Gleichgewichtszustand, der sich nach einer bestimmten Betriebsdauer einstellt, muss die in der Zeit dt zugeführte elektrische Energie dW = P dt als Wärme an die Umgebung abgegeben werden. Dies geschieht bei den in Frage kommenden Temperaturen vorwiegend durch

        103


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        .103

        20

        .103


        4.103

        Mittelwert Toleranzgrenzen

        Wärmeleitung, Wärmeübergang und Konvektion. Der Wärmestrom dW / dt = P ist in diesem Fall proportional zur Differenz aus Betriebs­ und Umgebungstemperatur sowie abhängig von der Form und vom Material des Bauelements. Diese

        101 102 103 104 105 106 107

        R 20

        Bild 10.3 Temperaturkoeffizient von Kohleschicht­ widerständen

        Materials bedingt; sie kann mit Gl. (2.18, Band 1) beschrieben werden:


        R=() R=20 [1 + 20( 20 °C)]

        Der Temperaturkoeffizient 20 wird von den Her­ stellern nur mit relativ großer Toleranz angegeben. Sein Betrag nimmt innerhalb einer Typenreihe mit dem Nennwert zu (Bild 10.3).


      3. Widerstandsformen


        Widerstände werden in verschiedenen Bauformen hergestellt, die sich in eine der folgenden Gruppen einordnen lassen:

        Drahtwiderstände besitzen einen Trägerkörper aus Isoliermaterial (z.B. Keramik), auf den ein Me­ talldraht mit hohem spezifischen Widerstand auf­ gewickelt ist (Bild 10.4). Sie werden als steckbare Bauelemente hergestellt.

        den benachbarten Leitern bei Hochfrequenz nicht vernachlässigbare Verschiebungsströme. Da zwi­ schen den dicht nebeneinander angeordneten Wicklungsenden die Betriebsspannung liegt, ist die Spannungsfestigkeit bifilar gewickelter Widerstände geringer als die fortlaufend gewi­ ckelter.

        Bei der Chaperon-Wicklung (c) werden mehrere Teilwicklungen mit wechselndem Wicklungssinn aneinander gereiht. Der Begriff ist abgeleitet von chaperon, einer ständigen Begleiterin, die als Anstandsdame fungiert.

        Dem Schutz gegen mechanische Beschädigung und der Isolation gegen die Umgebung dient ein Überzug z. B. aus Lack oder Zement.

        Drahtwiderstände werden mit mittleren bis großen Nennleistungen angeboten. Sie können nur bei niedrigen Betriebsfrequenzen verwendet werden.

        Widerstandsdraht Kupferdraht


        Schutzüberzug


        a)


        b)

        Trägerkörper


        Lot

        Bei Schichtwiderständen ist der Trägerkörper aus Isoliermaterial mit einer dünnen Schicht aus Wi­ derstandsmaterial überzogen (Bild 10.5). Die Be­ zeichnungen Metallschichtwiderstand und Koh- leschichtwiderstand weisen auf das verwendete Widerstandsmaterial hin. Widerstandswerte über 10 k werden in der Regel durch eine gewendelte Widerstandsschicht erreicht. Auch Schichtwider­ stände sind durch einen isolierenden Überzug ge­ schützt. Sie werden sowohl als steckbare als auch als SMD­Bauelemente hergestellt.

        Widerstandsschicht

        Kupferdraht Trägerkörper


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        c)

        Lot


        Schutzüberzug


        Bild 10.4 Schnittbild eines Drahtwiderstands und Wicklungsarten: a) fortlaufende Wicklung, b) bifilare Wicklung, c) Chaperon-Wicklung


        Bei Hochfrequenz macht sich bei fortlaufend ge­ wickelten Widerständen (a) die Induktivität der Drahtwicklung störend bemerkbar. Durch bifilare Wicklung (b) kann die Induktivität weitgehend vermieden werden. Dafür fließen jedoch zwischen

        Bild 10.5 Schichtwiderstand mit Widerstandswendel


        Schichtwiderstände sind für eine Verwendung bei Hochfrequenz geeignet. Da die Widerstands­ schicht wie bei Drahtwiderständen auf der Ober­ fläche des Trägerkörpers angebracht ist, kann die beim Betrieb entstehende Wärme gut an die Um­ gebung abgeführt werden, was kleine Abmessun­ gen bei relativ großer Nennleistung ermöglicht.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Massewiderstände bestehen aus einem Gemisch aus pulvrigem Widerstandsmaterial (z. B. Graphit) mit einem Bindemittel, das in die Widerstandsform gepresst wird. Die Anschlussdrähte werden beim Pressvorgang mit dem Widerstand verbunden. We­ gen seiner geringen mechanischen Festigkeit ist der Widerstandskörper meist in ein Rohr aus Iso­ lierstoff eingebaut (Bild 10.6). Dabei können die Abmessungen sehr klein gehalten werden. Masse­ widerstände sind wegen ihres einfachen Aufbaus preiswert. Sie eignen sich gut für Hochfrequenz­ anwendungen. Bei Widerständen, die in ein Rohr eingebaut sind, wird die Wärme vor allem über die Anschlussdrähte abgeführt; damit sind nur kleine Nennleistungen erreichbar.

        entsprechender Widerstandspasten können auch Widerstände – in diesem Fall Schichtwiderstände – realisiert werden.

        Bei der Dünnfilm-Technik werden die Verbin­ dungsleitungen – wie bei Leiterplatten – durch Ätzen aus einer leitenden Schicht hergestellt. Widerstände können z. B. durch Aufdampfen einer dünnen CrNi­Schicht und anschließendes Ätzen realisiert werden.

        Außer den gedruckten bzw. aufgedampften Wi­ derstandsbahnen finden bei beiden Techniken auch SMD­Widerstände Verwendung, die direkt auf die Anschlussleitungen gelötet werden.


        a) VDD b)

        Kupferdraht Keramikrohr



        Lot

        Widerstandsmaterial

        Wp /Lp

        A

        Wp /Lp

        A


        Bild 10.6 Massewiderstand im Keramikrohr


        Praxisbezug 10.1

        In integrierten Schaltungen mit bipolaren Tran­ U sistoren werden Widerstände durch entsprechend dotierte Halbleiterbereiche realisiert; diese bilden

        Wn /Ln

        UA


        VSS

        Wn /Ln

        UA

        Massewiderstände.

        In integrierten CMOS­Schaltungen verwendet man Transistoren, die mit fest eingestellter Gate­ Source­Spannung UGS betrieben werden, als Wi­ derstände (Bild 10.7). Durch geeignete Ausfüh­ rung des W/L­Verhältnisses (Breite/Länge des Ka­ nals) des NMOS­ und PMOS­Transistors kann die gewünschte Teilspannung UA eingestellt werden. In der Schaltung a) werden beide Transistoren als MOS­Dioden betrieben; sie ist geeignet, um Teilspannungen von etwa 0,3 ... 0,7 U zu erzielen. In der Schaltung b) werden beide Transistoren als nichtlineare Widerstände betrieben; sie ist geeig­ net, um etwa Teilspannungen < 0,4 U und > 0,6 U zu erreichen. Auch Mischformen der vorgenann­ ten Schaltungen werden verwendet.

        Bei Hybridschaltungen in Dickschicht-Technik werden die Verbindungsleitungen auf die kerami­ sche Trägerplatte mit einer leitenden Paste im Sieb­ druckverfahren aufgedruckt. Bei der Verwendung

        Bild 10.7 Beispiele für Spannungsteiler in CMOS­

        Technik


        SMD­Widerstände werden als Chipwiderstände mit Quaderform oder als MELF-Widerstände mit Zylinderform angeboten. Die Typenreihen umfas­ sen große Widerstandsbereiche und trotz der klei­ nen Abmessungen ist die zulässige Verlustleistung groß, z. B. 0,25 W bei 3,2 mm x 1,6 mm x 0,6 mm und 1 W bei 6,3 mm x 3,1 mm x 0,6 mm.


      4. Wechselstrom-Ersatzschaltung


        Bei Wechselstrom entstehen induktive Spannun­ gen und Verschiebungsströme zwischen Teilen des Bauelements. Dies führt zu Abweichungen vom idealen Verhalten des Grundeintors R.

        In der Wechselstrom­Ersatzschaltung eines Wi­ derstandes werden diese Abweichungen durch ein Grundeintor L und ein Grundeintor C dargestellt (Bild 10.8).


        R= L

        C


        Bild 10.8 Wechselstrom­Ersatzschaltung eines Wider­ standes

        Je nach Bauform des Widerstandes überwiegt der Einfluss entweder des Verschiebungsstromes oder der induktiven Spannung. In der Regel kann daher eines der beiden Eintore L oder C im Bild 10.8 ver­ nachlässigt und das Betriebsverhalten durch eine vereinfachte Ersatzschaltung beschrieben werden (Bild 10.9).

        Bei Widerständen, die für eine Anwendung bei Hochfrequenz (HF) geeignet sind (vor allem SMD­ und Massewiderstände), kann die induktive Spannung vernachlässigt werden (Bild 10.9a).

        a) b)


        =

        R= R L

        C


        Bild 10.9 Vereinfachte Ersatzschaltung für einen Wi­ derstand bei überwiegendem Einfluss a) des Verschie­ bungsstromes, b) der induktiven Spannung


        Die Kapazität ist vom Nennwert des Widerstandes praktisch unabhängig; sie wird nur durch die Bau­ form bestimmt und nimmt Werte C < 2 pF an. Häu­ fig übersteigt in einer HF­Schaltung die Kapazität zwischen den Zuleitungen zu einem Widerstand dessen Eigenkapazität. Der Einfluss der Kapazität stört umso mehr, je höher der Gleichstromwider­ stand des Bauelements ist. Dies kommt in der Glei­ chung für den auf R= bezogenen Scheinwiderstand zum Ausdruck:

        Nicht nur die Frequenz f , sondern auch der Gleich­ stromwiderstand R= treten als Faktoren der Kapa­ zität C auf und bestimmen ihren Einfluss. Die Her­ steller von HF­Widerständen beschreiben deshalb die Frequenzabhängigkeit der Scheinwiderstände für die Bauelemente einer Typenreihe durch Dar­ stellung des bezogenen Scheinwiderstandes über dem Produkt f · R= in einem Diagramm (Bild 10.10).


        100

        % 80

        =

        Z/ R 60

        40


        20

        0

        0,01 0,1 1 10 100 1000 MHz.M

        f . R=


        Bild 10.10 Frequenzverhalten einer Typenreihe von HF­Widerständen

        Bei bifilar gewickelten Drahtwiderständen über­ wiegt ebenfalls der Einfluss des Verschiebungs­ stromes. Ihre Kapazität ist wegen der dicht benach­ barten Wicklungshälften relativ groß und wächst mit zunehmendem Nennwert und der damit zuneh­ menden Windungszahl. Für HF­Anwendungen sind sie nicht geeignet. Bei den übrigen Drahtwi­ derständen und bei gewendelten Schichtwiderstän­ den kann der Verschiebungsstrom meist vernach­ lässigt werden (Bild 10.9 b). Ihre Induktivität wächst mit dem Nennwert des Widerstandes und kann Werte von einigen Mikrohenry erreichen.

        Bei der Auswahl von Widerständen für eine be­ stimmte Schaltung muss darauf geachtet werden, dass im vorgesehenen Betriebsfrequenzbereich der Wirkwiderstand der Bauelemente größer ist als der Betrag ihres Blindwiderstandes. Bei der Grenzfre- quenz sind die beiden Widerstandskomponenten

        • R

        R=

        Z =

        R= ( 1

        =


        =

        1

        2+ ( C 2

        1


        (10.3)

        bzw. die ihnen entsprechenden Leitwertkompo­ nenten gerade gleich groß. Unterhalb der Grenz­ frequenz überwiegt der Wirkanteil. Für die Grenzkreisfrequenz eines Widerstandes, dessen

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Eigenschaften durch eine der Ersatzschaltungen

        • 1+ (2 C 2·( f R= 2

        im Bild 10.9 beschrieben werden, gilt:


        g =

        1 bzw. g = R=


        (10.4)

        Das Bild 10.11 zeigt für einen langen, geraden Lei­

        R= ·C L

        Beispiel 10.2

        Für einen 1­k­Widerstand wird die Eigenka­

        ter mit kreisförmigem Querschnitt (Durchmesser d) die Widerstandszunahme über der dimensions­ losen Hilfsgröße s:

        d

        pazität auf 2 pF geschätzt. Wir wollen seine Grenzfrequenz näherungsweise bestimmen.

        s = 4

        • f

        (10.5)

         =   1 = 0,5 ·109 s–1 ; f = 80 MHz

        Für Werte s > 1 steigt der Wirkwiderstand nähe­

        g R= ·C

        g rungsweise linear mit der Hilfsgröße s an:


        R(

        Bei höheren Frequenzen ist auch der Einfluss der Stromverdrängung (s. Abschn. 1.7.6) zu beachten. Sie führt zu einer von der Leiteroberfläche zur

        R= s >1

        = s + 0,3

        (10.6)

        Leitermitte hin abnehmenden Stromdichte. Je hö­ her die Frequenz, desto stärker ist die Abnahme. Schließlich fließt der Strom nur noch in einer dün­ nen Haut (skin) direkt an der Leiteroberfläche.

        Durch den Skineffekt wird der Widerstand eines Leiters erhöht. Neben der Frequenz sind auch die Leitfähigkeit und die Permeabilität des Lei­ termaterials sowie die Form des Leiters für die Stärke des Skineffekts maßgeblich.

        Der Skineffekt ist insbesondere bei Massewider­ ständen zu beachten, bei Schichtwiderständen ist er dagegen vernachlässigbar.


        Skineffekt bei linearen Leitern

        Nicht nur beim Bauelement Widerstand, sondern auch bei Verbindungsleitungen zwischen den Bau­ elementen ist der Skineffekt von Bedeutung.


        3,5

        3,0

        2,5

        2,0

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        R () 1,5

        Beispiel 10.3

        Wir wollen für Drähte aus Kupfer bzw. Man­ ganin die Frequenz f1,5 berechnen, bei wel­ cher der Wirkwiderstand R() das 1,5fache des Gleichstromwiderstandes R= beträgt.


        Zunächst setzen wir die mit der Gl. (10.6) be­ rechnete Hilfsgröße s = 1,2 in die Gl. (10.5) ein, die wir nach der Frequenz f auflösen:


        16 s2

        f = d 2 

        Mit = 0 und nach Tab. 2.4, Band 1 be­ rechnen wir die Frequenz f1,5 für mehrere Drahtdurchmesser d.



        d

        mm

        f 1,5 in MHz

        Kupfer

        Manganin

        1

        0,1

        2,5

        0,5

        0,4

        10

        0,2

        2,6

        63

        0,1

        10,4

        250


        R= 1,0

        0,5


        0


        0,5


        1,0

        s


        1,5


        2,0


        2,5


        3,0


        In der Hochfrequenztechnik führt man Leitungen wegen des Skineffekts nicht mit massivem Kupfer­ draht, sondern mit HF-Litze aus. Bei HF­Litze wird der Leiter aus einem Bündel gegeneinander isolierter dünner Kupferdrähte gebildet, bei de­ nen sich der Skineffekt erst bei sehr viel höheren

        Bild 10.11 Skineffekt bei einem langen, geraden Leiter mit kreisförmigem Querschnitt

        Frequenzen bemerkbar macht als bei einem mas­ siven einzelnen Draht.

        Fragen

        • Welche Widerstandsbauformen sind für die Anwen­ dung bei Hochfrequenz geeignet?

        • Welchen Einfluss hat die Temperatur auf den Wi­ derstandswert?

        • Skizzieren Sie die Wechselstrom­Ersatzschaltung für einen fortlaufend gewickelten Drahtwiderstand.

        • Wovon hängt die Kapazität eines HF­Widerstands ab?

        • Nennen Sie jeweils einen Richtwert für die Kapazität eines Schichtwiderstands und für die Induktivität ei­ nes Drahtwiderstands.

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        • Wie ist die Grenzfrequenz eines Widerstands defi­ niert?

        • Beschreiben Sie die Wirkung des Skineffekts.

        • Erläutern Sie den Aufbau und den Vorteil von HF­ Litze.


        Aufgaben

        10.1(1) Welcher Scheinwiderstand ergibt sich nach Bild 10.10 für einen 220­k­Widerstand bei der Frequenz f = 100 MHz?

        10.2(1) Bestimmen Sie die Grenzfrequenz eines 56­­Drahtwiderstandes, der die Induktivität 10 H aufweist.

        10.3(1) Die Nennleistung eines Widerstandes ist

        250 mW. Seiner Lastminderungskurve werden die Werte 1 = 40 °C und 2 = 180 °C entnom­ men (Bild 9.2). Welchen thermischen Widerstand hat das Bauelement? Welche Leistung ist bei der Umgebungstemperatur U = 80 °C noch zulässig?

        10.4(1) Eine Freileitung aus Kupferdraht mit dem Durchmesser d = 2 mm wird mit der Frequenz 142 kHz betrieben. Berechnen Sie die Wider­ standszunahme durch den Skineffekt.


    3. Kondensator


      Ziele: Sie können

      • die wichtigsten Kondensatorbauformen nennen und beschreiben.

      • die in Kondensatoren hauptsächlich verwendeten Dielektrika nennen.

      • die Definitionen für die Nennkapazität und für die Nennspannung eines Kondensators angeben.

      • eine Gleichstrom­Ersatzschaltung für den Konden­ sator zeichnen.

      • die Begriffe Verlustwinkel und Verlustfaktor eines Kondensators erläutern.

      • die Ursachen für die Verluste eines Kondensators an Wechselspannung angeben.

      • die Definition der Güte und des Verlustfaktors nen­ nen.

      • Kondensator­Ersatzschaltungen für verschiedene Frequenzbereiche angeben.

      • die Werte der Eintore einer Kondensator­Er­ satzschaltung aus den Herstellerangaben bestimmen.

      • die von der Temperatur beeinflussten Eigenschaften eines Kondensators nennen.

      • die besonderen Bedingungen für den Betrieb von Elektrolytkondensatoren angeben.


      Der Kondensator (capacitor) ist ein Bauelement, das die Wirkung des Grundeintors C ergeben soll. Dies ist jedoch nur angenähert zu erreichen: Außer der kapazitiven Wirkung tritt an einem Kon­ densator eine induktive Wirkung und die Wirkung von Widerständen auf.

      Um das Verhalten eines Grundeintors C bei den verschiedenen Betriebsbedingungen möglichst gut anzunähern und um Kondensatoren mit Ka­ pazitätswerten in einem Bereich von pF bis F herstellen zu können, wurden unterschiedliche Bauformen entwickelt, die sich im Aufbau und in den verwendeten Materialien unterscheiden.


      Kondensatoren werden in Typenreihen angeboten, in denen die Nennkapazitäten (nominal capaci­ tance) nach einer der genormten Nennwertreihen gestuft sind. Die Nennkapazität eines Kondensa­ tors ist, häufig in einem Farb­ oder Buchstaben­ code verschlüsselt, auf dem Kondensatorkörper aufgedruckt. Der Hersteller garantiert, dass der tatsächliche Kapazitätswert bei Gleichspannung mit einer gewissen Toleranz der Nennkapazität entspricht. Die Nennspannung (nominal vol­ tage) eines Kondensators ist die höchste Gleich­ spannung, an welcher der Kondensator bei 40 °C Umgebungstemperatur unbegrenzt lange Zeit be­ trieben werden darf. Auch die Nennspannung ist auf dem Kondensatorkörper aufgedruckt.


      1. Bauformen


        Wickelkondensatoren bestehen aus einem aufge­ rollten Stapel von vier Folienbändern (Bild 10.12). Zwei der Folien sind aus Metall und dienen als Elektroden. Die beiden anderen Folien bilden das Dielektrikum; sie bestehen bei Papierkondensato­

        ren aus imprägniertem Papier, bei Kunststoffkon­ densatoren aus einem der in der Tabelle 10.1 ge­ nannten Materialien.


        Papier- oder Kunststofffolie

        Metallfolie


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Metallfolie


        Bild 10.12 Wickelkondensator


        Bei MP-Kondensatoren (Metall­Papier) und bei MK-Kondensatoren (Metall­Kunststoff) sind die Metallelektroden auf die beiden nicht leitenden Fo­ lien aufgedampft. Kondensatoren dieser Bauart sind selbstheilend: Bei einem Durchschlag des Di­ elektrikums infolge zu großer Feldstärke entsteht kein bleibender Kurzschluss, vielmehr verdamp­ fen die Metallbeläge an der Durchschlagstelle und der Kondensator ist weiterhin verwendbar.

        Die Verkleinerung der Metallfläche bei einem Durchschlag kann vernachlässigt werden. Auch nach langer Betriebszeit mit vielen Durchschlägen ist kaum eine Kapazitätsminderung feststellbar.


        Die Ausführung der Kontakte zwischen den An­ schlussdrähten und den Elektroden hat Einfluss auf die Eigeninduktivität und den Zuleitungswider­ stand des Kondensators. Kleinstmögliche Werte der Eigeninduktivität (5 . . . 50 nH) lassen sich dadurch erreichen, dass die gesamte Stirnseite der aufgewickelten Metallfolie bzw. der Belag jedes Wickels leitend mit dem entsprechenden An­ schlussdraht verbunden wird.

        Kontaktmasse Metallbelag

        Dielektrikum Schutzüberzug Anschlussdraht

        Bild 10.13 MK­Schichtkondensator

        So genannte Schichtkondensatoren (s. Scheiben­ kondensator, Band 1) bestehen aus einem Stapel ebener, nicht leitender Scheiben, die als Träger für einen Metallbelag dienen (Bild 10.13). Als Dielek­ trikum finden Glimmer, Kunststoff oder Keramik Verwendung. Die Eigeninduktivität ist sehr klein, weil die Elektroden nicht aufgewickelt sind. Bei gutem Kontakt zwischen den Anschlussdrähten und den Metallbelägen ist der Zuleitungswider­ stand klein.


        Keramik-Schichtkondensatoren werden mono­ lithisch hergestellt. Dünne Schichten (1 . . . 20 m) aus der keramischen Grundmasse werden vor dem Brennen metallisiert und aufgestapelt. Durch den anschließenden Brennvorgang entsteht ein kompakter Keramikquader mit kammartig ein­ gesinterten Elektroden, die stirnseitig an die Oberfläche treten; sie werden in einem zweiten Brennvorgang durch einen Metallbelag verbun­ den. Die so entstandenen Kondensatoren werden als Chips oder Chipkondensatoren bezeichnet. Trotz kleiner Abmessungen lassen sich hohe Kapazitätswerte erreichen (z. B. 5,7 x 5 x 1,3 mm3; C 4,7 F; 25,5 V). Diese Kondensatoren eignen sich zur Anwendung in Dickschicht­ und Dünn­ film­Schaltungen. Die Chips werden aber auch mit Anschlussdrähten versehen und in Kunstharz ein­ gegossen als steckbare Bauelemente angeboten.


        Die als Dielektrikum verwendeten Keramikmas­ sen haben hohe Permittivitätszahlen; hierdurch lassen sich kleine Kondensatorabmessungen erzielen. Man unterscheidet zwischen Typ-1- Keramik (auch: NDK-Keramik) mit r 200 und Typ-2-Keramik (auch: HDK-Keramik) mit 200 < r< 105. Bei HDK­Keramik wird der hohe Wert der Permittivitätszahl r von Sperrschichten zwischen den halbleitenden Einzelkristallen be­ wirkt. Kondensatoren aus HDK­Keramik zeigen aus diesem Grund eine erhebliche Spannungsab­ hängigkeit des Kapazitätswerts (s. Abschn. 2.1.1).


        So genannte Rohrkondensatoren und Scheiben- kondensatoren (Zylinder­ bzw. Plattenkondensa­ toren, s. Band 1) werden ebenfalls mit kerami­ schem Dielektrikum hergestellt (Bild 10.14). Nur hiermit lassen sich bei kleinen Abmessungen rela­ tiv hohe Kapazitätswerte erzielen.

        a) Beläge b)

        Keramik- scheibe


        Lot


        Keramikrohr


        Innenbelag Außenbelag

        Die Oxidschicht wird nach der mechanischen Fer­ tigung des Bauelements durch elektrochemische Oxidation hergestellt. Dabei wird der Kondensa­ tor eine bestimmte Zeit mit einer positiven Gleichspannung zwischen Anode und Kathode betrieben; diesen Vorgang bezeichnet man als Formierung.

        Metall (Ta oder Nb) Tantal- oder

        Nioboxid

        Anschlussdrähte


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bild 10.14 Keramikkondensatoren: a) Scheibenkon­ densator, b) Rohrkondensator

        Anode Dielektrikum

        Kathode

        Halbleiter


        Graphit Silber

        Beim Elektrolytkondensator (Elko) wird die Ka­ pazität einer Metalloxid­Sperrschicht zwischen ei­ ner Metallelektrode als Anode und einem Elektro­ lyten als Kathode genutzt.

        Folien­Elektrolytkondensatoren (Bild 10.15), die ähnlich wie Wickelkondensatoren aufgebaut sind, werden mit einer Aluminiumfolie als Anode herge­ stellt. Zur Vergrößerung der wirksamen Fläche wird die Oberfläche der Anodenfolie meist durch Ätzen aufgeraut. Als Träger der Elektrolyt­Katho­ de und als Abstandshalter zwischen der Anoden­ folie und der Kontaktfolie für die Kathode dient Papier, das mit dem Elektrolyten getränkt wird.

        (MnO oder Polymer)


        Bild 10.16 Schnitt durch einen Tantalkondensator mit MnO2­Kathode

        Die Oxidschicht hat eine Dicke von weniger als 1 m; sie bleibt auch bei spannungsloser Lagerung des Elkos über lange Zeit erhalten. Bei Aluminium­ Elkos kann sich ihre Dicke jedoch allmählich verringern. Wegen des sehr kleinen Elektrodenab­ stands und der großen Elektrodenoberfläche sind Elkos mit Kapazitätswerten bis 1 F mit relativ klei­ nen Abmessungen herstellbar.


        Metallfolie (Anode)


        mit Elektrolyt getränktes Papier (Kathode)

        Elektrolytkondensatoren dürfen in der Regel nur gepolt betrieben werden: Während des Betriebs muss gewährleistet sein, dass das Anodenpotenzial stets höher als das Kathodenpotenzial ist. Die Son­ derbauformen für ungepolten Betrieb bestehen aus einer Reihenschaltung von zwei Kondensatoren

        Metallfolie (Kontakt für Kathode)


        Bild 10.15 Schnitt durch den Wickel eines Folien­ Elektrolytkondensators


        Tantal­ und Niob­Elektrolytkondensatoren werden mit Sinteranode hergestellt. Diese Kondensatoren haben einen porösen Anodenkörper, der durch Sin­ tern von Tantal­ bzw. Niobpulver entsteht. Die wirksame Elektrodenfläche ist so groß, dass bei gleicher Kapazität noch kleinere Abmessungen als bei Folien­Elektrolytkondensatoren erreicht werden können. Die Kathode wird aus halblei­ tendem Mangandioxid (fester Elektrolyt) oder aus einem Polymer gebildet.

        mit gemeinsamer Kathode. Ihre Abmessungen sind bei gleicher Kapazität größer als die gewöhn­ licher Elkos für gepolten Betrieb.


        Bei einer Sonderform der Elektrolytkondensato­ ren, den Doppelschichtkondensatoren, wird eine sog. elektrische Doppelschicht zur Ladungsspei­ cherung genutzt. Die beiden Elektroden bestehen aus einer dünnen Schicht Aktivkohle, die auf ei­ ner Aluminiumfolie aufgebracht ist; sie werden durch einen mit dem Elektrolyt getränkten Ab­ standshalter aus Papier oder Polymer voneinander getrennt. An der Grenze zwischen der Aktivkohle und dem Elektrolyten bildet sich eine elektrische Doppelschicht aus (Bild 10.17).


        Al-Folie


        Aktivkohle

        Isolator getränkt mit


        + + +


        + + +


        + + + +

        Der Isolationswiderstand bewirkt, dass sich ein auf die Anfangsladung Q0 aufgeladener Kondensator von selbst entlädt, nachdem er von der Quelle ge­ trennt worden ist. Die Ladung nimmt dabei expo­ nentiell ab:

        t

        Elektrolyt

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Aktivkohle

        + + +

        + + +

        + + + +

        Q = Q0

        · e

        (10.7)


        Al-Folie


        Bild 10.17 Ladungsspeicherung bei einem Doppel­ schichtkondensator


        Da die Fläche der Grenzschicht ( 2000 m2 / g Aktivkohle) sehr groß und der Abstand (2 ... 5 nm) zwischen den Ladungen der Doppelschicht sehr klein ist, sind sehr große Kapazitätswerte erreich­ bar (z. B. 5000 F bei einem Volumen < 1 l). Die Kondensatoren sind ungepolt, aber die zulässige Spannung ist klein ( 2,5 V).


      2. Verluste bei Gleichspannungsbetrieb


        Ein Kondensator kann eine Ladung nicht über un­ begrenzte Zeit speichern. Durch Leitungsverluste und Ionisationsverluste ergibt sich mit der Zeit eine Minderung der gespeicherten Energie, wenn nicht durch ständige Energiezufuhr der Ladezu­ stand aufrechterhalten wird. Die gespeicherte En­ ergie ist stets kleiner als die insgesamt zugeführte Energie.


        Leitungsverluste

        Bedingt durch die Leitfähigkeit des Dielektrikums und der übrigen beim Aufbau verwendeten Isola­ toren hat ein Kondensator an Gleichspannung ei­ nen endlichen Widerstand, der als Isolationswi- derstand Ris des Kondensators bezeichnet wird.

        Ris


        C


        Bild 10.18 Gleichstrom­Ersatzschaltung eines Kon­ densators

        Hierin ist die Entladezeitkonstante:

        = Ris C (10.8)

        Der Isolationswiderstand wird bei Kondensatoren mit kleinen Kapazitätswerten vor allem durch den Widerstand der Umhüllung bestimmt; in den Datenblättern wird ein unterer Grenzwert angege­ ben. Die Entladezeitkonstante ist innerhalb einer Typenreihe vom Kapazitätswert abhängig.


        Bei Kondensatoren mit größeren Kapazitätswerten überwiegt der Einfluss des Dielektrikums. Dieser führt dazu, dass der Isolationswiderstand mit zu­ nehmender Kapazität abnimmt. Die Entladezeit­ konstante bleibt innerhalb einer Typenreihe kon­ stant; sie wird im Datenblatt angegeben.


        Beispiel 10.4

        Im Datenblatt einer Typenreihe von Papierkon­ densatoren sind für 20 °C die Werte genannt:

        C 0,04 F; Ris 100 G

        C 0,04 F; 4000 s

        Wir wollen für C 0,01 F die ungünstigste Entladezeitkonstante bestimmen.


        Je kleiner ist, desto schneller entlädt sich der Kondensator.

        Im ungünstigsten Fall ist Ris 100 G. Damit erhalten wir:

        0,01 F · 100 G = 1000 s


        Bei einer Reihenschaltung von Kondensatoren an Gleichspannung werden die Teilspannungen sowohl durch die Kapazitäten als auch durch die Isolationswiderstände bestimmt. Wir wollen dies an der Schaltung 10.19 zeigen, bei der zwei unge­ ladene Kondensatoren zum Zeitpunkt t = 0 an eine lineare Gleichspannungsquelle geschaltet werden.

        1. i

          durch die Ersatzschaltung 10.19b beschrieben. Wir berechnen die Spannungen:

          Ri t = 0


          Uq

          Ris1 u1

          C1


          Ris2 u2

          C2


          u1 =


          u2 =

          C2 C1 + C2

          C1 C1 + C2


          Uq = 8,25 V


          Uq = 3,75 V



        2. c)


        u1


        Ris1 u1

        Der Zustand lange Zeit nach dem Einschalten (t > 104 s) wird durch Ersatzschaltung 10.19c beschrieben. Dabei ist:

        R

        U

        C1

        q Uq

        u2


        Ris2 u2

        u1 = U1 =

        is1

        Ris1 + Ris2

        Ris2

        Uq = 6,0 V

        C2 u2 = U2 =

        Ris1 + Ris2

        Uq = 6,0 V


        Bild 10.19 Gleichspannungsbetrieb von Kondensatoren:

        a) vollständige Ersatzschaltung, b) Ersatzschaltung für die Zeit kurz nach dem Einschalten, c) Ersatzschaltung für die Zeit lange nach dem Einschalten


        Die genaue Untersuchung dieses Schaltvorgangs wird zweckmäßig mit der Laplace­Transforma­ tion durchgeführt (s. Abschn. 8.1.3); sie führt für Ri << Ris1 und Ri << Ris2 auf folgendes Ergebnis:

        • Kurz nach dem Einschalten werden die Teil­ spannungen u1 und u2 durch die Kapazitäten bestimmt (Bild 10.19 b).

        • Im stationären Fall wenn die Spannungen und die Ströme sich zeitlich nicht mehr än­ dern werden die Teilspannungen durch die Isolationswiderstände bestimmt (Bild 10.19c). Dabei fließt der Gleichstrom:

        Uq

        Dieselben Teilspannungen wie oben ergeben sich nur dann, wenn das Verhältnis der Isolati­ onswiderstände gleich dem Kehrwert des Ver­ hältnisses der Kapazitäten ist:


        Ris1 = C2

        Ris2 C1


        Ionisationsverluste

        Die Feldstärke im elektrischen Feld zwischen den Elektroden eines Kondensators ist proportional zur Kondensatorspannung. Vergrößert man diese Spannung so weit, dass die Anfangsfeldstärke des Isolators zwischen den Elektroden überschritten wird, so kommt es zur Stoßionisation und zum Ab­ fließen von Ladung (s. Band 1, Abschn. 8.4.3); das Dielektrikum wird im Bereich des Durchschlags stark erwärmt und zerstört.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        i = I =

        Ris1 + Ris2

        (10.9)

        An den Kanten der Elektroden ist die Feldstärke höher als zwischen den Elektroden. Grenzen die

        Beispiel 10.5

        Eine Reihenschaltung von zwei Kondensa­ toren (C1 = 0,015 F ; Ris1 = 100 G und C2 = 0,033 F; Ris2 = 100 G) liegt an einer Gleichspannungsquelle (Uq = 12 V; Ri = 1 ). Wir wollen die Teilspannungen berechnen.

        Der Zustand kurz nach dem Einschalten (eine genaue Untersuchung ergibt t > 1 s) wird

        Kanten an Luft, so kann vor allem durch Stoß­ ionisation die Zahl der beweglichen Ladungsträ­ ger erhöht werden. Dadurch wird der Isolationswi­ derstand vermindert, was zu Ionisationsverlusten führt.


        Durch Vergießen des Kondensators mit Kunstharz bzw. durch Einsetzen in Isolieröl werden die Ioni­ sationsverluste erheblich herabgesetzt.

      3. Verluste bei Wechselspannungsbetrieb


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Bei Betrieb an Wechselspannung ergeben sich neben den bereits genannten Verlusten weitere Verluste, die durch den Ohmschen Widerstand der Zuleitungen und der Elektroden sowie durch den ständigen Wechsel der Polarisationsrichtung verursacht werden. Dieser führt zu mechanischen Schwingungen der Dipole des Dielektrikums um ihre Ruhelage. Dabei wird elektrische Energie in Wärme umgewandelt; diese Verluste werden Po- larisationsverluste genannt.


        B


        Im(Y )


        0



         = 0


        


        G


        

        Y = G + jB


        Re(Y )


        Die Wirkung eines Kondensators an Wechselspan­ nung entspricht umso mehr der Wirkung eines Grundeintors C, je kleiner die Verlustenergie

        Bild 10.20 Leitwert eines Kondensators


        W = T BU 2


        (10.14)

        Wv in einer Periode im Vergleich zur maximal

        max

        2 

        gespeicherten Energie Wmax ist. Mit diesen Größen ist der Gütefaktor (kurz: „Güte“) Q des Kondensators definiert:

        Mit dem Wirkleitwert erhalten wir die Verlust­ energie in einer Periode:


        Wv = T G U2 (10.15)

        Wmax

        W

        Q = 2 

        v

        (10.10)

        Zur Berechnung der Güte Q setzen wir die Gln. (10.14 und 10.15) in die Gl. (10.10) ein:

        Der Kehrwert der Güte ist der Verlustfaktor d:

        TBU 2 1

        (10.16)

        1

        d = Q

        (10.11)

        Q = 2 2 TGU2 = tan

        Da der Verlustwinkel i. Allg. sehr klein ist, gilt:

        Beim Betrieb eines Kondensators an Sinusspan­ nung führen die Verluste dazu, dass der Phasen­ verschiebungswinkel der Spannung gegen den

        1

        d = Q

        = tan

        (10.17)

        Strom von – / 2 abweicht. Diese Abweichung wird durch den Verlustwinkel beschrieben:

        cos = sin

        (10.18)

         =

         

        2

        (10.12)

        Die Verlustleistung P eines Kondensators kann

        deshalb mit dem Verlustfaktor d direkt aus der Scheinleistung berechnet werden:

        Der Leitwert Y des Kondensators (Bild 10.20) besitzt somit außer dem Blindanteil auch einen Wirkanteil G. Er kann mit dem Verlustwinkel aus

        P = S ·d

        Beispiel 10.6

        (10.19)

        dem Blindleitwert B berechnet werden:


        G = B tan (10.13)


        Mit dem Blindleitwert B und der Periodendauer T berechnen wir die maximal im Kondensator ge­ speicherte Energie:

        Ein Kondensator hat bei der Frequenz 1,5 kHz die Güte Q = 80. Bei dieser Frequenz fließt an Sinusspannung U = 100 V der Strom 1,38 A. Wir wollen die Verlustleistung berechnen.

        Dazu setzen wir die Scheinleistung 138 VA und die Gl. (10.11) in die Gl. (10.19) ein und erhalten die Leistung P = 1,7 W.

        Der Wert des Verlustfaktors ist bei Kondensatoren frequenzabhängig. Im Datenblatt wird dies entwe­ der durch eine Kurve dargestellt (Bild 10.21) oder es werden mehrere Zahlenwerte für den Verlust­ faktor mit den zugehörigen Frequenzwerten ge­ nannt.



















        a)


































        b)






















        c)







        100

        4

        101

        4

        102

      4. Wechselstrom-Ersatzschaltungen


        Die Wirkung eines Kondensators bei Wechsel­ spannungsbetrieb kann durch eine Ersatzschaltung (Bild 10.22) beschrieben werden, die parallel zum Grundeintor C einen Leitwert GP enthält, der die Polarisationsverluste beschreibt. In Reihe dazu liegen die Grundeintore RS und L, mit denen die Spannungsfälle an den Zuleitungen und Elektro­ den berücksichtigt werden.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        C

        tan

        4

        103

        4

        RS L

        GP

        104

        102


        4 103


        4 104


        4 105


        4 106


        4 107

        Bild 10.22 Kondensator­Ersatzschaltung

        f in Hz


        Bild 10.21 Frequenzabhängigkeit des Verlustfaktors:

        a) Keramikkondensator; b) MKC­Kondensator;

        c) MKP­Kondensator (Bezeichnungen s. Tab. 10.1)


        Der Verlustfaktor ist außerdem von der Tempera­ tur, dem Kapazitätswert und der Betriebsspannung

        Bei niedrigen Frequenzen können RS und L ver­ nachlässigt werden; es gilt die vereinfachte Ersatz­ schaltung 10.23a.

        Aus dem Leitwert Y = G + j C dieser Schaltung ergibt sich der Verlustfaktor für tiefe Frequen­ zen, dessen Wert mit zunehmender Frequenz ab­ nimmt:


        P

        G

        abhängig.

        In der Tabelle 10.1 sind einige Dielektrika und die

        d = tan

        =  C

        (10.20)

        mit ihnen erzielbaren minimalen Verlustfaktoren zusammengestellt.


        Tabelle 10.1 Gebräuchliche Dielektrika

        Bei hohen Frequenzen ist C >> GP. Man kann GP vernachlässigen, muss aber stattdessen RS be­ rücksichtigen. Aus dem Leitwert der Ersatzschal­ tung für hohe Frequenzen (Bild 10.23) ergibt sich der zugehörige Verlustfaktor, dessen Wert mit zu­ nehmender Frequenz ansteigt:

        Dielektrikum

        tan min

        bei 20 °C

        Kondensator- bezeichnung DIN 41 379

        Glimmer

        10–5


        Papier

        10–2


        Keramik

        10–1


        Polystyrol

        10–4

        MKS, KS

        Polypropylen

        10–4

        MKP, KP

        Polycarbonat

        10–3

        MKC, KC

        Celluloseacetat

        10–2

        MKU

        Polyethylen-

        10–2

        MKT, KT

        terephthalat



        a) C


        GP


        c) RS L

        b)


        RS C


        C


        Bild 10.23 Vereinfachte Kondensator­Ersatzschaltun­ gen: a) für tiefe Frequenzen; b) für hohe Frequenzen;

        c) für sehr hohe Frequenzen

        d = tan = C RS (10.21)

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Stellt man den Verlauf des Verlustfaktors über der Frequenz im logarithmischen Maßstab dar, so führt die Gl. (10.20) auf eine unter 45° fal­ lende und die Gl. (10.21) auf eine unter 45° stei­ gende Gerade. Ein Vergleich mit Bild 10.21 zeigt, dass keine der dort angegebenen Kurven diesen Verlauf aufweist; nur der Verlauf von Kurve c) stimmt ab etwa 10 kHz mit der Gl. (10.21) über­ ein. Ursachen für diese Abweichungen sind die bereits erwähnten Frequenzabhängigkeiten der Polarisationsverluste und der Permittivitätszahl. Eine Kondensator­Ersatzschaltung kann deshalb

        103

        4

        a)

        102

        4


        101

        4

        Z

        100

        4


        10

        104 4


        b)


        105 4


        106


        4 107Hz 4


        c)


        108

        in der Regel nur für einen schmalen Frequenzbe­ reich angegeben werden.

        Beispiel 10.7

        Für einen MKC­Kondensator mit C = 22 nF und einem Verlustfaktor entsprechend Bild

        10.21 Kurve b) wollen wir eine Ersatzschal­ tung für Frequenzen um 50 kHz angeben.


        Da die Kurve ansteigt, die Frequenz anderer­ seits ziemlich niedrig ist, wählen wir die Er­ satzschaltung 10.23b, wofür wir den Wider­ stand RS bestimmen wollen. Wir lesen dazu bei 50 kHz den Wert tan = 3 · 103 aus Bild

        10.21 ab.

        Nun berechnen wir RS mit der Gl. (10.21):

        f


        Bild 10.24 Frequenzabhängigkeit des Scheinwiderstan­ des: a) 22­nF­Keramikkondensator; b) 100­nF­MKC­ Kondensator; c) 1,2­nF­MKP­Kondensator


        Aus der Kurve lesen wir die Resonanzfrequenz fr = 4 MHz und für 1 MHz den Scheinwider­ stand Z = 2 ab. Da die Resonanzfrequenz re­ lativ nahe an der Frequenz 1 MHz liegt, wäh­ len wir die Ersatzschaltung 10.23c und berech­ nen aus

        S C

        Z = R + j L  1 )

        die folgenden Werte:

        =

        tan

        RS C

        = 0,43

        L  1 = 0 ;

        L =  1 = 15,8 nH

        r

        r r C

        2 C

        Bei sehr hohen Frequenzen ist die Eigenindukti­ vität eines Kondensators nicht mehr vernachlässig­ bar; man arbeitet mit der Ersatzschaltung 10.23c.

        RS = Z

        2 L  1 2

        r

        – – )

        r C


        = 1,33


        Die Eigeninduktivität hat zur Folge, dass bei sehr hohen Frequenzen Resonanz auftreten kann. Ober­ halb der Resonanzfrequenz fr wirkt der Konden­ sator nicht mehr kapazitiv, sondern induktiv; sein Scheinwiderstand nimmt mit der Frequenz zu.


        Beispiel 10.8

        Für den 100­nF­Kondensator, dessen Schein­ widerstand im Bild 10.24 als Kurve b) darge­ stellt ist, wollen wir eine Ersatzschaltung für die Frequenz f = 1 MHz angeben.

      5. Temperatureinfluss

        Außer dem Verlustfaktor sind auch die übrigen Kenndaten eines Kondensators von der Tempera­ tur abhängig. Für den Kapazitätswert gilt bei den meisten Dielektrika näherungsweise:

        C( ) C20 [1 + 20 ( – 20 °C) ] (10.22)

        C20 ist der Kapazitätswert bei der Bezugstempe­ ratur 20 °C und 20 der zugehörige Temperatur­ koeffizient mit der Einheit l / K.

        4

        % 2

        0

        C 

        C20 

        6

        8

        0


        20


        a)

        b)

        c)


        C = C() C20


        0 20 40°C 60 80 100

        Elektrolytkondensatoren) und DIN EN 130300 (Al­Elektrolytkondensatoren) spezifiziert.

        Bedingt durch die Sperrschicht, deren Kapazität genutzt wird, ist in der Regel nur gepolter Betrieb möglich. Kleine Spannungen mit falscher Polung sind allerdings zugelassen. Bei Al­Elektrolytkon­ densatoren darf der Scheitelwert dieser Spannung 2 V nicht überschreiten, bei Tantalkondensatoren mit festem Elektrolyten sind Scheitelwerte bis zu 15 % der Nennspannung zulässig. Werden diese temperaturabhängigen Werte überschritten, kann der Kondensator explosionsartig zerstört werden.

        Bild 10.25 Temperaturabhängigkeit des Kapazitäts­ wertes: a) MKL­, b) MKC­, c) MKP­Kondensator


        Der Temperaturkoeffizient kann positiv sein (z. B.

        20 600 · 10–6 K–1 bei Celluloseacetat), aber er kann auch negativ sein (z. B. 20 = 600 · 10–6 K–1 bei Polystyrol).

        Bei Keramikkondensatoren kann die Gl. (10.22) nur bei Kondensatoren aus Typ-1-Keramik ver­ wendet werden. Diese sind mit garantierten Tem­ peraturkoeffizienten 2200 · 10–6 ... 100 · 10–6 K–1

        Bei richtiger Polung und Betrieb an Gleichspan­ nung fließt ein Sperrstrom, hier Reststrom (leak­ age current) genannt, der mit zunehmender Tem­ peratur exponentiell ansteigt. Die Größe des Rest­ stroms ist von der Betriebsspannung, vom Kapa­ zitätswert und von der Nennspannung abhängig. So gibt z. B. ein Hersteller von Al­Elektrolytkon­ densatoren folgende Zahlenwertgleichung für den Reststrom einer Typenreihe an:

        C U

        erhältlich. Bei Kondensatoren aus Typ-2-Kera- mik ist der Kapazitätswert nichtlinear von der

        I L <=

        0,006 A · F ·

        V + 4 A

        (10.23)

        Temperatur abhängig (Bild 10.26); die Gl. (10.22) kann nicht angewendet werden.
















        C = C() C20










        20

        %

        0

        Damit ergibt sich z. B. für einen Kondensator 220 F; 63 V der Reststrom IL 87 A.


        103

        4


        C

        

        102

        4

        Z in

        C20 

        60

        0


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        20


        0 20 40°C 60 80 100

        101

        4

        Z 100

        4

        101


        40 °C

        

        0

        Bild 10.26 Temperaturabhängigkeit des Kapazitäts­ 4

        2

        wertes bei einem Kondensator mit Typ­2­Keramik 10

        85 20

      6. Eigenschaften von Elektrolytkondensa- toren

        Elektrolytkondensatoren weisen neben den schon für die anderen Kondensatorbauformen beschrie­ benen Eigenschaften einige besondere Merkmale auf, die bei ihrer Anwendung berücksichtigt wer­ den müssen. Diese sind in DIN EN 130200 (Ta­

        101 4 102 4 103 4 104 4 105 4 106 4 107 4 108

        f in Hz


        Bild 10.27 Scheinwiderstand eines Al­Elektrolytkon­ densators 100 F; 63 V


        Besonders kleine Restströme werden bei Tantal­ kondensatoren mit flüssigem Elektrolyten er­ reicht.

        Bei längerer spannungsloser Lagerung eines Al­ Elektrolytkondensators kann es zu einem teilwei­


        101

        sen Abbau der Oxidschicht kommen. Wird ein sol­ cher Kondensator in Betrieb genommen, so findet zunächst eine Neuformierung der Oxidschicht statt, die mit einem bis zu 1000­mal größeren Reststrom verbunden sein kann. Erst nach ei­ nigen Stunden klingt der Reststrom auf seinen Normalwert ab.


        Der Wirkwiderstand eines Elektrolytkondensators ist von der Bauform, der Temperatur, der Nennka­ pazität und der Nennspannung abhängig und relativ groß (0,1 . . . 500 bei 100 Hz und 20 °C).


        tan

        4


        100

        4

        101

        4

        2

        10

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        101


        4 102

        f

        40 °C


        4 103

        20 0

        20

        85


        4 104 Hz

        Deshalb wird bereits bei tiefen Frequenzen für die Beschreibung des Wechselstromverhaltens die Er­ satzschaltung 10.23c verwendet.


        Der Widerstand RS der Ersatzschaltung wird in den Datenblättern häufig mit ESR (equivalent series resistance) und das Eintor L mit ESL (equi­ valent series inductance) bezeichnet.


        Wird ein Elektrolytkondensator an einer schwin­ genden Spannung betrieben, so muss darauf geachtet werden, dass der Effektivwert des Wechselstromes und die Verlustleistung die im Datenblatt genannten zulässigen Höchstwerte nicht übersteigen. Bei sinusförmigem Wechsel­ spannungsanteil mit dem Effektivwert kann der Effektivwert I = / Z des Stromes mit dem Scheinwiderstand Z des Kondensators berechnet werden und man erhält die Verlustleistung:


        

        R

        Bild 10.28 Verlustfaktor eines Al­Elektrolytkonden­ sators 100 F; 63 V

        Fragen

        • Wie ist ein Wickelkondensator aufgebaut?

        • Verschiedene Kondensatorbauformen sind selbsthei­ lend. Was versteht man darunter?

        • Welche elektrischen Eigenschaften haben die Kera­ mikmassen, die bei der Herstellung von Kondensa­ toren verwendet werden?

        • Geben Sie die Definitionen der Begriffe Nennkapa­ zität und Nennspannung an.

        • Skizzieren Sie die Gleichstrom­Ersatzschaltung ei­ nes Kondensators.

        • Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Verlustwinkel und dem Phasenverschiebungswinkel des Stromes gegen die Spannung?

        • Wie ist die Güte eines Kondensators definiert?

        • In welchem Wertebereich kann der Verlustfaktor eines Kondensators liegen?

        • Geben Sie die Gleichung zur Berechnung der Ver­ lustleistung mit dem Verlustfaktor an.

          P = RS

          I 2 = U 2 · S

          Z 2

          (10.24)

        • Skizzieren Sie je eine Kondensator­Ersatzschaltung für tiefe und für sehr hohe Frequenzen.

        • Geben Sie ein Beispiel für die Verwendung des

          Der Scheinwiderstand Z ist temperaturabhängig. Er nimmt wegen der bei niedrigen Temperaturen geringeren Leitfähigkeit des Elektrolyten mit sin­ kender Temperatur zu (Bild 10.27). Der Anstieg des Scheinwiderstands bei hohen Frequenzen ist auf die Selbstinduktivität zurückzuführen.


          Der Verlustfaktor von Elektrolytkondensatoren hat bei mittleren Frequenzen und bei Normaltempera­ tur Werte größer als 10–2; er kann bei hohen Frequenzen und tiefen Temperaturen auf Werte tan > 1 anwachsen (Bild 10.28).

          Temperaturkoeffizienten an.

        • Welchen Einfluss hat die Temperatur auf den Kapazitätswert bei Typ­2­Keramikkondensatoren?

        • Warum darf ein Elektrolytkondensator nicht mit fal­ scher Polung betrieben werden?

        • Erläutern Sie, weshalb nach langer spannungs­ loser Lagerung eines Elektrolytkondensators der Reststrom bei Inbetriebnahme zunächst sehr groß sein kann.

        • Warum steigt der Scheinwiderstand eines Elek­ trolytkondensators mit sinkender Temperatur?

        • In welchem Wertebereich liegen der Wirkwiderstand und der Verlustfaktor eines Elektrolytkondensators?

        Aufgaben

        10.5(1) Im Datenblatt einer Kondensator­Typen­ reihe ist die Zeitkonstante = 5000 s angegeben. Bestimmen Sie aus dieser Angabe die Werte der Gleichstrom­Ersatzschaltung eines 150­nF­Kon­ densators dieser Bauart.

        10.6(1) Die Entladezeitkonstante eines 5,6­

        migen Hälften, die durch eine federnde Spange oder durch Schrauben (nicht dargestellt) zusam­ mengehalten werden. Längs der Achse kann ein Ferritzylinder eingeschraubt werden, der für den magnetischen Fluss einen Parallelweg bildet. Dieser sog. magnetische Nebenschluss dient zur Einstellung der wirksamen Luftspaltlänge.

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Kondensators ist im Datenblatt mit = 4500 s an­ gegeben. Der Kondensator wird auf 60 V aufge­ laden und anschließend von der Quelle getrennt. Wie groß ist nach 2 h seine Klemmenspannung?

        10.7(1) Ein 680­pF­Schichtkondensator hat bei 1 kHz die Güte 125. Geben Sie die zugehörige Wechselstrom­Ersatzschaltung an.

        10.8(2) Der Temperaturkoeffizient eines MKL­ Kondensators ist 20 = 800 · 10–6 K–1. Um wie viel

        Drahtwicklung Ferritzylinder Spulenkörper


        Ferritschalen

        Prozent ändert sich der Kapazitätswert bei einer Temperaturerhöhung von 20 °C auf +55 °C?


    4. Spule


      Ziele: Sie können

      • eine Spulen­Ersatzschaltung angeben und erläutern.

      • die Definitionen für den Verlustwinkel, den Verlust­ faktor und die Güte einer Spule nennen.

      • die Gleichung für die effektive Permeabilität herlei­ ten.

      • die Gleichung für den Induktivitätsfaktor und die Voraussetzungen für seine Anwendung angeben.

      • ein Beispiel für die Verwendung des Widerstands­

        Bild 10.29 Spule mit Schalenkern aus Ferrit und einstellbarem Luftspalt


        Bei Spulen für Frequenzen > 100 MHz wird häu­ fig auf einen Kern aus hochpermeablem Material verzichtet. Solche Spulen werden als Luftspulen bezeichnet. Sie werden mit und ohne Spulenkörper ausgeführt und bestehen aus einer einlagigen Zylinderspule mit geringer Windungszahl (Bild 10.30) oder aus einer spiralförmigen Leiterbahn auf einem Trägermaterial (Bild 10.31). Letztere Ausführung kann auch in integrierten Schaltungen verwendet werden.

        faktors nennen.

      • die Ursachen der Kernverluste nennen.

      • die Wirkung der Wirbelströme im Kern beschreiben.

      • den Wirbelstromverlustwiderstand mit dem Wirbel­ strombeiwert ausdrücken.

      • den Rayleigh­Bereich im B­H­Diagramm angeben.

      • den Zusammenhang zwischen den Hystereseverlus­ ten und dem Hysteresebeiwert nennen.

      • den Kernverlustwiderstand und die Induktivität mit- hilfe der komplexen Permeabilität ausdrücken.

      • die Bedeutung der V­Zahl erläutern.

      Kontaktfläche mit Lot

      Drahtwicklung


      Die Spule (coil) ist ein Bauelement, das die Wir­ kung des Grundeintors L ergeben soll; sie besteht

      Spulenkörper Schutzkappe

      Kontaktfläche mit Lot

      aus einer Drahtwicklung auf einem Spulenkörper aus Isoliermaterial und enthält meist einen Kern aus Eisenblech oder Ferrit.

      Das Bild 10.29 zeigt eine Spule mit Schalenkern

      aus Ferrit. Der Kern besteht aus zwei schalenför­

      Bild 10.30 Luftspule in SMD­Ausführung (Seiten­ und Aufriss)

      Um die Verkettung sämtlicher Windungen einer Zylinderspule mit dem Gesamtfluss zu erreichen,

      wer­den solche Spulen auch mit einem zylindr­i- schem Fer­r­itker­n her­gestellt.


      Anschluss


      = a

      AFe lFe


      (10.25)

      (Metall 2)


      Anschluss (Metall 1)

      Bei einem Kern mit Luftspalt beschr­eibt die effektive Permeabilität e < a die Wir­kung des gesamten magnetischen Kr­eises. Die effektive Per­- meabilität hängt vom Ker­nmater­ial, von der­ Ker­n- for­m sowie von den Abmessungen des Ker­ns und des Luftspalts ab. Mit ihr­ kann man den magneti- schen Leitwer­t eines magnetischen Kr­eises mit Luftspalt ver­einfacht ber­echnen:


      Durchkontaktierung


      e

      AFe lFe


      (10.26)


      Bild 10.31 Luftspule einer­ integr­ier­ten Schaltung


      Bei sehr­ hohen Fr­equenzen er­geben auch Ferrit­

      Für­ einen Ringker­n mit Luftspalt kann e aus dem magnetischen Leitwer­t des Ker­ns ber­echnet wer­den:

      perlen ( ferrite bead), die auf den Leiter­ gefädelt sind, ausr­eichend gr­oße induktive Wider­stände.

      e =

      l =  · l A A

      (10.27)


      Draht Ferritperle

      Hier­in ist l = lFe + lL die mittler­e Feldlinienlänge.

      Wir­ setzen = B A in die Gl.(10.27) ein und er­set- zen die Dur­chflutung:


      Bild 10.32 Er­zeugung einer­ Induktivität mit einer­ Fer­r­itper­le auf einem Dr­aht


       =

      B

      0 lL

      B

      + a


      lFe


      (10.28)


      1. Berechnung der Induktivität

        Die effektive Per­meabilität eines Ringker­ns mit Luftspalt ist somit:


        Gleichungen für­ die Induktivität von Spulen sind im Abschn. 1.6.3 angegeben. Im Folgenden soll

        e = 1

        1

        lL 1 lFe


        (10.29)

        die Ber­echnung der­ Induktivität von Spulen mit hochper­meablem Schalenker­n gezeigt wer­den, die

        0 · l

        + a · l

        für­ einen Betr­ieb mit sehr­ kleinem Scheitelwer­t der­ Wechselflussdichte bestimmt sind.

        Bei ger­inger­ Luftspaltlänge ist l lFe und die

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Gl. (10.29) kann ver­einfacht wer­den:

        1

        In der­ Nachr­ichtentechnik beschr­änkt man den Scheitelwer­t der­ Flussdichte auf Wer­te im mT-Be-

        e =

        lL + 0

        · 0

        (10.30)

        r­eich und ver­wendet Kerne mit Luftspalt; in diesem Fall kann die Induktivität der­ Spule als annäher­nd konstant angesehen wer­den. Hyster­eseschleifen mit < 1 mT lassen sich für­ niedr­ige Fr­equenzen dur­ch Ger­aden dur­ch den Ur­spr­ung annäher­n, de- r­en Steigung gleich der­ Anfangspermeabilität a ist. Der­ magnetische Leitwer­t eines Ker­ns ohne Luftspalt ist in diesem Ber­eich:

        lFe a

        Bei ander­en Ker­nfor­men muss e empir­isch be- stimmt wer­den; die Gl. (10.30) liefer­t nur­ Nähe- r­ungswer­te. Deshalb geben die Her­steller­ hoch- per­meabler­ Ker­ne empir­isch bestimmte Induk­ tivitätsfaktoren AL an, die von der­ Luftspaltlänge abhängig sind. Mit diesen kann die Induktivität aus der­ Windungszahl N ber­echnet wer­den:


        L = AL N 2


        [AL


        = 1 H


        (10.31)

        nicht überschreiten. Wir wählen deshalb einen Kern mit der Luftspaltlänge 2 mm und dem Induktivitätsfaktor AL = 40 nH. Die erforder­

        Der Induktivitätsfaktor ist bei kleinen Scheitelwer­

        ten der Flussdichte wegen Gl. (1.58) gleich dem

        liche Windungszahl ist:

        magnetischen Leitwert des Kerns. Je länger der Luftspalt, desto kleiner ist AL, aber desto größer darf B sein.

        N = L AL

        = 806

        Wegen der Temperaturabhängigkeit der Permeabi­ lität ist auch L temperaturabhängig.


        Beispiel 10.9

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Eine Spule mit L = 26 mH soll für einen Strom mit der Amplitude îi = 12 mA ausgelegt werden. Für den vorgesehenen Kern gelten fol­ gende Herstellerangaben:

        = 10 mT; AFe = 44 mm2

      2. Verlustwinkel und Gütefaktor


        Jede Spule weist neben der angestrebten energie­ speichernden Wirkung der Induktivität Verluste auf, die durch den Drahtwiderstand und durch das Kernmaterial verursacht werden. Die Wirkung einer Spule an Wechselspannung entspricht umso mehr der Wirkung eines Grundeintors L, je kleiner die Verlustenergie Wv in einer Periode im Verhältnis zur maximal gespeicherten Energie Wmax ist. Mit diesen Größen ist der Gütefaktor (kurz: Güte) der Spule definiert:


        l L in mm

        2

        1,1

        0,6

        AL in nH

        40

        63

        100

        e

        0


        19,2


        30


        48

        Wmax

        W

        Q = 2 

        v


        (s. Gl. 10.10)



        Wir wollen die erforderliche Windungszahl

        Der Kehrwert der Güte ist der Verlustfaktor d:

        berechnen.

        Zunächst bestimmen wir den Scheitelwert

        m des Verkettungsflusses und den noch

        1

        d = Q

        (s. Gl. 10.11)

        zulässigen Wert zul des Flusses:

        Die Verluste führen dazu, dass eine Spule bei Be­

        î m

        = L îi

        = 312 V s

        trieb mit Sinusstrom außer dem Blindwiderstand auch einen Wirkwiderstand aufweist. Verschie­

        î zul = Bî zul AFe = 0,44 V s

        Hiermit berechnen wir die minimale Win­ dungszahl Nmin, die erforderlich ist, damit beim Betrieb der Spule die zulässige Fluss­ dichte nicht überschritten wird:

        bungsströme zwischen den einzelnen Windungen der Drahtwicklung ergeben eine kapazitive Wir­ kung, die sich der induktiven Wirkung überlagert,


        Verwendungsbereich


        Nmin =

        î m

        î zul


        = 709


        Im(Z )


        0


        = 0 r

        8

        Um mit dieser oder einer größeren Windungs­ zahl die Induktivität L = 26 mH zu erreichen, darf AL den Wert

        Re(Z )

        A = L


        = 51,7 nH

        N

        L 2

        min

        Bild 10.33 Ortskurve des Widerstands Z( j) einer Spule

        diese schwächt und bei hohen Frequenzen zu Re­ sonanz führt. Oberhalb der Resonanzfrequenz wirkt die Spule kapazitiv (Bild 10.33).


        Die Spulen­Ersatzschaltung 10.34 hat entsprechend der Ortskurve (Bild 10.33) einen frequenzabhän­ gigen Widerstand Z. In der Ersatzschaltung wer­

        Mit dem Wirkwiderstand berechnen wir die Ver­ lustenergie pro Periode:


        Wv = T R I2 (10.33)

        Wir setzen dies in die Gl. (10.10) ein und erhalten die Güte der Spule für Sinusschwingungen:

        den die Verluste durch den Verlustwiderstand Rv und die Verschiebungsströme durch die Wick- lungskapazität CW berücksichtigt.

        Q = 2  T X I 2

        2  T R I 2

        = 1

        tan


        (10.34)

        Rv L

        Da der Verlustwinkel i. Allg. klein ist, gilt für den Verlustfaktor und die Güte:


        CW d =

        1 = tan

        Q

        (s. Gl. 10.17)



        Bild 10.34 Wechselstrom­Ersatzschaltung einer Spule

        Die Verlustleistung kann mit dem Verlustfaktor di­ rekt aus der Scheinleistung berechnet werden:


        In der Regel wird eine Spule weit unterhalb ihrer Resonanzfrequenz betrieben; hierbei ist der Ein­ fluss der Verschiebungsströme vernachlässigbar.

        P = S ·d


        Beispiel 10.10

        (s. Gl. 10.19)

        Der Phasenverschiebungswinkel, der gleich dem Winkel des Widerstandes Z ist, weicht nur gering­ fügig von / 2 ab (Bild 10.35). Die Abweichung wird durch den Verlustwinkel beschrieben:

        Eine Spule mit L = 10 mH hat bei 50 kHz die Güte 250. Wir wollen für einen Sinusstrom I = 50 mA (50 kHz) die Spannung und die Verlust­ leistung berechnen.


        

        = 2 


        s. Gl. (10.12)

        Der Blindwiderstand der Spule ist:

        X = L = 3140


        Die maximal in der Spule gespeicherte Energie ist bei Sinusschwingungen:

        Mit dem Wirkwiderstand R = X / Q berechnen wir den komplexen Widerstand:

        Wmax =

        X I 2 =

        T X I 2

        2


        (10.32)

        X

        Z = Q


        + j X


        = 3140


        / 2 4 ·10–3



        

        X Z = R + jX


        Der Effektivwert der Spannung ist:

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        U = Z I = 157 V

        Die Spannung eilt dem Strom um den Winkel

        vor:

        Im(Z )

         =

         4 ·10–3 = 89,8°

        2



         = 0

        0 R


        Re(Z )

        Die Verlustleistung berechnen wir mit dem Verlustfaktor aus der Scheinleistung:


        Bild 10.35 Zur Definition des Verlustwinkels

        P = S d = U I

        v

        Q

        = 31,4 mW

      3. Kupferverluste

        0,5


        Durchmesser in mm

        Ein Teil der Verluste einer Spule bei Luftspulen sind es die gesamten Verluste wird durch den Drahtwiderstand verursacht. Diese Kupferver- luste (copper losses) PCu werden in der Spulen­


        FCu


        0,4


        0,10

        0,15

        0,07

        0,05 ohne Umspinnung

        0,04

        Ersatzschaltung durch den Kupferverlustwider- stand RCu berücksichtigt, der gleich dem Draht­ widerstand ist und einen Teil des Verlustwiderstan­ des bildet (Bild 10.38). Der Kupferverlustwider­ stand ist vom spezifischen Widerstand Cu, von

        0,3


        0,2

        0

        0,07


        0,04

        20

        0,05

        1. x Naturseide


          40 60

          Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

          der Querschnittsfläche AD und von der Länge lD

          des Drahtes abhängig:

          Kupferadern


          Bild 10.37 Kupferfüllfaktor von HF­Litze ( ohne

          l D

          A

          R Cu = Cu

          D

          (10.35)

          Umspinnung, ­­­ mit Naturseide umsponnen)


          und den unvermeidbaren Zwischenräumen einge­

          Drahtlänge und Drahtquerschnitt werden vom verwendeten Spulenkörper und von der Windungs­ zahl N bestimmt.

          nommene Fläche. Dies wird durch den Kupfer- füllfaktor FCu berücksichtigt; sein Wert hängt vom verwendeten Draht ab (Bilder 10.36 und 10.37).

          Die Drahtlänge kann aus der mittleren Windungs­ länge lW des Spulenkörpers berechnet werden:


          AD =

          AW FCu N

          (10.37)

          lD = N lW (10.36)

          Der Drahtquerschnitt AD lässt sich aus der Wick­ lungsfläche AW des Spulenkörpers berechnen. Da­ bei muss man berücksichtigen, dass nur ein Teil

          Setzt man die Drahtlänge und den Drahtquerschnitt in die Gl.(10.35) ein, so zeigt sich, dass der Kupfer­ verlustwiderstand durch die Abmessungen des Spulenkörpers bestimmt wird:

          der Wicklungsfläche für das Drahtmaterial zur Verfügung steht; der Rest ist die von der Isolation

          R Cu

          = N 2 Cu

          · l W AW

          · 1

          FCu

          (10.38)

          0,7


          0,6


          CuL

          Der in dieser Gleichung enthaltene, auf eine Win­ dung bezogene Widerstand wird Widerstandsfak- tor AR des Spulenkörpers genannt:

          0,5

          A = · l W · 1

          R Cu A F

          ; [AR


          = 1


          (10.39)


          FCu

          0,4


          


          


          0,1


          0

          CuLS

          W Cu


          Der Widerstandsfaktor wird von den Herstellern der Spulenkörper meist für einen Kupferfüllfaktor FCu = 0,5 angegeben; für andere Werte muss er umgerechnet werden. Aus dem Widerstandsfaktor und der Windungszahl kann der Kupferverlustwi­ derstand der Spule berechnet werden:

          102 2

          5 101

          d

        2. mm 5

        100


        RCu = N 2 AR


        (10.40)

        Bild 10.36 Kupferfüllfaktor: Kupferlackdraht (CuL), Kupferlackdraht seidenumsponnen (CuLS)

        Mit zunehmender Frequenz erhöht sich der Kup­ ferverlustwiderstand wegen des Skineffekts.

        Bei einer Spule wird das Magnetfeld im Quer­ schnitt eines Leiters auch vom Magnetfeld der übrigen Windungen hervorgerufen. Die Stromver­ drängung wird daher in einer Spule schon bei viel

        Nun bestimmen wir mit der Gl. (10.39) aus dem angegebenen den für FCu = 0,4 gültigen Widerstandsfaktor des Spulenkörpers:

        0,5

        niedrigeren Frequenzen wirksam als bei einem geraden linearen Leiter (s. Abschn. 10.2.3). Die

        Gl. (10.40) gilt deshalb nur für Frequenzen bis zu

        AR 0,4 = AR 0,5 · 0,4

        = 109 

        wenigen kHz.


        Da die Stromverdrängung bei Spulen von sehr vie­ len Parametern abhängt, z. B. von der Form der Spule, vom Eisenkern und von der Luftspaltlänge, müssen zu ihrer Berechnung Herstellerangaben herangezogen werden.


        Beispiel 10.11

        Wir wollen den Kupferverlustwiderstand der Spule (N = 806) aus dem Beispiel 10.9 für die Frequenz 400 Hz berechnen. Die Spule soll aus Kupferlackdraht gewickelt werden. Der zum Kern passende Spulenkörper hat fol­ gende Daten:


        AR = 87  bei FCu = 0,5; AW = 16 mm2

        Zunächst muss geprüft werden, ob der Kupfer­ füllfaktor 0,5 erreicht werden kann. Wir be­ stimmen mit der Gl. (9.37) den zugehörigen Drahtquerschnitt und aus diesem den Draht­ durchmesser:

        Mit diesem Widerstandsfaktor ergibt sich der

        Kupferverlustwiderstand:

        RCu = N 2 AR = 70,8

        Bei der niedrigen Frequenz f < 1 kHz wird der Kupferverlustwiderstand nur unwesent­ lich durch die Stromverdrängung erhöht.


      4. Kernverluste


Bei Spulen mit einem Eisen­ oder einem Ferritkern ist der Verlustwiderstand Rv größer als der Kup­ ferverlustwiderstand RCu. Ursachen für diese wei­ teren Verluste, die nur bei Wechselstrom auftre­ ten, sind Wirbelströme im Kern, die Hysterese und die Trägheit der Elementarmagnete.


Die Kernverluste werden auch als Eisenverluste

(iron losses) bezeichnet.


Um die verschiedenen Ursachen für die Verluste deutlich zu machen, wird in der Wechselstrom­ Ersatzschaltung der Verlustwiderstand durch eine

AD =

AW FCu N


= 0,00992 mm2

Reihenschaltung aus dem Kupferverlustwider­ stand RCu und dem Kernverlustwiderstand RKS

d

=  4 AD




= 0,112 mm

ersetzt.


RCu


I RKS L


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Aus Bild 10.36 ergibt sich für Kupferlackdraht mit 0,11 mm Durchmesser FCu 0,45; es kann also nur ein kleinerer Kupferfüllfaktor erreicht werden als zunächst angenommen. Damit ist die Verwendung eines dünneren Drahtes not­ wendig.


Aus einer Drahttabelle (s. auch Werte im Bild 10.37) entnehmen wir den nächstkleineren ge­ normten Drahtdurchmesser d = 0,1 mm. Für diesen berechnen wir den Kupferfüllfaktor 0,4; er kann nach Bild 10.36 erreicht werden.


CW


Bild 10.38 Spulen­Ersatzschaltung mit Kernverlust­ widerstand


Die Reihenschaltung aus RKS und L kann für je­ weils eine bestimmte Frequenz durch eine Paral­ lelschaltung ersetzt werden (Bild 10.39). Der Wi­ derstand RKP in der Parallelschaltung wird auch Eisenverlustwiderstand RFe genannt.


RCu


CW

RKP U

LP

Bei hohen Frequenzen ist das Kerninnere prak­ tisch feldfrei, nur in der Randzone des Kerns tritt ein Magnetfeld auf. In dieser Randzone fließen kräftige Wirbelströme.


Durch die Schwächung des Feldes wird die Induk­ tivität der Spule kleiner. Außerdem verursachen die Wirbelströme Wirbelstromverluste (eddy los­ ses), welche den Kern erwärmen; von der Quelle,

Bild 10.39 Spulen­Ersatzschaltung mit Eisenverlust­ widerstand


Bei niedrigen Frequenzen kann die Wicklungska­ pazität CW vernachlässigt werden. Der Widerstand der Ersatzschaltung 10.38 ist in diesem Fall:

an der die Spule betrieben wird, muss eine gleich große Leistung geliefert werden. Beide Einflüsse sind frequenzabhängig; sie treten nur in leitenden Kernen auf. In Ferritkernen gibt es praktisch keine Wirbelstromverluste, weil Ferrite Isolatoren sind. Kerne aus metallischem Eisen werden aus Blechen

Z = R Cu + R KS + j L

(10.41)

geschichtet (Bild 1.40), die gegeneinander isoliert sind.

Der Tangens des Verlustwinkels ist die Summe aus dem Tangens des Kupferverlustwinkels Cu und dem Tangens des Kernverlustwinkels K:

In jedem Blechquerschnitt wird nur ein Teilfluss geführt, der mit einem eigenen Wirbelstromfeld verkettet ist. Das Innere der Blechquerschnitte wird erst bei höheren Frequenzen feldfrei als der

=

Rv

tan L

RCu

=

L

RKS

+

L

Querschnitt eines massiven Kerns. Um die Wirk­ samkeit der Aufteilung in Teilquerschnitte zu beschreiben, gibt man eine Grenzfrequenz der

tan = tan Cu + tan K (10.42)

Wirbelstromverluste

Wir betrachten eine Spule mit einem massiven Ringkern aus Eisen. Bei Betrieb mit Wechselstrom treten im Kern Wirbelströme auf, die der Flussän­ derung entgegenwirken. Die äußeren Stromlinien (Bild 10.40) umschließen größere Flussanteile als die inneren; dadurch nimmt die Stromdichte der Wirbelströme nach außen hin zu.

Wirbelströme fW an. Bei dieser Frequenz ist die Eindringtiefe der Wirbelströme gleich der halben Blechdicke d. Der Betrag der Wirbelstromdichte hat dabei vom Blechrand zur Blechmitte um den Faktor 1 / e = 0,368 abgenommen.


Im Bereich kleiner Scheitelwerte der Flussdichte lautet die Gleichung für die Grenzfrequenz der Wirbelströme:

4

f W =

 a d 2

(10.43)

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

iW iW

 


Bild 10.40 Wirbelstromfeld in einem massiven ring­ förmigen Eisenkern für d / dt > 0


Die von den Wirbelströmen erzeugte Durchflutung ist dagegen im Zentrum des Kerns am stärksten, sie wirkt der Spulendurchflutung entgegen und schwächt das magnetische Feld.


Beispiel 10.12

Wir wollen die Grenzfrequenz der Wirbel­ ströme für verschiedene Blechdicken eines Elektroblechs berechnen.

a = 1000 0 ; 20 = 0,4 mm2 / m

Diese Werte setzen wir in die Gl. (10.43) ein und erhalten für einige Werte der Blechdicke:


d in mm 0,5 0,35 0,1 0,05

f W in kHz 1,6 3,3 40 162

Bei f > fW sollte ein Blech nicht verwendet wer­ den. Bei f << fW und kleinen Scheitelwerten der Flussdichte können die Wirbelstromverluste durch einen Wirbelstrom-Verlustwiderstand RW , der Teil des Kernverlustwiderstandes ist, berücksich­ tigt werden:

Hystereseverluste

In Abschnitt 2.3.4 haben wir die Hysteresearbeit berechnet (Gl. 2.43), die bei einem Ummagneti­ sierungszyklus im Kernvolumen VFe einer Spule auftritt. Beim Betrieb mit Wechselstrom der Fre­ quenz f werden in einer Sekunde f solcher Zyklen durchlaufen. Die dabei auftretende, auf eine Se­

RW = 2 cW L

(10.44)

kunde bezogene Hysteresearbeit nennt man Hys- tereseverluste (hysteresis losses) PH:

Hierin ist cW der Wirbelstrombeiwert:

PH =

f WH =

f VFe H · d B

(10.46)

cW =

a

12

· d 2 =

1

3 · f W

(10.45)


Beschränkt man den Scheitelwert der Flussdichte auf sehr kleine Werte, so ergeben sich als Hystere­

Durch Einfügen eines Luftspalts vermindert sich der Wirbelstrombeiwert und damit der Wirbel­ strom­Verlustwiderstand um den Faktor e / a.

seschleifen so genannte RAYLEIGH-Schleifen1). Diese können durch zwei spiegelbildliche Para­ beläste angenähert werden:


Beispiel 10.13

Für eine Spule mit der Windungszahl N =

B = (a + 2 Hî

H + (H 2Hî 2

(10.47)

1000 wird ein Kern aus 0,35 mm dicken Ble­ chen verwendet (Blechdaten s. Beispiel 10.12). Die Abmessungen sind:

AFe = 4 cm2 ; lFe = 120 mm; lL / lFe = 0,006

Die Spule soll mit kleinen Scheitelwerten der Flussdichte bei der Frequenz 400 Hz betrieben werden. Wir wollen sowohl die Induktivität als auch den Wirbelstrom­Verlustwiderstand

Für den oberen Parabelast (Bild 10.41) gilt das ne­ gative, für den unteren das positive Vorzeichen.


Parabeläste B

B


H

berechnen. H H

Wir bestimmen zunächst mit der Gl. (10.30) die effektive Permeabilität e = 143 0 des

Tangenten mit der Steigung a

B

Kerns und berechnen dann mit der Gl. (10.26) den magnetischen Leitwert = 600 nH.


Die Spule hat die Induktivität:

L = N 2 = 600 mH

Nun bestimmen wir mit der Grenzfrequenz


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Bild 10.41 Rayleigh­Schleife aus zwei Parabelästen


Für eine RAYLEIGH­Schleife hat das Integral in der Gl. (9.46) den Wert:

des Blechs den Wirbelstrombeiwert und den Wirbelstrom­Verlustwiderstand des Kerns mit Luftspalt:

H · d B = 8 · Hî 3

3

(10.48)

c =   1


e = 4,6 10–6

Die in den Gln.(10.47 und 10.48) enthaltene Größe

(griech. Buchstabe ny) wird RAYLEIGH-Kon-

W 3  · f W · a ·

RW = 2 cW L = 17,5

stante genannt; ihre Einheit ist 1 V s / A2.


1) Sir John William Rayleigh, 1842 – 1919

Mit Gl. (10.48) erhalten wir die Hystereseverluste:

Trägheit der Elementarmagnete

Die Magnetisierung eines hochpermeablen Mate­

P = f V

· 8 · Hî 3

(10.49)

rials ist mit Wandverschiebungen der WEISSschen

H Fe 3

Diese Leistung kann in der Ersatzschaltung 10.38 durch einen Hysterese-Verlustwiderstand RH, der Teil des Kernverlustwiderstandes R

Bezirke und mit Verdrehungen der Elementar­ magnete verbunden. Diese Verschiebungen und Drehungen können nur mit einer materialab­ hängigen Geschwindigkeit ablaufen, da sie mit

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

rücksichtigt werden:

KS ist, be­

Energieverlusten verbunden sind.

PH = RH I 2 (10.50)

Wir bestimmen RH, indem wir die Gl. (10.49) in die Gl. (10.50) einsetzen:

Bei hohen Frequenzen kommt es dadurch zu einer Verkleinerung des Scheitelwerts der Flussdichte und zu einer Phasenverschiebung zwischen B und H, die frequenzabhängig ist. Die hierdurch entste­


RH =

f VFe ·8 Hî 3

    1. I 2


      (10.51)

      henden Verluste sind besonders bei Ferriten von Bedeutung.

      Kernverluste in der Nachrichtentechnik

      Da die Feldstärke = I N / lFe durch den Schei­ telwert des Stromes bestimmt wird, kann man I aus der Gl. (10.51) eliminieren und durch Erwei­ tern mit a die Induktivität als Faktor einführen:

      Die verschiedenen Anteile der Kernverluste sind messtechnisch schwer zu trennen. Für kleine Scheitelwerte der Flussdichte, wie sie in der Nach­ richtentechnik üblich sind, beschreibt man die Kernverluste deshalb zusammenfassend mit-

      RH = L

      8 · 2 · Hî

      3 a 2

      (10.52)

      hilfe einer relativen komplexen Permeabilität

      , die für Kerne ohne Luftspalt gilt. Die Glei­ chung für die komplexe Permeabilität ist von der

      Die Kenngrößen und a des Materials werden mit den in der Gleichung enthaltenen Zahlenfak­ toren zum Hysteresebeiwert cH zusammengefasst:

      Ersatzschaltung abhängig, für die sie definiert wird. Wir legen die Reihen­Ersatzschaltung zu­ grunde und beziehen den komplexen Widerstand


      c H =

      8 · 2

      3  a


      ; [c H

      = 1 m

      A


      (10.53)

      RKS + j L auf den mit j multiplizierten Blindwi­ derstand einer fiktiven Induktivität L0, welche die Spule ohne hochpermeablen Kern hätte:

      Der Hysteresebeiwert wird von den Herstellern für Kerne ohne Luftspalt angegeben. Enthält der Kern einen Luftspalt, so ist der Hysteresebeiwert


      L0 = N 2 0

      AFe l Fe


      (10.55)

      um den Faktor (e / a)2 zu verkleinern; die Hyste­ reseverluste nehmen also durch Einfügen eines Luftspalts ab. Auch bei Werkstoffen, deren Hyste­ reseschleifen keine RAYLEIGH­Schleifen sind, wird

      Der so gebildete Quotient ist die komplexe Perme­ abilität:


      RKS + j L

      ein Hysteresebeiwert angegeben, der aber von bzw. abhängig ist.

      r =

      j L0

      j

      L

      L R


      Mit dem Hysteresebeiwert kann für einen gegebe­

      r =

      L

      0

      KS = rL j rR 0

      (10.56)

      nen Blindwiderstand L der Spule und einen ge­ gebenen Scheitelwert der Feldstärke der Hyste­ rese­Verlustwiderstand berechnet werden:

      Hî

      Die komplexe Permeabilität wird von den Kern­ herstellern angegeben. In isolierenden Ferriten, in denen keine Wirbelströme auftreten, ist r außer vom Material nur von der Frequenz und von den

      RH = L cH · 2

      (10.54)

      Scheitelwerten und abhängig. Mit den kom­ plexen Symbolen und für die gleichfrequent

      sinusförmig schwingenden magnetischen Feldgrö­ ßen gilt in diesem Fall:


      pv =

      Pv m Fe


      ; [ pv

      = 1 W

      kg


      (10.61)

      Bî = r 0 Hî

      (10.57)


      Hierin ist mFe die Masse des Eisenkerns.

      In schlecht isolierenden Ferriten, in denen schwa­ che Wirbelströme möglich sind, haben auch die Kernabmessungen Einfluss auf .

      Bei Elektroblechen ist zusätzlich von der Blech­ dicke abhängig.


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Mit dem Realteil der komplexen Permeabilität, der bei niedrigen Frequenzen gleich a / 0 ist, kann die Induktivität einer Spule berechnet werden:

      L = rL L0 (10.58)

      Der zugehörige Kernverlustwiderstand wird mit dem Betrag des Imaginärteils bestimmt:


      RKS = rR L0 (10.59)

      Der Tangens des Kernverlustwinkels (s. Gl. 10.42) ist der Quotient aus dem Betrag des Imaginärteils und dem Realteil der komplexen Permeabilität:

      Die genormte Bezeichnung jedes Elektroblechs enthält hinter dem Buchstaben V den Zahlenwert der bei = 1,5 T und f = 50 Hz auftretenden spe­ zifischen Verlustleistung in 1 / 100 W. So hat z. B. das im Band 1 beschriebene Elektroblech V 400­ 50 A unter den genannten Bedingungen die spezi­ fische Verlustleistung pv = 4,0 W/ kg.

      Für eine Spule mit der Kernmasse mFe können die

      bei = 1,5 T; f = 50 Hz auftretenden Eisenverluste

      aus der spezifischen Verlustleistung berechnet wer­ den. Für andere Flussdichte­ bzw. Frequenzwerte muss auf Herstellerangaben für das Kernmaterial zurückgegriffen werden.

      Fragen

      • Skizzieren Sie die Z­Ortskurve einer Spule.

      • Geben Sie für einen Punkt der Ortskurve den zuge­ hörigen Verlustwinkel an.

      • Wie lautet die Definitionsgleichung für die Güte ei­ ner Spule?

        tan K =

        rR

        rL

        (10.60)

      • Skizzieren Sie die Reihen­Ersatzschaltung einer Spule.

      • Nennen Sie die Ursachen der Kernverluste.

        Für einen Kern mit Luftspalt kann entsprechend zur effektiven Permeabilität e eine effektive kom­ plexe Permeabilität bestimmt werden. Sowohl der Realteil dieser Größe als auch ihr Imaginärteil sind kleiner als die entsprechenden Komponenten von . Der Tangens des Kernverlustwinkels wird durch den Luftspalt um einen Faktor verkleinert, dessen Wert zwischen e / a und (e / a)2 liegt. Die Kernverluste werden also durch einen Luftspalt verringert.


        Kernverluste in der Energietechnik

        In der Energietechnik werden Spulen mit niedrige­ ren Frequenzen (z. B. 50 Hz), aber mit wesentlich höheren Scheitelwerten der Flussdichte betrieben als in der Nachrichtentechnik. Die Induktivität kann dabei nicht mehr als konstant betrachtet wer­ den; die komplexe Permeabilität ist daher nicht an­ wendbar. Stattdessen beschreibt man die Kernver­ luste, die hier Eisenverluste genannt werden, mithilfe der spezifischen Verlustleistung pv:

      • Wie können die Wirbelstromverluste in Eisenkernen klein gehalten werden?

      • Wie ist die Grenzfrequenz der Wirbelströme defi­ niert?

      • Erläutern Sie die Begriffe Induktivitätsfaktor und Widerstandsfaktor.

      • Wie lautet die Definitionsgleichung für die komple­ xe Permeabilität?

      • Erläutern Sie die Bezeichnung V330­50A eines Elektroblechs.


      Aufgaben

      10.9(1) Eine Spule mit L = 230 mH hat bei der Frequenz 5 kHz die Güte 480.

      Bestimmen Sie den Verlustwiderstand.


      10.10(2) Für eine Spule mit L = 50 mH soll der Kern aus dem Beispiel 10.9 verwendet werden; die Windungszahl soll möglichst klein sein.

      Welcher Luftspalt ist zu wählen? Welche Windungszahl ist zu wählen?

      Welche maximale Stromamplitude ist zulässig?

      Anhang


      A1 Beziehungen zwischen Winkelfunktionen


      A1.1 Funktionen desselben Winkels


      sin2 + cos2 = 1 (A1.1) (A1.2)

      (A1.3)


      (A1.4)


      (A1.5)


      (A1.6)

      A1.3 Funktionen von Vielfachen und Teilen eines Winkels


      sin 2 = 2 sin cos (A1.18) (A1.19)

      sin 3 = 3 sin – 4 sin3 (A1.20)

      cos 2 = cos2 – sin2 (A1.21) cos 2 = 2 cos2 – 1 = 1 – 2 sin2 (A1.22) cos 3 = 4 cos3 – 3 cos (A1.23)

      (A1.24)


      (A1.25)


      A1.2 Funktionen zweier Winkel


      (A1.7)                  


      (A1.8)


      (A1.9)


      (A1.10)


      (A1.11)

      (A1.26)


      (A1.27)


      (A1.28)


      (A1.29)


      (A1.30)


      (A1.12)


      (A1.13)


      (A1.14)


      (A1.15)


      (A1.16)


      (A1.17)

      A1.4 Potenzen von Winkelfunktionen


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      (A1.31)


      (A1.32)


      (A1.33)


      (A1.34)


      (A1.35)

      A2 Komplexe Rechnung

      A2.1 Komplexe Zahlen

      Wir setzen dies in die Gl. (A2.1) ein:


      (A2.5)


      Eine komplexe Zahl ist die Summe aus einer re- ellen und einer imaginären Zahl. So ist z. B.:

      r = a + j b (A2.1)

      Eine komplexe Zahl wird durch Unterstreichen gekennzeichnet.

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      Die imaginäre Zahl j b entsteht durch Multiplika-

      Daraus erhalten wir die Eulersche Gleichung1):

      (A2.6)


      Der Realteil a, der Imaginärteil b und der Betrag r bilden stets ein rechtwinkliges Dreieck. Mit dem Satz des Pythagoras erhalten wir:

      tion der reellen Zahl b mit der imaginären   Einheit j, für welche die quadratische Gleichung

      j2 = 1 gilt. Während in der Mathematik für die

      (A2.7)

      imaginäre Einheit das Formelzeichen i üblich ist, verwendet man dafür in der Elektrotechnik wegen der Verwechselungsgefahr mit einem zeitabhängi- gen Strom den Buchstaben j.


      Man bezeichnet a als Realteil und b als Imagi- närteil der komplexen Zahl r. Die Darstellung einer komplexen Zahl nach Gl. (A2.1) bezeich- nen wir als R-Form: In einem rechtwinkligen Koordinatensystem wird a auf der reellen Achse und b auf der imaginären Achse aufgetragen.


      Bild A2.1 Komplexe Zahl r in der komplexen Ebene


      Die komplexe Zahl r kann auch durch ihren Be- trag r und ihren Winkel mithilfe des Versor- zeichens beschrieben werden:

      Der Betrag r = r ist stets positiv.

      Aus tan = b / a berechnen wir den Winkel:


      (A2.8)


      Der Winkel kann positiv oder negativ sein. Bei einem positiven Winkel stimmt der Pfeil des Winkels mit dem mathematisch positiven Drehsinn überein (Bild A2.1); der Pfeil des Winkels ist dabei dem Uhrzeigersinn entgegen- gesetzt. Bei einem negativen Winkel stimmt die Pfeilrichtung mit dem Uhrzeigersinn überein.

      Der Winkel wird im Bereich –180° 180° an-

      gegeben. Dies ist z. B. bei der Negation

      r = a j b (A2.9)

      einer komplexen Zahl von Bedeutung. Für > 0 gilt:


      (A2.10)


      Entsprechend gilt für < 0:

      (A2.11)


      (A2.2)


      Die Darstellung einer komplexen Zahl mit der Gl. (A2.2) nennen wir Polarform oder kurz P- Form. Dem Bild A2.1 entnehmen wir:

      Mit einem Taschenrechner kann z. B. die Koor- dinatenumwandlung durch Drücken folgender Tasten durchgeführt werden:

      a = r cos

      b = r sin

      (A2.3)

      (A2.4)


      1. Leonhard Euler, 1707 – 1783

        292 A2 Komplexe Rechnung


        Die zu r konjugiert komplexe Zahl r* hat sowohl beim Winkel als auch beim Imaginärteil entge- gengesetztes Vorzeichen:


        (A2.12)


        Mit komplexen Zahlen lassen sich dieselben Rechenoperationen durchführen wie mit reellen Zahlen.


        A2.2 Addition und Subtraktion


        Die Addition und die Subtraktion von zwei Zahlen r1 = a1 + j b1 und  r2 = a2 + j b2 führt man zweck- mäßig in der R-Form durch. Dabei werden die Realteile und die Imaginärteile getrennt addiert bzw. subtrahiert:

        r1 +  r2 = a1 + a2 + j (b1 + b2 ) (A2.13)

        r1  r2 = a1 a2 + j (b1 b2 ) (A2.14)

        Entsprechend werden Summen oder Differenzen von drei oder mehr komplexen Zahlen berechnet. Im Sonderfall ergibt sich:


        (A2.15)


        (A2.16)


        Die Summe einer komplexen und ihrer konjugiert komplexen Zahl ist das Doppelte des Realteils, die Differenz das mit j multiplizierte Doppelte des Imaginärteils. Damit lässt sich der Realteil einer komplexen Zahl folgendermaßen berechnen:

        (A2.17)

        A2.3 Multiplikation und Division


        Diese Rechenarten führt man zweckmäßig in der P-Form durch. Das Produkt von zwei komplexen Zahlen r1 und  r2 ist:


        (A2.21)


        Wir betrachten nun den Fall r2 = 1, der vor allem bei komplexen Zeigern von Bedeutung ist. In der Wechselstromtechnik bezeichnet man eine komplexe Größe auch als Zeiger der Länge r. Der Ausdruck


        (A2.22)


        beschreibt einen Zeiger, der gegenüber r1 um den Winkel 2 gedreht ist. Deshalb wird ein Ausdruck von der Form e j 2 auch Dreher genannt. So ist

        z. B. für 2 = / 2:


        (A2.23)


        Eine Multiplikation mit dem Faktor j bewirkt eine Drehung des Zeigers um 90° im mathematisch positiven Sinn. Entsprechend bewirkt eine Multi- plikation mit – 1 eine Drehung um – 180° und eine Multiplikation mit – j eine Drehung um – 90°.


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        Entsprechend gilt für den Imaginärteil:


        (A2.18)


        Im Sonderfall r1 = ej und = e– j ergeben Addition bzw. Subtraktion:


        (A2.19)


        (A2.20)


        Bild A2.2 Multiplikation eines komplexen Zeigers mit einem Dreher

        Das Produkt aus einer komplexen Zahl und ihrer konjugiert komplexen ist reell:

        (A2.24)

        A3 Wichtige Konstanten

        293


        Die Division von zwei komplexen Zahlen ergibt:


        (A2.25)


        A2.4 Potenzieren und Radizieren


        Beim Potenzieren bzw. Radizieren verwendet man zweckmäßig die P-Form.

        Wir betrachten zunächst das Potenzieren, wobei wir den Exponenten der komplexen Zahl mit n be- zeichnen. Wenn n eine ganze Zahl ist, erhält man eine einzige Potenz als Ergebnis:


        (A2.26)


        Beim Radizieren ist der Exponent eine gebroche- ne Zahl, deren Nenner wir im Folgenden mit n be- zeichnen. Man erhält beim Radizieren n Wurzeln. Mit k = 0, 1, 2 ... , (n – 1) ergibt sich:


        A3 Wichtige Konstanten


        (A2.27)


        Im Sonderfall n = 2 spricht man beim Radizieren von der Bildung der Quadratwurzel; dabei erhält man zwei komplexe Zahlen als Ergebnis:


        (A2.28)


        (A2.29)


        Nimmt bei einer Rechenoperation der Winkel einen Wert > 180° an, so subtrahiert man zweckmäßig von den Winkel 360°; entsprechend addiert man zweckmäßig zu einem Winkel < – 180° den Winkel 360°, um beim Ergebnis einen Winkel im Bereich –180° 180° zu erhalten.

        AVOGADRO-Konstante

        N = 6,02214076 · 1023 mol –1

        A

        BOLTZMANN-Konstante

        k = 1,380649 · 10–23

        J K–1

        Elektrische Feldkonstante Elementarladung

        0 =

        e =

        8,8541878 · 10–12 As(V m)–1

        1,6021766 · 10 –19 C

        Kreiszahl

         = 3,141592653589793

        Lichtgeschwindigkeit im Vakuum

        c = 299 792 458

        m s –1

        Magnetische Feldkonstante

        0 = 4  · 10–7

        Vs (A m)–1

        PLANCKsches Wirkungsquantum Ruhemasse des Elektrons Ruhemasse des Protons

        h = 6,62607015 · 10–34 J s

        me = 9,109390 · 10–31 kg

        mP = 1,6726231 · 10–27 kg


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        A4 Verwendete Formelzeichen

        A Fläche, Querschnitt

        A Übertragungsfaktor

        A11, A12 Ketten-

        a

        Abstand

        D

        Dämpfungsfaktor

        a

        Größenverhältnis; Pegel

        D

        Verschiebungsdichte

        ak

        Fourier-Koeffizient

        D, d

        Durchmesser

        B

        Blindleitwert

        d

        relative Bandbreite

        B

        magnetische Flussdichte

        d

        Verlustfaktor

        b

        Breite; Bandbreite

        E

        elektrische Feldstärke

        b

        Dämpfungswinkel

        e

        Elementarladung

        A21, A22 parameter


        bk Fourier-Koeffizient

        C Kapazität

        Cd differenzielle Kapazität

        c Lichtgeschwindigkeit im Vakuum

        294 A4 Verwendete Formelzeichen


        1. Basis des natürlichen Logarithmus

          F Kraft

          F Formfaktor

          F Füllfaktor

          F Netzwerkfunktion: Frequenzgang

          1. Übertragungsfunktion; Spektraldichte

        2. Frequenz

          1. (Wirk-)Leitwert

            Gd differenzieller Leitwert

        3. Grundschwingungsgehalt

        g komplexes Dämpfungsmaß

        1. magnetische Feldstärke

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        H11, H12 Hybrid- H21, H22 parameter h Höhe

        I, i elektrische Stromstärke

        J Stromdichte

        1. imaginäre Einheit

          K, k allgemein verwendete Konstanten

        2. Klirrfaktor

          1. Selbstinduktivität

            Lij gegenseitige Induktivität

        3. Länge

          1. Drehmoment

        4. Masse

          1. Windungszahl

        5. Drehzahl

        n Anzahl

        P (Wirk-)Leistung

        p Dipolmoment

        p Druck

        p bezogene Leistung

        1. Polpaarzahl

          Q Blindleistung

          Q Gütefaktor; Polgüte

          1. Ladung

        2. bezogener Betriebs-Dämpfungsfaktor

          1. (Wirk-)Widerstand

        3. Radius

        r normierter (Wirk-)Widerstand

        1. Scheinleistung

          Poynting-Vektor

          s Strecke

          s Schwingungsgehalt

          s Hilfsgröße (Skineffekt)

          1. komplexe Variable (Laplace-Transf.)

        2. Periodendauer; Übertragungsfaktor

        1. Zeit; bezogener Übertragungsfaktor

        U, u elektrische Spannung

        V Volumen

        1. normierte Verstimmung

          Geschwindigkeit

          Leistungsverstärkung

          Verstimmung

        2. (Wirk-)Arbeit; Energie

          1. Energiedichte

        3. Blindwiderstand

          1. normierter Blindwiderstand

          1. Veränderliche

        4. Scheinleitwert

          Y11, Y12 Leitwert-

          Y21, Y22 parameter

          1. normierter Leitwert

          1. Veränderliche

        5. Scheinwiderstand

        ZW Wellenwiderstand

        Z11, Z12 Widerstands-

        Z21, Z22 parameter

        1. normierter Widerstand

        (alpha) Winkel

        Temperaturkoeffizient (TK)

        (beta) Winkel

        (gamma) Leitfähigkeit

        (Delta) Vorsatz: Änderung einer Größe

        (delta) Abklingkonstante

        Luftspaltlänge

        Verlustwinkel

        (epsilon) Permittivität

        0 elektrische Feldkonstante

        (eta) Wirkungsgrad

        (Theta) Durchflutung

        (theta) Temperatur

        Dämpfungsgrad

        (Lambda) magnetischer Leitwert

        (lambda) Leistungsfaktor

        (my) Permeabilität

        0 magnetische Feldkonstante

        (ny) Rayleigh-Konstante

        Kreiszahl

        (rho) spezifischer Widerstand

        (tau) Zeitkonstante

        (Phi) magnetischer Fluss

        (phi) Potenzial

        (Psi) Verkettungsfluss

        (psi) Winkel

        (Omega) normierte Frequenz

        (omega) Kreisfrequenz

        A5 Fourier-Koeffizienten

        A5.4 Sinusbögen (Einpuls-Gleichrichtung)



        A5.1 Rechteck


        k = 2, 4, 6, . . .


        A5.5 Sinusbögen (Zweipuls-Gleichrichtung)


        y0 = 0; ak = 0


        In beiden Fällen: k = 1, 3, 5, . . .

        A5.2 Gleichschenkliges Dreieck


        k = 2, 4, 6, . . .


        A5.6 Angeschnittene Sinusbögen (Zweipuls-Gleichrichtung)

        Zündwinkel = 1 t1


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        k = 1, 3, 5, . . .


        A5.3 Sägezahn


        k = 1, 2, 3, . . . k = 2, 4, 6, . . .

        A6 Laplace-Transformation

        A6.1

        Regeln

        A6.2

        Funktionen

        297

        A6 LAPLACE-Transformation

        298

        A6 LAPLACE-Transformation

        299

        A6 LAPLACE-Transformation

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        A7 Magnetisierungskurven


        Bild A7.1 Magnetisierungskurven: a) kaltgewalztes Elektroblech V 400-50 A (isotrop), b) kornorientiertes Elek- troblech VM 97-30 N (anisotrop, Magnetisierung in Walzrichtung), c) Grauguss

        Lösungen der Aufgaben

        1. u = 2,052 V


        2. 0 < t < 2 ms: i = 0,4 mA (Gl. 1.5)

          1. ms < t < 3 ms: i = 0

          2. ms < t < 5 ms: i = 0,6 mA 5 ms < t < 7 ms: i = 0

            7 ms < t < 8 ms: i = 0,4 mA



        3. Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        4. Mit D = Q /A; C = r 0 A /l und Q = C U ist:

            1. u12(t) = B l12(t)

              Bei t = 0 ist l12 = 0; bei t = te ist l12 = a; te = 0,144 s

              u12(t) = B (a / te) · t = 0,0831 (V / s) · t

              Bei t = te ist u12 = u12max = 12 mV

            2. Für t < 0 ist uL = 0

              0 < t < 25 ms: uL = B l N = 17,3 V

              25 ms < t < 62,5 ms: uL = 0

              62,5 ms < t < 87,5 ms: uL = 17,3 V

            3. T = 0,1 s; = 2 / T = 20 s–1

              1 = B A cos t = 0,15 mVs · cos (20 s–1 · t)

              d D

              J = =

              r 0 · d u

              mA

              = 4,78

              2 = 0,15 mVs · cos (20 s–1 · t + / 6)

              v dt

              l dt m2

              uL1

              = N1

              B A cos ( t + / 2) = 0,942 V cos ( t + / 2)

              i = iv

        5. = Jv

          A = 2,87 mA

          Für t < t1 ist uL1 = 554 mV

          uL2 = 2,36 V · cos ( t + + / 2); = / 6

          Für t < t1 ist uL2 = 2,15 V

          dD

          H ·d s

          = Jv · d A

          A

          • H · 2  r =

          dt ·  r2

            1. uL

              = N A B / t = 0,212 V

              d D dt =

              r 0

              l

              d u

              · dt


            2.  (t) =

              0 A ·N1

              l

              · i1

              (t)

              B(t) = H =

              r 0 r 0 ·r · du

              r 0 2 l dt

              t

              B(t) = 222,5 pT · e0,3 s

            3. uL = / t



      Für t ist u = Uq2 = 5 V

      1. < t < 1 ms: uL = 2 V

      2. < t < 2 ms: uL = 0

      3. < t < 7 ms: uL = 0,5 V

        7 < t < 8 ms: uL = 0,5 V

        8 < t < 9 ms: uL = 0


          1. B1 = 1,16 T (Magnetisierungskurve)



          2. Wegen cos 2 = 0 ist


            Wegen cos 1 = 1 muss in der Ausgangsposition der Spule ihr Flächenvektor in Richtung des Vektors zeigen. Die Spule befindet sich also vor dem Nordpol des Dauermagneten.


          3.  (t) = B(t) dA

            = 0 i

            2  r


            dA ;


            dA = h dr

              1. uL = L · di / dt ; uR = R · i


                h = 0,2 m; ri = 0,2 m; ra = 0,4 m


                uL = d / dt = 370 V



          4. Für die Klemmenspannung ergibt sich:

            u = uL + uR = 0

            Dies kann nur durch einen Kurzschluss an den Klemmen der Spule realisiert werden.


            Die magnetische Feldstärke im Leiterinneren ist nach Gl. (7.34), Band 1:

            H = i ·r

            a

            2  r 2

             (t) = B(t) dA

            = 0 i r dA ;

            2  r 2

            a


            dA = l dr


              1. Aus L = N · / I und = B · A folgt:


                 (t) =

                0 l i

                ra

                r dr =

                0 l i

                a

                2  r 2

                0

                4 


                Wegen der linkssinnigen Verknüpfung des Flusses mit dem Integrationsweg ist:

                Die notwendige Luftspaltlänge ergibt sich aus:

                = N · I = HFe · lFe + HL · lL

                E ·ds

                = + d = dt

                0 l · 2 K t = 21,6 nV 4

                Aus der Magnetisierungskurve lesen wir ab:

                HFe = 0,35 kA / m

          5. Mit der Gl. (1.67) erhalten wir:

            H = B kA

            L 0

            = 1034 m


          6. Die induktive Spannung an den Spulenklem-


        lL =

        HFe l Fe

        HL


        = 1,87 mm

        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

        men hat für t 0 den Wert u = Uq = 12 V = const.

        Beim Strom I1 = 0,25 A ergibt sich ein anderer Wert für die Flussdichte B = B1. Da der Querschnitt des magnetischen Kreises unverändert bleibt, können wir B1 mit dem im Band 1, Abschn. 7.7.1 beschrie- benen Verfahren bestimmen:


        Aus i = 0 für t = 0 ergibt sich K = 0. Der Strom steigt linear mit der Zeit an:

        * 0

        B

        =

        Fe lL


        = 0,69 T ;

        *

        H

        =

        Fe lFe

        = 3,2 kA

        m


        Wegen IGrenz = 5 A gilt diese Funktion von t 0 bis t 125 ms. Für t > 125 ms ist u = const. = 5 A.

        Aus dem Schnittpunkt der Luftspaltgeraden er- halten wir B1 = BFe = 0,67 T. Damit ergibt sich:

          1. Rechte Masche:

              1. M = p E · sin = 1,75 · 10–24 N m


              2. Negative Dipolladung:

                QK

                r = 8 mm; E =

                1

                0

                1 1 2 ·r2

                Positive Dipolladung:

                Äußere Masche:

                E = QK

                2

                0

                r2 = 8,01 mm;

                2 2 ·r2


                F = F1 F2 = Q · (E1 E2) = 35 N

                Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

                Der Dipol wird von der Kugel angezogen.


                L12 > 0; L13 < 0; L23 < 0


              3. W = B2 V

                m 2 0


                = 22 J


          2. Wir nehmen gleichsinnige Kopplung an.

              1. B = 0,8 T: WmL = 5,1 mJ: WmFe = 0,74 mJ

                B = 1,5 T: WmL = 17,9 mJ: WmFe = 4 mJ



              2. dV = l · 2 r · dr

                Mit i2 = 0 und L1 = 4,04 mH (s. Beispiel 1.13) ist:


          3. Wir bestimmen den Flussanteil 12, der vom Strom in der Doppelleitung 2 verursacht wird und die Doppelleitung 1 durchsetzt. Mit H = I / (2 r) und B = 0 H erhalten wir:


          1. AL = 0,8 · 10–4 m2; BL =

          2. AL = 4 · 10–4 m2


            20 F AL


            = 0,28 T

             = B dA ;

            dA = l dr

            1. Fa = 20 · 9,81 N; Ba = 1,11 T < BL

              l I

              [b + a1 1 a2 + b + a1 1

            2. Fb = 21 · 9,81 N; Bb = 1,37 T > BL

              2

               12 =   0 2

              r dr

              b

              a +b

              r dr

              BL 1,12 T


              L12 =

               12

              I2

              2


              = 2,22 H


        AL =

        2 0 F

        B

        2

        L

        = 335,2 cm2 = A

        a + Ai


        1. C = 20 F


          D 2 (Q/A)2 J

          a = b = B A; Ba = Bi; Aa = Ai = AL / 2

        2. r = 2,5;

          wel = 2

          =

          2 r 0

          = 0,64 m3


        3. W = 30,0 J

        4. W = 1,35 J

        5. F = 0,5 0 E2 A = 17,7 N

        1. T = 4 ms; f = 250 Hz

          upp = umax umin = 50 V;

        2. I = 29 mA;

        3. Zunächst stellen wir fest, dass die Nulldurch- gänge des Stromes bei t1 = 2 ms und t2 = 17,4 ms liegen. Mit den gleichen kubischen Spline-Funk- tionen wie im Beispiel 3.1 berechnen wir:


          Mit T = 20 ms berechnen wir den Gleichwert:


        4. Für 0 t T/ 4 ist


        5. T = 4 ms; f = 250 Hz ; für tA = 0 ist iA = 1 A

          Wie im Beispiel 2.1 arbeiten wir mit kubischen Spline-Funktionen und geben für die Zeitwerte 0; 0,5 ... 4,0 ms die Stromwerte in A ein:

          [ –1; – 0,45; 0,45; 1,5; 2; 1,5; 0,45; – 0,45; –1 ]


          Mit MATLAB berechnen wir das Integral über den Strom für die Zeitspanne 0 ... 4 ms und er- halten:

        6. T = 2,5 ms; = 2513 s–1

        7. Eine Sinusspannung mit û = 1000 V hat den Gleichrichtwert 2 · 1000 V / = 637 V; die gemes- sene Spannung kann keine Sinusspannung sein.


        8. û = U = 21,2 V; = 314 s–1

          1.) u = 49,7°; tu = –2,76 ms

          2.) u = –92,9°; tu = 5,16 ms

          u = 21,2 V · cos( t – 40,3°)

        9. 0 t T/ 2 : Sinusschwingung mit îi = 5 A

          T/ 2 t T : i = 0

          Der Gleichrichtwert des Stromes ist halb so groß wie bei einer Sinusschwingung: = îi / = 1,59 A. Eine volle Sinusschwingung hätte den Effektiv- wert:


          Beim Strom mit nur einer Halbschwingung pro Periode hat das Integral nur die Hälfte des Wertes der vollen Sinusschwingung und es gilt:


      1. ms

      QT =

      0

      i · dt

      = 2,03 A· ms


      3.11 Uq3 = 64,4 V; u3 = 127°


      Mit T = 4 ms berechnen wir den Gleichwert:

      i = QT = 507,5 mA

      T


      Anschließend berechnen wir das Integral über das Quadrat des Stromes für die Zeitspanne 0 ... 4 ms:

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

    2. ms


      1. Wirkleistung P = 4,5 W (Erzeuger); Blindleis- tung Q = 18,05 var; Scheinleistung S = 18,6 VA


      2. i2 · dt

        0

        = 5,09 A2 · ms


      3. Grundeintor R: R = 1494 ; X = 0

        Damit erhalten wir:

        Grundeintor L: R = 0; X = 1494

        Grundeintor C: R = 0; X = 1494

        I = 5,1

        4

        A = 1,128 A ;

        P = R I 2

        = 10,18 W

      4. X = 2,12 k; Q = 0,1885 var

      5. = 2513 s–1 ; I = 0,928 A ; i = 120°



      6. S = 7,24 · 10–3 VA; P = 0; Q = 7,24 · 10–3 var



      7. S = U I = 7250 VA ; I = 31,5 A


        Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      8. Ze = R + j L = 16 + j 12

        4.16



        S = 5 VA; P = 4 W; cos = 0,8 ; U = 10 V

      9. X = R / tan 35° = 97,1

      10. Reihenschaltung aus R = 9 k und C = 9,19 nF


        4.17

        4.18

        Uqe = 29,54 V 20° ;

        Ze = 4,35 M

        –12°

        C1 = 12,5 pF

        4.19 Ersatzstromquellen:




      11. = u i = 38° (induktiv wirkend)


        GP = 4,865 mS; LP = 837,4 mH

      12. GE = 1 S; BE = CE = 7,85 S


        YE = 7,92 S; ZE = 126,3 k



4.20


    1. fr = 536,5 Hz; IG = 12 mA; IC = IL = 74,2 mA

      PG = 0,12 W; QL = 0,742 var; QC = 0,742 var

    2. QL = 1,257 var; QC = 1,257 var; Q = 0

    3. fr = 150 Hz; Zr = 453,33

      Für f = 200 Hz ist Z = 401,6

    4. r = 7540 s–1

    5. Tabelle 4.1a: r = 251,3 · 103 s–1

4.31


L = 0,867 mH; C = 17,34 nF


4.32


5.1 Z2 = R2 + j L ;  Y3 = j C

Z = R

+   1 = R

+       1   


fr1


= 1,19 kHz; fr2


= 6, kHz

1 Y2 + Y3

1 1

R2 + j L

+ j C

Z = R1 +


Z = R1 +

R2 + j L

1 + j C (R2 + j L R2 + j L

1 2L C + j C R2


= R + j X


Z = R

+ (R2 + j L

(1 2L C j C R2

    1. G3 = 4,17 mS; C1 = 1,27 nF

    2. S = U I = 94,3 VA; cos v = P / S = 0,509

      1


      R = R +

      (1 2L C

      R2

      2 + ( C R2 2

      Unkompensierte Lampe: QL = P tan v = 81,2 var Kompensierte Lampe: Q = P tan = 15,77 var

      Q = QL + QC ; QC = 65,4 var = C U2

      1 (1 2L C 2 + ( C R 2

                  2

      2

      L 3L2 C C R2

      X =

      C = 3,93 F; U


      Nenn

      = 230 V

      (1 2L C

      2 + ( C R2 2


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

    3. Unkompensierter Verbraucher:

5.2


Kompensierter Verbraucher:


Verluste im speisenden Netz:


5.3 fbez = 994,7 Hz

cos = 0,95 : Pik = 0,683 Piu : Piu = 1,46 Pik

cos = 1,0 : Pik = 0,616 Piu : Piu = 1,62 Pik


5.7


5.8


    1. Die Schaltung ist dual zur Schaltung des Bei- spiels 5.14; wegen G = G1 = G 2 und L = L1 = L2 gilt:


      5.4



      Ortskurve für veränderliche Frequenz: Kreis mit Radius 500


      Ortskurve für veränderlichen Widerstand: Kreis- bogen mit Radius 448

      Das BODE-Diagramm entspricht dem des Beispiels 5.14.

    2. Mit dem Übertragungsfaktor aus dem Bei- spiel 5.14 berechnen wir für R = R1 = R 2 mit der Gl. (5.26):


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      5.5 a1 = –54 dB – 6,2 Np

      a2 = 87,6 dB an 600 10,1 Np an 600

      a3 = 46,2 dB 5,32 Np

      5.6 fbez = 1,59 MHz ; lg = 2 ; = 100

      f = fbez = 159 MHz

      Das Maß aB des Betriebs-Übertragungsfaktors ist um 3 dB höher als das im Beispiel 5.14 ermittelte Maß at . Der Betriebs-Dämpfungsfaktor ist der Kehrwert des Betriebs-Übertragungsfaktors:


      Die Bezugsfrequenz fbez = 1,59 MHz stimmt mit der im Beispiel 5.14 überein.


        1. = 10; f = 10 fg = 82 Hz; fg = 8,2 Hz

          P

        2. B = fP / QP = 20 Hz = fgo fgu fgo fgu = f 2

    3. G1D L1D = GVD L2D

      2

      f

      gu

      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      fgu

      + B fgu f 2 = 0

      P

      = 90,5 Hz ; fgo


      = 110,5 Hz

        1. fm = fP = 1,59 MHz

          Bei den Grenzfrequenzen ist der Betrag des Spannungs-Übertragungsfaktors um den Faktor

          kleiner als das Maximum Tm . Wir setzen an:


          Mit der Abkürzung x = C R erhalten wir:


    4. = 0,1; f = 0,1 fg = 7,4 Hz; fg = 74 Hz


    5. 20 lg (U2 /U1) = 10 dB


      Diese Gleichung 4. Grades lösen wir mit einem Mathematik-Programm und erhalten 4 Lösungen, von denen zwei positiv sind:

      x1 = 3,30277 ; x2 = 0,30277

      Die übrigen Lösungen sind negativ und deshalb

      U2 = U1

      · 10–0,5 = 0,316 · 15 V = 4,74 V

      unbrauchbar. Mit C R = 10–7 s berechnen wir:

    6. fgo = 5,257 MHz ; fgu = 481,9 kHz

      B = 4,775 MHz ; Q = QP = 0,333


      I = G R

      I + RV IV


      + j C R I + I

    7. q i V V

      j L

      V V V

      IV 1

      I

      R

      Ti = =

      q V

    8. Tiefpass 1. Ordnung

1+ Gi RV + j C RV + j L

Tmax

= 1 ; 1+ Gi RV

fm =

1

2 LC

= f P

Q = RV C = Q

1+ Gi RV L P

5.22 5.26

Iq = Gi RV IV +

RV IV

j L 1

+ IV


Es wird zweckmäßig RV = RV1 = 50 wegen des günstigeren Wirkungsgrades gewählt; beim Wi- derstand RV2 = 2 ist der Wirkungsgrad kleiner.


IV

I

Ti = =

q

+ j C

1

i V

11+ G R +

V

1

R = RV + Ri = 60 ; fr = 10 kHz ; bf = 100 Hz

j L GV + j CR

d = 0,01 ; C = 2,65 nF ; L = 95,5 mH ; Umax = 600 V 1

T =

; f =

1 = f

5.23 G 1 / Ri

= 0,74 mS

max

Q =

1+ Gi RV m

G V L = Q

2 LC P

1+ Gi RV C P

    1. Tmax = 1 ; fg = 1,59 kHz

    2. RA = 1,061 k ; RB = 3,183 k

    3. R1 = 95,5 k ; R2 = 382 k ; R3 = 668


5.24



5.31



Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

5.25


LC =


1

(2  fm 2


1

m

=  2

fgu

fm = = 0,93458 = 1 +


1 1

4 Q 2 2 Q


+ 1 2 Q

= 1 +

1

4 Q 2

Q = 1 2

Q

C = R m

= 7,38446 = R C

L

= 1,4645 nF ; L = 151 nH

6.1 I = 21,65 A ; R = 32 ; P = 5,0 kW

6.2 = 6,45 A ; I = 11,2 A ;

P = 7,02 kW ; Q = 3,37 kvar


6.3

PM = 3,73 kW ; QM = 3,81 kvar

kompensierter Motor: Q = PM tan = 1,23 kvar Kondensatoren: QC = 2,58 kvar

6.9 Wir setzen an:

Die drei Außenleiterspannungen bilden ein ge- schlossenes Zeigerdreieck. Wir berechnen die Winkel mit dem Cosinussatz und erhalten:


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

6.4


    1. f1 = 1 / T1 = 100 Hz ; f2 = 200 Hz usw.



    2. Für die Wechselgröße gilt nach Anhang A5:




















      Realteil: Cb · 400 V · R = 346,4 V

      Cb = 27,6 F


      Ca = 55,1 F ; UR = 346 V ; I = 3,46 A


    3. Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

    4. Nach der Tabelle im Anhang A5 ist:
























    5. Tabelle im Anhang A5: h = û = 311 V



























    6. Die Analyse wird für den Wechselanteil =

      u U0 durchgeführt (U0 = 5 mV).

      Für den Zeitnullpunkt im positiven Scheitelwert

      ist die Funktion alternierend und gerade; sie ent- hält daher nur cos-Glieder mit k = 1, 3, 5 . . .

      Wegen der Symmetrie der Funktion braucht nur über T/ 4 integriert zu werden:


      Man erhält man das Ergebnis (s. Anhang A5):


      S0,9 = U0,9 I0,9 = 22,7 VA

      u1 = –90° ; i1 = 180° ; 1 = u1 i1 = 90°

      Q1 = U1 I1 sin 1 = 10,3 var ; D0,9 = 20,2 var

      U = 100 V; I = 0,231 A (s. Aufgabe 3.4)


      S = 23,1 VA; P = 0

      gu = 0,9; ku = 0,436 ; ku3 = 0,3


    7. Die Variable f (t) ist eine gerade Funktion. Demnach ist die Spektraldichte F ( j ) eine gera- de Funktion und außerdem reell.


      8.2 t < 0 : i3 = 0,1 A = const.

      t > 0 : RE = 300 ; = 0,3 ms

      UA = 250 V ; UE = 100 V


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

    8. Der Frequenzgang F =  I / U des Übertra- gungsfaktors ist:



Koeffizienten aus der Tabelle im Anhang A5.



















































Ohne Drosselspule hat der Strom den gleichen Schwingungsgehalt wie die Spannung: su = 0,435

    1. UA = 0


    1. t < 0 : u2 = 3,2 V = const.

      t > 0 : UA = 16 V ; UE = 0


      (Bezugssinn für uC von links nach rechts)

      RE = 6,67 k ; = 2 ms; u2 = –uC

    2. Zylinderkondensator: C s. Gl. (6.52, Band 1) Isolationswiderstand: R s. Beispiel 6.2, Band 1



      Zeitkonstante: = R C = = 204 s

      UA = · 10 kV = 14,15 kV ; UE = 0

      b2 = 78,1 · 106 s–2 ; a2 > b2 ; W = 26,4 · 103 s–1

      1 = –1,45 · 103 s–1 ; 2 = – 54,2 · 103 s–1

      Rücktransformation mit T46


      8.10 u2 aus dem Beispiel 8.7 einsetzen in:

    3. GE = 35,7 mS; = 7,14 ms; IA = 0; IE = 2,86 A

      i2 = C2 du2 /dt = C2 · 0,898 · UA1 (1 e1 t 2

      e2 t )

      i2 = 0 für 1 e1 t = 2 e2 t ; t = 2,08 s


      (Bezugssinn von oben nach unten)


    4. L = L1 + L2 = 6 mH; GE = 0,25 S

      IA = 1,0 A; IE = 3,0 A; = 1,5 ms; t < 0: iL = 1 A


      iL = 2,6 A zum Zeitpunkt t = · ln 5 = 2,4 ms

    5. Ersatzstromquelle: Iqe = 6 A; Gie = 0,1 S


      2 a = 9,7 · 106 s–1 ; b2 = 4,04 · 103 s–2

      1 = –0,43 · 10–2 s–1 ; 2 = – 9,7 · 106 s–1

      u2(t) = 6 V – 2,25 V · e1 t – 3,75 V · e2 t

      u2(t) = 5,9 V für t = 7470 s = 125 min

        1. = 1,14 ms


        2. Günstigster Schaltzeitpunkt: imax = 0,9 A Ungünstigster Schaltzeitpunkt: imax = 1,55 A

        3. = 29,6 ms


      Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

      10.1 Z = 165 k

        1. fg = 891 kHz

          b2 = 35,6 · 106 s–2 ; a2 > b2 ; W = 33 · 103 s–1

          1 = –533,6 s–1 ; 2 = – 66,7 · 103 s–1

          Rücktransformation: 1. Term T48; 2. Term T46

          uC(t) = 56,25 V + 3,85 V · e1 t – 60,1 V · e2 t

    6. IL(s) = s IA / (s2 + 2 a s + b2)


Aperiodischer Grenzfall: a2 = b2 ; RC = 744

    1. Rth = 560 K / W; Pzul = 179 mW

    2. R() = 3,1 R=

    3. Ris = 33 G; C = 150 nF

    4. U = 12,1 V

    5. Bild 10.23a; C = 680 pF; Gp = 34 nS

    6. C2 ist um 6,2% größer als C1.

    7. RV = R = 15

    8. lL = 0,6 mm; N = 707; îi zul = 6,22 mA

Literatur


Baumgärtner, H.; Gärtner, R.: ESD - elektro­stati- sche Entladungen. Oldenbo­urg, München 1997

Berndt, H.: Elektro­statik. VDE-Verlag, Berlin 2017

Binns, K. J.; Lawrenso­n, P. J.: Analysis and Co­mputatio­n o­f Electric and Magnetic Field Pro­blems. Pergamo­n Press, Oxfo­rd 1973

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Bo­de, H. W.: Netwo­rk Analysis and Feedback Amplifier Design. Van No­strand, New Yo­rk 1945

Böhmer, E.; Ehrhardt, D.; Oberschelp, W.: Ele- mente der angewandten Elektro­nik. Springer Vieweg, Wiesbaden 2018

Brigham, E. O.: FFT - Schnelle Fo­urier-Transfo­r- matio­n. Oldenbo­urg, München 1995

Brigham, E. O.: FFT-Anwendungen. Oldenbo­urg, München 1997

Butz, T.: Fo­uriertransfo­rmatio­n für Fußgänger. Springer Vieweg, Wiesbaden 2011

Clausert, H.; Wiesemann, G. u.a.: Grundgebiete der Elektro­technik. Zwei Bände. De Gruyter, Berlin 2015

CRC Handbo­o­k o­f Chemistry and Physics. 98th editio­n. CRC Press, Bo­ca Rato­n 2017

Do­bner, H.-J.; Engelmann, B.: Analysis 1: Grundlagen und Differenzialrechnung. Hanser, München 2007

Do­bner, H.-J.; Engelmann, B.: Analysis 2: Inte- gralrechnung und mehrdimensio­nale Analysis. Hanser, München 2013

Encyclo­pedia o­f Applied Physics. 23 vo­lumes. VCH publishers, Inc.

Fischer, R.: Elektrische Maschinen. Hanser, Mün- chen 2017

Flegel, G.; Birnstiel, K.; Nerreter, W.: Elektro­- technik für Maschinenbau und Mechatro­nik. Hanser, München 2016

Föllinger, O.: Regelungstechnik. VDE-Verlag Berlin 2016

Flo­sdo­rff, R.; Hilgarth, G.: Elektrische Energie- verteilung. Springer Vieweg, Wiesbaden 2005

Fro­hne, H.: Elektrische und magnetische Felder. Teubner, Stuttgart 1994

Gautschi, G.: Piezo­electric Senso­rics. Springer, Berlin 2011

Gehrke, W.; Winzker, M.: Digitaltechnik. Springer Vieweg, Wiesbaden 2016

Göpel, W.; Hesse, J.; Zemel, J. N. (edit.): Senso­rs. 9 vo­lumes. VCH-Verlag Weinheim

Grünigen, D. vo­n: Digitale Signalverarbeitung. Hanser, München 2014

Gustrau, F.: Ho­chfrequenztechnik. Hanser, München 2013

Gustrau, F.; Kellerbauer, H.: Elektro­magnetische Verträglichkeit. Hanser, München 2015

Haase, H.; Garbe, H., Gerth, H.: Grundlagen der Elektro­technik. Schönewo­rth, Hanno­ver 2009

Hänsel, H.; Neumann, W.: Physik. 4 Bände. Spektrum, Heidelberg 1996

Hagl, R.: Elektrische Antriebstechnik. Hanser, München 2015

Hamann, C. H.; Vielstich, W.: Elektro­chemie. Wiley-VCH, Weinheim 2005

Harriehausen, T.; Schwarzenau, D.: Mo­eller Grundlagen der Elektro­technik. Springer Vie- weg, Wiesbaden 2013

Hasse, P.; Landers, U.; Wiesinger, J.: Blitzschutz vo­n elektrischen und elektro­nischen Systemen in baulichen Anlagen. VDE-Verlag Berlin 2007

Hasse, P.; Wiesinger, J.; Zischank, W.: Handbuch für Blitzschutz und Erdung. Pflaum, München 2005

Ho­ro­witz, P.; Hill, W.: The Art o­f Electro­nics. Cambridge University Press 2015

Kiencke, U.; Eger, R.: Messtechnik. Springer, Berlin 2005

Knies, W.; Schierack, K.: Elektrische Anlagen- technik. Hanser, München 2012

Kno­rrenschild, M.: Mathematik für Ingenieure. Zwei Bände. Hanser, München 2009, 2014

Ko­vács, K. P.: Symmetrische Ko­mpo­nenten in Wechselstro­mmaschinen. Birkhäuser, Basel 1962

Küchler, A.: Ho­chspannungstechnik. Springer, Berlin 2017

Küpfmüller, K.; Mathis, W.; Reibiger, A.: Theo­- retische Elektro­technik. Springer, Berlin 2017

Kurzweil, P.; Schmid, O.: Brennsto­ffzellentechnik. Springer Vieweg, Wiesbaden 2016

Literatur 315


Lautz, G.: Elektromagnetische Felder. Teubner, Stuttgart 1985

Leute, U.: Physik und ihre Anwendungen in Technik und Umwelt. Hanser, München 2004

Lexikon der Physik. 6 Bände. Spektrum, Heidel- berg 1998-2000

Lüke, H. D.; Ohm, J.-R.: Signalübertragung. Springer, Berlin 2015

Mann, H.; Schiffelgen, H. u.a.: Einführung in die Regelungstechnik. Hanser, München 2018

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Meier, U.; Nerreter, W.: Analoge Schaltungen. Hanser, München 1997

Mertens, K.: Photovoltaik. Hanser, München 2018 Mühl, T.: Einführung in die elektrische Mess-

technik. Springer Vieweg, Wiesbaden 2017

Nerreter, W.: Grundlagen der Elektrotechnik. Han- ser, München 2011

Nyquist, H.: Regeneration Theory. Bell System Technical Journal 11, 1932, pp. 126 - 147

Philippow, E.: Taschenbuch Elektrotechnik. 6 Bände. Carl Hanser Verlag, München 1976 - 1982

Preuß, W.: Funktionaltransformationen. Fourier-, Laplace- und Z-Transformation. Fachbuchverlag Leipzig 2002

Probst, U.: Leistungselektronik für Bachelors. Hanser, München 2015

Quaschning, V.: Regenerative Energiesysteme. Hanser, München 2015

Reinhold, W.: Elektronische Schaltungstechnik: Grundlagen der Analogelektronik. Hanser, München 2010

Reisch, M.: Halbleiter-Bauelemente. Springer, Ber- lin 2007

Rennert, I.; Bundschuh, B.: Signale und Systeme. Hanser, München 2013

Riedel, E.; Janiak, C.: Anorganische Chemie. De Gruyter, Berlin 2015

Roppel, C.: Grundlagen der Nachrichtentechnik. Hanser, München 2018

Rybach, J.: Physik für Bachelors. Hanser, Mün- chen 2013

Scheithauer, R.: Signale und Systeme. Springer Vieweg, Wiesbaden 2005


Schmidt, W.-D.: Sensorschaltungstechnik. Vogel, Würzburg 2007

Schrüfer, E.; Reindl, L.; Zagar, P.: Elektrische Messtechnik. Hanser, München 2018

Schulze, M.: Elektrische Servoantriebe. Hanser, München 2008

Schwab, A. J.; Kürner, W.: Elektromagnetische Verträglichkeit. Springer, Berlin 2010

Seifart, M.: Analoge Schaltungen. Technik, Berlin 2003

Simonyi, K.: Theoretische Elektrotechnik. Wiley- VCH, Weinheim 1993

Stein, U.: Programmieren mit MATLAB. Hanser, München 2017

Stölting, H.-D.; Kallenbach, E.: Handbuch elektri- sche Kleinantriebe. Hanser, München 2011

Strauß, K.: Kraftwerkstechnik. Springer, Berlin 2016

Stroppe, H.: Physik. Hanser, München 2018

Sze, S. M.: Physics of Semiconductor Devices. John Wiley & Sons, New York 1981

Sze, S. M.: Modern Semiconductor Device Phy- sics. John Wiley & Sons, New York 1998

Tietze, U.; Schenk, C.: Halbleiter-Schaltungs- technik. Springer, Berlin 2016

Tille, T., Schmitt-Landsiedel, D.: Mikroelektronik. Springer, Berlin 2004

Trueb, F.; Rüetschi, P.: Batterien und Akkumu- latoren. Springer, Berlin 2013

Urbanski, K.; Woitowitz, R.: Digitaltechnik. Springer, Berlin 2007

Vester, J.: Simulation elektronischer Schaltungen mit MICRO-CAP. Springer Vieweg, Wiesbaden 2010

Viehmann, M.: Operationsverstärker. Hanser, München 2016

Wangenheim, L. von: Aktive Filter und Oszilla- toren. Springer, Berlin 2007

Werner, M.: Nachrichtentechnik. Springer Vieweg, Wiesbaden 2017

Wöstenkühler, G.: Grundlagen der Digitaltechnik. Hanser, München 2016

Zickert, G.: Leiterplatten. Hanser, München 2018

Sachwortverzeichnis


Abfallzeit 228

Abklingkonstante 239

Abtasttheorem 216

Abtastung 215

Abtastwert 215

Admittanz 95

Aliasing 216

Amplitude 83

Amplitudendichte 215

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Amplitudenspektrum 202

Amplitudenverzerrungen 222

Analog-Oszilloskop 74 Analysator mit abstimmbarem

Filter 212

Analyse, harmonische 209

Anfangsbedingung 251

Anfangswert 226

Anker 175

Ankerrückwirkung 175

Anstiegsgeschwindigkeit 169

Anstiegszeit 228

Antialiasingfilter 216

AOW-Filter 166

aperiodisch 240

Aron-Schaltung 191

Asynchronmotor 185

Augenblickswert 11

Ausgleichspannung 227

Ausgleichstrom 232

Außenleiter 177

Außenleiterspannung 177

Außenpunkt 177


Bandbreite 164, 167

Bandfilter, zweikreisige 166

Bandmittenfrequenz 164

Bandpass 161, 164

Bandsperre 161, 167

Bauelemente, konzentrierte 12

–, oberflächenmontierte 264

–, steckbare 264

BDF-Verfahren 250

Belastung, symmetrische 179

–, unsymmetrische 186

Bessel-Tiefpass 258

Betragsgang 148

Betriebs-Dämpfungsfaktor 150

Betriebs-Dämpfungsmaß 154

Betriebs-Dämpfungswinkel 155 Betriebs-Spannungsübertra-

gungsfaktor 150

Betriebs-Stromübertragungs- faktor 150

Betriebs-Übertragungsfaktor 150

Betriebs-Übertragungsmaß 155

Betriebs-Übertragungswinkel 155

Bewegungsinduktion 20, 21

Bezugsachse 89

Bezugsgröße 141

Bildfunktion 215

Bildraum 234

Blindarbeit 98

Blindfaktor 98

Blindleistung 98, 205

–, induktive 98, 103

–, kapazitive 98, 105 Blindleistungskompensation

99, 127

Blindleistungsschwingung 98

Blindleitwert 95

Blindwiderstand 94

Blitzstoßspannungsprüfung 243

Bode-Diagramm 155

breitbandig 164

Brücken-Gleichrichter 80

Bürde 137, 138

Butterworth-Tiefpass 257


Chaperon-Wicklung 266

charakteristische Gleichung 254

Chipkondensator 271

Chipwiderstand 267

cps 73


Dämpfung, kritische 257

Dämpfungsfaktor 149

Dämpfungsgrad 240

Dauermagnet 66

DFT 215

Dezibel 153

Dickschichttechnik 267

(Digitalfilter 185)

Digital-Oszilloskop 74

Diode, ideale 79

Dipol 60

Doppelschicht, elektrische 272

Doppelschichtkondensator 272

Drahtwiderstand 266

Dreher 292

Drehfeld 184

Drehfelddrehzahl 185

Drehsinn 184

Drehstromsystem 174

Dreieckschaltung 178

Dreieckspannung 178

Dreieckstrom 182

Dreileitersystem 177

Dreiphasensystem 174 Dreispannungsmesser-Verfah-

ren 111

Drossel 107

Dualitätskonstante 158

Dünnfilmtechnik 267

Durchlassbereich 160


Echt-Effektivwert-Gerät 81

Eckfrequenz 162, 164

Effektivwert 78, 204

Effektivwertzeiger 90

Eigenfrequenz 240

Eigen-Kreisfrequenz 240

Eigenschwingung 238

Einheit, imaginäre 291

Einphasensystem 174

Einphasentransformator 133

Einpuls-Gleichrichterschaltung 79 Eintor, ideales induktives 46

–, ideales kapazitives 14

–, ideales ohmsches 12 Eintore, äquivalente 157

Einzelkompensation 128

Eisenverluste 134, 285, 289

Eisenverlustwiderstand 134, 285

Elektrofilter 61

Elektrolytkondensator 272

Empfänger 149

EMV 207

Endwert, stationärer 227

Energie, magnetische 62

Energiedichte, elektrische 58

–, magnetische 63

Energiegröße 153

Entladezeitkonstante 273

Entmagnetisierungskurve 66

Epstein-Rahmen 31

Erdbebenwarte 89

Erregerwicklung 175

Ersatzeintor 107, 111

ESL 279

ESR 279

Eulersche Gleichung 291

Euler-Verfahren 250

EVU 128


Faltung 218

Feld, elektromagnetisches 37

Feldgröße 153

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Feldstärke, induzierte 20, 35

Ferritperle 281

Festfrequenz-Analysator 212

FFT 212, 217

FFT-Analysator 212

Filter 160

–, aktive 170

–, elektromechanische 166

–, passive 160

Filtertabelle 259

Formfaktor 81

Formierung 272

Fourier-Koeffizienten 197

Fourier-Reihe 197

–, komplexe 201

Fourier-Transformation 215

–, schnelle 212, 217

Fourier-Transformierte 214

Frequenz 73

–, normierte 142

Frequenzband 164, 167

Frequenzgang 148


Gegensystem 184

Gleichrichterschaltung 79

Gleichrichtwert 80

Gleichstromsteller 233

Gleichwert 75

Grenzfrequenz 161, 268

– der Wirbelströme 286

–, obere 165, 168

–, untere 165, 168

Grenztaster, induktiver 45

Grenzwiderstand 240

Größe, normierte 141

–, periodisch zeitabhängige 73

Größenverhältnis, logarithmier- tes 152

Grundeintor 13

Grundeintore, duale 157

Grundfrequenz 195

Grundschwingung 196

Grundschwingungsgehalt 207

Grundschwingungsleistung 204 Grundschwingungs-Blindleis-

tung 206

Grundschwingungs-Scheinleis- tung 206

Grundeintor 13

Grundeintore, duale 157

Gruppenkompensation 128

Gruppenlaufzeit 258

Güte 165

Gütefaktor 165

Gyrator 104


Harmonische 196

Hauptfeldspannung 134

Hauptfluss 134

Hauptreaktanz 134

HDK-Keramik 271

Henry 40

Hertz 18, 73

HF-Litze 269

Hilfsschütz 68

Hintransformation 234

Hochspannung 183

Hochpass 161

–, erster Ordnung 161, 171

–, zweiter Ordnung 259 Huffman-Code 219

Hybridschaltung 267

Hysteresearbeit 66

Hysteresebeiwert 288

Hysteresefläche 65 Hystereseschleife, dynami-

sche 225

Hystereseverluste 287

Hysterese-Verlustwiderstand 288


IC 251

Imaginärteil 291

Impedanz 94

Induktion, gegenseitige 49

Induktions-Durchflussmesser 22

Induktionsgesetz 32

Induktionsschleife 40

Induktivität 40

–, äußere 43

–, differenzielle 42

–, gegenseitige 50

–, innere 43, 64

Induktivitätsfaktor 45, 281

Indusi 122

in Phase 101

Integrierer 252

Inversion 144

Ionisationsverluste 273, 274


Kappsches Dreieck 137

Keramikfilter 166

Keramik-Schichtkondensa- tor 271

Kerntyp 30

Kernverluste 285

Kernverlustwiderstand 285

Kernverlustwinkel 286

Kippmoment 185

Kleintransformator 133

Klirrfaktor 207

Koeffizient, komplexer 94

Kohleschichtwiderstand 266

Komponenten, symmetrische 192

Komponentendarstellung 141

Kondensator 270

Konduktanz 95

Kopplung, feste 53

–, gegensinnige 52

–, gleichsinnige 51

–, ideal feste 53

–, induktive 49

–, kapazitive 17

–, lose 53

Kopplungsfaktor 53

Kleintransformator 138

Kreisfrequenz 83

Kupferfüllfaktor 284

Kupferverluste 134, 136, 284

Kupferverlustwiderstand 284

Kupferverlustwinkel 286

Kurzschlussreaktanz 135

Kurzschlussring 36

Kurzschlussspannung 136

Kurzschlussverluste 136

318 Sachwortverzeichnis


längssymmetrisch 152

Läufer 175

Laufzeit 258

Laplace-Transformation 234

Lastminderungskurve 265

Laufzeit 222

Leckeffekt 218

Leerlaufstrom 135

Leerlaufverluste 135

Leistung, komplexe 99

Leistungsanpassung 125

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Leistungsfaktor 97, 205

Leistungstransformator 133

Leitungsverluste 273

Leitwert, komplexer 95

Leitwertfunktion 1439

Lenzsches Gesetz 34

Liniendiagramm 11

Linienspektrum 202

Luftspule 280

LVDT-Sensor 52


Magnetisierungsstrom 134

Manteltyp 30

Maschinentransformator 183

Maß, komplexes 157

Massewiderstand 267

Maxwellsche Gleichung 18, 37

Mehrphasensystem 174

MELV-Widerstand 267

Metallschichtwiderstand 266

Methode, symbolische 93

Mischgröße 76

Mischspannung 76

Mischspannungsquelle 76

Mischstrom 76

Mischstromquelle 76

Mitsystem 177, 184

Mittelspannung 183

Mittelwert, arithmetischer 75

–, quadratischer 78

MK-Kondensator 271

Motorvollschutz 69

MP-Kondensator 271

MP3-Verfahren 218

Multivibrator, astabiler 229

nacheilen 84

Nachrichtenquelle 149

Nachrichtensenke 149 Nachrichten-Übertragungssys-

tem 149

NDK-Keramik 271

Negation 291

Nennkapazität 270

Nennleistung 137, 265

Nennspannung 135, 265, 270

Nennwiderstand 264

Neper 153

Netz, lineares 110

–, lineares aktives 116

–, starres 187

–, verzerrungsfreies 221

Netze, äquivalente 157

–, duale 158

Netzfunktion 139

Netzwerktransformation 131

Niederspannung 183

Nullphasenwinkel 83

Nullphasenzeit 83

Nullspannung 193

Nullstellen 254

Nullstrom 193

Nullsystem 193


Oberschwingung 196

Oberschwingungsgehalt 207

Oberschwingungsleistung 204

Öffner 68

Operator 94

Ordnungszahl 161

Originalfunktion 215

Ortskurvendarstellung 143

Oszillator, Hertzscher 19


Parallel-Ersatzschaltung 113

Parallelresonanz 121

Parallelschwingkreis 121

PD-Bauelemente 264

Pegel 154

–, absoluter 154

–, relativer 154

Periode 73

Periodendauer 73

Permeabilität, effektive 281

–, komplexe 288

P-Form 92, 291

Phasendichte 215

Phasenfolge 177

Phasengang 148

Phasengeschwindigkeit 222

Phasenspektrum 202

Phasenverschiebungswinkel 84, 94

Phasenverzerrungen 222

Phasenwinkel 83

Pole 254

Polarform 291

Polarisationsverluste 275

Polfläche 67

Polfrequenz 166, 168

Polgüte 166, 168

Polpaarzahl 185

Polrad 174

Poynting-Vektor 71

Primärwicklung 30, 133

Primärspannung 133

Puls-Weiten-Modulation 233

PWM 233

PZB 122


Quellenfeld 35


Rayleigh-Konstante 287

Rayleigh-Schleife 287

RC-Verstärker 163

Reaktanz 94

Realteil 291

Reihen-Ersatzschaltung 113

Reihenresonanz 119

Reihenschwingkreis 118

Relais 68

Resistanz 94

Resonanz 118

Resonanzfrequenz 119, 122

Resonanzüberhöhung 121

Reststrom 278

R-Form 92, 291

Riffelfaktor 81

RMS 78

Rohrkondensator 271

Rücktransformation 234

Ruheinduktion 20, 29

Rusheffekt 248

Rushstrom 248

Saugkreis 120

Schalenkern 280

Schalter, gesteuerter 252

–, kurzschließender 232

–, prellfreier 228

Schaltung, integrierte 267

Schaltvorgang 226

Schaltzeitpunkt 226

Scheibenkondensator 271

Scheinleistung 96, 205

Scheinleistungsanpassung 126

Scheinleitwert 95

Scheinwiderstand 94

Scheitelfaktor 81

Scheitelwert 73

Schichtkondensator 271

Schichtwiderstand 266

Schließer 68

schmalbandig 164

Schrittweite 250

Schütz 68

Schwebung 88

Schwingkreis 118, 238

Schwingkreisaufladung 241

Schwingung, freie 238

–, gedämpfte 239

–, harmonische 196

–, nullphasige 83

–, periodische 73

Schwingungsbreite 73

Schwingungsgehalt 81

Sekundärwicklung 30, 133

Sekundärspannung 133

Selbstinduktion 40

Selbstinduktivität 40

Sender 149

Signal 149

Signalverarbeitung, digitale 218

Sinteranode 272

Sinusanalyse 146

Sinusgröße 82

Sinusspannung 83

Sinusstrom 83

Skineffekt 55, 269

slew rate 169

SMD-Bauelemente 264

Spannung, induktive 21

–, induzierte 21

–, gegeninduktive 50

–, komplexe 92

–, selbstinduktive 39

Spannungsänderung 137

Spannungsstoß 30

Spannungssymbol 92

Spannungsteilerregel 110

Spannungsüberhöhung 120

Spannungswandler 137

Spektraldichte 214

Spektrum 202

–, kontinuierliches 214

Spektrum-Analysator 212

Sperrbereich 160

Sperrkreis 121

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Spule 280

Stabilität 254

Ständer 175

Ständerwicklung 175

Sternpunkt 177

–, künstlicher 189

Sternpunktleiter 177

Sternpunktleiterstrom 187

Sternpunktspannung 188

Sternschaltung 177, 179

Sternspannung 177

Sternstrom 179

Stoßgenerator 243

Strang 174

Streufluss 134

Streukapazität 17

Streureaktanz 134

Stromteilerregel 112

Stromüberhöhung 121

Stromverdrängung 55

Stromwärmeverluste 134

Stromwandler 138

Suszeptanz 95

Symbol, komplexes 92

symmetrisch 174

Synchrongenerator 175

Synthese 195

–, harmonische 196

Synthesizer 198


Tastkopf 114

Tastteiler 114

Tastverhältnis 213

Teilschwingung 196 Thomsonsche Schwingungsglei-

chung 119

Thomson-Tiefpass 258

Tiefpass 161

–, erster Ordnung 163, 171

–, zweiter Ordnung 256 Tiefpass-Hochpass-Transfor-

mation 259

Tiefsetzsteller 233

Transformator 30, 133

–, idealisierter 133

–, realer 133

Transformatorkern 30

Transientanalyse 250

Trenngrad 61

Triggereinrichtung 74

TRMS 81

Tschebyschew-Tiefpass 257

Typenreihe 264

Typ-1-Keramik 271

Typ-2-Keramik 271


Übergangsvorgang 226

Überlagerung 86

Überlagerungsanalysator 212

Überlagerungsprinzip 219

Übertrager 130

–, idealer 130

–, ideal fest gekoppelter 131

–, verlustloser 130

Übertragung,verzerrungsfreie 221

Übertragungsverzerrungen 222

Übertragungsfaktor 149

Übertragungsfunktion 254

Übertragungskanal 149

Übertragungsnetz, ideales 221

übertragungssymmetrisch 152

Übersetzungsverhältnis 131, 133

Unipolarinduktor 23

Unterabtastung 216

Unterschwingung 206


var 98

Verbraucher, induktiv wirk. 98

–, kapazitiv wirkend 98 Verdrillungsmast 183

Verkettungsfluss 33

Verlustfaktor 275, 282

Verlustleistung, spezifische 289

Verlustwiderstand 283

320


Verlustwinkel 275, 283

Verschiebung, virtuelle 61

Verschiebungssatz 211

Verschiebungsstrom 16

Verschiebungsstromdichte 16

Versorzeichen 92

Verzerrung 207

Verzerrungen, lineare 222

–, nichtlineare 224

Verzerrungsleistung 206

Vielfachmessgerät 81

Vierleitersystem 177

Voltampere 96

voreilen 84


Wechselgröße 75

Wechselspannung 75

Wechselspannungsquelle 76

Wechselstrom 75

Wechselstromquelle 76

Welligkeit 257

–, effektive 81

Wickelkondensator 270

Wicklung, bifilare 266

Wicklungskapazität 283

Wicklungspunkte 52

Widerstand 264

–, komplexer 94

–, thermischer 265

Widerstandsfaktor 284

widerstandssymmetrisch 152


Widerstandstransformation 123

Wirbelfeld 35

Wirbelströme 55

Wirbelstromverluste 55, 286 Wirbelstrom-Verlustwider-

stand 287

Wirkarbeit 97

Wirkleistung 77, 97

Wirkleistungsanpassung 126

Wirkleistungsschwingung 97

Wirkleitwert 95

Wirkwiderstand 94


Zahl, komplexe 291

Zeiger 89

Zeigerdiagramm 90

Zeitfunktion, alternierend 199

–, gerade 199

–, ungerade 199

Zeitkonstante 227, 231

Zugmagnet 35

Zustand, eingeschwungener 245

–, quasistationärer 12

Zustandsgröße 2426

Zweipuls-Schaltung 80

Zweitor, längssymmetrisch 152

–, übertragungssymmetr. 152

–, widerstandssymmetrisch 152

Zwischenfrequenzverstärker 166


3-dB-Grenzfrequenz 161


Namenverzeichnis

Aron 191

Bessel 258

Bode 155

Brandenburg 218

Butterworth 257 Dolivo- Dobrowolsky 185

Epstein 31

Euler 250, 291

Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Ferraris 184

Fourier 197

Gauß 217

Hertz 18

Huffman 219

Kapp 137

Laplace 234

Lenz 34

Maxwell 17

Poynting 71

Rayleigh 287

Shannon 216

Thomson 119

Thomson 258

Tschebyschew 257

Führer · Heidemann · Nerreter

Grundgebiete der Elektrotechnik 2


Der Band 2 dieses erfolgreichen Lehrbuches der Elektrotechnik wurde für die 10. Auflage neu bearbeitet; er behandelt die zeitabhängigen Vorgänge in elektrischen und magnetischen Feldern sowie in Netzwerken. Die stationären Vorgänge sind in Band 1 beschrieben. Der Band 3 enthält eine ergänzende und vertiefende Aufgabensammlung.


Grundgebiete der Elektrotechnik downloaded from www.hanser-elibrary.com by HS Landshut on March 16, 2022 For personal use only.

Die drei Bände des Lehrbuches bieten eine didaktisch ausgefeilte Darstellung des umfangreichen Stoffes und geben den Studierenden optimale Lernhilfen durch Lern- ziele, durchgerechnete Beispiele, Übungsaufgaben mit Lösungen und viele Kontroll- fragen. Wichtige Fachausdrücke werden auch in englischer Sprache angegeben.


Das Buch wendet sich an Studierende der Elektrotechnik sämtlicher Fachrichtungen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Universitäten. Es ist sowohl als Begleittext zu Vorlesungen als auch zum Selbststudium geeignet. Der Bezug zur Praxis wird durch die Beschreibung unterschiedlicher Anwendungen in zahlreichen Fachgebieten hergestellt; dies unterstützt die Studierenden bei der Einordnung der Bedeutung der Inhalte.


Es wird gezeigt, wie mathematische Probleme mit dem Programm MATLAB gelöst werden können. Zur Analyse elektrischer Schaltungen wird das Programm Micro-Cap herangezogen. Auf der Website www.elektrotechnik-buch.de sind Informationen zu allen drei Bänden des Lehrwerkes zu finden.



www.hanser-fachbuch.de


€ 29,90 [D] | € 30,80 [A]

ISBN 978-3-446-45954-0


9 783446 459540